Warum verspiele/vertippe ich mich?

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Raider

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Hallo

Ich habe ein Problem. Es gibt ein Stück woran ich bereits seit 2 Monate übe. Die linke Hand spielt sich sehr schnell und sehr kompliziert. Wenn ich die Akkorden solo spiele und mich nur auf die linke Hand konzentriere, mache ich keine Fehler. Spiele ich aber beidhändig, kommt es manchmal vor, daß ich mich vertippe.

Ich habe nicht unbedingt den besten keyboard. Hat grad mal €30 gekostet und hat 49 Tasten :)

Daß das Stück nicht einfach ist, weiß ich aber ich kann's ja. Ich vertippe mich manchmal auch bei leichteren Stücke und habe auch keine Monster Finger!

Woran liegt es aber daß ich mich vertippe? Ist es tatsächlich so, daß ich mehr Übung brauche oder liegt es an den etwas kleineren Tasten meines Keyboards?
 
Ich "vertippe" mich auch ab und zu. Dann spiele ich die Stelle ganz, ganz langsam, und dann klappts eigentlich immer.
 
Das Problem ist die Zusammenarbeit beider Hände. Anstatt, daß beide Hände für sich hin spielen, schlagen sie gemeinsam an, machen gemeinsam Pause, oder wechseln sich ab. Das ist auch nicht schwerer, als mit Messer und Gabel zu essen, nur zunächst mal ungewohnter und man muß das "Programm" einhalten. Mit den kleinen Tasten deines Keyboards hat das nur etwas zu tun, wenn du größere gewöhnt bist, aber das vergeht eigentlich schnell, wenn man normalerweise sicher spielen kann.

Du kannst das Tempo in drei Schritten sehen, wobei das Wunschtempo der vierte Schritt ist:

Fließend - du läßt dir für jede Note soviel Zeit, wie du brauchst, um sie richtig zu spielen - natürlich werden Noten, die gleichzeitig angeschlagen werden sollen, auch gleichzeitig angeschlagen. Mit Musik hat das noch nicht viel zu tun, aber so solltest du Takt für Takt durcharbeiten, mit beiden Händen, danach auch noch zweitaktig, damit du die Übergänge von Takt zu Takt nicht vernachlässigst - sonst bleibst du später genau dort hängen. Auf jeden Fall versuchst du nicht, richtig zu spielen, sondern du nimmst dir eben so viel Zeit, wie du brauchst, um richtig zu spielen. Es "fließt" also ungefähr so gleichmäßig, wie nasser klumpiger Sand.

Gleichmäßig - jetzt spielst du das Stück sehr langsam, aber du hältst die Notenwerte ein, also Zeitlupe. Immer noch so langsam, daß du keine Fehler machst, die schwerste Stelle in einem Übungsabschnitt gibt das Tempo vor. Damit beginnst du - taktweise - wenn der jeweilige Takt fließend sicher ist. Auch wieder alle Takte einzeln durcharbeiten und dann mit Übergängen.

Langsam - jetzt bist du auf dem Weg zum Originaltempo. Geübt wird nicht mehr in kurzen Abschnitten sondern zum Beispiel vier Takte, oder auch acht. Das muß man nach Gefühl anpassen, damit man nicht mitten in einer Phrase aufhören muß. Das Tempo ist immer noch langsam, aber jetzt geht es darum, Schritt für Schritt zum Originaltempo zu gelangen, du mußt dich also fordern. Wenn eine Stelle partout nicht klappen will, damit wieder von vorne anfangen (fließend). Jetzt soll es auch endgültig nach Musik klingen. Dazu kannst du die Melodie mitsingen und versuchen, daß mit der Hand auf dem Klavier nachzuempfinden. Wie das genau geht, kann keiner richtig erklären. Man kann viele Details aufzählen und wenn man die alle im Kopf behalten will, vergißt man darüber möglicherweise, was man eigentlich spielen wollte. Aber es geht trotzdem, man muß es nur wollen und dann nicht mehr darüber nachdenken. (später wird das anders aber man korrigiert eigentlich immer nur das, was sowieso spontan entsteht).
 
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Ich kann mir auch gut vorstellen, daß der Fingersatz nicht optimal ist. Mir ist auch schon häufiger aufgefallen, daß ein Fingersatz - für eine Hand allein betrachtet - optimal erscheint und es dann beim Zusammenspiel beider Hände immer wieder Probleme gibt. Ein Grund, den ich dafür gefunden habe, ist, daß man mit einer Hand ja die Freiheit hat, beliebig nach links oder rechts zu verrutschen, damit sich die Muster besser greifen lassen. Mit beiden Händen spielend hat man die Möglichkeit plötzlich nicht mehr, weshalb der vermeintlich optimale Fingersatz nun doch wieder unbequem werden kann.

In letzter Zeit bin ich dazu übergegangen, nur noch ganz kurze Sequenzen für wenige Minuten mit einer Hand einzeln zu untersuchen und sie dann so früh wie möglich wieder in den Kontext beider Hände zu stellen.
 
Ich habe bisher neue Stücke auch so gelernt, wie Guendola es schreibt. Also ganz langsam und so früh wie möglich mit beiden Händen zusammen.

Bei meiner neuen Kl soll ich jede Hand getrennt üben; und von Anfang an mit den richtigen Notenwerten, auch ganz langsam bis es läuft, aber nur jede Hand einzeln. Bis zur nächsten Kl Stunde soll ich versuchen beide Hände getrennt, aber schon recht sicher und flüssig spielen. In der nächsten Stunde will sie dann das Stück mit mir zusammen spielen, also ich die rechte Hand und sie die linke und dann umgekehrt.

Bisher habe ich noch nie so gelernt, aber ich finde es gut, dies mal auszuprobieren. Und ich bin echt mal gespannt, ob ich dann auch mit beiden Händen gleichzeitig das Stück spielen kann.

Gruß Didanja
 
Die Methode klingt interessant, Didanja, hört sich für mich aber so an, als ob man sie alleine nicht hinbekommt. Soll heißen: man braucht dafür vielleicht immer einen Lehrer? Selbst wenn das Klavier in der Lage ist, das Spiel der einen Hand aufzuzeichnen und dann wiederzugeben, kann es noch nicht so wie ein Lehrer sich den technischen Schwierigkeiten und damit Temposchwankungen des Schülers anpassen.

Da scheint mir die Methode, möglichst früh beidhändig zu spielen besser geeignet zu sein, um auch allein mit neuen Stücken beginnen zu können.
 
Kurzer Nachtrag: Natürlich funktioniert das beidhändige Spielen besser, wenn die Hände darauf vorbereitet sind. Aber Raider hat ja geschrieben, daß jedenfalls die linke Hand alleine ganz gut zurecht kommt.
 
Hi,

beim einhändigen Spielen besteht die Gefahr, dass man sich angewöhnt, zuviel auf die Finger und Tasten zu schauen.
Zweihändig funktioniert das dann nicht mehr.
Hast Du mal versucht, einhändig blind zu spielen?

Zum Blindspielen gehört auch, dass man sich einen bestimmten Fingersatz angewöhnt, damit man die Tasten blind findet.

Dann muss man halt die Stellen mit Problemen rausfinden und die Probleme lösen ;-)

Peter
 
Ich vertippe mich auch immer wieder. Daher habe ich aufgehört, öffentlich klassische bekannte Werke zu spielen auch wenn ich immer wieder feststelle, dass schlechtere Leute das auf Profibühnen durchaus praktizieren. Aber ich genüge meinem eigenen Anspruch eben nicht. Vielleicht ist der zu hoch - keine Ahnung, aber ich finde es eine Zumutung für das zahlende Publikum, wenn sich Fehler auch in Form von Tippfehlern einschleichen.

Es würde mich interessieren, wie man diese Dinger zuverlässig weg bekommt. Es ist für mich wie bewusst Lügen, wenn ich so tue, als ob ich ein Stück kann aber nicht dafür garantieren kann, dass ich fehlerfrei spiele!

(Und die "Probleme" sind alle gelöst, technisch jedenfalls. Ich schaffe es ja auch, fehlerfrei zu spielen, ich kann nur nicht dafür garantieren, dass ich IMMER fehlerfrei spiele!)

AL

V.
 
Ich vertippe mich auch immer wieder. Daher habe ich aufgehört, öffentlich klassische bekannte Werke zu spielen auch wenn ich immer wieder feststelle, dass schlechtere Leute das auf Profibühnen durchaus praktizieren.

Ich oute mich! Ich kann nicht entsprechend meiner Ansprüche auftreten. Mit der Darbietung, was Frau Elly Ney da bei der Beethovensonate letzter Satz gebracht hat wäre ich für mich persönlich nicht zufrieden.

Whoa, ich erstarre in Ehrfurcht vor einer so tollen Pianistin wie dir - die viel besser spielt als die Stümper auf den Profibühnen, aber leider nicht gut genug, um ihre eigenen, größenwahnsinnigen Ansprüche zu erfüllen - und die deshalb lieber garnicht spielt 8)

Ich bin erschüttert ;)
 
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Haydnspaß, ich glaube, das ging unter die Gürtellinie aber ein bischen war das ja auch herausgefordert. Ich habe bislang das Glück gehabt, daß nur wenige Konzerte wirklich schlampig gespielt wurden, und bei denen waren es eigentlich nur Schülerbands, die noch keinen Eintritt verlangten. Aber jeder gewichtet Perfektion anders und solange ein Vortrag ohne Ausdruck und Fehler nicht über einen fehlerhaften Vortrag mit exzellentem Ausdruck gestellt wird, sollte man das respektieren.

Ich finde, man muß zwei Arten von Fehlern unterscheiden, und zwar diejenigen, die den Vortrag entstellen, und diejenigen, die nicht auffallen. Diese Unterscheidung muß man persönlich machen, denn jeder macht andere Fehler. Wichtige Stellen müssen perfekt klingen, mit dem falschen Ton anzufangen oder einen falschen Schlußakkord zu spielen ist einfach tödlich, genauso wird der Höhepunkt oder das Hauptthema zum Desaster, wenn etwas falsch klingt. Aber Menschen sind keine Maschinen und deswegen ist fehlerfreies Spielen nahezu unmöglich. Und glücklicherweise besteht das Publikum auch aus Menschen und abgesehen von den Geiern, die Konzerte nur besuchen, um Fehler zu finden, achten die solange nur auf die Musik, wie die Fehlerquote nicht zu groß wird.

Einerseits kann man Stücke regelrecht einschleifen, indem man sie regelmäßig langsam und "flach" spielt, also ohne großen Ausdruck aber dafür auch ohne Fehler. Wenn man viel Ausdruck reinlegt, erhöht sich die Gefahr, Fehler zu machen und genau das muß man dabei vermeiden. Außerdem legt man sich damit zu sehr auf eine Version fest.

Zum anderen muß man die Konzentration schulen. Das geht einerseits schon durch das regelmäßige Durchspielen - anfangs eben nicht das ganze Stück und langsam steigern, und andererseits gibt es massenhaft Anleitungen, wie man das machen kann, einige davon sind vermutlich sogar gut.

Und wie schon erwähnt, gibt es in jedem Stück bestimmte Stellen, an denen man sich wirklich keine Fehler leisten sollte. Auf die muß man halt entsprechend mehr Wert legen und lieber einmal mehr als weniger die Bewegungen, Fingersatz und allgemeine Gestaltung optimieren.

Wenn ich tatsächlich so übe, wirkt es Wunder, aber manchmal dauert es ziemlich lange und dann braucht man eine Menge Energie, um den Frust zu überwinden und weiter zu machen. Aber immerhin ist Frust ein intensives Gefühl, und alles, was man mit intensiven Gefühlen einübt, hat Bestand :) (man muß sich natürlich trotzdem auf das Üben konzentrieren und Frust Frust sein lassen).
 
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Ich finde, man muß zwei Arten von Fehlern unterscheiden, und zwar diejenigen, die den Vortrag entstellen, und diejenigen, die nicht auffallen. Diese Unterscheidung muß man persönlich machen, denn jeder macht andere Fehler. Wichtige Stellen müssen perfekt klingen, mit dem falschen Ton anzufangen oder einen falschen Schlußakkord zu spielen ist einfach tödlich, genauso wird der Höhepunkt oder das Hauptthema zum Desaster, wenn etwas falsch klingt.

Hmm, leider ist das Leben nunmal nicht perfekt und irren ist menschlich.

Wenn jemand aus Nachlässigkeit und Faulheit falsch spielt, ist das natürlich eine Frechheit gegenüber dem Publikum - egal, ob es Eintritt bezahlt hat oder nicht.
Ich gehe aber jetzt mal von einem Musiker aus, der gewissenhaft geübt hat und sein Stück kennt und dem etwas daran liegt, die Musik, die er spielt, dem Publikum so gut wie möglich zu vermitteln. Auch so einem Musiker passieren "Tippfehler" - und da er sie nicht absichtlich macht, hat er auch keinen Einfluß darauf, ob sie nun an unwichtigen oder an wichtigen Stellen passieren.

Fehler passieren - und wenn man Fehler tatsächlich um jeden Preis vermeiden will, dann muß man es so machen wie Viola - dann darf man garnicht spielen.
 
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Wenn jemand aus Nachlässigkeit und Faulheit falsch spielt, ist das natürlich eine Frechheit gegenüber dem Publikum - egal, ob es bezahlt oder nicht.

Trotz einiger Ausreißer unterstelle ich den Forenmitgliedern immer noch einen gesunden Menschenverstand, deswegen hatte ich das nicht erwähnt. Aber viele haben eben dieses blöde Problem, daß ihnen zuviele Fehler passieren, und dann muß man halt sehen, wie man das in den Griff bekommt. Das ist zum Beispiel der einzige Grund, warum ich mich noch nicht um Auftrittsmöglichkeiten kümmere - Schülervorspiele zählen da nicht, denn ich kann mir nicht aussuchen, wann die sind.
 
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Aber viele haben eben dieses blöde Problem, daß ihnen zuviele Fehler passieren, und dann muß man halt sehen, wie man das in den Griff bekommt.

Fast immer ist der Grund für zu viele Fehler der, daß man sich nicht genügend Zeit für die Problemstellen nimmt. Und zwar in doppelter HInsicht: man befaßt sich nicht lange und intensiv genug mit solchen Stellen und man spielt hastig drüber hinweg, weil man denkt, daß die Fehler dann nicht so "auffallen".
 
Wollen wir einen Wettbewerb veranstalten, wer am aufmerksamsten ueben kann? ^^
Ich glaube, dass einem weniger Fehler unterkommen, wenn man ein Stueck technisch und musikalisch voellig verstanden hat...das ist ja auch nur eine Umformulierung dessen, was bereits gesagt wurde.

@rolf: koestlich! :D
 
Aufgrund von Beschwerden habe ich die Themen "Sich beim Musizieren verspielen" und "Sich beim Schreiben vertippen" voneinander getrennt.

Hier bitte nur noch über ersteres diskutieren. Die Rechtschreibungsdiskussion kann HIER weitergeführt werden.

Grüße von
Fips
 
Guten Abend,

also zu diesem Thema gefällt mir immer noch am besten:

Lucy: "Wie willst Du auf einem Kinderklavier, bei dem die schwarzen Tasten nur aufgemalt sind, Beethoven spielen?"
Schröder: "Üben, üben, üben ... "

SCNR,

Rainer
 

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