Was erwarten eure Lehrer (im Amateurbereich) von euch?

Sollte das denn nicht die Regel sein, dass ein (reflektierter) Lehrer immer auch vom Schüler lernt?
Ich unterrichte regelmäßig (kein Instrument aber das Prinzip ist denke ich ähnlich) und jeder Kurs bietet eine neue Herausforderung, auf die ich gerne reagiere und das stärkt mich als Kursleiterin.
Auch mein Geigenlehrer hat schon mal gesagt, dass er viel durch mich lernt, weil bei mir einige Sachen, mit denen er sonst erfolgreich ist, nicht so gut funktionieren. Jetzt könnte er natürlich sagen: "Klappt nicht, such Dir jemand anderen" aber er nimmt die Herausforderung an, wofür ich sehr dankbar bin.
 
Ich bin seit mittlerweile ca. 10 Jahren bei meinem Klavierlehrer. Er weiß, dass ich zwar ambitioniert bin, aber nicht so regelmäßig zum Üben komme bzw. dass ich einfach richtig faul bin. Es kommt nicht so selten vor, dass ich eigentlich gar nicht zum Klavierunterricht gehen möchte, weil ich mich nicht gut genug vorbereitet fühle, denn ich weiß ja, was ich hätte üben sollen etcpp. Ich bereue es aber nie, trotzdem hinzugehen, weil mein KL es immer schafft, eine schöne, produktive Stunde daraus zu machen und die Stellen, die wir im Unterricht durchgenommen haben, laufen danach sofort merklich besser.

Ich habe also den Eindruck: mein KL hat eigentlich keine Erwartungen; vermutlich Hoffnungen (:004: ), die aber nicht selten enttäuscht werden. Im Unterricht geht es ausschließlich um das, was man jetzt tun kann bzw. was ich zuhause üben kann; nie um das, was ich zu üben versäumt habe. Da kann man ja jetzt eh nichts mehr machen...

lg marcus
Ist bei mir ganz ähnlich.
Enttäuscht ist meine KL aber nie, so nehme ich es zumindest wahr.
 
Im Unterricht bei meinem Lehrer gab es über die ersten Jahre immer wieder Situationen, die mich aufregten, ärgerlich machten, mich rausbrachten usw. Der Herr ist ein ehemaliger Konzerter, der die Romantik seiner Musik vielleicht ein bisschen zu sehr auf seine Pädagogik hat übergreifen lassen. Sprich, er hörte zu, dann flog ihn vielleicht etwas an und er sprach inbrünstig darüber, demonstrierte, ließ weiterspielen. Das nahm ich mit nach Hause, übte und bereitete es vor, paßte mich an, und in der nächsten Unterrichtsstunde konnte es plötzlich ganz falsch sein, das Gegenteil war nun richtig (das ich ursprünglich gespielt hatte). Diese Belehrungen kamen gerne im "ist-doch-klar"-Stil, und wie gesagt regte mich das mitunter auf.
Mit der Zeit begriff ich aber, welchen Schatz ich an dem Mann hatte, wenn ich ihn nur richtig anpackte. Ich nahm mir vor, und das klappte auch meistens, die Verschrobenheiten wie leere Regenwolken über mich hinwegziehen zu lassen, die ganze Vielfalt dieser aus Studium, Erfahrung und Geschmack geronnenen Interpretationsideen und -varianten aufzusaugen, auch die gegensätzlichen, und sie meinem musikalischen Wortschatz hinzuzufügen.
Ich verspiele mich viel, besonders wenn jemand zuhört. Im Unterricht war es nicht anders, und natürlich bekam ich bei jedem Verspieler den Hinweis, das sei falsch, bei jedem Ausdruck, den ich nicht hinbekam, wie ich wollte, den Hinweis, den hätte ich nicht hinbekommen, anders sei es doch besser. Die Harmonien muß man hören, bevor man sie spielt. Hören ist das Wichtigste, das müssen Sie lernen! Ich fand, daß ich durchaus hörte, worum es in der Musik ging, was ich wollte und was eben nicht klappte, und daß jedesmal der Kastenteufel aufsprang, um mir meine selbstzerfleischenden Gedanken mit gütiger Stimme noch einmal vorzutragen, machte es nicht besser. Aber: auch hier gelang der mentale Schalter, und nach einer Weile wurden diese Echos zu einer Art Taktstock, den ich akzeptierte, um an die Musik zu kommen. Sicher ein Erfolg, an dem der Lehrer nicht ganz unbeteiligt war, denn der Weg zur Entspannung bildete das Fundament seines Unterrichts.
@Muck , vielleicht hast du bei deinem Lehrer auch die Möglichkeit, ihn auf eine Weise zu nehmen, die dich seltener frustriert und die Aspekte, von denen du profitierst, noch besser nutzen läßt. Am Ende des Tages zählt, daß man zufrieden nach Hause kommt.
Lieber Felix,

du beschreibst sehr anschaulich und interessant, wie du mit den für dich anfangs ärgerlichen Eigenheiten deines Lehrers umgehen gelernt hast.

Mich interessiert dabei, ob du deine Empfindungen mal mit deinem Lehrer besprochen hast. Es ist nämlich ein Riesenunterschied, ob man

1. versucht hat, eine Situation zu ändern, mit der man nicht gut klarkommt,

2. es ergebnislos versucht hat, sich aber dann doch entscheidet, bei dem Lehrer zu bleiben, weil man die vielen Vorteile seines Unterrichts nicht missen möchte

3. oder ob man gar nichts versucht.

Jede dieser Szenarien hat Auswirkungen auf einen selbst und sein Klavierspiel, das sollte man nicht unterschätzen!

Zu 1.: Versuch mach kluch, heißt es. Ein Gespräch, in dem man für sich und seine Empfindungen eintritt, ist vielleicht erst einmal eine Hemmschwelle und kostet Überwindung, lohnt sich aber! Selbst wenn das Ergebnis nicht so ausfällt, wie man es sich wünscht. Denn dieses Gespräch hat auf jeden Fall Auswirkungen auf sich und auf den Lehrer. Man weiß als Schüler nun, dass der Lehrer weiß, wie er sich fühlt. Und diese Veränderung kann schon für sich allein große Auswirkungen haben. Carnina schreibt:

@Muck Kenn ich, aber hier eine Erkenntnis, die ich nach einem offenen Gespräch mal hatte und seit dem destabilisiert mich das nicht mehr.

Mir ging’s ähnlich und jetzt hab ich das Vertrauen, dass es meiner Entwicklung dient. In diesem Sinne „gib dich zufrieden und sei stille“.
Ein großer Trostdrücker und morgen ran an den Speck 😎
"Nach einem offenen Gespräch" schreibt sie, das ist sehr wichtig! Ich hoffe nicht, dass das Letzte vor allem angekommen ist "gib dich zufrieden und sei stille"!

Zu 2. Damit kommen wir zu Punkt 2: Wenn ein Gespräch stattgefunden hat mit dem Ergebnis, dass der Lehrer den Schüler nicht versteht oder nicht verstehen will, es also alles beim Alten bleibt, hat wieder der Schüler die Möglichkeit, sich zu entscheiden.

Das ist der Punkt und nennt sich Selbstwirksamkeit. Der Schüler entscheidet, nachdem er versucht hat, die Situation zu ändern! Er ist nicht ausgeliefert, sondern entscheidet sich, ob er bei dem Lehrer bleiben will oder nicht. So hat es @Carnina gemacht und kommt damit gut zurecht.

Zu 3.: Man kann natürlich alles lassen, wie es ist. Zur Erinnerung: es geht um Grundsätzliches, nicht um eine einzige Situation! "Mal wieder" schreibt @Muck.

Aber auch diese Entscheidung hat Auswirkungen auf sich selbst und auf das Klavierspiel, m.E. sehr negative. Man unterdrückt seine Empfindungen und das in einem Bereich (Musik), wo es viel um Emotionen geht. In einem Bereich, wo körperliche und geistige Durchlässigkeit enorm wichtig ist. Jeder von euch weiß, wie wichtig eine unbelastete Beziehung zwischen Lehrer und Schüler, eine angenehme Unterrichtsatmosphäre zum Lernen ist. Ich frage mich auch, was das dann für ein Vertrauensverhältnis ist zwischen Lehrer und Schüler, wenn ein Gespräch über solche Dinge nicht möglich ist.

Die Auswirkungen auf euer Spiel sind von euch selbst vielleicht nicht zu merken. Sie sind aber da. Ich habe mit so etwas tagtäglich zu tun.

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Tipp für ein Gespräch: von sich selbst reden!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hoffe nicht, dass das Letzte vor allem angekommen ist "gib dich zufrieden und sei stille"!
Nein nein 🤗 das ist ein Bach Choral und flapsig als Zusammenfassung gedacht, nachdem @Muck ja eigentlich aus ambitionierten Gründen extra fordernden und fördernden Unterricht sucht und da braucht man halt manchmal eine Klagemauer obwohl mein eigentlich genau weiß, dass man sich das gezielt ausgesucht hat. Auch muck muss ja nicht aber will :))

Ich glaube Muck ist sehr engagiert und gerade als Amateur der ewig zuhause vor sich hin übt und im schlimmsten Fall kein passendes soziales Umfeld hat wo man sich austauschen kann, bleibt der Lehrer das einzige Feedback. Je besser er seinen Job macht desto schwieriger finde ich wird es, wenn es der einzige Austausch bleibt.

Ich vermute mal Frech dass Muck hohe Ansprüche an sich selbst stellt und wenn dann der Ort (an dem man für Kritik und Verbesserungsvorschläge bezahlt!) der einzige Ort ist wo man sich ein wenig Bestätigung holen kann, dann muss man entweder versuchen mehr Gleichgesinnte zu finden mit denen man interagieren kann und auch positives Feedback sammeln kann oder man muss sich völlig frei machen vom Wert der Fremdeinschätzung. Letzteres ist aber ein Widerspruch zum Lernen und sich Entwicklen.

Ein Dilemma. Der Bach Choral ist in meiner Familie ein „Running Gag“ der zum Schluss kam, nachdem ein Problem im Sinne des Betroffenen als „halb so schlimm“ erörtert wurde und soll soviel heiße wie „Kopf hoch“.

Tut mir leid wenn’s falsch aufgefasst wurde 🤗
 
Mit dieser Masche von "offenes Gespräch" wäre ich immer sehr vorsichtig, auch wenn das seit den 1970ern stets so angepriesen wird.

Nicht jeder kann (eher: Nur die wenigsten können) mit einem offenen Gespräch umgehen. Selbst wenn man am Ende eine Verabredung getroffen hat, bleiben bei einem unklare Gefühle zurück. Manch einer fühlt sich sogar rhetorisch überfahren, erst recht, wenn er im Gespräch herausgefordert wurde und ein wenig sich offenbaren musste.

Die nonverbale Kommunikation ist sehr wichtig. Bei diesem romantischen KL hätte ich es genauso gemacht, um diesen kostbaren Schatz durch meine technische Nüchternheit nicht zu verderben. Er würde es mir immer wieder aufs Brot schmieren, dass ich mal was gesagt habe...
 
Mit dieser Masche von "offenes Gespräch" wäre ich immer sehr vorsichtig, auch wenn das seit den 1970ern stets so angepriesen wird.

Nicht jeder kann (eher: Nur die wenigsten können) mit einem offenen Gespräch umgehen. Selbst wenn man am Ende eine Verabredung getroffen hat, bleiben bei einem unklare Gefühle zurück. Manch einer fühlt sich sogar rhetorisch überfahren, erst recht, wenn er im Gespräch herausgefordert wurde und ein wenig sich offenbaren musste.

Die nonverbale Kommunikation ist sehr wichtig. Bei diesem romantischen KL hätte ich es genauso gemacht, um diesen kostbaren Schatz durch meine technische Nüchternheit nicht zu verderben. Er würde es mir immer wieder aufs Brot schmieren, dass ich mal was gesagt habe...
Stimmt ich würde auch nicht alles ansprechen bei jedem. Man sollte sich vorher fragen „was ist wenn das nach hinten losgeht“. Wenn ich bei der Vorstellung Sorge hätte, das sich am Ist-Zustand etwas negativ verändert, hab ich auch meine Antwort. Nämlich dass es eigentlich für mich passt, aber meine coping Mechanismen grad angegriffen sind. Dann suche ich die Ursache, die sich dann eigentlich nur in dieser Situation „offenbart“. Man kann viel verlieren, wenn man nicht checkt, dass das Problem eigentlich ganz woanders liegt :))
 
Hast du mal mit deinem Lehrer darüber geredet? Weiß er, wie du dich dann fühlst? Wen unterrichtet er normalerweise? Falls er meistens Musikstudenten o.ä. unterrichtet, könnte es sein, dass er manchmal vergisst, wen er vor sich hat.

So wie du deinen Lehrer beschreibst, wird er dir zuhören. Oder hast du das Gespräch schon gesucht?

Danke für all eure Antworten!!

Das Problem ist leider eher nicht mein Lehrer, sondern ich. Versuchs gleich zu erklären.
Also, ich habe schon das ein oder andere Mal "spielerisch" gesagt, wie ich mich fühle. Also gestern zB "ich krieg sie ja heute nur drauf" oder so ähnlich. Wie haben auch schon einmal ein bisschen "ernster" über eine solche Situation gesprochen. Mein Lehrer war sehr bestroffen/geschockt, dass ich mich aufgrund einer ähnlichen Situation so schlecht gefühlt habe. Er meint halt, er muss mir sagen, was falsch ist, dafür sei er ja da. Und ich will nicht soviel bei ihm sagen, weil ich ja auch genau möchte, dass er mich kritisiert und hilft. Darum gehts auch nicht, sondern einfach darum, dass ich, und das ist einfach nur mein persönliches Gefühl, ihn ständig enttäusche. Also dass er einfach mehr erwartet.
Mein Partner und einige Freunde meinen, ich sei zu perfektionistisch. Im normalen Leben bin ich das glaube ich nicht, beim Klavierspielen vielleicht schon....

Jedenfalls sind die Wahrnehmungen einfach sehr verschieden. Beispielsweise waren letzte Woche 2 befreundete Kolleginen bei mir zu Besuch. Eien spielt auch etwas Klavier und hat feuchte Augen bekommen, als sie meinen Flügel gesehen hat, hat sich aber nicht ran getraut ("spiele nicht vor anderen", Amelie ist ihre Hammerklaviersonate ;-)). Jedenfalls hab ich ein bisschen was gespielt. Daraufhin meinte sie, nachdem ich besser als ihre beiden ehemaligen KL spiele, würde sie jetzt erst recht nicht mehr spielen. Fand ich übrigens sehr schade. Ich höre bei mir immer nur die Schwachstellen/Fehler (außer in den ganz selten Fällen, wo alles perfekt ist).

Zu meinem KL: er unterrichtet keine Studenten und hat letzte Stunde auch gesagt, dass er keine Schüler hat, die so weit sind wie ich. Er ist Konzertpianist, hat einen tollen ruhigen Charakter. Ich bin eher temperamentvoll, auch im Spiel, deshalb haben wir oft eine unterschiedlcieh Interpretation. Das macht die Sache aber interessant, wir nehmen glaube ich auch das ein oder andere vom anderen an. Ist echt eine tolle konstruktive Arbeit.

Zu mir: bei mir wurde von ein paar Jahren eine leichte Form des Asperger-Syndroms festgestellt worden. Ich habe da sehr viel dran gearbeitet und im Großen und Ganzen fällt das kaum mehr auf. Ich habe aber einfach in der Interaktion/Kommunikation mit anderen manchmal Probleme, weil ich das Gesagte nicht immer richtig einordnen kann. Das hilft mir aber eben auch nicht, denn wenn ich das ansprechen würde würde mein KL sagen, dass er das nicht böse meint und wenn er damit aufhört ich glauben würde, dass er das jetzt nur aus Rücksichtnahme nicht mehr macht. Ich bin da vielleicht etwas schwierig...

Also bleibt meine Urprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht, also böse gesagt "drüber schludert"? Dann muss ich überlegen, ob ich seltener Unterricht nehme, damit ich genug Zeit habe, das Stück so auf 90% zu bringen. Demotiviert bin ich übrigens nicht. Übe fleißig weiter und versuche gründlicher zu lesen. Gerade bei vermeindlich leichten Stelln habe ich die Angewohnheit, einfach drüber zu spielen ohne mir groß Gedanken zu machen.

Ich hoffe, ich konnte ausdrücken, was ich meine (wie gesagt, da haperts bei mir dran).
 
Nein nein 🤗 das ist ein Bach Choral und flapsig als Zusammenfassung gedacht, nachdem @Muck ja eigentlich aus ambitionierten Gründen extra fordernden und fördernden Unterricht sucht und da braucht man halt manchmal eine Klagemauer obwohl mein eigentlich genau weiß, dass man sich das gezielt ausgesucht hat. Auch muck muss ja nicht aber will :))

Ich glaube Muck ist sehr engagiert und gerade als Amateur der ewig zuhause vor sich hin übt und im schlimmsten Fall kein passendes soziales Umfeld hat wo man sich austauschen kann, bleibt der Lehrer das einzige Feedback. Je besser er seinen Job macht desto schwieriger finde ich wird es, wenn es der einzige Austausch bleibt.

Ich vermute mal Frech dass Muck hohe Ansprüche an sich selbst stellt und wenn dann der Ort (an dem man für Kritik und Verbesserungsvorschläge bezahlt!) der einzige Ort ist wo man sich ein wenig Bestätigung holen kann, dann muss man entweder versuchen mehr Gleichgesinnte zu finden mit denen man interagieren kann und auch positives Feedback sammeln kann oder man muss sich völlig frei machen vom Wert der Fremdeinschätzung. Letzteres ist aber ein Widerspruch zum Lernen und sich Entwicklen.

Ein Dilemma. Der Bach Choral ist in meiner Familie ein „Running Gag“ der zum Schluss kam, nachdem ein Problem im Sinne des Betroffenen als „halb so schlimm“ erörtert wurde und soll soviel heiße wie „Kopf hoch“.

Tut mir leid wenn’s falsch aufgefasst wurde 🤗
ich glaube, du triffst es ganz gut
 
Ui, vielen Dank für diese neuerliche Schilderung!

Zu einem "offenen Gespräch" gehört unbedingt, dass man bereits gegenseitiges Vertrauen hat - im tiefen nonverbalen Sinne. Insbesondere muss vertraut werden, dass das offene Gespräch nicht zu einer Richter-Angeklagter-Szene wird, womöglich mit angeschlossener Buß' und Reu'.

Ich habe mir als Rezept mal zurechtgelegt, dass, wenn mir einer an den Karren fährt, er es nicht vernichtend (das Wort gehört eigentlich nicht geschrieben) meint, sondern mir nur einen Hinweis geben will, auch wenn er nicht genug Blumen zum Durchsprechen hatte. Eine genuin vernichtende "Kritik" würde zudem nochmals ganz anders formuliert werden - selbst von Leuten, die es mit Diplomatie sowieso nicht so haben.
 
Zu meinem KL: er unterrichtet keine Studenten
Das ist glaub ich nicht die Sache er ist engagiert da ist egal ob er normal Studenten hat oder nicht. Ich war in meiner Jugend an einer Musikschule, dann bei einem Dozenten von der Uni und jetzt bei einem Professor von der Uni. Dazwischen hatte ich mal probehalber bei jemandem, der nur Hobbyspieler unterrichtet und keine Studenten, da wär ich niemals glücklich geworden, auch wenn ich da garantiert sogar unvorbereitet einen netten Abend hätte verbringen können. Aber es ist eine Einstellungssache und ich glaube zu wissen dass du mir da sehr ähnlich bist. Ich muss auch ackern aber ich bin dankbar für diesen Prof. dass er mich überhaupt nimmt und mit diesem Engagement mich fördern will! Das ist keine Selbstverständlichkeit und ich versuche zum Dank einfach mein Bestes. Weil das eine Gelegenheit für mich ist die ich mir nie erträumt hätte zu bekommen.

Ich glaube du hast einen tollen Lehrer nach allem was ich so gelesen habe. Der fordert und fördert dich. Er ist bereit mit dir schwere Literatur zu erarbeiten, die er selbst beherrscht. Das ist ein Glück. Und dein Perfektionismus ist nicht dein Feind sondern der Grund warum du Waldsteinsonste spielst. Lerne es als die Quelle deines Antriebs zu schätzen und hab dich lieb wenn du mal ein wenig „gut gemacht“ brauchst. Das braucht jeder ab und an. 🥰

Ergänzung: so wie du beschreibst wie er kritisiert klingt das für mich nach viel Vertrauen. So flapsig spricht man mit guten Bekannten die man kennt und achtet in dem was sie könnten/ können. Für mich klingt hier nichts „unfair“.
 

Das ist glaub ich nicht die Sache er ist engagiert da ist egal ob er normal Studenten hat oder nicht. Ich war in meiner Jugend an einer
Das war auch lediglich eine Antwort auf @chiarinas Frage. Mein letzter KL war Dozent an einer Musikhochschule. Auch von ihm habe ich viel gelernt. Trotzdem würde ich ihn meinem jetzigen KL nicht vorziehen. Beide hatten ihre Art zu unterrichten und ihre Schwerpunkte, da ist objektiv keiner besser oder schlechter, sondern vielleicht auf einen bestimmten Schüler oder eine bestimmte Lebenssituation besser oder schlechter geeignet. Für meine jetzige Situation (Vollzeit berufstätig, Haus, Kind, ambitioniert und lernwillig, entspannte vertrauensvolle Zusammenarbeit) ist mein KL genau der richtige.
 
Also bleibt meine Urprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht,
Natürlich kann man das erwarten. Der KL wäre wohl sogar sehr überrascht, wenn du gar nichts übersehen würdest.

Ich habe das Gefühl, deine eigentliche Frage ist: "Kann man es im Amateurbereich auch mal kommentarlos durchgehen lassen?"
Meine Antwort: Jein. In Abhängigkeit von dem Niveau kann man diverse Dinge durchgehen lassen und andere eben nicht. Bzw. gibt es höchstwahrscheinlich Nuancen, die deinem KL auffallen, er aber nichts sagt, weil sie über deinem Niveau sind.
 
Wenn die (berechtigte) Kritik aber so vorwurfsvoll vorgebracht wird, dann zweifelt man schon an sich selbst.

Wobei "vorwurfsvoll" ja eine Wahrnehmung von dir ist. Das muss er lange noch nicht so gemeint haben.

Als Lehrer an anderer - lebenswichtiger - Stelle bin ich mir darüber im Klaren, dass die Schüler bei Kritik "Befindlichkeiten" mitschwingen hören. Ich versuche dann der Kritik als Beipackzettel mitzugeben, dass sie ausschließlich "sachlicher Natur" ist. Den gemachten Fehler feststellend, aber ohne Wertung der Person.

Auf der anderen Seite muss ich aber auch festhalten .. und dies ist jetzt Kritik an einigen Schülern von mir - erst mal nicht an dir! - dass sich einige hinter Emotionen verstecken, um die Kritik nicht annehmen zu müssen. "Der will mich klein halten, daher hat sich wieder was raus gepickt". Wenn dies als "Schutzschirm" eingesetzt wird, bleibt sachliche Kritik - und Lernerfolg - auf der Strecke.

Gruß
Martin
 
Danke für all eure Antworten!!

Das Problem ist leider eher nicht mein Lehrer, sondern ich. Versuchs gleich zu erklären.
Also, ich habe schon das ein oder andere Mal "spielerisch" gesagt, wie ich mich fühle. Also gestern zB "ich krieg sie ja heute nur drauf" oder so ähnlich. Wie haben auch schon einmal ein bisschen "ernster" über eine solche Situation gesprochen. Mein Lehrer war sehr bestroffen/geschockt, dass ich mich aufgrund einer ähnlichen Situation so schlecht gefühlt habe. Er meint halt, er muss mir sagen, was falsch ist, dafür sei er ja da. Und ich will nicht soviel bei ihm sagen, weil ich ja auch genau möchte, dass er mich kritisiert und hilft. Darum gehts auch nicht, sondern einfach darum, dass ich, und das ist einfach nur mein persönliches Gefühl, ihn ständig enttäusche. Also dass er einfach mehr erwartet.
Mein Partner und einige Freunde meinen, ich sei zu perfektionistisch. Im normalen Leben bin ich das glaube ich nicht, beim Klavierspielen vielleicht schon....

Jedenfalls sind die Wahrnehmungen einfach sehr verschieden. Beispielsweise waren letzte Woche 2 befreundete Kolleginen bei mir zu Besuch. Eien spielt auch etwas Klavier und hat feuchte Augen bekommen, als sie meinen Flügel gesehen hat, hat sich aber nicht ran getraut ("spiele nicht vor anderen", Amelie ist ihre Hammerklaviersonate ;-)). Jedenfalls hab ich ein bisschen was gespielt. Daraufhin meinte sie, nachdem ich besser als ihre beiden ehemaligen KL spiele, würde sie jetzt erst recht nicht mehr spielen. Fand ich übrigens sehr schade. Ich höre bei mir immer nur die Schwachstellen/Fehler (außer in den ganz selten Fällen, wo alles perfekt ist).

Zu meinem KL: er unterrichtet keine Studenten und hat letzte Stunde auch gesagt, dass er keine Schüler hat, die so weit sind wie ich. Er ist Konzertpianist, hat einen tollen ruhigen Charakter. Ich bin eher temperamentvoll, auch im Spiel, deshalb haben wir oft eine unterschiedlcieh Interpretation. Das macht die Sache aber interessant, wir nehmen glaube ich auch das ein oder andere vom anderen an. Ist echt eine tolle konstruktive Arbeit.

Zu mir: bei mir wurde von ein paar Jahren eine leichte Form des Asperger-Syndroms festgestellt worden. Ich habe da sehr viel dran gearbeitet und im Großen und Ganzen fällt das kaum mehr auf. Ich habe aber einfach in der Interaktion/Kommunikation mit anderen manchmal Probleme, weil ich das Gesagte nicht immer richtig einordnen kann. Das hilft mir aber eben auch nicht, denn wenn ich das ansprechen würde würde mein KL sagen, dass er das nicht böse meint und wenn er damit aufhört ich glauben würde, dass er das jetzt nur aus Rücksichtnahme nicht mehr macht. Ich bin da vielleicht etwas schwierig...

Also bleibt meine Urprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht, also böse gesagt "drüber schludert"? Dann muss ich überlegen, ob ich seltener Unterricht nehme, damit ich genug Zeit habe, das Stück so auf 90% zu bringen. Demotiviert bin ich übrigens nicht. Übe fleißig weiter und versuche gründlicher zu lesen. Gerade bei vermeindlich leichten Stelln habe ich die Angewohnheit, einfach drüber zu spielen ohne mir groß Gedanken zu machen.

Ich hoffe, ich konnte ausdrücken, was ich meine (wie gesagt, da haperts bei mir dran).
Ah ja kenn ich auch. Und macht Sinn wenn man schon sehr weit ist. Weil du keinen mehr brauchst der dir das manuelle „ausführen“ zeigt, sondern jemanden, der aber auf dem Niveau eigentlich genügend „Material“ braucht um mit dir überhaupt arbeiten zu können.

Ich habe gemerkt, dass für die Form des Unterrichts manchmal 7 Tage zu wenig Zeit sind, um sicher genug im neuen Text zu sein. Ich bin da nicht so schnell wie Studenten mit ihrer jahrelangen Routine. Dafür gibts 2 Lösung:

- weniger Material mitbringen dafür gut
- größere zeitliche Abstände zur nächsten Stunde

Dein Frust ist unvermeidbar, wenn du dir für etwas Kritik „abholst“ was dir eigentlich bewusst ist, du aber noch nicht umsetzen konntest. In dem Fall gehst du nicht für Hilfe in die Stunde (da wäre dir Kritik egal, weil du es ja wirklich nicht weißt) sondern du weist, dass du nicht genug vorbereitet bist und bekommst dann die Quittung. Denk da mal drüber nach ob du so reagieren würdest, wenn er ein für dich echtes Problem bearbeitet. Das glaub ich nämlich nicht.

Du denkst dir „für die kurze Zeit ist das doch schon ordentlich was ich mitgebracht hab“ das gilt für dein Lerntempo aber nicht für deine musikalische Leistung. Dann ist der Zeitpunkt der Stunde falsch, wenn du dort nicht mitbringst was dir selbst maximal zu erarbeiten möglich gewesen wäre. Der Unterricht soll dir zur Selbständigkeit helfen, keine Dauerabhängigkeit sein.

Mach die nächsten Stunden mal flexibler und geh hin wenn du denkst „nach bestem Wissen und Gewissen, fühl ich mich vorbereitet“. Bin mir fast sicher das löst dein Problem.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für all eure Antworten!!

Das Problem ist leider eher nicht mein Lehrer, sondern ich. Versuchs gleich zu erklären.
Also, ich habe schon das ein oder andere Mal "spielerisch" gesagt, wie ich mich fühle. Also gestern zB "ich krieg sie ja heute nur drauf" oder so ähnlich. Wie haben auch schon einmal ein bisschen "ernster" über eine solche Situation gesprochen. Mein Lehrer war sehr bestroffen/geschockt, dass ich mich aufgrund einer ähnlichen Situation so schlecht gefühlt habe. Er meint halt, er muss mir sagen, was falsch ist, dafür sei er ja da. Und ich will nicht soviel bei ihm sagen, weil ich ja auch genau möchte, dass er mich kritisiert und hilft. Darum gehts auch nicht, sondern einfach darum, dass ich, und das ist einfach nur mein persönliches Gefühl, ihn ständig enttäusche. Also dass er einfach mehr erwartet.
Mein Partner und einige Freunde meinen, ich sei zu perfektionistisch. Im normalen Leben bin ich das glaube ich nicht, beim Klavierspielen vielleicht schon....

Jedenfalls sind die Wahrnehmungen einfach sehr verschieden. Beispielsweise waren letzte Woche 2 befreundete Kolleginen bei mir zu Besuch. Eien spielt auch etwas Klavier und hat feuchte Augen bekommen, als sie meinen Flügel gesehen hat, hat sich aber nicht ran getraut ("spiele nicht vor anderen", Amelie ist ihre Hammerklaviersonate ;-)). Jedenfalls hab ich ein bisschen was gespielt. Daraufhin meinte sie, nachdem ich besser als ihre beiden ehemaligen KL spiele, würde sie jetzt erst recht nicht mehr spielen. Fand ich übrigens sehr schade. Ich höre bei mir immer nur die Schwachstellen/Fehler (außer in den ganz selten Fällen, wo alles perfekt ist).

Zu meinem KL: er unterrichtet keine Studenten und hat letzte Stunde auch gesagt, dass er keine Schüler hat, die so weit sind wie ich. Er ist Konzertpianist, hat einen tollen ruhigen Charakter. Ich bin eher temperamentvoll, auch im Spiel, deshalb haben wir oft eine unterschiedlcieh Interpretation. Das macht die Sache aber interessant, wir nehmen glaube ich auch das ein oder andere vom anderen an. Ist echt eine tolle konstruktive Arbeit.

Zu mir: bei mir wurde von ein paar Jahren eine leichte Form des Asperger-Syndroms festgestellt worden. Ich habe da sehr viel dran gearbeitet und im Großen und Ganzen fällt das kaum mehr auf. Ich habe aber einfach in der Interaktion/Kommunikation mit anderen manchmal Probleme, weil ich das Gesagte nicht immer richtig einordnen kann. Das hilft mir aber eben auch nicht, denn wenn ich das ansprechen würde würde mein KL sagen, dass er das nicht böse meint und wenn er damit aufhört ich glauben würde, dass er das jetzt nur aus Rücksichtnahme nicht mehr macht. Ich bin da vielleicht etwas schwierig...

Also bleibt meine Urprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht, also böse gesagt "drüber schludert"? Dann muss ich überlegen, ob ich seltener Unterricht nehme, damit ich genug Zeit habe, das Stück so auf 90% zu bringen. Demotiviert bin ich übrigens nicht. Übe fleißig weiter und versuche gründlicher zu lesen. Gerade bei vermeindlich leichten Stelln habe ich die Angewohnheit, einfach drüber zu spielen ohne mir groß Gedanken zu machen.

Ich hoffe, ich konnte ausdrücken, was ich meine (wie gesagt, da haperts bei mir dran).
Danke für Deine Schilderung und Erläuterung @Muck
Ich habe mich selbst sehr wiedergefunden in Deiner Schilderung. Schön zu wissen, dass man damit nicht allein ist. Im bisher extremsten Fall konnte ich nach „so einer“ Klavierstunde mal zwei oder drei Tage lang nicht an die Tasten. Glücklicherweise kommt das in der ausgeprägten Form höchst selten vor (1 bis 2 mal im Jahr)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ah ja kenn ich auch. Und macht Sinn wenn man schon sehr weit ist. Weil du keinen mehr brauchst der dir das manuelle „ausführen“ zeigt, sondern jemanden, der aber auf dem Niveau eigentlich genügend „Material“ braucht um mit dir überhaupt arbeiten zu können.

Ich habe gemerkt, dass für die Form des Unterrichts manchmal 7 Tage zu wenig Zeit sind, um sicher genug im neuen Text zu sein. Ich bin da nicht so schnell wie Studenten mit ihrer jahrelangen Routine. Dafür gibts 2 Lösung:

- weniger Material mitbringen dafür gut
- größere zeitliche Abstände zur nächsten Stunde

Dein Frust ist unvermeidbar, wenn du dir für etwas Kritik „abholst“ was dir eigentlich bewusst ist, du aber noch nicht umsetzen konntest. In dem Fall gehst du nicht für Hilfe in die Stunde (da wäre dir Kritik egal, weil du es ja wirklich nicht weißt) sondern du weist, dass du nicht genug vorbereitet bist und bekommst dann die Quittung. Denk da mal drüber nach ob du so reagieren würdest, wenn er ein für dich echtes Problem bearbeitet. Das glaub ich nämlich nicht.

Du denkst dir „für die kurze Zeit ist das doch schon ordentlich was ich mitgebracht hab“ das gilt für dein Lerntempo aber nicht für deine musikalische Leistung. Dann ist der Zeitpunkt der Stunde falsch, wenn du dort nicht mitbringst was dir selbst maximal zu erarbeiten möglich gewesen wäre. Der Unterricht soll dir zur Selbständigkeit helfen, keine Dauerabhängigkeit sein.

Mach die nächsten Stunden mal flexibler und geh hin wenn du denkst „nach bestem Wissen und Gewissen, fühl ich mich vorbereitet“. Bin mir fast sicher das löst dein Problem.
Auch hier finde ich mich wieder @Carnina
Und mich frustriert dann besonders, wenn Punkte kritisiert werden, von denen ich schon vorher genau weiß, dass ich noch nicht so weit bin, derer ich mir ergo schon vorher bewusst bin.
 
Auch hier finde ich mich wieder @Carnina
Und mich frustriert dann besonders, wenn Punkte kritisiert werden, von denen ich schon vorher genau weiß, dass ich noch nicht so weit bin, derer ich mir ergo schon vorher bewusst bin.
Redet Ihr nicht vorher darüber? Normalerweise fragt mich meine KL, „und, wie lief‘s?“ Dann sag ich, das und das war gut und das und das geht noch nicht, hab ich erstmal weggelassen, etc. (Selbsteinschätzung) Nach dem Vorspielen sagt sie was dazu, und was ihr sonst noch aufgefallen ist. Fremdeinschätzung, oft Sachen, die ich gar nicht bemerkt habe. Diese Punkte leitet sie mit einem kurzen Lob ein, und sie kritisiert nur so viel, wie ich in dem Moment verarbeiten kann. Nie alles, was sie gehört hat. Dafür gibt’s ja immer noch die nächste Klavierstunde. Und im besten Fall regelt sich manches durch weiteres Üben wie von selbst.
 
Danke für all eure Antworten!!

Das Problem ist leider eher nicht mein Lehrer, sondern ich. Versuchs gleich zu erklären.
Also, ich habe schon das ein oder andere Mal "spielerisch" gesagt, wie ich mich fühle. Also gestern zB "ich krieg sie ja heute nur drauf" oder so ähnlich. Wie haben auch schon einmal ein bisschen "ernster" über eine solche Situation gesprochen. Mein Lehrer war sehr bestroffen/geschockt, dass ich mich aufgrund einer ähnlichen Situation so schlecht gefühlt habe. Er meint halt, er muss mir sagen, was falsch ist, dafür sei er ja da. Und ich will nicht soviel bei ihm sagen, weil ich ja auch genau möchte, dass er mich kritisiert und hilft. Darum gehts auch nicht, sondern einfach darum, dass ich, und das ist einfach nur mein persönliches Gefühl, ihn ständig enttäusche. Also dass er einfach mehr erwartet.
Mein Partner und einige Freunde meinen, ich sei zu perfektionistisch. Im normalen Leben bin ich das glaube ich nicht, beim Klavierspielen vielleicht schon....

Jedenfalls sind die Wahrnehmungen einfach sehr verschieden. Beispielsweise waren letzte Woche 2 befreundete Kolleginen bei mir zu Besuch. Eien spielt auch etwas Klavier und hat feuchte Augen bekommen, als sie meinen Flügel gesehen hat, hat sich aber nicht ran getraut ("spiele nicht vor anderen", Amelie ist ihre Hammerklaviersonate ;-)). Jedenfalls hab ich ein bisschen was gespielt. Daraufhin meinte sie, nachdem ich besser als ihre beiden ehemaligen KL spiele, würde sie jetzt erst recht nicht mehr spielen. Fand ich übrigens sehr schade. Ich höre bei mir immer nur die Schwachstellen/Fehler (außer in den ganz selten Fällen, wo alles perfekt ist).

Zu meinem KL: er unterrichtet keine Studenten und hat letzte Stunde auch gesagt, dass er keine Schüler hat, die so weit sind wie ich. Er ist Konzertpianist, hat einen tollen ruhigen Charakter. Ich bin eher temperamentvoll, auch im Spiel, deshalb haben wir oft eine unterschiedlcieh Interpretation. Das macht die Sache aber interessant, wir nehmen glaube ich auch das ein oder andere vom anderen an. Ist echt eine tolle konstruktive Arbeit.

Zu mir: bei mir wurde von ein paar Jahren eine leichte Form des Asperger-Syndroms festgestellt worden. Ich habe da sehr viel dran gearbeitet und im Großen und Ganzen fällt das kaum mehr auf. Ich habe aber einfach in der Interaktion/Kommunikation mit anderen manchmal Probleme, weil ich das Gesagte nicht immer richtig einordnen kann. Das hilft mir aber eben auch nicht, denn wenn ich das ansprechen würde würde mein KL sagen, dass er das nicht böse meint und wenn er damit aufhört ich glauben würde, dass er das jetzt nur aus Rücksichtnahme nicht mehr macht. Ich bin da vielleicht etwas schwierig...

Also bleibt meine Urprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht, also böse gesagt "drüber schludert"? Dann muss ich überlegen, ob ich seltener Unterricht nehme, damit ich genug Zeit habe, das Stück so auf 90% zu bringen. Demotiviert bin ich übrigens nicht. Übe fleißig weiter und versuche gründlicher zu lesen. Gerade bei vermeindlich leichten Stelln habe ich die Angewohnheit, einfach drüber zu spielen ohne mir groß Gedanken zu machen.

Ich hoffe, ich konnte ausdrücken, was ich meine (wie gesagt, da haperts bei mir dran).
Liebe Muck,

ja, vor allem habe ich jetzt verstanden, dass deine Ursprungsfrage ja eine ganz andere war.

"Also bleibt meine Ursprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht, also böse gesagt "drüber schludert"? "

Selbstverständlich! Sogar bei Musikstudenten ist das manchmal so. Fehler passieren, das ist doch ganz normal. Und wenn man noch berufstätig und auch sonst eingebunden ist, umso mehr. Würde nicht der Druck noch mehr steigen, wenn du seltener Unterricht nähmst? Wichtig ist doch für Lehrer, dass der Schüler mitdenkt und sich bemüht. Und das machst du! Lehrer machen übrigens auch Fehler, dass soll es, allerdings natürlich nur in seeeehr, seeehr seltenen Fällen geben. :007:

Zu deinem schwachen Aspeger, angeblicher Dünnhäutigkeit, Perfektionismus oder was auch immer noch eins: es ist aus meiner Sicht völlig egal, aus welchem Grund du deine Empfindungen hast! Ein Lehrer hat viele verschiedene Schüler mit vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten. Der eine hat dort seinen wunden Punkt, der andere dort, der eine empfindet in ein und derselben Situation Belustigung, der andere Ärger, der dritte Trauer, der vierte sagt "und Tschüss". Wer hat nun Recht?

Niemand, denn die Menschen sind verschieden. Jeder hat ein Recht auf seine ganz eigenen Gefühle. Wenn nun die in manchen Situationen immer wieder den Unterricht belasten oder für den Lehrer oder den Schüler ein Problem darstellen, ist es aus meiner Sicht eine Sache. die beide angeht. Ich möchte als Lehrer wissen, wie meine Schüler sich fühlen in meinem Unterricht, ob nun Asperger oder nicht. Es ist sehr viel angenehmer, so eine Situation zu zweit zu meistern, als wenn der Schüler allein versucht, mit seinen Gefühlen fertig zu werden. Das braucht gar nicht viel Zeit, nur ein klitzekleines bisschen Verständnis und Empathie.

Liebe Grüße

chiarina
 
Redet Ihr nicht vorher darüber? Normalerweise fragt mich meine KL, „und, wie lief‘s?“ Dann sag ich, das und das war gut und das und das geht noch nicht, hab ich erstmal weggelassen, etc. (Selbsteinschätzung) Nach dem Vorspielen sagt sie was dazu, und was ihr sonst noch aufgefallen ist. Fremdeinschätzung, oft Sachen, die ich gar nicht bemerkt habe. Diese Punkte leitet sie mit einem kurzen Lob ein, und sie kritisiert nur so viel, wie ich in dem Moment verarbeiten kann. Nie alles, was sie gehört hat. Dafür gibt’s ja immer noch die nächste Klavierstunde. Und im besten Fall regelt sich manches durch weiteres Üben wie von selbst.
Doch, „eigentlich“ schon. Nur denke ich nicht immer an alles, wenn es um „wie lief es“ geht. Oft sind es Feinheiten, die beim Üben schon „mal“ funktioniert haben, aber eben noch nicht verinnerlicht sind.
Das ist keinesfalls meinem Lehrer anzukreiden - der ist super (definitiv ein LKL) Das liegt an mir. ;-)
 

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