ZEIT ONLINE: Egal, ob Fritzi flennt

das solche Debatten offenbar überhaupt noch geführt werden (müssen) finde ich das eigentlich Bedenkliche daran.
Die Frage ist doch, was überhaupt die Debatte ist. Ich glaube nämlich nicht, dass wir über das Übertönen einer komplett weinenden, für 60 Minuten an den Stuhl gefesselten Kleinkindgruppe mit lautem Gesang eine Debatte führen müssen.

Allerdings bist Du der Polarisierung und Skandalisierung der Autorin bereits erlegen, wenn Du glaubst, Kritik an kuschelpädagogischen Konzepten sei mit Akzeptanz der geschilderten Zustände gleichzusetzen und das Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" sei nur ein moderner Aufguss überkommener schwarzer Pädagogik.
 
@Ambros_Langleb
Es gibt auch nicht-zielorientierte Pädagogik, die eher Beschäftigungstherapie ist. Gerade im Musikunterricht muss man aufpassen, dass er nicht zum beliebigen Geklimper wird („Ach, sie spielen so schön!“).

Die aktuelle Phase der Pädagogik, die eine Balance zwischen fachlichem Anspruch und Schülerorientierung zu erreichen versucht, gibt es bereits seit ca. 40 Jahren*. Ich betrachte das als eine gewisse Stabilität, ganz im Gegensatz zu vorherigen Jahrzehnten, als sich didaktische Konzepte in schnellerer Folge ablösten.

* Nur die Begrifflichkeiten haben sich in diesen vier Jahrzehnten geändert, meinen jedoch Ähnliches.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die aktuelle Phase der Pädagogik, die eine Balance zwischen fachlichem Anspruch und Schülerorientierung zu erreichen versucht, gibt es bereits seit ca. 40 Jahren*. Ich betrachte das als eine gewisse Stabilität, ganz im Gegensatz zu vorherigen Jahrzehnten, als sich didaktische Konzepte in schnellerer Folge ablösten.

Ja, das ist mir, wenn auch nur in Umrissen, klar, weil ich den Übergang noch mitbekommen habe. Allerdings wären die Pädagogen sicher nicht glücklich, von dir in einen Topf mit den DidaktikerInnen geworfen zu werden. Bei denen, jedenfalls beobachte ich das in meinem Fach, lösen sich die Moden immer noch in schneller Folge ab. Es ist einfach verpönt und langweilig, dasselbe zu tun wie der/die vor einem, mag das auch erfolgreich gewesen sein. Aber das ist vielleicht auch ein Problem einer relativ jungen Disziplin.
 
In der von Dir angegebenen Quelle steht leider nichts von den Gehältern der einfachen Redakteure.
Und wenn ich dir das Gehalt eines einfachen Redakteurs verlinke, monierst du, daß nicht alle gleich viel verdienen. Die Stoßrichtung ist klar...
Aber dir wird auch kein Anwalt oder Zahnarzt jemals sein Einkommen verraten. Und trotzdem weiß jeder, daß sie satt verdienen. Finde dich also mit Allgemeinwissen und gesundem Menschenverstand ab.

Wenn sie wenig bekämen, wäre das ganz schnell öffentlich und sie würden sich bitter beklagen. Merke: Gut- und Bestverdiener verschweigen ihr Einkommen, Geringverdiener reden drüber.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wenn ich dir das Gehalt eines einfachen Redakteurs verlinke, monierst du, daß nicht alle gleich viel verdienen. Die Stoßrichtung ist klar...
Du kennst meine Stoßrichtung? Spannend. Ich kenne sie nicht, da sie mit dem (mir unbekannten) Einkommen der Redakteure zusammenhängt
Aber dir wird auch kein Anwalt oder Zahnarzt jemals sein Einkommen verraten. Und trotzdem weiß jeder, daß sie satt verdienen.
Ich weiß, dass nicht jeder Anwalt "satt" verdient. Zumindest nicht nach meinem Verständnis von "satt". Was verstehst Du darunter?

Zudem ist mir nicht klar, was das Einkommen von Anwälten oder Zahnärzten mit dem von Redakteuren zu tun hat.

Ich hatte tatsächlich darauf gehofft, dass Du Deine Aussage über die angeblich so hochdotierten Redakteure konkretisieren und belegen würdest, damit ich sie besser einordnen kann.
 
Dass eine Autorin mit ihrer Arbeit Geld verdienen will, ist so gerechtfertigt wie die Erwartung von Arbeitenden aller Branchen, für ihre Arbeit entlohnt zu werden. Binse. Wie viel oder wenig jemand für seine Arbeit bekommt, lässt sich grob reduzieren auf das Spiel der Marktmächte. :015:

Wenn die "Zeit" mit solchen Artikeln die Gemüther ihrer Kundschaft beglückt, wird sie wissen warum. Vielleicht gehören Diskussionen wie die unseren zu den intendierten Effekten. Da ich hinter die Bezahlschranke dieser Publikation weder lugen kann noch will, stand der Text vielleicht auf einer "Diskussionsseite", keine Ahnung. :022: Diskussionswürdig ist er auf jeden Fall, q.e.d.

Das Problem ist, daß Pädagogik keine Wissenschaft ist, aber immer so tut, als ob

An meiner Universität waren Pädagogik und Philosophie in einem Fachbereich organisiert. Dieser Fachbereich bestand nur aus diesen beiden Fächern. Welcher gehässige kleine Kobold sich das wohl ausgedacht hat... :007: Sachorientiert hätte man die Pädagogik mit der Psychologie verschwistern können, hat man aber nicht.

Philosophie ist selbstverständlich eine exakte Wissenschaft, so exakt wie andere Geistes- und Kulturwissenschaften auch. Sie sammelt Quellen ("Daten"), analysiert und beschreibt, feddisch. Sie hegt keinen gesellschaftspolitischen Anspruch auf die alleinseligmachende Behandlung lebender und formbarer Wehrloser. Wenn sie BESCHREIBT, was Kant in anthropologischer Hinsicht äußerte, käme sie aber nie auf die Idee, daraus einen inhaltlichen Wahrheitsanspruch abzuleiten, so wenig wie ein Historiker, der Bismarcks innenpolitisches Wirken BESCHREIBT, daraus im Hic et Nunc Forderungen innenpolitischer Natur ableitet. Deshalb, liebe @Perdita , geht jeder Vorwurf hinsichtlich des "Wahrheitsgehalts" völlig am Thema vorbei. Wer "Wahrheiten" sucht, möge bei den Mathematikern anklopfen, und selbst die verleihen, abhängig von der jeweiligen Fakultät, mitunter tatsächlich den Dr. phil.

Die Pädagogik ist ein abgekoppelter Unterbereich der Philosophie, den man vor seiner Selbstermächtigung "Anthropologie" nannte. Zugegeben, ein schwächelndes Stiefkind der Philosophie (die ursprünglich alles war außer Theologie, Rechte und Medizin). Es ist völlig in Ordnung, dass sich sogar mehrere Fachgebiete aus der "philosophischen" Anthropologie emanzipierten.

Im Begriff "Päd-agogik", den @Ambros_Langleb so schön auf seinen Ursprung reduzierte, steckt ein Anspruch auf Anwendung und Wirksamkeit am bzw. auf das lebende Objekt. Im Wortsinne sind akademische Päd-agogen aber keine solchen. Es gibt innerhalb der akademischen Pädagogik ein immanentes Ringen um bzw. über "Professionalität". Sinngemäß: Was ist, was kann, was will die Pädagogik als "Wissenschaft" - vulgo: Wo ist die Abgrenzung gegenüber der Psychologie und der Didaktik, und was bleibt dann überhaupt noch übrig.

Selbstverständlich erhebe ich nicht die Forderung, diese Leute arbeitslos zu machen. Das sind in der Regel friedliche Menschen, die nur das wahre, echte Gute wollen. Gleichwohl ist akademische Pädagogik definitiv keine exakte Geisteswissenschaft, sondern ... ja, eine Mischung aus Anleihen anderer Fachrichtungen, die recht freihändig zusammengemixt werden kann. Dementsprechend skeptisch darf man gegenüber den Ergebnissen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ergänzung zu @Barratt ‘s Ausführungen:

Pädagogik ist außerdem nie Selbstzweck (selbst den Zweck von Medizin und Psychologie könnte man als solchen interpretieren), sondern steht vom allerersten Schritt an im Dienst von etwas, nämlich der Formung von Menschen bzw. der didaktischen Vermittlung von etwas anderem. Wenn sie eine Wissenschaft ist, dann eine Misch-Wissenschaft.

OT: Auch Geographie betrachte ich übrigens als Misch-Wissenschaft (zusammengesetzt aus Physik, Geologie, Wirtschaftslehre, Soziologie, Geschichte und Politologie).
 

Auch Geographie betrachte ich übrigens als Misch-Wissenschaft

Sehr gutes Beispiel. Ich war vor einiger Zeit wirklich geflasht, als ich einen promovierten GeoGRAPHEN kennenlernte. Von Geologie hatte er nicht viel mehr Ahnung als ein interessierter Laie. Der Respekt vor dem älteren Herrn untersagte mir die ketzerische Frage, welche Inhalte die Wissenschaft der Geographie eigentlich bearbeite...

Ich verstehe noch weniger, warum du dich beklagst, dass die Autorin eindeutig tendenziös ist und im nächsten Satz eine eigene tendenziöse Spekulation folgen lässt.

Weil ich hier keine Artikel verfasse, die ich an ein "Qualitätsmedium" verkaufe und die hinter einer Bezahlschranke veröffentlicht werden. :001:
 
Die Frage ist doch, was überhaupt die Debatte ist.

Na hoffentlich nicht, ob man weinende Kinder ignorieren und mit Gesang übertönen soll.
Was nun die Debatte und ihr Thema betrifft: "Kritik an kuschelpädagogischen Konzepten" (was auch immer "Kuschelpädagogik" sein soll - in erster Linie ein Kampfbegriff, nehme ich an) versus Kritik an autoritärer "Schwarzer Pädagogik" - ebendiese Polarisierung beobachte ich vor allem in der ausufernden Diskussion hier, etwa vor kurzem in dem Faden über "langsame Schüler". So gesehen passt dieser Skandalartikel doch bestens dazu; und bemerkenswert ist vor allem auch, wie teilweise zurückgerudert, aber vor allem auch der Kritiker kritisiert bzw. die Qualität der journalistischen Arbeit infrage gestellt wird. Die Frage nach dem Missstand an einer Musikschule, der dadurch womöglich aufgedeckt wird, tritt so natürlich auch in den Hintergrund; vielleicht gibt es ihn ja gar nicht :denken:? Wenn aber die darin geschilderten Zustände allgemein als inakzeptabel gelten können, wäre das doch zumindest eine gemeinsame Grundlage. ("Warum unsere Kinder Tyrannen werden" von Michael Winterhoff ist, so weit ich sehen kann, ebenfalls ein sehr umstrittener Bestseller, dem in Rezensionen oft vorgeworfen wurde, nicht an Pauschalisierungen zu sparen. Ich selbst habs nicht gelesen.)

@Barratt:
Philosophie, die es auch als akademische Fachrichtung jedenfalls wohl immer mit Texten, deren Interpretation und den entsprechenden Interpretationsspielräumen zu tun hat, zwar nicht als einfach nur datensammelnde, -auswertende und damit empirische, aber doch als strenge Wissenschaft sui generis zu etablieren - ein solcher Versuch wurde innerhalb der Philosophie z.B. ja von Edmund Husserl unternommen. Derselbe übrigens, welcher später in seiner Krisisschrift allerdings auch bestürzt feststellen musste, dass die Philosophie uns in unserer "Lebensnot" angesichts gegenwärtiger Probleme, Krisen und Sinnfragen nichts zu sagen hat ("bloße Tatsachenwissenschaften machen bloße Tatsachenmenschen" etc.). Allgemeiner Konsens in der Philosophie ist eine solche verengte Position meines Wissens aber nicht. Allerdings wohl auch nicht Thema dieses Threads.

Doch wenn es nicht Deine Intention war, den (zu Unrecht?) als schwarze Pädagogik diffamierten pädagogischen Ansatz Kants irgendwie als "wahr" zu empfehlen - sondern vielmehr nur, ihn lesenderweise zur Kenntnis zu nehmen? :001: -, umso besser. Die Frage nach den jeweils zugrundeliegenden Menschen- und Weltbildern (und deren tendenzieller Menschenfreundlichkeit oder eben auch -feindlichkeit) finde ich hier allerdings auch eine ganz spannende und aufschlussreiche.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
ist deshalb umstritten, weil er die Dinge zwar nicht falsch sieht, sie aber nur sehr einseitig interpretiert und in sein vorgefertigtes, vereinfachtes und pessimistisches Weltbild einpasst.

Wesentlich klüger und differenzierter erscheint mir der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort (Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am UKE Hamburg).

Seine Bücher und Vorträge betrachten das Problem umfassend in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität, z.B. dieses hier:
https://www.amazon.de/Burnout-Kids-Prinzip-Leistung-unsere-überfordert/dp/3629130658

Eine wichtige Entscheidungsfrage scheint mir zu sein, ob man Kinder als potenziell faule, tyrannische, genusssüchtige Problemquellen betrachtet oder als schutzbedürftige Wesen mit einem Bedürfnis nach und einem Anspruch auf Orientierung und Vertrauen, an die die Erwachsenen selbstverständlich ebenfalls Ansprüche stellen dürfen und müssen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine wichtige Entscheidungsfrage scheint mir zu sein, ob man Kinder als potenziell faule, tyrannische, genusssüchtige Problemquellen betrachtet oder als schutzbedürftige Wesen mit einem Bedürfnis nach und einem Anspruch auf Orientierung und Vertrauen, an die die Erwachsenen selbstverständlich ebenfalls Ansprüche stellen dürfen und müssen!
... oder beispielsweise auch als eigenständige Wesen mit bestimmten Grenzen, aber auch mit Potentialen und Fähigkeiten, denen man etwas schon zutrauen und die man positiv bestärken kann. Ja, solche Voreinstellungen - die es ja immer irgendwie geben wird; wer ist da schon de facto rein neutral und objektiv - halte ich auch für entscheidend; sie werden vermutlich den Umgang, die persönliche Entwicklung und auch den Lernerfolg maßgeblich mitbestimmen.
 
Liebe @Perdita,

"Kuschelpädagogik" ist natürlich ein Kampfbegriff, ebenso wie "Scharze Pädagogik". Ich habe die Begriffe als griffige (?) Platzhalter für die Extrempositionen in einer Diskussionen benutzt, die doch viele, wohldifferenzierte Positionen kennen müsste.

Die von Dir beklagte Polarisierung beklage ich ja auch. Ich bin halt der Meinung, dass die Autorin die Polarisierung befeuert: Mit der Schilderung einer extremen (statt einer exemplarischen) Unterrichtssituation fokussiert sie die Diskussion exklusiv auf eine Hälfte des Meinungsspektrums (die mit den Schwerpunkten Disziplin und Leistungszuwachs). Dadurch geraten auch gemäßigte Forderungen in dieser Richtung in einen Rechtfertigungszwang. Gegensätzlichen Positionen (mit dem Schwerpunkt "kindgerecht" bis hin zu völligem laissez faire) bleiben hingegen unhinterfragt. Als ob es bei "laissez faire" nichts zu diskutieren gäbe!

Damit wird eine interessante Diskussion, wie viel Disziplin und Leistungsorientierung richtig sind, und wie (und ggf. mit welchen Techniken) diese mit dem Ziel einer kindgerechten Unterrichtsgestaltung unter einen Hut zu bringen sind, eben gerade nicht geführt. Stattdessen wird eine Scheindiskussion um die Verwerflichkeit der geschilderten Situation geführt, die überhaupt nicht repräsentativ ist und vermutlich nicht mal aus einem Konzept als vielmehr aus der Überforderung der Lehrkraft entstanden ist.

Der Artikel ist polarisierend, nicht die Diskussion darüber.

Diese Diskussion soll übrigens von den (vermeintlichen) Zuständen in der Musikschule nicht ablenken, sondern ich persönlich lehne es sogar ausdrücklich ab, die vom Artikel vorgegebene Empörungswelle zu reiten. Ich sehe hier die Eltern der Kinder in der Verantwortung, sich ein Bild zu machen und ggf. Konsequenzen zu ziehen. Dazu brauchen sie wohl keinen Artikel einer aus Hamburg eingeflogenen Reporterin. Ich selbst habe viel zu wenig Informationen, um ein Urteil über die Musikschule zu fällen.

Just my 2ct (naja, vielleicht etwas mehr, sorry dafür).
- Karsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin halt der Meinung, dass die Autorin die Polarisierung befeuert: Mit der Schilderung einer extremen (statt einer exemplarischen) Unterrichtssituation fokussiert sie die Diskussion exklusiv auf eine Hälfte des Meinungsspektrums (die mit den Schwerpunkten Disziplin und Leistungszuwachs). Dadurch geraten auch gemäßigte Forderungen in dieser Richtung in einen Rechtfertigungszwang. Gegensätzlichen Positionen (mit dem Schwerpunkt "kindgerecht" bis hin zu völligem laissez faire) bleiben hingegen unhinterfragt. Als ob es bei "laissez faire" nichts zu diskutieren gäbe!

Damit wird eine interessante Diskussion, wie viel Disziplin und Leistungsorientierung richtig sind, und wie (und ggf. mit welchen Techniken) diese mit dem Ziel einer kindgerechten Unterrichtsgestaltung unter einen Hut zu bringen sind, eben gerade nicht geführt. Stattdessen wird eine Scheindiskussion um die Verwerflichkeit der geschilderten Situation geführt, die überhaupt nicht repräsentativ ist und vermutlich nicht mal aus einem Konzept als vielmehr aus der Überforderung der Lehrkraft entstanden ist.

Der Artikel ist polarisierend, nicht die Diskussion darüber.

Lieber dilettant, lieber Ambros_Langleb,

lieben Dank für eure Beiträge, die ich absolut nachvollziehen kann! Ich habe leider momentan wenig Zeit und kann nicht adäquat antworten.

Ich finde den Artikel trotz methodischer Mängel ganz gut, weil er die unterschiedliche Sicht von Eltern auf eine extreme Unterrichtssituation darstellt. Es geht doch um die Sicht der Eltern, der Autorin, auch der Leser auf diese Situation, eher wenig um die Situation selbst.

Die Autorin fragt sich, ob so ein pädagogischer Umgang mit Kindern vertretbar oder vielleicht sogar nötig ist, um Leistung zu erzeugen. Sie fragt sich, ob nun nach einem Laissez-faire früherer Jahre die Pädagogik und Erziehung von Kindern nun ins Gegenteil umschlägt.

Vor diesem Hintergrund stellt der Artikel aus meiner Sicht mehr Fragen als er Antworten gibt. Und so verstehe ich auch die Intention der Autorin. Wie man eine Diskussion über den Inhalt des Artikels führt, ist sicher sehr unterschiedlich. Schon hier im Faden werden die unterschiedlichen Sichtweisen und Prioritäten deutlich. Mir sind ein wissenschaftliches Arbeiten oder methodische Mängel im Artikel nicht so wichtig. Ich halte den geschilderten Umgang von Frau Smesny mit den Kindern für absolut authentisch und glaube auch, dass die Namensnennung zusammen mit den Zitaten "echt" sind. Es geht aber eigentlich nicht darum, sondern darum, was wir für ein Bild von Kindern haben und wie wir mit ihnen heute umgehen, wie wir sie heute "erziehen" wollen.

Ohne die provokante Überschrift, ohne die Polarisierung gäbe es vermutlich gar keine Diskussion und ich finde unsere Diskussion hier durchaus fruchtbar! :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo @dilettant,

ja, Polarisierungen und Kampfbegriffe mögen einen gewissen Unterhaltungswert haben und vielleicht Debatten anstoßen, sind aber für einen konstruktiven Fortgang derselben wohl selten hilfreich. (Wobei ich allerdings schon erstaunt war, welchem Rechfertigungsdruck sich zB. gewaltfreie kommunikative Konfliktlösungsmethoden hier ausgesetzt sahen und wie schnell man hie und da allein damit offenbar schon in Kuschelpädagogikverdacht gerät ;-) .)

Ich bin halt der Meinung, dass die Autorin die Polarisierung befeuert: Mit der Schilderung einer extremen (statt einer exemplarischen) Unterrichtssituation fokussiert sie die Diskussion exklusiv auf eine Hälfte des Meinungsspektrums (die mit den Schwerpunkten Disziplin und Leistungszuwachs).
Wobei die extreme Unterrichtssituation - wenn ein Kind "flennt", werden die anderen einfach aufgefordert, lauter zu spielen - dem Artikel zufolge offenbar ja durchaus nicht (nur) von einer überforderten Lehrkraft zeugt, sondern eingebettet war in eine gewisse harte, rigorose, ja feindselige Grundhaltung, die auch offensiv so vertreten wird: "Ich will mein Kind nicht zwingen" ist offenbar ja auch so ein Satz, den Frau Smesny von Eltern nicht hören will; Kindern wiederum wird demnach von ihr - ganz im Sinne des "kleinen Tyrannen" - "Manipulations-Erpressertum" unterstellt.

Was - auch abseits von wohlfeilen Empörungswellen und pauschalen Diffamierungen - natürlich auch die eigentlich ja schon ganz interessante und diskussionswürdige Frage aufwirft: ab welchem Punkt und unter welchen Voraussetzungen kippen Disziplin- und Leistungsorientierung - an sich ja ein legitimes und wichtiges Anliegen! - in Härte und Grausamkeit gegenüber Kindern [!] um, die womöglich bleibende psychische Schäden und Traumata hinterlässt (welche mE nicht einmal dann zu rechtfertigen wären, wenn das Kind später tatsächlich ein erfolgreicher Pianist o.ä. wird)?
Ob diese Zitate nun authentisch sind oder nicht; ich jedenfalls würde mein Kind keinem Pädagogen anvertrauen wollen, der oder die schon im Vorfeld mir gegenüber solche extremen Ansichten äußert. Aber offenbar ist - auch das geht aus dem Artikel hervor - die Elternschaft da durchaus unterschiedlicher Ansicht; ein Vater meldet seine Kinder da ab, ein anderer hält es für "exzellenten Unterricht", was da läuft.
Damit wird eine interessante Diskussion, wie viel Disziplin und Leistungsorientierung richtig sind, und wie (und ggf. mit welchen Techniken) diese mit dem Ziel einer kindgerechten Unterrichtsgestaltung unter einen Hut zu bringen sind, eben gerade nicht geführt.
Sofern diese Frage nach dem richtigen Maß und Maßstab - in der Philosophie ist da manchmal auch von Urteilskraft oder Urteilsvermögen die Rede - überhaupt allgemein und pauschal beantwortet werden kann.

Grüße von einer Dilettantin ;-)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Anschließend an den letzten Satz von @Perdita:

Über etwas sehr Wichtiges können wir auf der Basis des Zeit-Textes gar nicht urteilen, nämlich über die eigentlich alles entscheidende Einzelsituation*. Es geht dabei um die schwer greifbaren Faktoren Lehrerpersönlichkeit und Authentizität. Ein Beispiel, ich habe es in einem anderen Thread schon mal geschrieben: So weit @hasenbein’s und @chiarina’s Positionen auf den ersten Blick auch auseinander zu liegen scheinen, sind sie im entscheidenden Punkt sehr nah beieinander, wenn nicht sogar identisch, nämlich in ihrem Interesse an ihren Schülern und deren Entwicklung. Wie gesagt, auf den ersten Blick wäre das nicht zu erkennen. Aber beide reflektieren sich und suchen nach Wegen, um guten Unterricht zu gestalten und sich selbst weiterzuentwickeln.

Über Frau Smesma wissen wir das alles nicht. Wir können nur, ohne die für eine Beurteilung wichtige Kenntnis der Einzelsituation, darauf vertrauen (?), dass der Zeit-Artikel wahre Tatsachen wiedergibt. Dann wäre der Unterricht wirklich sehr unflexibel und schematisch. Aber wir haben leider keine Beiträge von ihr im Forum, und urteilen nur auf der Basis einer journalistisch gefilterten Momentaufnahme - etwas anderes bleibt uns ja auch leider nicht übrig.

Meine Hoffnung ist, dass Frau Smesma hier mitliest, sich anmeldet und sich selbst dazu äußert...

* Und selbst die Einzelsituation wird von Fachleuten manchmal sehr unterschiedlich beurteilt. Kleines Beispiel: Zwei Prüfer im Referendariat bei der Beurteilung der selben Stunde, von denen der eine sagt: „Sie haben die SuS zu stark geführt“, während es vom anderen heißt: „Sie haben zu wenig geführt“. Hmmm...
 
Zuletzt bearbeitet:

Zurück
Top Bottom