Warum sind die Asiaten mit Wettbewerb bessesen?

HomoSineCruribus

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Hallo! Hier ist HSC :bye:


In dem Beitrag "Chopin-Wettbewerbe 2025" gab es eine Frage, warum immer sich sehr viele Asiaten an renommierniersten Wettbewerben teilnehmen, und Europäer viel weniger.

Und dazu wollte ich meine Antwort geben. Dieses Thema ist für mich auch interessant und indirekt in Bezug auf mich selbst.


Deswegen habe ich mich entschieden, zuerst den Grund zu beschreibe, warum so viele Asiaten mit Wettbewerb bessesen sind,
danach warum die Europäer dafür relativ weniger interessiert sind.



Teil 1.


In einem kürzlich erschienenen kurzen (!) Artikel habe ich kurz erklärt, warum Pianisten aus Korea sich so sehr um die Teilnahme an hochrangigen internationalen Wettbewerben bemühen. Ich möchte diesen Beitrag mit einer Ergänzung zu meiner vorherigen Erklärung beginnen. Der erste Beitrag steht hier


Und ich schreibe das hier noch mal rein, in kursiver Form.

Ich bin zwar nur ein Amateur, aber ich weiß ein wenig über dieses Thema, nämlich warum Studenten aus europäischen Ländern für die großen internationalen Klavierwettbewerben der Spitzenklasse nicht besonders besessen sind. Das liegt daran, dass ich selbst Koreaner bin und an einer deutschen Musikhochschule Musik studiere und an Musikschule Kindern Klavierunterricht gegeben habe, wodurch ich einige Erfahrungen sammeln konnte. Wenn man sich ansieht, warum Korea so versessen darauf ist, bei den großen internationalen Wettbewerben Preise zu gewinnen, dann gibt es dafür folgende Gründe.

Sozialer/historischer Hintergrund
1. Im Vergleich zu Deutschland verfügt Korea über eine äußerst unzureichende Infrastruktur für klassische Musik im Allgemeinen. Die deutlichsten Beispiele hierfür sind Chöre und Orchester, Kirchenmusik(insbesonders Orgel). In Korea gibt es im Vergleich zu Deutschland viel weniger Chöre, und auch das Niveau der Orchester, selbst der städtischen und nationalen, ist deutlich niedriger als in Deutschland. Besonders gravierend ist das Problem bei den Blechblasinstrumenten. Die Infrastruktur für klassische Musik in Korea ist also im Vergleich zu Europa insgesamt sehr unzureichend.
(Ich meine MusikerInnen nicht. Die koreanischen MusikerInnen sind wunderbar. Aber die anderen Dingen fehlen bei uns)

Korea war im Gegensatz zu Japan kein Land, das klassische Musik aktiv und eigenständig importieren konnte. Japan hat während seiner imperialistischen Phase (1868–1945) westliche Institutionen und Kultur übernommen und absorbiert, um stärker zu werden. Mit diesem Ziel vor Augen hat es nicht nur Musik, sondern auch Literatur, Wissenschaft, Technologie und Institutionen aus dem Westen eingeführt und eigenständig große Fortschritte erzielt. Sony und Yamaha sind japanische Unternehmen, die auf dem Markt für klassische Musik großen Einfluss haben. Korea hingegen, das eine Kolonie Japans war(1910-1945), war nach seiner Unabhängigkeit 1945 bis in die 1970er Jahre hinein sehr arm.

Daher gab es nur sehr wenige Menschen, die sich teure klassische Instrumente leisten, üben und regelmäßig Unterricht nehmen konnten(eher damals gab es sehr wenige richtige MusiklehrerInnen!). Das heißt, klassische Musik war in Korea ausschließlich den Reichen vorbehalten. Man kann davon ausgehen, dass es nach der Unabhängigkeit Koreas mindestens 40 Jahre gedauert hat, bis klassische Musik für die Mehrheit der Bevölkerung zugänglich wurde. In den 1990er und 2000er Jahren, als Studenten, die ihr Studium im Ausland(Europa, USA) abgeschlossen hatten, nach Korea zurückkehrten und begannen, dort Schüler zu unterrichten, wurden die Zugangsbarrieren allmählich niedriger.


Daher ist der Markt für klassische Musik in Korea selbst sehr klein, während 1950-1970's. Es gab nur wenige Konzerte, und selbst wenn Konzerte stattfanden, war es schwierig, klassische Musikaufführungen außerhalb der großen Konzertsäle in bestimmten Großstädten (Seoul, Busan, Incheon usw.) zu veranstalten(jetzt viel viel besser geworden). In diesem kleinen Markt konnten nur Genies oder sehr reiche Menschen als professionelle Musiker ihren Lebensunterhalt verdienen.

Daher brauchten die Musiker etwas, um das Publikum anzulocken. Das mag in jedem Land und zu jeder Zeit so gewesen sein, aber in Korea war dieser Trend besonders ausgeprägt und ist es auch heute noch.

Da klassische Musik in Korea überhaupt nicht als „Kultur” etabliert war, verfügte das Publikum über keinerlei „ästhetisches Urteilsvermögen” in Bezug auf Musik. Eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit von Menschen zu gewinnen, die keinerlei Gefühl dafür hatten, welche Interpretation gut und welche schlecht war, bestand darin, einen „Titel” zu erwerben, was in einem Land wie Korea besonders wirksam war.

Es ähnelt dem "Ikonoklasmus" in der europäischen Geschichte. So wie die römische Kirche, die sich gegen Leo III. auflehnte, weil sie ohne Ikon das Evangelium nicht an die Germanen weitergeben konnte, war es für koreanische Musiker schwierig, der Öffentichkeit das „Evangelium“ der klassischen Musik zu vermitteln, wenn sie keinen Titel von Wettbewerben gewonnen hatten.
(Ich meine nicht, dass die koreanischen MusikerInnen ohne Wettbewerb Titel nocht gut musizieren können. Es handelt sich darum, wie man in dem Herzen des Publikums das Interesse für "Konzert Ticket kaufen" wachsen lassen kann)

Da es für die Germanen schwierig war, das Konzept eines „formlosen und allmächtigen Herrn” zu verstehen, wurden sichtbare Ikonographien geschaffen, um das Christentum zu verbreiten. Ebenso waren für koreanische Musiker das „Ikon” in Form von Wettbewerbserfolgen ein Mittel zur Verbreitung ihrer Kunst.

2. Im Bereich des Sports herrscht in Korea die starke Tendenz, dass das Gewinnen von Medaillen bei Olympischen Spielen oder verschiedenen Weltmeisterschaften die Ehre des Landes erhöht. Dies ist eindeutig ein Produkt des Totalitarismus, da es eine Denkweise ist, die die Ergebnisse individueller Anstrengungen zum Eigentum der gesamten Gruppe machen will. Diese Situation in Korea ist witzigerweise ein Bild, das man auch in der Sowjetunion oft sehen konnte. Und das, obwohl Korea ein Land der Ersten Welt ist (denkt daran, dass die Sowjetunion während des Kalten Krieges bei den Olympischen Spielen immer mit den USA um Medaillen konkurrierte!), Korea ist eindeutig ein Land mit stark Totalitarismus. Seit der Zeit, als es eine Kolonie des japanischen Kaiserreichs war, war Japan ein militaristischer Staat, und leider konnte Korea diese schlechten Gewohnheiten nach der Unabhängigkeit nicht ablegen. Erst mit dem Beginn der Corona-Ära begann sich die Situation ernsthaft zu verbessern, wirklich.

Aus dem gleichen Grund hängt Korea so sehr an den Siegen bei internationalen Klavierwettbewerben. Das gilt nicht nur für die Musik. Auch in den Bereichen Film, Wissenschaft und Literatur ist dieses Verhalten in Korea häufig zu beobachten. Bis in die späten 2000er Jahre hinein neigte die koreanische Gesellschaft dazu, Preise für koreanische Filme bei internationalen Filmfestivals als Ruhm für die gesamte Gesellschaft zu betrachten. Heute ist das nicht mehr so wie früher. Daher wurde sowohl in der Gesellschaft als auch im Staat, im Sport und in der Musik dazu ermutigt, an Wettbewerben teilzunehmen und Preise zu gewinnen. In solchen Momenten betrachtet Korea klassische Musik nicht als Kunst, sondern als Sport.


Kultureller Hintergrund

1. Koreaner neigen dazu, in jedem Bereich eine Rangordnung aufzustellen. Z. bs: Alter. Jüngere Menschen müssen sich gegenüber „älteren Menschen“ bedingungslos höflich verhalten. Das ist zwar in jedem Land mehr oder weniger so, aber in Korea ist diese Tendenz besonders ausgeprägt. Es ist in Korea undenkbar, einen Professor mit „duzen“ anzusprechen. Nicht nur nach dem Alter, sondern auch zum Beispiel an der Universität wird eine Rangordnung aufgestellt. Auch in Deutschland gibt es eine Rangordnung zwischen den Universitäten, aber in Korea besteht das große Problem, dass in allen Bereichen eine Rangordnung besteht und diese Rangordnung tatsächlich mit den "Wertung" der Menschen in Verbindung gebracht wird.

Bei Wettbewerben wird die Rangordnung nach den Platzierungen der Preisträger festgelegt, was für Koreaner nichts Ungewöhnliches ist. Aus diesem Grund und aus den oben genannten Gründen hat sich Korea zu einem Land entwickelt, das sich intensiv um internationale Wettbewerbe bemüht.




Was nur für Südkorea speziell ist : alle koreanische Männer müssen Wehrdienst machen. Aber wenn man einen Preis in großen internationalen Wettbewerben (Chopin, Van Cliburn, etc) oder in Olympia medailliert wird, wird der Pflicht des Wehrdienstes aufgehoben. Auch deswegen !
 

(Weiter in zweitem Beitrag. Es überschreitet 10000 Zeichen!)

Ich möhcte noch dazu zwei kulturelle Gründe ergänzen.



2. Die an Prüfungen gewöhnten Menschen Nordostasiens

Einer der auffälligsten Unterschiede zwischen der konfuzianischen Kultur Nordostasiens und der Kultur, den Institutionen und dem Sozialsystem der westlichen Welt besteht darin, dass Nordostasien an „Prüfung” gewöhnt ist. Mit „Prüfung” sind hier wörtlich die Prüfungen gemeint, wie wir sie aus Schulen und ähnlichen Einrichtungen kennen. In Nordostasien gab es eine bestimmte Art von Prüfung, die „科擧” genannt wurde. Diese „科擧”, die etwa im 7. Jahrhundert entstand und sich in ganz Nordostasien verbreitete, war eine Prüfung zur Auswahl von Staatsbeamten. Diese Prüfung wurde vom Staat, d. h. vom König und dem Hof, organisiert und in der Hauptstadt abgehalten. Um an dieser Prüfung teilzunehmen, versammelten sich die Gelehrten aus den einzelnen Provinzen in der Hauptstadt. Es heißt, dass sich zwar viele Menschen bewarben, aber nur sehr wenige bestanden. Wer diese Prüfung nicht bestand, konnte kein Staatsbeamter werden*. Dies galt für alle Ämter. Wer diese Prüfung nicht bestand, konnte kein Amt bekleiden. Nicht einmal ein militärisches Amt!

*(aber natürlich gab es Ausnahmen, zum Beispiel während Yuan Dynastie, Goryeo Dynastie in Korea. Damals 科擧 hat nicht so gut funktioniert)

Historisch gesehen war Japan die einzige Ausnahme, denn im Land der Samurai funktionierte die „科擧“ nicht gut. Vielmehr gab es in Japan, ähnlich wie in der europäischen Geschichte, Samurai (ähnlich wie Ritter im Westen) und ein Feudalsystem.

Daher sind Chinesen, Koreaner und andere Nordostasiaten (z. B. Vietnamesen) sehr vertraut mit der Denkweise, dass „nur diejenigen, die die Prüfung bestehen, etwas erreichen können”. Im Westen ist diese Denkweise nicht sehr verbreitet. Ich bin nicht sehr bewandert in westlicher Geschichte, daher weiß ich nicht genau, aber habt ihr jemals gehört, dass man eine Prüfung bestehen muss, um in den römischen Senat aufgenommen zu werden oder ein römisches Amt (Cursus Honorum) zu erlangen? Habt ihr jemals gehört, dass man eine Militärprüfung bestehen muss, um römischer Legatus zu werden?
Vielleicht hätte es die Prüfung für Pfarrer im Mittelalter geben können, vielleicht...

Daher sind die Menschen in Nordostasien sehr vertraut mit Prüfungen und reagieren sehr sensibel auf Angelegenheiten, die mit Prüfungen zu tun haben (z. B. die Aufnahme an einer Universität) oder ähnliche Formen annehmen (z. B. Wettbewerbe), und hoffen, diesen Prozess zu bestehen. Wer diesen Prozess nicht besteht, wird als „nicht geprüft” angesehen. Dies ist eine typische Denkweise in konfuzianischen Kulturkreisen (Japan weist nur schwache Merkmale einer konfuzianischen Kultur auf).

Daher sind Verfahren wie Hochschulzulassungsprüfungen, bei denen mehrere Studenten um eine einstellige Anzahl von Plätzen konkurrieren, oder Wettbewerbe, bei denen mehrere Teilnehmer um die Plätze 1 bis 6 konkurrieren, den Menschen in Nordostasien sehr vertraut.




3. Haltung gegenüber der Kunst

So wie es im Christentum verschiedene Strömungen gibt, wie das frühe Christentum, die römisch-katholische Kirche, die orthodoxe Kirche, die Athanasianismus und die Arianismus(Anti-Trinitas), gibt es auch im Konfuzianismus verschiedene Strömungen, wie den frühen Konfuzianismus, die Yangming-Schule und die Neokonfuzianismus-Schule. Der Begründer des Konfuzianismus, Konfuzius, schätzte Musik und Kunst sehr, (einige Passagen erinnern an Nietzsche. So wie Nietzsche sich negativ über „Leben ohne Musik” äußerte, sagte auch Konfuzius, dass Leben mit Musik gut sei). Spätere Strömungen des Konfuzianismus standen der Kunst jedoch negativ gegenüber. Da ich mich mit östlicher Philosophie nicht gut auskenne, kann ich die Gründe dafür nicht erklären. Klar ist jedoch, dass man ab einem bestimmten Zeitpunkt in Nordostasien begann, Künstler zu verachten. So wurden beispielsweise in der letzten Dynastie Koreas, der Joseon-Dynastie, Künstler nicht besonders gut behandelt. Professionelle Künstlerinnen für adelige Männer wurden „기생(Gisaeng)” genannt. Sie wurden zwar nicht wie Prostituierte behandelt, gehörten aber gesellschaftlich zur untersten Schicht.


Das habe ich in einer Dokumentation gesehen, die ich vor einiger Zeit in Korea gesehen hatte. Es ging um eine Wandertheatergruppe, die durch verschiedene Dörfer in China reiste und auf der Straße Theaterstücke spontan aufführte(keine Improvisation, aber ohne Termin ohne Bescheid einfach random ankommen und aufführen). Die Worte des Leiters der Theatergruppe an seine Schauspieler haben mich sehr beeindruckt. Er sagte zu ihnen: „Ihr seid in diesem Leben als Theaterdarsteller geboren worden, weil ihr in eurem früheren Leben** eure Eltern geschlagen habt.“
(**Reincarnatio. In Christentum gibt es das nicht, aber in Buddhismus schon, deswegen ist diese Denkweise der Reincarnatio sehr vertraut in Ostasien)

Bei klassischer Musik ist das nicht anders. Tatsächlich war das auch der Grund, warum meine Eltern gegen meine Entscheidung um Musikausbildung stark negativ waren. Es ist eine teure Ausbildung, und meine Familie konnte sich das nicht leisten, aber meine Eltern hielten Kunst wie Musik oder Malerei für etwas Geringwertiges.

Die Geringschätzung der Künste ist in Nordostasien nicht plötzlich entstanden. Um diese tief verwurzelten Vorurteile und diese Geringschätzung zu überwinden und als professioneller Musiker selbstbewusst leben zu können, brauchte man „eine durch offizielle Prüfungen erworbene Karriere“, wie zum Beispiel einen Preis bei einem internationalen Wettbewerb. Heute sind solche Vorurteile zwar weitaus weniger verbreitet als früher.
 
Ich werde nun die mir gestellten Fragen beantworten.

Frage 1: Frage von @Klafina

Könntest Du – wenn Du Zeit und Muße hast – den Zusammenhang mit der Corona-Ära noch genauer erklären?

Es ist schwierig zu sagen, seit wann die militaristischen und totalitären Tendenzen in Korea zurückgegangen sind. Es ist zwar offensichtlich, dass diese Tendenzen allmählich abnehmen, aber sie scheinen noch nicht vollständig verschwunden zu sein.



Die Zeit der japanischen Kolonialherrschaft über Korea (1910-1945) wird in drei Phasen unterteilt, wobei die erste Phase (1910-1919) und die dritte Phase (1937-1945) die Zeit waren, in der Japan Korea eine „militärische Kultur” aufzwang. Die Lehrer trugen Schwerter und hielten Unterricht, und die Militärpolizei übernahm die Aufgaben der Polizei. In der dritten Phase mussten alle Koreaner, auch Kinder und Schüler, den „Eid der Untertanen des Kaiserreichs(皇國臣民誓詞)” auswendig lernen, dessen Inhalt in etwa wie folgt lautete:

Wir sind Untertanen des Großjapanischen Reiches.
Wir werden uns mit ganzem Herzen dem Kaiser treu ergeben.
Wir werden uns durch Ausdauer und Training zu einem großartigen und starken Volk entwickeln.


(Ich finde, das ähnelt dem, was die Soldaten der Wehrmacht während NS Zeit als Diensteid rezitierten : Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf ******, dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen)


Je näher das Jahr 1945 rückte, desto mehr begann das japanische Kaiserreich, nicht nur Koreaner, sondern auch Japaner einer militärischen Grundausbildung zu unterziehen. Selbst junge Schüler mussten in der Schule den Umgang mit Gewehren und Granaten lernen. Sie mussten auch üben, wie man sich in Luftschutzbunkern vor Bombenangriffen schützt.

Fünf Jahre nach der Unabhängigkeit Koreas kam es zu einem dreijährigen Bürgerkrieg (Koreakrieg 1950-1953), und danach begann die Zeit des Kalten Krieges, in der das Land geteilt blieb. Daher war es ganz normal, dass schon junge Schüler eine solche militärische Ausbildung erhielten. Die Generation meiner Mutter und meines Vaters musste schon in der Grundschule endlose Übungen zum Schutzraumaufenthalt absolvieren und antikommunistische Sprüche auswendig lernen. Auch ich musste bis zur Grundschule jeden Montag in der ersten Stunde um 9 Uhr morgens vor der Flagge salutieren. Alle Schüler versammelten sich auf dem Schulhof, stellten sich in Reihen auf, und nachdem der Schulleiter auf das Podium gestiegen war und eine Ansprache gehalten hatte, wurde die Flagge am Fahnenmast gehisst. Dann legten alle Schüler ihre rechte Hand auf die Brust, salutierten vor der Flagge und rezitierten das Schülercredo. All das habe ich bis zur Grundschule erlebt.

Ich habe als Schüler nie eine Ausbildung in Bayonet Excercise oder Luftschutzübungen erhalten, aber meine Eltern schon.

Das heißt, die Koreaner waren seit den späten 1930er Jahren mit der Militärkultur vertraut. Sie erhielten von klein auf eine militärische Grundausbildung, wurden in der Schule von Lehrern unterrichtet, die sich wie Soldaten verhielten, und der Schulalltag begann nicht mit Gesprächen oder Begrüßungen, sondern mit einer Reihe von Zeremonien, die die Loyalität gegenüber der Nationalflagge und dem Staat fördern sollten. Da unmittelbar nach der Kapitulation des japanischen Kaiserreichs und seinem Rückzug von der koreanischen Halbinsel der Kalte Krieg begann, blieb die militärische Kultur bestehen. Lediglich die Gegner waren nun nicht mehr die Alliierten, sondern Nordkorea, China und die Sowjetunion.


Diese militärische Kultur war nicht nur auf die Schulzeit beschränkt. Vor allem Männer mussten zwangsläufig zum Militär, sodass sie diese militärische Kultur praktisch bis in ihre Teenagerjahre und frühen Zwanzigerjahre hinein erlebten. Das bedeutete, dass sie den Anweisungen ihrer Vorgesetzten zu gehorchen hatten und ihre Aufgaben nicht nach eigenem Ermessen, sondern nach den Anweisungen ausführen mussten. An Universitäten und in Unternehmen war es nicht anders. Mit der Kombination zwischen Militärkultur und der konfuzianischen Kultur, in der das Alter eine wichtige Rolle spielt, hatten Studenten, die früher eingeschrieben worden waren, und Mitarbeiter, die früher in das Unternehmen eingetreten waren, aufgrund ihres höheren Alters und Position in Frima in der Regel eine überlegene Position in der sozialen Machtstruktur gegenüber neuen Studenten oder neuen Mitarbeitern. Ähnlich wie in der Armee, wo die Rangordnung durch den Dienstgrad bestimmt wird, war auch an Universitäten, in Unternehmen und in der Gesellschaft eine militärische Kultur der Befehls- und Gehorsamsstruktur weit verbreitet. Natürlich schwächte sich diese Tendenz nach dem Ende des Kalten Krieges und mit dem allmählichen Rückzug der Kriegsgeneration aus dem gesellschaftlichen Leben langsam ab, aber als ich Mitte bis Ende der 2010er Jahre mein erstes Studium in Korea absolvierte, war sie immer noch vorhanden.


Das habe ich gehört, als ich zum ersten Mal in Korea zur Universität ging, in einer Sportgruppe der Universität. Diese Sportgruppe war kein Verein für professionelle Sportler, sondern eine Gruppe, in dem sich Studenten trafen, die Sport als Hobby betrieben.

Ein Student wollte den Raum der Sportgruppe in Unigebäude betreten, als zwei Studenten, die schon lange in dieser Gruppe waren, auf dem Sofa saßen, rauchten und sich unterhielten. Sie schrien ihn an, er solle sofort verschwinden, warfen Schuhe, Flaschen und Aschenbecher nach ihm und sagten, er solle sich nicht einmischen, wenn die Älteren sich unterhielten.

Diese Episode gehört jedoch zu den eher relativ harmlosen Begebenheiten. Es gab auch viel schlimmere und düsterere Vorfälle. Auf weitere detaillierte und lange Erklärungen möchte ich hier verzichten.


Während der Pandemie wurden zwischenmenschliche Kontakte stark eingeschränkt, und da es seltener wurde, andere Menschen zu treffen, begann diese Art von Kultur weiter zu schwinden. Heutzutage ist sie sehr viel verschwunden. Aber, ich glaube, es gibt immer noch.



Frage 2: Frage von @Demian

Das, was du beschrieben hast, ist ja letztlich auf eine rein extrinsische Motivation zurückzuführen. Gibt es denn deiner Meinung nach auch koreanische Musiker mit einer intrinsischen Motivation? Musiker, die z.B. den Wunsch haben, Musik zu studieren, um ihr geistiges Wesen in Verbindung mit ihrer sinnlichen Erscheinung zu durchdringen?


Ich habe in Südkorea Musik nicht studiert, deswegen kenne ich sehr geringe koreanische MusikerInnen. Deswegen kann ich nur raten, mit welcher Motivation die koreanischen MusikerInnen sich auf der Bühne der internationalen Wettbewerbe stellen. Laut dem Interview der Koreaner in internationalen Wettbewerben, spielt die Liebe zur Musik große Rolle. Diesmal zum Beispiel, die Liebe zur Chopins Musik. Außerdem gibt es auch die intrinsischen Gründe, dass sie sich musikalisch noch stärken wollen, breitere Welt zu sehen, andere MusikerInnen kennenzulernen.

Ich bin keine passende Person für diese Frage, eigentlich. Mein Spielniveau ist eher nicht auf solchem Wettbewerb. Deswegen habe ich noch nie mit koreanischen MusikerInnen mit solchem Niveau ein Gespräch genommen. Ich kann nur raten...





Zusammenfassung


Das Fehlen der echten Klassik-Musik Kultur in Korea, China
Kokurrenz mit den anderen Leuten, mit den anderen Ländern (was im Klaten Krieg sehr typisch war)
Hierachie
geprüft werden möchten
Totalitarismus, militärische Kultur
Kunst verachten




Teil 2.

Teil 2 habe ich absichtlich klein geschrieben, weil ich nicht so genaue Ahnung für Eurpäische Länder habe. Ich habe nur ein paar Jahr in Deutschland gewohnt.

Aber ich kann bisschen raten :

In Deutschland wurde der Totalitarismus während des Kalten Krieges stark abgeschwächt. Die Deutschen hatten deutlich weniger das Bestreben, durch Sport oder internationale Wettbewerbe mit anderen Ländern zu konkurrieren, um die Überlegenheit ihres Landes zu demonstrieren. Ich glaube nicht, dass Westdeutschland den Willen hatte, bei diesen Olympischen Spielen unbedingt mehr Medaillen als Ostdeutschland zu gewinnen. Ich denke, dasselbe gilt auch für die klassische Musik. Deutschland ist eine der Heimatländer der klassischen Musik. Da es über die größte Infrastruktur und Geschichte verfügt (Universitäten, verschiedene Schlösser und Paläste, die als Konzertsäle genutzt werden können, Kirchen, Musikhochschulen, Orchester mit langjähriger Erfahrung und Geschichte usw.), musste es seine Musikalität nicht unbedingt durch den Titel „Wettbewerbsgewinner“ von außen beweisen. Ich glaube auch nicht, dass Deutschland ein Land ist, das die Kunst verachtet. Historisch gesehen mag es in Europa solche Zeiten gegeben haben (zum Beispiel gab es eine Zeit, in der Ballerinas fast wie Prostituierte behandelt wurden), aber zumindest in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert war das definitiv nicht der Fall.

Da Europa kein standardisiertes Prüfungssystem wie Nordostasien hatte, ist man dort weniger daran gewöhnt, sich durch Prüfungen zu beweisen, als in Nordostasien. Auch in Europa gibt es zwar die Tendenz, Hierarchien und Rangordnungen zu schaffen, aber man versucht nicht wie in Korea, in fast allen Bereichen Rangordnungen aufzustellen.





Nur meine persönliche Gedanken. Es könnte falsch sein. Deswegen bitte ich euch, meine Beiträge nicht wissenschaftlich zu kritisieren. Die Beiträge hängen stark von meiner Erfahrungen, Kenntnissen aus Geschichtekurs in der Schulzeit(für Abitur habe ich Geschichte belegt) ab.


Vielen Dank für das Lesen und schönes Wochennde allen!


LG, HSC
 
Zuletzt bearbeitet:

PS : vielleicht könnte jemand fragen, was für eine Rolle "die an Prüfung gewöhnte Kulter" im Fall Japan spielt, weil 科擧 für Japan nicht so gut funktioniert hat.

Aber in der imperialistischen Zeit des Japans (1868-1945) wollte Japan seine Regierung systematisch organisieren, im Sinne Mordernisieurng. Zum Beispiel, Japan hatte die bestimmte Prüfungen für Staatsbeamter in der Zeit. Eine von denen heißt 高等文官試驗(Die Prüfung für oberämtliche Beamter).

Und für sogennante "Reichsuniversität" (帝國大學) gab es auch spezielle anspruchsville Aufnahmeprüfungen. Die Denkweise "Durch Prüfung beweisen" war auch gewöhnlich in Japan.
 
@HomoSineCruribus
Vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen! Sie sind für mich sehr aufschlussreich und lassen mich auch den Blick auf Koreaner:innen während meiner eigenen Studienzeit vor ca. 20-25 Jahren besser verstehen.

Interessant finde ich v.a., dass die eueopäische musikalische Hochkultur solch eine Attraktivität auf die koreanische Musikkultur ausübt. Denn es gibt ja noch (mindestens) zwei weitere Hochkulturen, die Korea geographisch sogar näher sind und ebenfalls als „klassisch“ betrachtet werden, nämlich die klassische indonesische Musik (v.a. die javanesische und die balinesische) und die klassische indische Musik. Hast du vielleicht Erklärung dafür, dass diese beiden Musiklulturen für Korea weniger attraktiv sind als die europäische?
 
@HomoSineCruribus , danke für die interessanten Einblicke!
Ich glaube nicht, dass Westdeutschland den Willen hatte, bei diesen Olympischen Spielen unbedingt mehr Medaillen als Ostdeutschland zu gewinnen.
Umgekehrt aber schon. Der "sozialistische Medaillenspielgel" der DDR musste unbedingt den der BRD überragen. Auch Deine Schilderung aus der Schulzeit (Fahnenappell, militärische Ausbildung) erinnert mich sehr an meine eigene Schulzeit.

Ich bin Handwerker und zumindest als solcher kann ich sagen, dass es auch hier eine übertriebene Prüfungskultur gibt. Der Titel "Meister" wird in der Gesellschaft sehr hoch angesehen, obwohl er mehr bürokratischer Natur ist und wenig mit handwerklichen Fähigkeiten zu tun hat. Auch sonst hat Regulierung und Bürokratie einen nahezu unkontrollierten Auswuchs an Qualifikationsnachweisen und Prüfungen für banalste Tätigkeiten hervorgebracht.
 
Vielen Dank für Deine erhellenden Ausführungen. Mich würde in diesem Zusammenhang noch ein tieferer Einblick in die Prüfungskultur in Japan interessieren. Ist es so verschieden zu Korea?
Der Frage von Demian möchte ich mich anschließen: warum die europäische Hochkultur? Die Lebensweise und die Weltsicht sind ja doch sehr unterschiedlich in Europa und (Nord)Ostasien.
 
@HomoSineCruribus

Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die detaillierten und interessanten Ausführungen!

Bezüglich der Bedeutung von Wettbewerben in Europa würde ich ein paar kleine Einschränkungen machen, wohl wissend, dass das bei weitem nicht die Bedeutung hat, die Du dargelegt hast.

1. In Frankreich z.B. gibt es sehr wohl Wettbewerbe ("concours", z.B. CAPES), um in den Staatsdienst zu kommen. Wenn z.B. 8 Lehrkräfte für Deutsch benötigt werden und man landet von den Leistungen her auf Platz 9, hat man eben Pech gehabt. Allerdings kann man diese Prüfungen wiederholen.
Auch der Zugang zu den "classes préparatoires" (=2 weitere Jahre nach dem Abi, um an die Eliteunis zu gelangen) ist nach dem Leistungsprinzip geregelt.

2. In Deutschland gab und gibt es nach wie vor einen NC (= Numerus clausus) für bestimmte Fächer, insbesondere Medizin, Psychologie und Zahnmedizin. Allerdings schwankt er leicht, je nach Stadt. Freiburg im Breisgau ist beispielsweise begehrter als etwa Rostock.
Den NC (grundlegend ist der Notendurchschnitt im Abitur) gibt es seit ungefähr Anfang der 70er Jahre. Allerdings gibt es auch andere Wege, zum Studienplatz zu kommen, als da wären: Medizinertest, Wartezeit, Ausbildungen im Rettungsdienst u.Ä., und ja, es gibt auch das Losverfahren!

3. Ich wurde in der ersten Hälfte der 80er Jahre in der BRD in den Staatsdienst eingestellt (Lehramt am Gymnasium) und auch da ging es nach der Rangordnung der Noten. 40 war die beste Leistungsziffer und 160 die schlechteste.
Da damals eine Lehrerschwemme herrschte, wurden z.B. in meinem Kurs 84% arbeitslos.

4. Wie @Peter schon schrieb, gab es den Wettbewerbsgedanken im Sport auch zwischen der BRD und der DDR. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass er in der BRD nicht ganz so wichtig war, nach dem Motto "Na, dann belegen wir eben nur Platz 8 im Medaillenspiegel, dafür gibt es bei uns die besseren Autos und Maschinen."

Unter meinem Punkt 4 befinden sich zwei Stichworte, die darauf hindeuten, dass Musik insgesamt leider eine weitaus geringere Rolle in Deutschland spielt. Wichtig sind: Sport und Konsum/Industrieprodukte/Lebensstandard!!
 
Zuletzt bearbeitet:
@HomoSineCruribus , danke für die interessanten Einblicke!

Umgekehrt aber schon. Der "sozialistische Medaillenspielgel" der DDR musste unbedingt den der BRD überragen. Auch Deine Schilderung aus der Schulzeit (Fahnenappell, militärische Ausbildung) erinnert mich sehr an meine eigene Schulzeit.

Ich bin Handwerker und zumindest als solcher kann ich sagen, dass es auch hier eine übertriebene Prüfungskultur gibt. Der Titel "Meister" wird in der Gesellschaft sehr hoch angesehen, obwohl er mehr bürokratischer Natur ist und wenig mit handwerklichen Fähigkeiten zu tun hat. Auch sonst hat Regulierung und Bürokratie einen nahezu unkontrollierten Auswuchs an Qualifikationsnachweisen und Prüfungen für banalste Tätigkeiten hervorgebracht.
Sehr interessant! Ich wusste das über DDR-BDR Konkurrenz nicht so gut genau.

Ich wusste auch nicht, dass es solche Prüfungskultur in Handwerker in Deutschland gibt! Eine Frage ist : dann da gibt es auch eine "Education-Industrie", wo man die Hilfe suchen kann, damit er in der Meister-Prüfung bessere Note (oder bessere Note als die Note der anderen) bekommen kann??

Diese "Education-Industrie" in Korea ist sehr groß. Wenn das Datum der Abitur des Jahres festgestellt ist, dann kommen die neuen Lernbücher für alle Schulfächer wie Mathe Englisch in die Buchhandlung in ganzem Land. Die Nachhilfe-Institutionen überall in Korea "bewaffnen" sich mit solchen Lernbücher/Lernmaterialen. Jedes Jahr finden in Korea zahlreiche Informationsveranstaltungen zur Hochschulzulassung statt, und die Eltern sind darauf versessen, bei diesen Veranstaltungen Informationen über die Hochschulzulassung zu erhalten.

"Ah! In diesem Jahr wird die Abitur so und so aussehen... Mathe wäre wichtiger um den Studienplatz zu bekommen, Koreanisch wäre weniger wichtiger... mit diesem Zustand empfehle ich Ihnen diese Strategie : usw usw usw..." Ein Moderator in Informationsveranstaltungen zur Hochschulzulassung sagt auf der Bühne sowas, und sowas zu hören versammeln sich die Eltern in Saal, natürlich haben sie Eintrittsticket zu der Veranstaltung gekauft.

Es gibt auch zahlreiche Online-Kurse für SchülerInnen mit allen Fächern, mit verschiedenen privaten Institutionen, um den SchülerInnen bei Abitur zu helfen : MegaStudy, EduWill, EBS, usw usw usw. Es gibt auch "Package goods", wenn man meherer Onlinekurse abonniert, dann folgt Ermäßigung!


Alles...ist in Form Industrie geworden. Nur für Prüfungen. Nicht nur für Abitur zur Hochschulzulassung, sondern auch für die Prüfungen zur Polizeibeamten, Koreageschichte Zertifikat, Englisch Zertifikat, usw usw, die Prüfungen für staatlich geprüfte Immobilienmakler, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte bilden da keine Ausnahme. Education Industrie bietet auch Kurse im Präsenz sowohl auch in Online für solche Leute auch an.


In Deutschland gibt es auch solche Education Industrie für Handwerker und seine Prüfung...?


@HomoSineCruribus

Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die detaillierten und interessanten Ausführungen!

Bezüglich der Bedeutung von Wettbewerben in Europa würde ich ein paar kleine Einschränkungen machen, wohl wissend, dass das bei weitem nicht die Bedeutung hat, die Du dargelegt hast.

1. In Frankreich z.B. gibt es sehr wohl Wettbewerbe ("concours", z.B. CAPES), um in den Staatsdienst zu kommen. Wenn z.B. 8 Lehrkräfte für Deutsch benötigt werden und man landet von den Leistungen her auf Platz 9, hat man eben Pech gehabt. Allerdings kann man diese Prüfungen wiederholen.
Auch der Zugang zu den "classes préparatoires" (=2 weitere Jahre nach dem Abi, um an die Eliteunis zu gelangen) ist nach dem Leistungsprinzip geregelt.

2. In Deutschland gab und gibt es nach wie vor einen NC (= Numerus clausus) für bestimmte Fächer, insbesondere Medizin, Psychologie und Zahnmedizin. Allerdings schwankt er leicht, je nach Stadt. Freiburg im Breisgau ist beispielsweise begehrter als etwa Rostock.
Den NC (grundlegend ist der Notendurchschnitt im Abitur) gibt es seit ungefähr Anfang der 70er Jahre. Allerdings gibt es auch andere Wege, zum Studienplatz zu kommen, als da wären: Medizinertest, Wartezeit, Ausbildungen im Rettungsdienst u.Ä., und ja, es gibt auch das Losverfahren!

3. Ich wurde in der ersten Hälfte der 80er Jahre in der BRD in den Staatsdienst eingestellt (Lehramt am Gymnasium) und auch da ging es nach der Rangordnung der Noten. 40 war die beste Leistungsziffer und 160 die schlechteste.
Da damals eine Lehrerschwemme herrschte, wurden z.B. in meinem Kurs 84% arbeitslos.

4. Wie @Peter schon schrieb, gab es den Wettbewerbsgedanken im Sport auch zwischen der BRD und der DDR. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass er in der BRD nicht ganz so wichtig war, nach dem Motto "Na, dann belegen wir eben nur Platz 8 im Medaillenspiegel, dafür gibt es bei uns die besseren Autos und Maschinen."

Unter meinem Punkt 4 befinden sich zwei Stichworte, die darauf hindeuten, dass Musik insgesamt leider eine weitaus geringere Rolle in Deutschland spielt. Wichtig sind: Sport und Konsum/Industrieprodukte/Lebensstandard!!

Danke für deine Meinung!

Über 1 und 2 : ja, ich habe auch erfahren, dass Frankreich auch ein bisschen sowas ähnliches wie in Ostasien hat. Manche Leute machen Baccalaureate mehr mals, um Grandes Écoles zu bestehen. Sowas kann man auch in Japan, Korea, China oft sehen.

Wie gesagt, ich denke, Wettbewerbe gibt es immer in den anderen Ländern auch. Aber der Knackpunkt ist, meiner Meinung nach, wie stark man damit besessen ist. Gibt es in Deutschland jemanden, der 6 oder 7 mal Abitur wiederholt, um Medizin Unit in Freiburg oder Heidelberg zu bestehen?? In Korea oder Japan gibt es solche Fälle immer hin...


Über 3 : wow das wusste ich nicht. Das ist hart.

Über 4 : dann wie @Peter gemeint hat, war es so. Und ihr meint, Klassische Musik war aber kein Thema zum Konkurrieren zwsichen DDR und BDR.
 
@HomoSineCruribus
Vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen! Sie sind für mich sehr aufschlussreich und lassen mich auch den Blick auf Koreaner:innen während meiner eigenen Studienzeit vor ca. 20-25 Jahren besser verstehen.

Interessant finde ich v.a., dass die eueopäische musikalische Hochkultur solch eine Attraktivität auf die koreanische Musikkultur ausübt. Denn es gibt ja noch (mindestens) zwei weitere Hochkulturen, die Korea geographisch sogar näher sind und ebenfalls als „klassisch“ betrachtet werden, nämlich die klassische indonesische Musik (v.a. die javanesische und die balinesische) und die klassische indische Musik. Hast du vielleicht Erklärung dafür, dass diese beiden Musiklulturen für Korea weniger attraktiv sind als die europäische?
Vielen Dank für Deine erhellenden Ausführungen. Mich würde in diesem Zusammenhang noch ein tieferer Einblick in die Prüfungskultur in Japan interessieren. Ist es so verschieden zu Korea?
Der Frage von Demian möchte ich mich anschließen: warum die europäische Hochkultur? Die Lebensweise und die Weltsicht sind ja doch sehr unterschiedlich in Europa und (Nord)Ostasien.
Danke für eure Frage! Ich muss noch daran überlegen, was der Grund dafür ist.


Eine Vermutung : Japan war das einzige Land in Ostasien, das die westliche Klassische Musik aktiv importieren und akzeptieren konnte. Wie ich schon in meinem ersten Beitrag erwähnt habe, war Japan während seiner imperialistischen Zeit (1868-1945) die Europa als "Vorbild" genommen und alles abgebildet, das Europa hat. Zum Beispiel,

Für Literatur : Damals war Japan von der modernen Literatur Europas fasziniert und zeigte insbesondere großes Interesse an europäische Literatur wie russischer und britischer Literatur. Das ist auch der Grund, warum sich in Japan Kriminalromane entwickelt haben. Die japanischen Schriftsteller waren von der Überlegenheit der russischen Literatur so eingeschüchtert, dass sogar der Begriff „恐露病“ (etwa: „Furchtskrankheit vor Russland“) geprägt wurde. Seit dieser Zeit begann Japan häufig ausländische Literatur ins Japanische zu übersetzen, was maßgeblich zum Aufbau einer soliden literarischen Grundlage in Japan beitrug. Dies ist auch der Grund, warum Japan relativ häufig Nobelpreisträger für Literatur hervorbringt. Auch wenn dieser Trend heute weniger ausgeprägt ist, war dies der Grund, warum in japanischen Animationsfilmen der 1970er bis frühen 2000er Jahre häufig Motive aus der europäischen Literatur auftauchten.
Für Armee : Preußen war Japans Vorbild.
Für Marine : Großbritanien war Japans Vorbild. Damals hat das Britische Imperium der japanischen Marine auch fortschrittliche Technologien vermittelt. Wer interesse hat, lies mal dieses! https://de.wikipedia.org/wiki/Kongō-Klasse_(1913)

Deswegen wäre alles Nicht-Westliche Ding nicht so attraktiv gewesen, für damalige Japaner. Tatsächlich war es Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Nordostasien durchaus üblich, eine Art Bewunderung und Sehnsucht nach westlicher Kultur und Zivilisation zu empfinden, und sowohl in China als auch in Korea und Japan gab es viele Menschen, die der Meinung waren, dass man westliche Kultur einführen sollte, um das Land zu stärken. Allerdings war Japan das einzige Land, das dies tatsächlich in die Tat sehr erfolgreich bis zu tatsächlichen Ergebnissen umsetzen konnte.


Nach dem zweiten Weltkrieg waren Japan und Südkorea unter dem starken Einfluss von den USA(das ist auch ein Grund dafür, warum die Anzahl der evanglischen Gläubigen in Südkorea größer als die der katholischen ist). Von den USA haben die beiden Länder Jazz Pop Rock importiert.


Das heißt, obwohl Indonesien auch in Asien ist, haben wir wenigere Kontakte mit dem Land. Eher ist Indonesien kein das mit Konfuzionismus geprägte Land, sondern zuerst mit Buddhismus, und danach Islam. Das heißt, es gibt Epoche, in der die Indonesen ihren König als Sultan gennant haben.

Das ist echt groß Unterschied.

Indonesien, und Ostnordasien wie China, Japan, Korea, Vietnam, sind alle in einen Hut "Asie" kategorisiert, aber der Unterschied zwischen Ostnordasien und Ostsüdasien(Philippine, Indonesien, Malayasia) und Südasien(Indien, Pakistan, Sri Lanka) ist echt groß.

Fast wie der Unterschied zwsichen Nordafrika und Südeuropa. Die beiden sind sogenannte "Mittelmeerraum Zivilisation", und historisch gab es dazwischen viele Austauschen, aber die beiden sind sehr unterschiedlich voneinander.

Der Fall ist aber der Kontinent getrennt gemerkt (Afrika / Europa) , aber im Fall Ostnordasien und Ostsüdasien ist alles in einer Kategorie "Asie". Aber das Wort "Asie" ist sehr mehrdeutig.


Also, nur meine Vermutung.



Korrektur, um Missverständnis zu vermeiden :

Es ist keine Vermutung, sondern historische Fakten, alles, was ich über Japan da oben erzählt habe. Über Indonesien auch.


Aber es ist meine Vermutung, dass dies ein Grund wäre, warum die Ostasiaten keine Interesse für andere asiatische Musikkultur hatten : dass eigentlich wenige Kontakte zwischen den Kulturen ausgetauscht wurden, und, dass die Ostnorasiaten mehr Sehnsucht nach Europäische Kultur haben, weil die in imperialistischer Zeit sehr erfolgreich viele andere Länder kolonialisieren konnten.

Die Aussagen hinter "dass" sind auch historische Fakten. Aber ob die die als Ursache bewirkt haben, ist meine Vermutung.
 
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dann da gibt es auch eine "Education-Industrie"
Nein.
Es gibt natürlich auch hier Nachhilfe und Fortbildung zu allen möglichen Dingen, aber lange nicht in der Form und den industriellen Auswüchsen wie in Korea oder auch China (da hatte ich schon öfters Berichte drüber gesehen).
Speziell für das Erlangen des Meistertitels ist mir gar nichts an Nachhilfe-Institutionen bekannt, jedoch verschiedene Ausbildungswege dorthin. Das geht über die direkte Meisterschule, aber auch über Abend- und Fernstudium. Der größte Teil der Ausbildung beschäftigt sich jedoch eher mit BWL- und Regelspezifischen Themen als mit der Handwerkskunst (ich vermute, dass die Gewichtung im Instrumentenbau etwas anders gelagert ist).
 
(ich vermute, dass die Gewichtung im Instrumentenbau etwas anders gelagert ist).
Im Orgelbau etwa kann das Meisterstück schon mal solche Dimensionen erreichen:

 
wäre interessant, ob das Teil zwischenzeitlich fertiggestellt wurde.
Für die Meisterprüfung ist eine teilweise Fertigstellung mit den relevanten Bauteilen ausreichend.
Gerade gefunden: ein sehr interessantes Gespräch:


Edit: Ich denke schon, dass Daniel Orth die Orgel fertiggestellt hat. Er erwähnt im Podcast eine Hausorgel als sein Meisterstück und die Herausforderung, die passenden Pfeifenmensuren zu finden.
 
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