ZEIT ONLINE: Egal, ob Fritzi flennt

Aufgrund dieses eindeutig tendenziösen Artikels kann man zu der uns unbekannten Schule der uns unbekannten Lehrerin eigentlich gar nichts anderes vermuten, als dass dort offenbar Disziplin herrscht und die Lehrerin sich weder von den SuS noch von den Eltern auf der Nase herumtanzen lässt.

Niemand kennt die Vorgeschichte des erwähnten Konflikts. Der "besorgte Vater" hat wahrscheinlich schon vor dem endgültigen Eklat "sich eingebracht" (vulgo: reingequatscht). Wer weiß, warum das erwähnte Kind geheult hat. Vielleicht aus Zorn, weil es mit Mätzchen nicht durchkam?


Das Stigma Schwarze Pädagogik bekommt unter Pädagogen heutzutage schlagwortartig-pauschal-abwertend alles aufgedrückt, was methodisch / weltanschaulich von der eigenen "Schule" abweicht.

Ursprünglich stammt der Begriff aus der Reformpädagogik und bezog sich dezidiert auf die pädagogischen Ansätze der davor liegenden Epoche, der europäischen Aufklärung.

Ob aber der Mensch nun von Natur moralisch gut oder böse ist? Keines von beyden, denn er ist von Natur gar kein moralisches Wesen; er wird dieses nur, wenn seine Vernunft sich bis zu den Begriffen der Pflicht und des Gesetzes erhebt. Man kann indessen sagen, daß er ursprünglich Anreize zu allen Lastern in sich habe, denn er hat Neigungen und Instinkte, die ihn anregen, ob ihn gleich die Vernunft zum Gegentheile treibt. Er kann daher nur moralisch gut werden durch Tugend, also aus Selbstzwang
Kant, Über Pädagogik, S. 90

Der erwachsene Mensch muss sich (äußeren) Regeln und (inneren) Pflichten unterwerfen. Im Laufe der Kindheit und Adoleszenz meißelt man aus dem lebeweslichen Zustand bei der Geburt das besondere Thier ;-) "Mensch" heraus. Wer Lust hat, kann sich Kants Aufsatz zu Gemüthe ;-)führen, ich habe ihn verlinkt. Kant steht in der Denktradition von Rousseau. Die Austreibung der Thierhaftigkeit erfolgt gewaltfrei, indem "natürliche Widerstände" genutzt werden, um dem Kind den richtigen Weg weisen. Andere Aufklärer hatten teilweise andere Ansätze, da spielen Begriffe wie "Zucht" und "Willen brechen" durchaus eine Rolle auf dem Weg der E-rudition. Der Grundgedanke aber ist immer: Das "Thier" Säugling/Kind muss zum moralisch guten und verantwortlich handelnden Menschen werden. Das wird es nicht aus sich heraus, sondern muss den Weg gewiesen bekommen. Dieser Weg wird abhängig vom Alter auf unterschiedliche Weise gewiesen. "Diskutieren mit Kleinkindern" findet jedenfalls ganz sicher nicht statt, auch nicht bei Rousseau/Kant. :004:

Schwarz wurde dieser Ansatz deshalb bezeichnet, weil die Reformpädagogen (ab ca. Mitte 19. Jh.) einem romantischen Menschenbild anhingen und glaubten, Rousseau "richtig zu verstehen". Der Mensch sei "von Natur aus" bereits gut, sittlich, fleißig, interessiert etc., kurzum, ein vollwertiger Mensch, und man müsse ihn davor bewahren, all diese tollen Eigenschaften von bösen Erziehern ausgetrieben zu bekommen.


HEUTZUTAGE ist die klare Begrifflichkeit längst passé. Seit 150 Jahren verdrängen, modifizieren ("überwinden") immer wieder neue Reformpädagogiken die jeweils vorherigen Reformpädagogiken vom akademischen Markt. Von den vielen Ratgebern etc. wird vollends Verwirrung gestiftet. Man weiß also nie genau, was der jeweilige Autor speziell unter "schwarzer Pädagogik" versteht.

In dem Zeit-Artikel versteht die Autorin (ihres Zeichens Pädagogin) offenbar einen eher autoritär geprägten Unterrichtsstil. :022:

 
Recht hastu, @Dimpfelmoser . Meine Spekulation hat den Hintergrund, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, warum "ein Vater" die Klavierlehrerin wegen eines Fingersatzes an einer bestimmten Stelle behelligt. Für jeden normalen Menschen wäre das völlig absurd. Ich spekuliere also, dass besagter Besorgter den künstlerischen Werdegang seines Abkömmling engmaschig verfolgt und schon zuvor eigene Ansichten einbrachte.
 
Ich finde die Frage, warum man bei Tonwiederholung den Finger wechseln soll, für Laien völlig angemessen. Schließlich diskutieren das auch Profis für manche Stellen. Und die Antwort wäre einfach - wenn man den Fragesteller denn ernst nimmt.
 
Stell Dir einfach vor, 40 besorgte Väter rufen wegen jedem Fingersatz an, den sie nicht kapieren (oder schreiben Emails).
 
Im gesamten Text ist für mich der folgende Satz von Herrn Dartsch zentral: „Am erfolgreichsten sind Lehrerinnen und Lehrer, die konsequent sind und den Kindern etwas abverlangen – aber auch liebevoll reagieren und Verständnis zeigen.“ So geht eine zielorientierte, erfolgreiche und zeitgemäße Pädagogik.

Ein autoritärer Unterrichtsstil ist oft ein Zeichen dafür, dass die natürliche Autorität des Lehrers nicht vorhanden ist und durch Aufbau von Druck und Bestrafung ersetzt wird. Das kennt man übrigens auch von so mancher Chefposition (und Dirigenten).

Letztlich geht es ja um Menschenführung. Und da ist das oberste Gebot, ein Vertrauensverhältnis herzustellen. Mit unangemessenem Druck läuft es nicht. Lernen funktioniert am besten in einer positiven Lernatmosphäre mit positiven Emotionen. Das ist längst erwiesen. Mit Kuschelpädagogik hat das allerdings nichts zu tun.
 
Im Zeit-Artikel sind doch viele Zitate, mal in wörtlicher, mal in indirekter Rede von Smesny aufgeführt. Außerdem wird von Online-Bewertungen der Schule gesprochen, die man ja nachlesen kann. Ich gehe also davon aus, dass die stimmen. Journalisten handeln sich nicht gern Klagen ein. Ich nehme also ernst, wenn ich dies lese:

"Wenn ein Kind aus Protest weine, werde im Kurs "stoisch weitergemacht". Denn, so sagt Smesny: "Wenn ich dann tröste, denkt das Kind, es muss nicht mitmachen." Ein fleißiges Kind solle gelobt werden, ein faules bestraft, etwa, indem die Eltern sich mal ein Eis gönnten und das Kind keines bekomme. Wenn Eltern davon ausgingen, dass auch die Bildung in der Freizeit erzieherische Sanktionen bräuchte, "dann ist auch der Erfolg vorprogrammiert", sagt sie."

und

"Ähnliche Vorwürfe finden sich in Onlinebewertungen der Schule: Von Zwang ist da die Rede, von autoritären Methoden, von schwarzer Pädagogik. Mehrere Eltern, die ihre Kinder von der Schule genommen haben, erzählen im Gespräch Ähnliches. Einem Vater, der darauf hinwies, dass die Lehrerin sich vielleicht in der Seite im Übungsheft geirrt habe, sei Smesny mit "Du sollst keine Widerworte geben" über den Mund gefahren, erzählt dieser."

Ich kann nicht finden, dass der Artikel keine Diskussionsgrundlage bietet. Zwar lässt die Autorin ihre Meinung durchschimmern, aber sie stellt durchaus objektiv verschiedene Ansätze und Sichtweisen auf den Unterricht von Frau Smesny dar. Beispielsweise:

""Ja, Frau Smesny ist schon manchmal streng", sagt Simeon Borszik, und ja, es gebe immer wieder mal so kleine Phasen, wo er denke, das hätte sie sich jetzt vielleicht sparen können, aber im Großen und Ganzen sei es ein exzellenter Unterricht. Borsziks achtjährige Tochter besucht seit eineinhalb Jahren Smesnys Cello- und Klavierunterricht, sein fünfjähriger Sohn hat nun ebenfalls damit begonnen. "Die Ergebnisse, die ich an meinen Kindern, aber auch den anderen sehe, sind überdurchschnittlich gut."

Er und seine Frau seien sich einig: Die musikalische Ausbildung sei wie Lesen und Schreiben und Rechnen lernen. "Das ist kein Hobby, das ist eine Grundausbildung." Wenn Mütter und Väter den Unterricht und Smesny kritisierten, liege das daran, "dass die meisten Eltern nicht in der Lage sind, diese Konflikte mit ihren Kindern auszuhalten.""

Besonders interessant finde ich die Beschreibung der Verunsicherung der Eltern und des Spagats, den sie manchmal versuchen:

"Offenbar bedienen Autoren wie Winterhoff und Lehrerinnen wie Smesny selbst in Zeiten der Liberalisierung ein großes Bedürfnis vieler Eltern. Das geht auch aus einer aktuellen Repräsentativumfrage des Ipsos-Instituts in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsforscher Opaschowski hervor: Auch im Jahr 2018 war das am zweithäufigsten genannte Erziehungsziel: Respekt."

Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt, über den es sich zu diskutieren lohnt!

Aufgrund dieses eindeutig tendenziösen Artikels kann man zu der uns unbekannten Schule der uns unbekannten Lehrerin eigentlich gar nichts anderes vermuten, als dass dort offenbar Disziplin herrscht und die Lehrerin sich weder von den SuS noch von den Eltern auf der Nase herumtanzen lässt.

Niemand kennt die Vorgeschichte des erwähnten Konflikts. Der "besorgte Vater" hat wahrscheinlich schon vor dem endgültigen Eklat "sich eingebracht" (vulgo: reingequatscht). Wer weiß, warum das erwähnte Kind geheult hat. Vielleicht aus Zorn, weil es mit Mätzchen nicht durchkam?

Liebe Barratt,

diese Auffassung teile ich nicht. Ich verstehe noch weniger, warum du dich beklagst, dass die Autorin eindeutig tendenziös ist und im nächsten Satz eine eigene tendenziöse Spekulation folgen lässt.

Spekulationen bringen aus meiner Sicht gar nichts. Vielleicht hat auch die Tochter im Unterricht einen Streit mit der Lehrerin über die Fingersätze gehabt, weswegen sich die Mutter (der Vater war's gar nicht!) eingemischt hat. Das wissen wir aber nicht und deshalb sollten solche Vermutungen unterbleiben.

Der Begriff "Schwarze Pädagogik" wird, wie du sagst, tatsächlich unklar verwendet. Gemeint ist damit in der Regel - wie auch im Artikel genannt - die autoritäre Erziehung der Nachkriegszeit. Vielleicht sollte man ihn nicht mehr so leichtfüßig gebrauchen - ich verwende ihn ja auch ab und an. Wenn ich das tue, meine ich damit im Praktischen ein Umgang mit dem Kind, bei dem die Lehrerin nicht genehmer Äußerungen des Kindes grundsätzlich eine böswillige Absicht unterstellt:

"Die Anweisung ist sehr konkret: Wenn ein Kind aus Protest weine, werde im Kurs "stoisch weitergemacht". Denn, so sagt Smesny: "Wenn ich dann tröste, denkt das Kind, es muss nicht mitmachen."

Wer weint, will Aufmerksamkeit, wer protestiert, ist faul. Dem Kind wird grundsätzlich unterstellt, es wolle eigentlich nicht lernen, es wäre nicht anstrengungsbereit und hätte keine Lust, sich den Anweisungen der Lehrerin zu fügen.

Dieses Bild der autoritären Erziehung nach der Nachkriegszeit und vielleicht auch davor hat sich Gott sei Dank gewandelt. Kinder sind anstrengungsbereit, wollen lernen und sind so begeistert dabei, dass wir Erwachsene uns eine dicke Scheibe von ihrer Neugier, ihrer Begeisterung, ihrer Kreativität und Lebensfreude abschneiden können!

Liebe Grüße

chiarina
 
Journalisten handeln sich nicht gern Klagen ein.
Sicher?

Ich hatte den Artikel anfangs auch als Diskussionsbeitrag zur Frage "eher steng oder eher kuschelig" aufgefasst. Diese Frage beschäftigt alle Eltern, wir haben sie hier im Forum wiederholt besprochen, und offenbar bewegt sie auch die Autorin, die ja scheinbar gerade Mutter geworden ist. Die Frage ist legitim, auch, dazu verschiedene Auffassungen zu haben, und ja, auch Kritiker überzogener Kuschelpädagogik werden ja im Artikel erwähnt.

Nach einiger Diskussion hier im Forum ärgert mich der Artikel nun aber doch ganz erheblich. Nachdem @trm offenbar mit wenig Mühe die fragliche Musikschule ermitteln konnte und @Dimpfelmoser sein/ihr "Best-of" zusammngestellt haben, sehe ich hier folgendes Sujet: Eine große, überregionale Tageszeitung stellt auf Grund der Aussagen eines einzelnen Vaters ein kleines, klar identifiziertes Unternehmen öffentlich an den Pranger. Ob die Journalistin hier wirklich gerichtsfest recherchiert hat, oder Gegenwehr eines Unternehmens mit nur wenigen Mitarbeitern nicht erwartet, oder ob sie als Haltungsjournalistin ausschließlich der Weltrettung verpflichtet ist und Fragen der Angemessenheit (Berufsethik?) sich einfach nicht stellt, sei dahingestellt. Man hätte das eigentliche Thema jedenfalls auch ohne das Risiko größerer Kollateralschäden diskutieren können.

Ich sehe es wie @Ambros_Langleb:
Wobei man bei der ZEIT leider schon Ende der 80er Jahre begonnen hat, die Sache mit der Qualität entspannt zu sehen,
Mir sind gerade bei der Zeit schon häufiger solche denunziatorischen Beiträge begegnet, bei denen aus einem aufgebauschten Einzelereignis durch geeignetes Framing ein Haltungsartikel generiert wurde.
 
sehe ich hier folgendes Sujet: Eine große, überregionale Tageszeitung stellt auf Grund der Aussagen eines einzelnen Vaters ein kleines, klar identifiziertes Unternehmen öffentlich an den Pranger.

Lieber dilettant,

die Autorin hat Online-Bewertungen ausgewertet, hat mit mehreren Eltern und Familien gesprochen und im Artikel zitiert, von denen sich ein Vater namentlich (Magnus Hecht) kritisch und ein Vater namentlich (Simeon Borszik) positiv geäußert hat. Des Weiteren hat sich die Autorin mit Frau Smesny persönlich unterhalten und sie in direkter und indirekter Rede zitiert (s. auch mein letzter Beitrag).

Liebe Grüße

chiarina
 
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Liebe chiarina,

ich hege bekanntermaßen ein großes Misstrauen gegenüber Journalisten. Dieses Grundmisstrauen sensibilisiert mich für Dinge, die jemand mit anderer Konditionierung vielleicht unter "das Gras wachsen hören" einsortiert. Ich räume ein, dass man dieses Misstrauen nicht teilen muss. Meinetwegen nenn' mich paranoid (Du würdest das nie tun, andere schon :005:).

Die Autorin erwähnt jedenfalls nicht, dass sie mit Fr. Smesny gesprochen hat. Sie suggeriert dies lediglich durch das Einbauen von Zitaten unklarer Herkunft. Sollte sie mit Frau Smesny tatsächlich gesprochen haben, so war das Gespräch entweder sehr kurz, oder es wurde sehr selektiv wiedergegeben. Es könnte aber genauso gut sein, dass es sich lediglich um Schilderungen der Eltern handelt. Egal, welche Option man wählt – für mich ist der Artikel hier unglaubwürdig.

Was die Onlinebewertungen angeht, wird nicht wörtlich zitiert. Es ist eher ein Geraune – viel Framing ("Zwang"), nichts Konkretes. Wo diese Bewertungen stehen sollen, bleibt offen. Ich jedenfalls habe lediglich bei Google Bewertungen gefunden. 10 x 5 Sterne und zweimal 1 Stern. Bei – laut Artikel – 250 Schülern im Moment, über 15 Jahre Geschäftstätigkeit betrachtet, ist das nicht besonders repräsentativ.

Hinzu kommt das von @Ambros_Langleb bereits analysierte exzessive Framing bei der Schilderung der Figuren.

Und selbst, wenn alles nachprüfbar recherchiert ist halte ich es für unverhältnismäßig, wenn eine große Zeitung sich auf eine einzelne kleine Musikschule einschießt.

LG
- Karsten
 

die Autorin hat Online-Bewertungen ausgewertet

Und da liegt ein grober methodische Fehler, denn es ist empirisch belegt, dass solche Bewertungsportale immer die Nörgler und Besserwisser anzuziehen pflegen. Wenn aus solchen Erhebungen etwas Belastbares herauskommen hätte sollen, hätte sie mit einer mit Fragebögen mit eingebauten Kontroll- und "Fang"-Fragen arbeiten müssen, wie sie die Psychologen ja zuhauf entwickelt haben. Aber das macht ja echte Arbeit.

Was aber für mich das wirklich Abstoßende an der ganzen Story ist: Eigentliches Thema der Autorin ist ja gar nicht diese Musikschule, sondern gegenwärtige Trends in der Musikpädagogik: 1. Es gibt nach langen Jahren "liberaler" Musikpädagogik nun einen Gegentrend (folgt ein bisschen Namedropping). 2. Aus Sicht der orthodoxen Pädagogik ist dieser Trend bedenklich - folgt wieder ein wenig Namedropping. Dass die Autorin die zitierten Titel tatsächlich gelesen hat, vermag ich angesichts der Vagheit der Äußerungen kaum zu glauben, das sieht eher wie das Referat eines Forschungsberichts aus. Jedenfalls ist die Story soweit ziemlich mager und auch ein bisserl fad. Nun kommt der "zeitgemäße" Journalismus ins Spiel, die Veranschaulichung. Die Autorin sucht sich ein Opfer und findet es, indem sie ein wenig nach Online-"Bewertungen" googelt und damit ihr dürftiges Referat mit dem rhetorischen Inventar der suggestiven Denunziation auf honorarwürdige Größe anfüttert. Hätte sie wirklich eine belastbare Elternbefragung auf die Beine gestellt, könnte das noch hingehen, obwohl dann immer noch willkürlich eine einzelne Vertreterin einer der Autorin nicht genehmen Richtung zur stellvertretenden Sündengeiß auserkoren worden wäre. Es mag gewiss sein, dass diese Musikschulfrau ein stalinistisches Pädagogikungeheuer ist, aber der Artikel taugt als Beleg dafür in keiner Weise.

Man kann der Autorin, die ja offenbar selbst freiberufliche Pädagogik-Unternehmerin ist, nur wünschen, dass sie selbst nie Objekt einer "Recherche" von dieser Qualität wird, und Dir, liebste Lichtgestalt, wünsche ich das natürlich auch. Ich kann dir als Vertreter eines nicht gerade populären wissenschaftlichen Faches aus Erfahrung sagen: Du kannst ein langes und sehr nettes Gespräch mit dieser Sorte von Journalist(in) führen. Wenn Du dann aber liest, was dabei herausgekommen ist, hast du das Gefühl, du hättest gleich den sprichwörtlichen Ochsen ins Horn zwicken können.
 
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@Barratt: Ob Kant - bzw. eine über sich selbst unaufgeklärte Aufklärung - heutzutage noch eine so gute und empfehlenswerte Adresse in Sachen Pädagogik und menschliche Entwicklung ist darf inzwischen wohl auch bezweifelt werden. Einen erhellenden Blick auf die dunkle (und zwanghafte) Seite der Macht werfen in dem Zusammenhang z.B. auch Gernot und Hartmut Böhme: Das Andere der Vernunft ( siehe auch hier: https://d-nb.info/850296676/04 ) ;-)

Ob das erschreckende Bild, das der Artikel von der betreffenden Musikschule zeichnet, nun tatsächlich realistisch ist oder nicht - das solche Debatten offenbar überhaupt noch geführt werden (müssen) finde ich das eigentlich Bedenkliche daran. In einer verunsicherten und überforderten Gesell- und Elternschaft gibt es derzeit womöglich aber regressive autoritäre Bedürfnisse, bei denen auch solche Ansätze Gehör finden. Womöglich beschert das der Schule sogar noch Zulauf.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Eigentliches Thema der Autorin ist ja gar nicht diese Musikschule, sondern gegenwärtige Trends in der Musikpädagogik
Sehr lecker analysiert. Und zur Lesergewinnung braucht man ein plastisches Beispiel. Von den "Trends" hat die ZEIT meist auch nur irgendwo gehört/gelesen. Die hochbezahlten ZEIT-Redakteure sind doch meist weit weg vom echten Leben. Die hocken nur mit Ihresgleichen beim Presseclub u.ä. zusammen. Das geht schon lange in diesem Blatt so. Erste Erinnerung an diese aufgebauschten "Trendanalysen" habe ich aus der dotcom-Blase um 2000. Da wurde gejubelt und gefeiert, daß bald jeder mit kickern, Skateboard fahren und ein bischen Webprogrammierung Millionen machen kann. Und als Beispiel wurde dann auch jeweils so eine Agentur haarklein von innen beschrieben, einschließlich der Baseball-Caps ihrer Insassen.

Daß so eine Blase nie und nimmer auf Dauer funktionieren kann, war eigentlich jedem denkenden Menschen klar, aber in der ZEIT habe ich davon nichts gelesen.
 
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(1) „Am erfolgreichsten sind Lehrerinnen und Lehrer, die konsequent sind und den Kindern etwas abverlangen – aber auch liebevoll reagieren und Verständnis zeigen.“ (2) So geht eine zielorientierte, erfolgreiche und zeitgemäße Pädagogik.

Nun, den Anspruch, »zielorientiert, erfolgreich und zeitgemäß« zu sein, haben ja Pädagogen aller Zeiten erhoben. Zielorientiert müssen sie sein, sonst wären sie ja nicht Paid-ágogoi; Erfolglosigkeit einzugestehen ist durchaus nicht Usus unter den Vertretern dieser Disziplin, und als zeitgemäß sahen sich sicher auch alle. Und dennoch gibt es kaum eine andere Disziplin, deren Vertreter ihre Fachgenossen der jeweils vorangehenden Generation(en) so hemmungslos und pauschal denunzieren (»schwarze Pädagogik«, »Steinzeitpädagogik«) wie die Pädagogik. Offenbar gibt es keinen großen Dissens über die Ziele von Erziehung, wohl aber über die Methoden. Und darüber muss man voraussetzungsfrei diskutieren dürfen. Das Ausrufen von Diskussions- und Denkverboten

das solche Debatten offenbar überhaupt noch geführt werden (müssen) finde ich das eigentlich Bedenkliche daran.

würde jedenfalls der Wissenschaftlichkeit von Pädagogik ein schlechtes Zeugnis ausstellen.
 
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