Wann ist ein/e Klavierlehrer/in zufrieden?

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Annaklena

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13. Apr. 2017
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Das erlebe ich am ehesten bei Schülern, die sehr guten Klangsinn, musikalisches Verständnis, gute Kantabilität etc. haben, aber nur halbfertig geübte Stücke mitbringen. Ich weiß, dass sie wissen, wie es klingen soll.
Als ich das las, bin ich irgendwie darüber gestolpert, weil ich mich da sehr angesprochen fühlte. Denn ich glaube, ich bin genau so eine Klavierschülerin. Und da dachte ich mir, was bedeutet halbfertig? Und warum ist das schlecht?

Gerade letzte Woche bei meiner Klavierstunde dachte ich bei einem Stück: Wann kann ich das Stück denn endlich weglegen? Ich will doch nicht ewig damit rumhängen. Aber meine Klavierlehrerin meinte dann, ich sollte es noch einmal spielen. Da ich aber schon in der Woche davor gesagt hatte, ich übe das Stück jetzt nicht weiter, ich kann es gut genug, hatte ich das Stück in der Woche davor gar nicht mehr gespielt.

Ich übe es schon seit Wochen, es wird natürlich besser, aber ich werde wohl nie ein Stück fehlerfrei spielen können. Und ich möchte bei so einem kleinen Mini-Menuett auch nicht jede Nuance der Dynamik ausprobieren und es dadurch immer wieder spielen müssen, obwohl ich es schon auswendig kann. Ich möchte jetzt lieber weitergehen und die beiden Stücke üben, die ich später angefangen habe.

Man muss doch irgendwie vorankommen. Es kann doch nicht sein, dass ich ein Stück erst perfekt spielen muss, bevor ich zum nächsten weitergehen kann. Dann würde ich Jahre mit einem einzigen Stück verbringen, denn perfekt ist es nie, und ich schaffe es so gut wie nie, ein Stück fehlerfrei zu spielen.

Aber das muss ja auch nicht sein. Ich lerne an jedem Stück etwas und komme weiter, werde besser. Dennoch kann ich nicht fehlerfrei spielen, und das ist auch nicht mehr mein Ziel. Sicherlich würde ich mir wünschen, fehlerfrei spielen zu können – und manchmal, wenn ich allein übe, klappt das ja auch –, aber wenn man jemandem vorspielt, dann klappt das ja so gut wie nie. Deshalb arbeite ich darauf gar nicht mehr hin.

Ich bin jetzt ein Stück über 60, ich spiele erst seit ein paar Jahren, und ernsthaft eigentlich erst seit ein paar Monaten wieder. Ich komme voran, bin musikalisch, aber ich werde keine Yuja Wang mehr. Und es wäre auch Quatsch, wenn ich das versuchen würde.

Aber wieso will meine Klavierlehrerin dann immer noch dasselbe Stück von mir vorgespielt haben, obwohl wir doch weitermachen könnten? Es ist ja nicht so, dass ich nichts kann oder keine Fortschritte mache. Nur habe ich manchmal das Gefühl, Klavierlehrer wollen ein Stück mit einem totarbeiten, bis man es wirklich nicht mehr sehen und hören kann.

Ein Stück, das ich zu 90% oder so spielen kann, ist doch in Ordnung. Es muss doch nicht 100% und fertig sein. Was ist gegen „halbfertig“ zu sagen, solange man nicht damit bei einem ernsthaften Konzert auftreten will, sondern nur für sich selbst spielt?
 
Im Grunde ist es wohl auch so, dass diese Stücke eigentlich vielleicht noch etwas zu schwer für mich sind und mich deswegen länger beschäftigen als nötig bzw. übe ich zu wenig für diesen Schwierigkeitsgrad.

Das Gefühl habe ich bei meinem Lehrer auch, das habe ich neulich auch angesprochen, als es an die Haydn-Sonate ging. Manchmal finde ich Stücke gut, die unter dem aktuellen Level sind, denn da beherrscht man den Notentext recht schnell und kann sich auf die Gestaltung und die Technik konzentrieren, mal ganz fokussiert linke Hand leiser und generell Artikulation üben.

Puh, da hast du dir ja einen Brocken vorgenommen... da finde ich ein halbes Jahr nicht zu knapp. Ich warte damit lieber noch, dann schaffe ich es vielleicht eines Tages auch etwas schneller.

Ich auch, ich warte mit solchen Herausforderungen auch lieber. Weil es einfach nicht gut werden kann, wenn man technisch noch nicht reif dafür ist!
 
Puh, da hast du dir ja einen Brocken vorgenommen... da finde ich ein halbes Jahr nicht zu knapp. Ich warte damit lieber noch, dann schaffe ich es vielleicht eines Tages auch etwas schneller.
Ehrlich gesagt habe ich ja auch gar kein halbes Jahr. Ich muss es am 31.7.2022 können. Zumindest vom Blatt spielen können. Auswendig werde ich es bis dahin wohl nicht können. Grundsätzlich ist es auch gar nicht so schwer, habe ich mittlerweile festgestellt. Wenn da nicht immer diese Oktavgriffe oder sogar noch weitere Griffe wären. Das ist mit meinen Händen praktisch nicht möglich. Aber ich kann ja einen der beiden Töne weglassen. Werde ich wohl müssen, sonst wird das nichts.
 
Gerade auch bei den Verspielern fällt mir auf, dass es manchmal extrem viel bringt, ein Stück ein paar Tage liegen zu lassen und dann noch einmal kleinteilig dranzugehen, abschnittsweise, Hände getrennt. Oder gar, ein vor Monaten weggelegtes Stück wieder aufzufrischen. 😊
Das stimmt. Ich spiele manchmal ein oder zwei Tage nicht, weil es so viel anderes zu tun gibt, und dann wundere ich mich, dass es sogar besser geht als vor zwei Tagen. Ohne dass ich zwischendrin geübt habe. Aber ich bemühe mich trotzdem, jeden Tag zu üben, wenn das irgendwie geht. Selbst wenn es nur kurz ist.
 
Ich auch, ich warte mit solchen Herausforderungen auch lieber. Weil es einfach nicht gut werden kann, wenn man technisch noch nicht reif dafür ist!
Es muss ja nicht perfekt sein. Aber es gibt einen ganz speziellen Grund, dass ich das Stück am 31.7. vorspielen will, und der wartet leider nicht. Also werde ich bis zum 31.7. mein Bestes geben und hoffe, dass meine Gesundheit mitmacht und mich nicht im Stich lässt. Ob es besonders gut ist, spielt dabei nicht die größte Rolle. Es spielt eine Rolle, DASS ich es spiele. Weil das eine bestimmte Bedeutung hat. :001:

Wenn man noch sehr jung ist und sein ganzes Leben noch vor sich hat, sieht das ganz anders aus. Dann kann man warten. Aber ich habe nicht mehr so viel Leben vor mir, und ich habe nicht mehr Jahrzehnte Zeit, darauf hinzuarbeiten, dass es so gut ist, wie ich mir das vielleicht wünschen würde, wenn ich jünger wäre.

Deshalb ist das jetzt eine besondere Sache, die ich mir vornehme, die ich so in dieser Art jedoch sicherlich nicht wiederholen werde. Aber ich werde bestimmt ganz viel lernen, während ich an diesem Stück arbeite, um es einigermaßen bis zum 31.7. hinzukriegen. Vielleicht werde ich es danach weglegen und nie mehr spielen. Aber am 31. will ich es unbedingt spielen. :005:
 
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Es muss ja nicht perfekt sein. Aber es gibt einen ganz speziellen Grund, dass ich das Stück am 31.7. vorspielen will, und der wartet leider nicht. Also werde ich bis zum 31.7. mein Bestes zu geben und hoffe, dass meine Gesundheit mitmacht und mich nicht im Stich lässt. Ob es besonders gut ist, spielt dabei nicht die größte Rolle. Es spielt eine Rolle, DASS ich es spiele. Weil das eine bestimmte Bedeutung hat. :001:

Wenn man noch sehr jung ist und sein ganzes Leben noch vor sich hat, sieht das ganz anders aus. Dann kann man warten. Aber ich habe nicht mehr so viel Leben vor mir, und ich habe nicht mehr Jahrzehnte Zeit, darauf hinzuarbeiten, dass es so gut ist, wie ich mir das vielleicht wünschen würde, wenn ich jünger wäre.

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg dafür! Lass' Töne weg, vereinfache das Stück, dann kriegst du es auch hin! 😀
 
Wenn da nicht immer diese Oktavgriffe oder sogar noch weitere Griffe wären. Das ist mit meinen Händen praktisch nicht möglich. Aber ich kann ja einen der beiden Töne weglassen. Werde ich wohl müssen, sonst wird das nichts.

Lass' Töne weg, vereinfache das Stück, dann kriegst du es auch hin! 😀
Sorry, aber das ist bei dem Stück keine Option. Du musst doch die Melodiestimme herausarbeiten. Muss es denn die Mondscheinsonate sein? Gerade wenn du das aufführen willst. Jeder kennt das Stück und da fällt es auf, wenn du nur ein Fragment spielst. Tu dir das nicht an.
 
Es gibt leider keine Alternative. Es muss dieses Stück sein. :001: Aber es wird nur eine ganz private Aufführung, also das ist nicht schlimm, wenn es nicht ganz dem Original entspricht. Hauptsache, der Geist wird erfasst. Bzw. die Bedeutung kommt rüber. Und das wird sie. Das weiß ich. Als ich anfing, das zu üben, dachte ich, es ginge, dass ich das alles spiele, was in den Noten steht, aber so nach den ersten 20 Takten habe ich jetzt gemerkt, dass ich das wahrscheinlich nicht schaffe. Ich kann eine Note nicht spielen, wenn ich mit meinen Fingern nicht drankomme. Zumindest nicht gleichzeitig. Vielleicht hintereinander. Das geht bestimmt auch. Über diese Alternativen werde ich noch nachdenken und mit meiner Klavierlehrerin reden.

Ich habe von zu viel Üben und die Hände immer gespreizt halten für die Oktaven jetzt Schmerzen bekommen. Wenn ich so weitermache, kann ich gar nicht mehr üben oder spielen. Also muss ich Alternativen finden. Aber die finden sich schon. Irgendwie wird es gehen und auch noch zu erkennen sein. :003:
 
Da müsste man jetzt mal sehen können, wie das Arrangement aussieht. Keine Oktaven? Das glaube ich eher nicht. Was ich meinte, ist, es gibt keine Alternative zur Mondscheinsonate. Aber ein leichtes Arrangement der Mondscheinsonate wäre schon schön. Damit ich das nicht alles selbst austüfteln muss. :001:
 
Ja, darauf müsste ich auf jeden Fall mehr achten. Aber es ist eben so, dass man die Hände immer wieder spreizen muss für die nächste Oktave. Das ergibt dann zum Schluss schon eine ganze Menge Spreizungen, die man nicht vermeiden kann.
 

Ich staune ja irgendwie über die Leidensbereitschaft von Klavier-Amateuren.

Üben viele Wochen an einem Stück, um es dann leidlich draufzuhaben.

Anschließend fällt es dann der Vergessenheit anheim, weil man ein anderes Stück lange übt. Will man es nach Monaten nochmal spielen, müsste man es erstmal wieder eine ganze Zeit lang üben.

Sisyphos würde wissend nicken.

Ganz ehrlich - ich hätte NIE, NIE, NIE im Leben Bock darauf, ein Hobby auf eine derartige Weise auszuüben. Spätestens nach 3, 4 solcherart erkämpfter und wieder verlorener Stücke würde ich entnervt das Handtuch werfen. (Nicht dass mir persönlich so etwas passieren könnte - tatsächlich sind mir sowohl so eine tunnelartige Fixierung auf etwas als auch so ein Verlorengehen erworbener Fähigkeiten gänzlich fremd.)

Wer tatsächlich keine Zeit dazu hat, neben dem aktuellen Stoff andere Stücke zu spielen und so ein gewisses Repertoire aufrechtzuerhalten (und so in der Lage zu sein, einfach mal ein bisschen zu SPIELEN), sollte es meiner Meinung nach einfach sein lassen und sein Geld und seine Zeit in sinnvollere Unternehmungen stecken.
 
Ganz ehrlich - ich hätte NIE, NIE, NIE im Leben Bock darauf, ein Hobby auf eine derartige Weise auszuüben.

Um Dich geht es hier ja auch gar nicht.

Aber es gibt einen ganz speziellen Grund, dass ich das Stück am 31.7. vorspielen will, und der wartet leider nicht.
(...)
Weil das eine bestimmte Bedeutung hat. :001:

@Annaklena, ich wünsche Dir viel Erfolg und gutes Gelingen.
 
Da müsste man jetzt mal sehen können, wie das Arrangement aussieht. Keine Oktaven? Das glaube ich eher nicht. Was ich meinte, ist, es gibt keine Alternative zur Mondscheinsonate. Aber ein leichtes Arrangement der Mondscheinsonate wäre schon schön. Damit ich das nicht alles selbst austüfteln muss. :001:
Jetzt habe ich mir mal das Inhaltsverzeichnis meines Links angesehen. Welch eine Enttäuschung! Da präsentiert der Herr Heumann in diesem Band wohl tatsächlich eine "Originalversion" des ersten Satzes von Op. 27/2. Das hatte ich nicht erwartet!:-(

Aber anscheinend gibt es doch eine Heumannsche "Bearbeitung" der Mondscheinsonate:

https://de.schott-music.com/shop/heumanns-pianotainment-no302822.html

100 leichte Klavier-Hits von Beethoven bis Lady Gaga :super::super::super:

 
Ich staune ja irgendwie über die Leidensbereitschaft von Klavier-Amateuren. [...]

Ganz ehrlich - ich hätte NIE, NIE, NIE im Leben Bock darauf, ein Hobby auf eine derartige Weise auszuüben. Spätestens nach 3, 4 solcherart erkämpfter und wieder verlorener Stücke würde ich entnervt das Handtuch werfen. (Nicht dass mir persönlich so etwas passieren könnte - tatsächlich sind mir sowohl so eine tunnelartige Fixierung auf etwas als auch so ein Verlorengehen erworbener Fähigkeiten gänzlich fremd.)

Wer tatsächlich keine Zeit dazu hat, neben dem aktuellen Stoff andere Stücke zu spielen und so ein gewisses Repertoire aufrechtzuerhalten (und so in der Lage zu sein, einfach mal ein bisschen zu SPIELEN), sollte es meiner Meinung nach einfach sein lassen und sein Geld und seine Zeit in sinnvollere Unternehmungen stecken.

Und ich frage mich regelmäßig, warum das Motto "Leben und leben lassen!" für viele Menschen so schwer ist zu beherzigen! 🤔

Auf der anderen Seite hast du natürlich Recht. Das ist ja genau der Grund, aus dem viele Hobbyspieler nach Jahren unzufrieden werden, wie man hier in diversen Fäden lesen kann.

Ich persönlich mag das auch nicht. Ich mag das zu frühe Weglegen von Stücken und auch das Stücke in der Versenkung verschwinden lassen nicht. Ich hole weggelegte Stücke gerne wieder hervor, weil es einfach toll ist, wenn man erfahren kann, dass Dinge, die einem vor Monaten noch sehr schwer gefallen sind, plötzlich leicht oder zumindest leichter fallen.

Eine andere äußerst hilfreiche Erfahrung mache ich gerade mit dem Improvisieren. Ich benutze das Buch von Cornelia Malecki "Improvisieren am Klavier im Stil von New Classics und Filmmusik" (wirst du wieder verreißen, aber ich find's gut). Das wirkt sich tatsächlich positiv auf alles andere aus, schränkt meine privaten Stücke neben dem Klavierunterricht zwar aktuell etwas ein, aber alles gleichzeitig bringt ja auch nichts!
 
Ja, darauf müsste ich auf jeden Fall mehr achten. Aber es ist eben so, dass man die Hände immer wieder spreizen muss für die nächste Oktave. Das ergibt dann zum Schluss schon eine ganze Menge Spreizungen, die man nicht vermeiden kann.

Es gibt da eine tolle Übung für Daumen und kleinen Finger. Fange mit dem kleinen Finger der linken Hand auf dem tiefsten C an und spiele dann das nächste C mit dem Daumen dazu. Dann übernimmst du das C vom Daumen mit dem kleinen Finger und spielst anschließend die nächste Oktave, übernimmst wieder mit dem kleinen Finger und so weiter bis zum Ende der Klaviatur. Du kannst so automatisch nicht dauerspreizen, denn das ist ja genau die Ursache für Verkrampfung und Schmerzen. Das kannst du dann mit allen D's, E's und so weiter machen und ebenso spiegelbildlich mit der rechten Hand.
 
Ich staune ja irgendwie über die Leidensbereitschaft von Klavier-Amateuren.
Da kannst Du mal sehen, wie wichtig anderen Menschen die Musik ist. :006:
Vielleicht kannst Du das nicht nachvollziehen, weil Du Dein ganzes Leben lang Musik gemacht hast und nie davon abgehalten wurdest? Durch einen Job, der 16 Stunden oder mehr Deines Tages verbraucht hat (jeden Tag, auch am Wochenende), und das über Jahrzehnte. Durch Krankheiten, die Dich so schwach gemacht haben, dass Du kaum einen Finger heben konntest? Durch Unfälle mit gebrochenen Armen und Beinen, von denen Du Dich erst monate- oder jahrelang erholen musstest?

Offenbar ist Dir das unbekannt, denn so, wie Du Dich äußerst, weißt Du gar nicht, was Leiden IST. Wirkliches Leiden hat mit den Schmerzen, die ich jetzt beim Klavierspielen habe, nichts zu tun. Das ist pipifax, so ein bisschen Schmerzen in den Händen. Solange ich noch spielen kann. Rheuma ist eben Rheuma. Aber wenn man gesund ist, kann man sich das nicht vorstellen. Deshalb kann man aber doch nicht sein ganzes Leben aufgeben. Soll ich mich deswegen jetzt umbringen, weil ich so viele Dinge nicht tun kann, die für Dich anscheinend selbstverständlich sind?

Ich habe diese Schmerzen schon, seit ich ein Kind war. Hätte ich deshalb auf jegliche Ausbildung, auf jeglichen Beruf, auf jegliches Hobby verzichten sollen?

Nur weil Du keine Geduld hast, weil Du so privilegiert bist und anscheinend pumperlgesund durchs Leben geschwebt bist, nie irgendwelche Schwierigkeiten hattest und alles einfach so machen kannst, was Du willst?

Das ist schon ziemlich arrogant, findest Du nicht? Jeder Mensch hat das Recht darauf, sein Leben so zu leben, wie er will. Und wie er kann. Aber nicht jeder Mensch ist so privilegiert wie Du und hat dabei nicht mit irgendwelchen Schwierigkeiten zu kämpfen, mit Schmerzen oder Hindernissen.

Ich habe mir mein Leben lang gewünscht, Klavierspielen zu lernen. Aber meine Familie war zu arm. Deine Familie war anscheinend reich genug, Dir ein Klavier zu kaufen und Klavierunterricht zu bezahlen. Meine nicht. Aber jetzt, im Alter, habe ich das Geld. Meine Gesundheit macht nicht hundertprozentig mit, aber davon lasse ich mich nicht abhalten.

Es leben nicht alle Menschen im Schlaraffenland wie Du anscheinend, wo Dir die gebratenen Tauben in den Mund fliegen. Manche Menschen müssen hart dafür arbeiten. Aber ich habe immer gern gearbeitet. Das macht mir nichts aus. Nur auf der faulen Haut liegen und sich nicht anzustrengen (was vielleicht Dein Ideal ist) würde mich total fertigmachen.

Üben viele Wochen an einem Stück, um es dann leidlich draufzuhaben.
Und warum nicht? Ich trete ja nicht auf. Was soll daran schlimm sein? Perfektionismus ist wie gesagt Zeitverschwendung auf gewissen Gebieten. Das ist die Erfahrung eines langen Lebens einer früheren Perfektionistin. :002:

Anschließend fällt es dann der Vergessenheit anheim, weil man ein anderes Stück lange übt. Will man es nach Monaten nochmal spielen, müsste man es erstmal wieder eine ganze Zeit lang üben.
So ist es ja nicht. Natürlich kann man nicht alles im Kopf behalten (obwohl ich ein sehr gutes Gedächtnis habe), aber man merkt doch, dass man etwas schon einmal geübt hat. Verglichen mit einem neuen Stück, das man noch nie gespielt hat. Da ist einiges vorhanden, und dann ist es auch schnell wieder da. Anscheinend weißt Du nicht, wie das funktioniert. Das ist ein ziemlich normaler Vorgang.

Ganz ehrlich - ich hätte NIE, NIE, NIE im Leben Bock darauf, ein Hobby auf eine derartige Weise auszuüben. Spätestens nach 3, 4 solcherart erkämpfter und wieder verlorener Stücke würde ich entnervt das Handtuch werfen.
Dann hast Du einfach kein Durchhaltevermögen. :001: Und nur weil Du keine Lust dazu hast, Dich anzustrengen, soll ich sie auch nicht haben?

Ich frage mich, ob Du Dir je in Deinem Leben schon einmal etwas erkämpfen musstest. Deine Aussagen klingen so, als wäre Dir immer alles in den Schoß gefallen und vorn und hinten reingestopft worden. Wenn einem etwas wichtig ist, wenn man wirklich dafür brennt, dann kämpft man auch dafür. Brennst Du denn für gar nichts, wofür Du Dir ein bisschen Mühe geben würdest? Sitzt Du immer nur da und wartest darauf, dass alles Dir zufliegt? Und wenn es das nicht tut, gibst Du Dir nicht die geringste Mühe, es trotzdem zu lernen?

Wer tatsächlich keine Zeit dazu hat, neben dem aktuellen Stoff andere Stücke zu spielen und so ein gewisses Repertoire aufrechtzuerhalten (und so in der Lage zu sein, einfach mal ein bisschen zu SPIELEN), sollte es meiner Meinung nach einfach sein lassen und sein Geld und seine Zeit in sinnvollere Unternehmungen stecken.
Klar. Ich bin ein hochmusikalischer Mensch, aber ich sollte das aufgeben, weil der hochgeborene Herr Hasenbein meint, das ginge so nicht. :004: Nur weil Du es anders machst oder anders machen würdest. Ist Dir schon mal aufgefallen, dass es so um die 8 Milliarden Menschen auf der Welt gibt und dass jeder - jeder einzelne - seine eigene Art hat, sein Leben zu leben oder seine Hobbys auszuüben? Und dass es nur einen einzigen Herrn Hasenbein gibt, der es so macht, wie Herr Hasenbein es macht. :006: Ich glaube, Du bist eindeutig in der Minderheit. :005:

Du hast eine völlig falsche Vorstellung davon, wie das bei mir oder bei anderen abläuft. Du siehst nur Dich selbst. Und Du meinst, jeder müsste die Welt so sehen wie Du und alles so machen, wie Du es für richtig befindest. Das geht aber weit an der Realität vorbei.

Ich habe gerade einmal wieder vor einigen Monaten angefangen zu spielen. Zum ersten Mal in meinem Leben die Zeit gehabt, jeden Tag zu üben. Es sei denn, ich war krank. Was aber glücklicherweise nur kurz der Fall war. Und unter diesen Umständen bin ich sehr zufrieden, denn jetzt, nach ca. 4-5 Monaten, fängt es richtig an zu laufen. Ich merke, wie mir alles leichter fällt, wie alles schneller geht.

Und das schon nach dieser kurzen Zeit. Wer weiß, wo ich in ein, zwei oder drei Jahren bin, wenn das so weitergeht? Aber wenn ich wie Du schon bei der kleinsten Schwierigkeit das Handtuch geworfen hätte, dann wäre ich nirgendwo hingekommen. Dann hätte ich nämlich schon nach den ersten Wochen wieder aufgegeben. Da hatte ich solche Schmerzen, dass ich nicht mal mehr etwas greifen konnte, geschweige denn Klavierspielen.

Wäre ich Du, hätte ich da gesagt: Nee, geht nicht. Ich geb's auf. Ich suche mir was Leichteres.

Aber glücklichrweise bin ich nicht Du :006:, habe Durchhaltevermögen und brenne für die Musik. Und der leichte Weg war noch nie meiner. Deshalb habe ich diese Anfangsschwierigkeiten überwunden und fange nun an, die Früchte zu ernten. Wie bei jeder Sache, die man lernt, braucht es eine gewisse Anlaufzeit. Zumal, wenn man noch mit gesundheitlichen Behinderungen zu kämpfen hat wie ich. Aber wenn einen das davon abhält, sein Leben zu leben und sein Hobby auszuüben, was ist man dann?

Ein ziemlich armer Mensch, würde ich sagen.
 
Ich weiß jetzt nicht genau, was Du meinst. Es würde Dich wundern, wenn ich es auswendig spielen könnte? Oder es würde Dich wundern, wenn ich es nicht auswendig spielen könnte?

Was ich jetzt schon feststelle, ist, dass ich einiges auswendig kann, ohne mich richtig darum bemüht zu haben, es auswendig zu lernen. Und gewisse Stücke wie beispielsweise das Bach-Präludium oder auch dieser erste Satz der Mondscheinsonate laufen ja mit den Arpeggios so strukturiert ab, dass man sich die Akkorde gut merken kann und die Abfolge der Akkorde. Das erleichtert das Behalten der Stücke sehr.
 

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