Wie kann ich mein Kind beim Musizieren unterstützen ?

  • Ersteller des Themas 123sonne
  • Erstellungsdatum

Ja, ablehnend ist sehr niedlich ausgedrückt.
Siehste. Ich stehe dem Zwang eher zweifelnd-aufgeschlossen gegenüber. Ich sehe die möglichen positiven wie negativen Effekte und versuche, mich irgendwie durchzuschlängeln. Waschen ohne nass zu werden, sozusagen.

Heute sollte die Kleine übrigens unbedingt üben. Die Lehrerin hat ihr gestern was Neues gezeigt, und bevor sie eine Woche zur Klassenfahrt verschwindet, sollte sie das noch mal repetieren, da hab ich drauf bestanden. Ging total in die Hose - sie war ziemlich müde und abgelenkt und ich war auch müde nach zwei Kindergeburtstagen an einem Wochenende. Es endete in einem großen Donnerwetter.

So viel zu meinen Erfolgen beim Durchschlängeln ...
 
Das Dilemma ist ja, dass man ohne Üben nicht so wahnsinnig weit kommt, andererseits das Üben den Kindern oftmals den Spaß verleidet.
Eine wichtige Lebenserfahrung ist die Erkenntnis, durch eigene Anstrengung Schwierigkeiten überwunden zu haben - nicht nur beim Spielen eines Instruments.

Es ist leider so, dass laissez faire selbst bei interessierten Kindern letztlich in regelmäßigem Nicht-Üben resultieren wird. Als Konsequenz bleiben Fortschritte aus, das Kind tritt auf der Stelle und verliert am Ende auch nur die Lust.
Sehr oft schließt sich eine Art Teufelskreis: Aufgrund unzulänglicher Studienarbeit bleiben gute Ergebnisse aus und die unbefriedigenden Resultate senken die Motivation immer weiter, bis irgendwann die fällige Sinnfrage gestellt und negativ beantwortet wird.

Die Kunst besteht nun darin, diesen Zusammenhang zu vermitteln, was ohne einen gewissen Druck nicht funktioniert, ohne dem Kind die Lust am Instrument zu nehmen. Es gilt also zu vermeiden, dass sich die Assoziation "Klavier = Streit mit Papa" oder "Klavier = langweilige Tonleitern" aufbaut.
Dazu bedarf es allerdings einer gewissen Grundmotivation auf Schülerseite von Anfang an - damit sich die Erkenntnis einstellt, dass man letztendlich das Musizieren als Gewinn für sich selbst verbucht, statt damit nur den Eltern einen Gefallen zu tun, die von ihrem Nachwuchs einen Leistungsnachweis einfordern, indem dieser ein Instrument lernen muss. Eine Erleichterung kann es sein, wenn Elternteile selbst musizieren und den Gewinn an Lebensqualität durch das Musizieren vorleben können.

Manchmal beim Üben bestehe ich drauf, dass sie eine Stelle, die sie immer wieder falsch spielt, isoliert übt, manchmal nur einen Takt. Das dauert 5 Minuten. Wenn sie danach merkt, dass sie da plötzlich ohne Fehler durchkommt, motiviert sie das und sie übt von sich aus noch mehrmals, um das zu festigen. Sie lernt dadurch hoffentlich, dass sie (nur) durch Üben weiterkommt.
Sehr oft liegt es nur an einigen wenigen Details, dass das musikalische Resultat nicht so gut ausfällt wie gewünscht. Auch das kann eine wichtige Erkenntnis sein: Eine zu große Mängelliste demotiviert und hat zur Folge, dass die Motivation dann gänzlich gegen Null geht. Lieber also in einer Übesitzung eine überschaubare Anzahl an Problemen wirklich meistern als sich zu viel vornehmen und letztlich immer bei Stückwerk hängen zu bleiben.

LG von Rheinkultur
 
Ich finde, das Erlernen eines Instrumentes ist das Erlernen von Disziplin, sprich: Erziehung (nur auf eine andere, schönere und sinnvollere Art und Weise).
Das eine kann ohne das andere nicht sein: Ohne Disziplin, ohne Bereitschaft, konzentriert auf ein Ziel hinzuarbeiten gibt es keine Möglichkeit, sich die notwendigen Fertigkeiten beim Spiel eines Instruments anzueignen - und das Spiel eines Tasteninstruments gehört in feinmotorischer Hinsicht zu den anspruchsvollsten Aufgaben, denen man sich überhaupt stellen kann. Umkehrschluss: Wer hier etwas erfolgreich meistert und sicher bewältigt, darf auch in einem gesunden Maße stolz auf sich sein - gesund, soweit einen dies zu weiteren Anstrengungen motiviert. Ungesund wäre es, deshalb nachlässig oder überheblich zu werden.

Ich habe das Gefühl, dass so etwas heute in der Erziehung fehlt. Wahrscheinlich, weil das Erlernen von Disziplin oft in Verbindung mit einer autoritären Erziehung gebracht wird, wovor viele (werdenden) Mütter und Väter zurückschrecken?
Ich glaube eher, dass allzu oft mit autoritärem Führungsstil die missbräuchliche Nutzung einer Autorität (die in Wahrheit oft gar keine ist) gleichgesetzt wird, wie es sie in früheren Jahrzehnten durchaus gab. Allerdings galten Lehrkräfte auch in Zeiten, als die körperliche Züchtigung noch keineswegs verboten war, bereits als Berufsversager, wenn sie mehr mit Disziplinierung als mit Wissensvermittlung beschäftigt waren, wobei mit "Disziplinierung" unverhältnismäßige Züchtigungspraktiken gemeint sind. In jüngerer Zeit schlug der "erzieherische" Trend eher ins andere Extrem um: Verzicht auf Verbindlichkeit, klare Vorgaben und Übernahme von Führungsverantwortung führt zu Beliebigkeit, Überhandnahme von Lustprinzip und Leistungsverweigerung - Unarten, die jedes Vorankommen in der Sache letztlich unmöglich machen.

LG von Rheinkultur
 
Mein Papi hat zusammen mit mir angefangen. Ungefähr ein Jahr hat er durchgehalten. Ich fand es natürlich höchst motivierend, als Kind schneller als der Vater (voll berufstätiger Erwachsener) voranzukommen.
 
In jüngerer Zeit schlug der "erzieherische" Trend eher ins andere Extrem um: Verzicht auf Verbindlichkeit, klare Vorgaben und Übernahme von Führungsverantwortung führt zu Beliebigkeit, Überhandnahme von Lustprinzip und Leistungsverweigerung - Unarten, die jedes Vorankommen in der Sache letztlich unmöglich machen.

LG von Rheinkultur

Ich würde sogar noch weitergehen, es ist nicht so, dass man als Eltern keine Autorität mehr sein möchte - im Gegensatz zum "Untertanentum" früher - sondern die Eltern sind jetzt noch eine Stufe weiter, nämlich einfach nichts zu machen - laissez faire - sozusagen.

Die Ausrede sein Kind beim Instrumentalunterricht nicht zu begleiten lautet oft, ich zwinge mein Kind zu nichts. Dabei müsste es doch heißen, ich habe keine Lust, ständig mein Kind zu motivieren, regelmäßiges Üben hochzuhalten ec. Die Bequemlichkeit wird mit Liebe zum Kind kaschiert, dabei äußert sich doch gerade die Gleichgültigkeit zum Kind, der Egoismus der Eltern darin, etwas nicht durchzuhalten.

Das andere Extrem, nämlich sein Kind zu treiben, um eigene unerfüllte Wünsche z. B. bzgl. des Klavierspiels zu projizieren, ist dagegen fast nicht mehr vorhanden.
 
Das andere Extrem, nämlich sein Kind zu treiben, um eigene unerfüllte Wünsche z. B. bzgl. des Klavierspiels zu projizieren, ist dagegen fast nicht mehr vorhanden.
Das finde ich übrigens wirklich schwer, die eigenen Wünsche/Erfahrungen von denen des Kindes zu trennen.

Aus der Erfahrung "ich bin froh, dass ich als Kinde zum Üben angehalten wurde" kann man eben leider nicht zwingend ableiten, dass das Kind später auch mal dankbar sein wird.

Das Phänomen der Projektion zieht sich ja durch die gesamte (bewusste) Erziehung. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass "laissez faire" letztlich auch aus der Projektion herrührt, also aus der Einstellung "ich hätte mir als Kind mehr Freiräume gewünscht".
 
Meine Mutter hat mich nicht mehr zum Üben animiert, nachdem ich Clementi-Sonatinen, für die sie wochenlang üben musste, einfach vom Blatt spielte :lol:

Aber ich erinnere mich durchaus daran, dass sie vor allem am Anfang sehr darauf geachtet hat, dass aus dem Klavierüben ein Ritual wurde, das ich mehr oder weniger bis zum Auszug zuhause auch durchgehalten habe.
 
Man könnte vielleicht sogar sagen, dass "laissez faire" letztlich auch aus der Projektion herrührt, also aus der Einstellung "ich hätte mir als Kind mehr Freiräume gewünscht".

Jetzt wird mir einiges klar... wenn das so ist, dann kann ich mir auch erklären, warum der Lieblingssatz meiner Mutter immer "Mach was du willst, ich steh dir nicht im Weg" oder so ähnlich lautete.
 
Ist doch besser als der Spruch: "Solange Du DEINE Füße unter MEINEM Tisch hast...!"
:-D
 
Moin!

Strategisch:
Indem meine Eltern mir ermöglichten Unterricht und ein Instrument zu bekommen.

Taktisch:
Zimmer verlassen, wenn ich übe.

Sowardasdamals.

Grüße
Häretiker
 

Zurück
Top Bottom