Warum spielt er kein Bach ...

Koan

Koan

Dabei seit
29. Jan. 2007
Beiträge
96
Reaktionen
0
... der Vladimir Ashkenazy ? Ich habe vor einiger Zeit eine Dokumentation im Fernsehen über ihn gesehen, in der man ihn auf einer Konzertreise durch Russland begleitet hat. Das war sehr beeindruckend.

Dort fiel eben auch diese Aussage, dass er es ablehnt, Bach zu spielen. Warum eigentlich, wenn er anderes wie z.B. Chopin so brilliant spielt ? :)
 
Aus meinem Empfinden, Bach nicht unbedingt gern spielen zu wollen, könnte ich mir auch erklären, daß ihm wohl bei Chopin größere Möglichkeit des Ausdruckes zur Verfügung stehen, die beim gleichmäßigen, manchmal eintönig klingenden Bach so nicht gespielt werden können.

Ich mag ja auch nicht das dadadidaduda dudadidadida, und spiele lieber Komponisten, die ich in Tempo und Ausdruck mehr variieren kann.

Damit habe ich nichts gegen Bach als sehr großen Musiker sagen wollen und nur meine persönliche Einstellung zum selber Klavierspielen von Bach-Werken geäußert.
Dennoch höre ich mir zeitweise Bach-Klavierstücke neben seinen anderen Werken schon an und achte sie auch, nur ich spiele sie nicht selber gern.

Gruß Hartwig

(bitte nicht mich mit anderen und daher großen Pianisten vergleichen, bin nur klein und unscheinbar im pianistischen Können)
 
Zitat von Hartwig:
die beim gleichmäßigen, so nicht gespielt werden können.

Ich mag ja auch nicht das dadadidaduda dudadidadida, und spiele lieber Komponisten, die ich in Tempo und Ausdruck mehr variieren kann.

Damit habe ich nichts gegen Bach als sehr großen Musiker sagen wollen und nur meine persönliche Einstellung zum selber Klavierspielen von Bach-Werken geäußert.

Es steht mir in kleinster Weise zu, unserem Silberrücken an der Einstellung rumbasteln zu wollen :) , aber:
- "manchmal eintönig klingenden Bach" - eintönig.... ich würde sagen oft eher bescheiden als protzig, dafür aber wahnsinnig komplex, geistreich, auf subtile Weise unerreichbar emotional
- "dadadidaduda dudadidadida" - das grenzt an Blasphemie O.O
- "Komponisten, die ich in Tempo und Ausdruck mehr variieren kann" - es gibt kaum eine Musik, die man überzeugend in derart unterschiedlichen Tempi spielen und auf verschiedenste Art und Weise Ausdruck verleihen kann

So jetzt könnt ihr mich kicken... ;)
 
Ja das tu ich, wiso? ;)
 
hallo
mit welcher musik kann man dies nicht? du sagtest ja dies mit kaum musik geht! wieso dann ausgerechnet Bach :confused:
ich finde, dass dies mit romantischen stücken besser geht als mit stücken in der klassik oder sogar barock.
 
Bei Klassik und noch Stärker bei Romantik ist doch alles vorgeschrieben. Schau dir doch mal die Notenbilder an. Bei Bach steht gewöhnlich nichts anderes als die Noten da, kein einziger Buchstabe als Diktator. Alles bleibt dem Interpreten überlassen. Wie er betont, was laut was leise, cesc. und decresc., was staccato was legato. Manche sehen's nicht gerne, aber bei vielen Stücken geht auch Pedal. Zudem die Tempi.
Manche Stücke kann man so unterschiedlich interpretieren, dass ein und das selbe Stück völlig unterschiedliche Charaktere bekommt.
Mir fällt dazu grad eine Allemande ein: Gould spielt sie virtuos, kräftig eilend, Gavrilov hingegen interpretiert sie mit Pedal, sehr geruhsam, sanft wie ein dahin plätschernder Bach.
Ich wüsste nicht bei welchem anderen Komponisten man solche Freiheiten genießen und wo soviel individuelles Interpretieren zusätzlich zu technischem Können und musikalischem Gefühl nötig ist.

Bei meiner WK1 -Richter CD steht, man kann unterscheiden zwischen intellektuellem und charismatischem Star-Pianisten. Vladimir Ashkenazy ist halt ein charismatischer. (zu Richter stand da, er entziehe sich einer Zuordnung ;) )
 
hallo christoph!
Alles bleibt dem Interpreten überlassen. Wie er betont, was laut was leise, cesc. und decresc., was staccato was legato. Manche sehen's nicht gerne, aber bei vielen Stücken geht auch Pedal. Zudem die Tempi.

ich glaube er dass er keine angaben zu z.b. laut/leise gemacht hat, weil er einfach keine möglichkeiten hatte dies zu tun. soweit ich weiß hatte der gute mann noch kein klavier sondern nur ein cembalo auf dem man immer nur gleichlaut spielen kann. wieso sollte er dann angaben zur lautstärke machen wenn man sie nicht umsetzen konnte???
klar bei romantischen stücken stehen solche angaben, trotzdem denke ich bleibt es immer noch dem pianist überlassen wie schnell oder wie laut er spielt. also ich denke angaben wie allegro oder crescendo piano.... sind jeweils nur richtlinien wie man es spielen soll.
schließlich hab ich noch nie eine tabelle gesehen wo z.b. steht wie "laut" piano höchstens sein darf!;)

gruß bechode
 
Ich glaube er dass er keine angaben zu z.b. laut/leise gemacht hat, weil er einfach keine möglichkeiten hatte dies zu tun. soweit ich weiß hatte der gute mann noch kein klavier sondern nur ein cembalo auf dem man immer nur gleichlaut spielen kann. wieso sollte er dann angaben zur lautstärke machen wenn man sie nicht umsetzen konnte???
Es ist doch egal warum das so ist. Außerdem hat er auf Angaben barocker Interpretationsmittel verzichtet. Das spricht glaube dafür, dass es in Bach's Sinne war, dem Interpreten freie Hand zu lassen.

klar bei romantischen stücken stehen solche angaben, trotzdem denke ich bleibt es immer noch dem pianist überlassen wie schnell oder wie laut er spielt. also ich denke angaben wie allegro oder crescendo piano.... sind jeweils nur richtlinien wie man es spielen soll.
schließlich hab ich noch nie eine tabelle gesehen wo z.b. steht wie "laut" piano höchstens sein darf!
Ja klar. Ist ja nichts dagegen zu sagen. Aber um kleinkarriert zu sein: es sind immer noch Richtlinien. Sowas extremes wie das Beispiel mit der Allemand, wär meines Wissens nach mit was romantischem nie möglich. Man kann ja was Bachsches romantisch spielen, aber nichts Romantisches bachisch (barock?)....
 
hallo christoph!
Man kann ja was Bachsches romantisch spielen, aber nichts Romantisches bachisch (barock?)....

das man bach romantisch spielen kann wär mir jetzt neu. das man romantische stücke nicht "bachisch" spielen kann ist mir schon klar, aber wieso auch?
wenn ma netwas romtantisches spielen will spielt man sachen aus der romantik. und wenn man was barockes spielen will spielt man z.b. bach.
ich glaube aber nicht, dass auch nur ein bach stück selbst wenn man es romantisch spielt, an ein romantisches stück ranreicht.
wieso sollte man auch bach romantisch spielen:confused: dann könnte man ja gleich stücke aus der romantik spielen.

gruß bechode
 

Hallo bechode!

Ich glaube, was Christoph als großer Bachfan sagen wollte, war dass man in ein Werk von Bach dieselbe Leidenschaft legen kann die für die romantische Epoche so charakteristisch ist.
Es gibt sehr wohl einige Teile z.B. in den Partiten oder der zweite Satz im Italienischen Konzert oder auch in den noch eher früh komponierten Toccaten, die man romantisch interpretieren kann und die wirklich wunderschön sowohl zu spielen als auch anzuhören sind.
Und im Italienischen Konzert hat Bach sogar Lautstärkeangaben von f und p gemacht. Das hat sich damals aber auf ein zweimanualiges Cembalo bezogen und ist heute wunderbar aufs Klavier übertragbar.
 
....ja genau ;) danke! :)
 
Also ich glaube dass die Musik sich über die Leidenschaft des Vortragenden definiert. Musik geht nicht ohne Leidenschaft, bzw, wenn dann ist das Resultat die Aneinanderkettung von Tönen ohne Seele. Ich glaube dass man in jedes Stück, gleich welcher Epoche Leidenschaft legen kann (bzw. muß, um zu Überzeugen)

aber nu zu Bach...

Die Leidenschaft in Bachs Polyphonie liegt - für mich zumindest - in der Leidenschaft für jede einzelne Stimme, dass hier natürlich auch große Vorsicht bezüglich dem Maß an Volumen, Kraft und Betonung zu walten hat ist durch die Feinheit der Stimmführung absolutes Muß. Aber das macht für mich den Reiz und die Leidenschaft aus, andernfalls verliert das Stück natürlich seinen Sinn und es regnet dadadidaduda (was leider mein Spiel öfter an den Tag legt als mir lieb ist).

Und wenn ich die Goldberg Variationen (Glenn Gould-1981) höre laufen mir genauso die Tränen wie bei den meisten Chopin Balladen.
 
"dass auch nur ein Bach-Stück ... an ein romantisches Stück ranreicht."
Nun mögen die Romantiker ja alle Dummerjahns gewesen sein, aber einig waren sie sich alle darin, daß Bach einer der größten, wenn nicht der größte aller Komponisten war, und Chopin hat außer eigenen Werken nur ein paar Beethoven-Sonaten und das Wohltemperierte Klavier gespielt. Noch heute sind sich die meisten Profis einig, daß es kaum etwas Höherwertigeres als Bachsche Musik gibt. Und das hat nichts damit zu tun, zufällig "Fan" von ihm zu sein, sondern läßt sich objektiv durch das handwerkliche Können des Herrn Bach begründen. Wo alle Welt sagt, daß es aber nicht nur Kunstfertigkeit alleine war, die ihn auszeichnete, sondern darin auch immer Ausdruckstiefe und Lebendigkeit liegen, sollte man vielleicht einfach schweigen, wenn man das nicht nachvollziehen kann. Denn Romantiker gegen Bach ausspielen zu wollen, ist ziemlich albern angesichts der Tatsache, daß wir die Wiederentdeckung Bachs einem Romantiker verdanken, nämlich Mendelssohn. Und wenn Brahms den Bach für dröge und die Romantik für fortgeschrittener gehalten hätte, hätte er wohl die Chaconne nicht für einhändiges Klavier bearbeitet, um dazu zu bemerken: "Wenn ich mir vorstelle, ich hätte das Stück machen, empfangen können, ich weiß sicher, die übergroße Aufregung hätte mich verrückt gemacht." Wenn man diese Bach-Bewunderung nicht teilen kann, die sich bei allen großen Komponisten findet (Mozart z.B. hat Fugen des WTK für Streichtrio bearbeitet), sollte man besser nicht davon ausgehen, daß das am Herrn Bach liegt.

Dafür, daß neben Ashkenazy etliche andere Pianisten wenig oder gar nicht Bach spielen, mag es jeweils verschiedene Gründe geben, so wie Gould seine Gründe hatte, keinen Chopin zu spielen. Daß den einen dieses, den anderes jenes reizt oder nicht reizt, ist legitim, es gibt keine Verpflichtung, alles zu spielen.

Nicht einsehen zu wollen, daß kaum jemand so viele verschiedene Interpretationsweisen erlaubt wie der Herr Bach, verwundert mich, weil es ja nun wahrlich offensichtlich ist. In einer Chopinschen Mazurka gibt es eigentlich immer EIN "richtiges" Tempo, die Variationsbreite ist jedenfalls begrenzt, und man kann eine Mazurka nur auf dem Klavier, nicht auf dem Cembalo und schon gar nicht auf der Orgel spielen, man kann sie auch kaum für andere Besetzungen bearbeiten, ohne daß sie ihren Reiz verliert oder gänzlich banal wird. Mit Bachscher Musik kann man so ziemlich alles machen, man kann sie in sehr verschiedenen Tempi und sehr verschiedenen Bearbeitungen, sogar noch auf dem Akkordeon, spielen, man kann sich ihr in historischer Spielweise oder, wie in den Bearbeitungen Busonis, romantisch nähern, ohne daß sie irgendetwas verliert. Es ist eine Musik, die man nicht zuschanden reiten kann, egal wie man sie spielt.
 
Zeisig lebt noch :) - meldet sich immer nur zu Wort wenn es um Bach geht;)

Denn Romantiker gegen Bach ausspielen zu wollen, ist ziemlich albern angesichts der Tatsache, daß wir die Wiederentdeckung Bachs einem Romantiker verdanken
Das beziehe ich jetzt mal auf mich, obwohl es überhaupt nicht meiner Absicht entsprach. Die Diskussion ging nur los, weil jemand mit meiner Aussage: "es gibt kaum eine Musik, die man überzeugend in derart unterschiedlichen Tempi spielen und auf verschiedenste Art und Weise Ausdruck verleihen kann" nicht einverstanden war und meinte bei der Romantik (und Klassik) ginge das selbe. Habe das nur angesprochen, da ich es als eines von vielen Qualitätsmerkmalen bachischer Musik sehe.
Als Pianist verbietet es sich mir romantische Literatur gegen irgend etwas ausspielen zu wollen....
 
hallo
das mag ja alles sein was ihr da schreibt....
aber soll das jetzt heißen, dass man bach nicht gut finden darf?
dass bach ein musikalisches genie war ist ja denke ich klar, dafür ist er auch zu bewundern. trotzdem kann es doch auch gleichzeitig sein, dass einem andere musik aus einer anderen epoche besser gefällt oder etwa nicht?

gruß bechode
 
"Das beziehe ich jetzt mal auf mich..." Keine Ahnung, warum du es auf dich beziehst, es bezog sich auf die Behauptung "dass auch nur ein Bach-Stück ... an ein romantisches Stück ranreicht", die nicht von dir war.
"Zeisig lebt noch - meldet sich immer nur zu Wort, wenn es um Bach geht" Eigentlich zieht Zeisig es vor, hin und wieder hier mal mitzulesen, anstatt selber zu kommentieren. Aber wenn er Formulierungen liest wie den "manchmal eintönig klingenden Bach", dann kann Zeisig ob der wagemutigen Behauptung, Bach sei eintönig, das Wort nicht halten und muß es absondern. Das heißt aber nicht, daß Zeisig ein Bach-Spezialist ist. Wenn jemand sich darauf versteigen wollte zu sagen, Chopin sei eintöniger als Bach, würde er wahrscheinlich auch das Wort nicht halten können. Daß er sich nun ausgerechnet bei Bach wieder zu Wort gemeldet hat, ist eher Zufall.

"Aber soll das jetzt heißen, dass man Bach nicht gut finden darf?" Soll das vielleicht heißen: "...daß man Bach nicht nicht gut finden darf", also Bach "nicht schlecht finden darf"? Nee, darf man nicht, wenn man sich nicht lächerlich machen will. Muß aber jeder für sich entscheiden.
 

Zurück
Top Bottom