Verbaut mir ein Digitalpiano eine gute pianistische Entwicklung?

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Musicus

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Hallo zusammen,

ich möchte mit dieser Frage nicht zum X-ten Male einen "Glaubenskrieg" auslösen, den es eh nicht zu gewinnen gibt. Ich stelle mir, obwohl oder gerade weil ich noch am Anfang meiner Entdeckungsreise am Klavier stehe, jedoch die aufgeworfene Frage nun jedoch schon seit einiger Zeit.

Ich habe im Juli 2009 mit Klavierunterricht begonnen und habe mich zu dem Zeitpunkt dafür entscheiden, mir ein digitales Piano zuzulegen (Clavinova CLP 370) und zwar insbesondere aus folgenden Gründen:

- ich wollte mich gerade für die Testphase, ob das Klavier etwas für mich ist, in einem überschaubaren finanziellen Rahmen bewegen (und da waren mir Silentklaviere bspw. schlichtweg zu teuer)
- unter mir wohnen unfassbar sensible Nachbar
- ich hatte und habe bescheiden wenig Ahnung was für ein "richtiges" Klavier wohl das richtige für mich wäre

Im Grunde genommen bin ich mit dem Ding auch recht zufrieden und mein Klavierlehrer ist es mit meiner bisherigen Entwicklung soweit auch, also kann es bis hierhin ja nicht ein vollkommen ungeeignetes Instrument sein.
Jedoch stelle ich mir wie gesagt die Fragen, ob mir diese Form des Klavieres etwa

- Teile pianistischer Entwicklung gänzlich verbaut (wobei diese Frage wohl eher perspektivisch zu sehen ist)
- Bestimmte Entwicklungen "versaut" (Anschlag, Klanggestaltung, etc)
- dazu führt, dass ich für das Erreichen eines bestimmten Levels mehr Aufwand aufbringen muss, weil das Instrument möglicherweise "suboptimal" ist

Wenn ich beim Unterricht am Flügel meines Klavierlehrers sitze, dann habe ich auf der einen Seite zwar Probleme, weil dieses Instrument ganz anders auf mein Spiel reagiert und eine Klanggestaltung ermöglicht die ich daheim nicht habe und auch eine ganz anderes Anschlagsverhalten hat...usw
Nun weiß ich aber auch, dass ich im speziellen noch ganz andere Probleme habe, die eigentlich nichts mit der Art des Klaviers was ich zuhause habe zu tun hat
- ich bin Anfänger und da liegt es wohl in der Natur der Sache, dass ich einfach noch nicht sicher genug bin, egal welche Form von Flügel oder Klavier
- es ist eine Vorspielsituation und die verschärft den vorgenannten Punkt

Daher möchte ich gerne auf diesem Wege einen Gedankenaustausch anregen, der auf möglichst objektivem Wege Erfahrungen derjenigen hier zusammenbringt, die entweder selbst hinreichend mit einem Digitalpiano gearbeitet haben oder es nach wie vor tun, bzw. von einer zeitlich ausreichenden Beobachtung Digitalpiano-Spielender und deren Entwicklung berichten können.
Ich vermute, dass es vielleicht durchaus Mehrere gibt die sich in meiner oder ähnlicher Situation befinden und denen es helfen würde fernab einer Schwarz-Weiß-Diskussion "Digital oder Akustisch" darüber Infos zu bekommen.

Für mich gibt es im Grunde einen Idealzustand: Einen Flügel.
Das Leben besteht jedoch nunmal auch regelmäßig aus Kompromissen. Mir geht es nur darum, ob das im Grunde eine Sache ist, die einen erst ab einem bestimmten erreichten Niveau interessieren muss oder ob es schon auf dem Wege dahin die genannten Probleme aufwirft...

Über Feedback und einen konstruktiven Austausch würde ich mich sehr freuen

Es grüßt
Musicus
 
Hallo musicus,
meine rein persönliche Meinung zu Deiner Fragestellung:
ich finde nicht, daß das Üben und Lernen auf dem digitalen Piano (Clavinova 370) negative Auswirkung auf dein Spiel auf einem sogenannten "normalen" Klavier beeinträchtigen kann, und hier noch ein Link, der dies untermauert:
http://yamaha-clavinova.de/clavinova-warum
Viel Freude am Lernen und Spielen
Michael
 
"Das Interessante dabei ist, dass ein Clavinova oft sogar besser klingt als ein durchschnittliches Klavier."
Das ist ja gerade das Problem. Ein Digitalpiano klingt immer schön, egal wie man den Ton anschlägt. Bei einem Klavier muss man erst herausfinden, durch welche Bewegung ein Ton schön gemacht wird.

"Vom ersten Tage an spielen Sie und Ihr Kind so an einem gleichwertigen Klavierersatz mit einem Anschlag, der grundlegend einem echten Klavier gleicht."
Stimmt schon mal gar nicht. Ich hab ein Clavinova und ein Klavier. Der Anschlag am Klavier ist ganz anders.

Diese Seite stammt vom Hersteller selbst. Würde ich mir gar nicht erst durchlesen.

Ich mache es immer so, weil ich in einer Mietswohnung wohne: Erst lerne ich ein Stück auf dem Clavinova auswendig, dann gehe ich ans Klavier und spiele es und verbessere die Einzelheiten.
 
"Das Interessante dabei ist, dass ein Clavinova oft sogar besser klingt als ein durchschnittliches Klavier."
Das ist ja gerade das Problem. Ein Digitalpiano klingt immer schön, egal wie man den Ton anschlägt.

Ja, das sehe ich genauso. Wenn man nur auf einem Digipiano übt, egal welche Marke, dann wird man sehr frustriert sein in dem Moment, wo man an einem richtigen akustischen Instrument sitzt. Dort klingts dann nämlich ganz grauslig, und das liegt nicht nur daran, daß akustische Instrumente immer auch ein bißchen verstimmt sind ;)

Davon abgesehen finde ich aber nicht, daß Digipianos einem irgendetwas "verbauen". Viele Aspekte des Klavierspiels sind erstmal unabhängig vom Instrument: Notenlesen, Handhaltung, Fingersatz, Rhythmus, Dynamik, Artikulation, Agogik, Pedal, musikalischer Vortrag allgemein.

Aber man hat halt ein Defizit in Bezug auf die Klanggestaltung. Wenn man also nicht nur so ein bißchen klimpern will, sondern ernsthaft (klassische) Musik machen will, kommt man früher oder später um die Anschaffung eines akustischen Instruments nicht herum.

Und btw. macht das Üben auf einem akustischen Instrument auch viel mehr Spaß :)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Musicus,
ich habe da relativ deutliche Erfahrungen.
Die meisten Klavierspieler und Schüler, die ich bisher getroffen habe,
hatten Motivationsprobleme, wenn sie über längere Zeit ausschließlich
auf E-Pianos gespielt und geübt haben. Außerdem stellte sich eine bestimmte Art von Klangsinnigkeit selten ein. Letzteres trifft natürlich hauptsächlich auf klassisches Klavierspiel (Jazz ist hier eingeschlossen) zu.
Wenn diese Leute dann z.B. mal auf einem guten Instrument gespielt haben, war das immer wie eine neue Welt.
Ich glaube am Anfang merkt man das auch noch nicht so und es hängt auch
stark davon ab, auf welchem Niveau man schon ist, wenn die eigene Klangvorstellung schon weiter entwickelt ist.
Ich selbst habe auf Reisen hin und wieder Fingersätze auf solchen Geräten gemacht, wenn es keine anderen Möglichkeiten gab.

Ich würde ein Instrument einem Gerät in jedem Fall vorziehen.

Beste Grüße
Claudius
 
Hi Musicus,
natürlich ist der Anschlag "anders"... aber... setz dich mal in einem Klaviergeschäft an 10 unterschiedliche Klaviere... da wirst Du feststellen, dass der Anschlag dort auch bei jedem Instrument "anders" ist und manchmal gravierend anders. Nimm im Vergleich zu Deinem CLP 370 mal einen neuen Yamaha-Flügel, dort wird der Anschlag wahrscheinlich sehr ähnlich sein.
Ich wechsle täglich, je nach Uhrzeit, von einem CLP 170 auf einen kleinen Ibach-Flügel... nach einer kurzen Umgewöhnungzeit ist das gar kein Problem.
Ich vergleiche das immer mit verschiedenen Autos. Da ist das Grundprinzip und die Bedienelemente auch gleich und trotzdem... muss man sich an jedes Fahrzeug neu gewöhnen.
Vielleicht noch ein Tip: Ich habe bei meinem CLP die Anschlagskurve auf "hard" stehen, damit komme ich am besten klar. Und ich stelle das Digi immer auf eine grosse Lautstärke (so, dass bei einem FF nahezu Maximallautstärke erreicht wird)... nur so kann man wirklich dynamisch spielen und das Laut-/Leise-Spiel entspricht dem eines Klavieres. Sollte es dann für die Nachbarn zu laut sein... Kopfhörer :-D
 
also ich übe in der letzten zeit hauptsächlich auf einem yamaha p60 und bin schon relativ weit fortgeschritten (spiele 12 jahre). der anschlag ist auf dem teil schon sehr ander als an nem flügel und die tasten sind ungewöhnlich tief (aber das ist wohl eher als vorteil zu werten?!).
auf jeden fall erreiche ich auf diesem ding oftmals NICHT den gewünschten klang (der bspw. durch spezielles anschlagen einer taste erzielt wird).

was haltet ihr überhaupt von diesem e-piano?
 
Die Themen Anschlag und Klang sind ja schon angesprochen worden.
mich ödet das Handling und der Klang eines Digitalpianos total an, ehrlich gesagt. Da ist kein Leben drin. Für mich ist ein Digitalpiano nur fürs Grobe geeignet. Und wenn die Nachbarn zu lästig werden.:rolleyes:
Ich könnte glatt die Lust am Klavierpielen verlieren, wenn ich nur ein Digi hätte.
PianoAktiv, "Gerät" ist eine treffende Bezeichnung, da kann man dran technische Übungen machen, aber keine Musik. Es wird ja erst interessant, wenn man mit Klangfarben und Anschlagsarten experimentieren kann.
 
Hallo Musicus; auch ich spiele erst knapp 2 1/2 Jahre. Ich habe das Glück, verschiedene Instrumente (Digi, Flügel, Klavier) nutzen zu können und möchte Dich beruhigen - aus meiner Sicht verbaust Du Dir nichts. Ich gehe mit Basti 100% konform. Nach kurzer Umgewöhnungszeit (nicht 10 min!!!) wirst Du jedes "echte" Instrument als Bereicherung empfinden und dort auch adäquat spielen - mit einer Ausnahme: Beim Pedal wirst Du vermutlich länger mit der Umgewöhnung brauchen. Aber auch das ist nicht so tragisch, weil die "on-off, evtl. noch mittel"-Schaltung am Digi eigentlich zu sehr akkuratem Pedaleinsatz erziehen sollte. Und etwas akkurates "weicher" zu machen, ist definitiv einfacher, als aus "verschwiemeltem" Pedalspiel ein sauberes hinzukriegen.

Also, hau rein!
 
Hallo zusammen und vielen Dank bis hierhin für die Resonanz!



Hi Musicus,

das ist ein wichtiges Thema. Wie sooft kommt es auch auf Deine Ziele und Ambitionen an. Mit dem akustischen K bist Du immer auf der sicheren Seite. Aber lästige Nachbarn sind auch eine großes Übel. Auch wenn sie da rechtlich nichts machen können, wenn Du die Ruhezeiten beachtest. Wo solls denn pianistisch hingehen?

Ich würde mich als ambitionierten (angehenden) Hobbypianisten bezeichnen. Ich werde also nicht nach einer zweiten Karriere als Konzertpianist streben, aber auf der anderen Seite betreibe ich schon viel Aufwand und habe schon das Ziel, primär in der Klassik, soweit wie möglich zu kommen.

Zitat von GSTLP:
natürlich ist der Anschlag "anders"... aber... setz dich mal in einem Klaviergeschäft an 10 unterschiedliche Klaviere... da wirst Du feststellen, dass der Anschlag dort auch bei jedem Instrument "anders" ist und manchmal gravierend anders. Nimm im Vergleich zu Deinem CLP 370 mal einen neuen Yamaha-Flügel, dort wird der Anschlag wahrscheinlich sehr ähnlich sein.

Ja, das ist mir klar. Der Unterschied zu dem (Bechstein)Flügel meines KL ist ebenfalls eine Welt: Zum einen haben die Tasten auf diesem Flügel zwar einen geringeren Widerstand (d.h. ich lege die Finger drauf und wo ich zuhause noch etwas "ablegen" kann, betätigt dort dieser Druck schon die Taste), benötigt dann aber wiederum einen höheren Druck um einen mit meinem Clavinova vergleichbar lauten Ton zu erzeugen. Das bringt mich, additiv zu meiner dann gegebenen Nervosität und musikalisch-technischer Unzulänglichkeit hin und wieder schon zu Verzweiflung...

Zitat von ubik:
Das ist ja gerade das Problem. Ein Digitalpiano klingt immer schön, egal wie man den Ton anschlägt. Bei einem Klavier muss man erst herausfinden, durch welche Bewegung ein Ton schön gemacht wird.

100% Zustimmung. Ich finde den Ton eines Digitalpianos auch schlichtweg steril.
Aber mit derartigen Punkten kann ich leben, weil ich es einordnen kann und ich weiß, dass das Ding was ich gerade traktiere nicht die finale Anschaffung sein wird...
nicht leben könnte ich mit einer späteren Situation in der ich merke, dass irgendwelche Punkte in meiner Entwicklung negativ aufstoßen, die nichts mit meinem Status als Lernender zu tun hat, sondern in den Unzulänglichkeiten des Instruments bedingt ist.

Mein KL erzählte mir z.B. zum Thema Technik: Er hätte schon Klavierschüler gehabt die schon seit einigen Jahren Unterricht genossen hätte, aber in bestimmten technischen Details schon so weit den "falschen" Weg (damit ist jetzt nicht das Digitalpiano gemeint!) eingeschlagen hätten, dass es nur noch sehr schwierig rauszukriegen sei und in einigen Fällen sogar in eine endgültige Sackgasse geführt hat.

Etwas derartiges oder auch nur annäherndes möchte ich einfach (so gut es geht) ausschließen und mir nicht irgendwelche Flausen von hartnäckigen Pauschalaussagen-Vertretern a la "Digis sind Dreck" Gedanken in den Kopf setzen lassen, sofern sie hinsichtlich meiner Bewertungsmaßstäbe nicht inhaltlich und fundamental begründet sind, bzw. sich objektiv erhärten lassen.

Zitat von fisherman:
Hallo Musicus; auch ich spiele erst knapp 2 1/2 Jahre. Ich habe das Glück, verschiedene Instrumente (Digi, Flügel, Klavier) nutzen zu können und möchte Dich beruhigen - aus meiner Sicht verbaust Du Dir nichts. Ich gehe mit Basti 100% konform. Nach kurzer Umgewöhnungszeit (nicht 10 min!!!) wirst Du jedes "echte" Instrument als Bereicherung empfinden und dort auch adäquat spielen - mit einer Ausnahme: Beim Pedal wirst Du vermutlich länger mit der Umgewöhnung brauchen. Aber auch das ist nicht so tragisch, weil die "on-off, evtl. noch mittel"-Schaltung am Digi eigentlich zu sehr akkuratem Pedaleinsatz erziehen sollte. Und etwas akkurates "weicher" zu machen, ist definitiv einfacher, als aus "verschwiemeltem" Pedalspiel ein sauberes hinzukriegen.

Also, hau rein!

Danke fisherman!

*offtopic* ich finde deine Beiträge immer besonders erfrischend authentisch und ehrlich..Daumen hoch dafür!


Es grüßt
Musicus
 

Hallo Musicus,
noch ein kurzer Hinweis zu fishermans Post... um das Pedal bei Deinem Digi so nah wie möglich ans "Original" zu bekommen, solltest Du das Sustainsample bis zum Anschlag aufdrehen. Bei Yamaha Digis (vielleicht ist es bei anderen auch so) ist das Pedal eigentlich nicht wirkungsvoll genug. Aber das 370er hat ein extra Sustainsample und wenn Du das auf das Maximum setzt, kommt Du schon der Wirkung eines richtigen Pedals recht nahe. Jedenfalls wird es dann bei zu viel Pedaleinsatz schön unangenehm "breiig". Ausserdem würde ich beim Spielen über Lautsprecher grundsätzlich auf Hall verzichten... das "verschönt" auch zuviel und behindert einen, "präzises" Spielen zu erlernen.
 
Hallo Musicus,
ich habe da relativ deutliche Erfahrungen.
Die meisten Klavierspieler und Schüler, die ich bisher getroffen habe,
hatten Motivationsprobleme, wenn sie über längere Zeit ausschließlich
auf E-Pianos gespielt und geübt haben. Außerdem stellte sich eine bestimmte Art von Klangsinnigkeit selten ein. Letzteres trifft natürlich hauptsächlich auf klassisches Klavierspiel (Jazz ist hier eingeschlossen) zu.
Wenn diese Leute dann z.B. mal auf einem guten Instrument gespielt haben, war das immer wie eine neue Welt.
Ich glaube am Anfang merkt man das auch noch nicht so und es hängt auch
stark davon ab, auf welchem Niveau man schon ist, wenn die eigene Klangvorstellung schon weiter entwickelt ist.
Ich selbst habe auf Reisen hin und wieder Fingersätze auf solchen Geräten gemacht, wenn es keine anderen Möglichkeiten gab.

Ich würde ein Instrument einem Gerät in jedem Fall vorziehen.

Beste Grüße
Claudius

Hier hat PianoAktiv/Claudius einige Punkte angesprochen, die ich als langjähriger Digispieler auch so an mir selbst beobachtet habe.
  • Motivationsprobleme. Ich hatte zwar nie völlig fehlende Motivation. Daher will ich es von der anderen Seite her sagen: Erst als ich wieder regelmäßig an echten Instrumenten geübt habe, wurde mir wieder bewusst, wie stark ich mich eigentlich fürs Klavierspielen motivieren kann. Dieses Gefühl hatte zwischenzeitlich nachgelassen.
  • Das Gefühl von Klangsinnigkeit (übrigens sehr gut, dieses Wort!). Das hat für mich viel mit der genannten Klanggestaltung zu tun, die an einem Digi nunmal nur eingeschränkt möglich ist. Nachdem ich nach längerer Zeit Digi-Spielen wieder an einem echten Klavier spielte, hatte ich das Gefühl, dass mir meine Klangsinnigkeit ziemlich verloren gegangen war. Mein Spiel kam mir plötzlich so "vergröbert" vor. Aber es verfeinerte sich dann auch wieder durch regelmäßiges Üben am echten Instrument.
  • "...wie eine neue Welt..." Dieses Gefühl kenne ich sehr gut! Das war so, als ob ich lange Zeit nur eingeschränkt atmen konnte und plötzlich wieder freie und tiefe Atemzüge machen kann.
So weit meine Erfahrungen. Es gibt einige Vorteile von Digitalpianos, aber rein aus musikalischer Perspektive sind meine Präferenzen eindeutig. Ich halte es auch für sehr wichtig, das gerade Anfänger möglichst viel an echten Klavieren spielen, weil das alles in die musikalische Entwicklung einfließt.

Grüße von
Fips
 
Bisher kein Glaubenskrieg und ein paar spitze Bemerkungen kann man ja überlesen ;)

- Teile pianistischer Entwicklung gänzlich verbaut (wobei diese Frage wohl eher perspektivisch zu sehen ist)

Verbauen kannst du dir mit dem Digitalpiano nur etwas, wenn du auf immer und ewig dabei bleibst.

- Bestimmte Entwicklungen "versaut" (Anschlag, Klanggestaltung, etc)

Denke ich nicht. Man lernt den Anschlag nicht so detalliert, wie am akkustischen Instrument, aber das kann man ja später nachholen.

- dazu führt, dass ich für das Erreichen eines bestimmten Levels mehr Aufwand aufbringen muss, weil das Instrument möglicherweise "suboptimal" ist

Ja, ab einem bestimmten Level mußt du mindestens einen Mehraufwand an Geld einkalkulieren, um dir ein gutes akkustisches Instrument zu kaufen.

Eigentlich wurde ansonsten schon alles gesagt. Ein Digitalpiano kommt einem akkustischen Klavier oder Flügel wesentlich näher als eine Orgel oder ein Keyboard, und das nicht nur klanglich sondern auch beim Spielgefühl. Allerdings gibt es einige Beschränkungen, die ein akkustisches Instrument nicht hat:

- Es steht nur eine begrenzte Anzahl von Klangfarben zur Verfügung

- Das Haltepedal hat bei vielen neueren Digitalpianos immerhin drei "Stellungen", nämlich "aus", "halb" und "voll", bei älteren Modellen gibt es fast nur "an" und "aus". Bei akkustischen Instrumente kann man das Pedal stufenlos benutzen und das ist später für eine differenzierte Spielweise sehr wichtig. Das geht so weit, daß man bei diffizileren Stücken am Digitalpiano eine ganz andere Pedaltechnik benötigt.

- Die Lautstärke von Digitalpianos läßt meistens zu wünschen übrig. Deswegen hört man Nuancen nicht so gut (weniger Nuancen heißt ja nicht "keine Nuancen") und lernt deshalb nicht so gut, sie zu kontrollieren.

- Der immerschöne Ton wurde ja schon erwähnt und auch die Konsequenz für das Lernen des Anschlags. Darpüber hinaus können "falsch" angeschlagene Töne auch sehr wirksam und interessant sein, die gibt es aber bei Digitalpianos nicht.

Ich denke, ein Digitalpiano reicht dann nicht mehr aus, wenn man wirlich anfängt, am Klang zu arbeiten. Es ist dann zwar noch nicht sinnlos, man braucht aber immer häufiger ein akkustisches Klavier oder Flügel, um Erfahrungen zu sammeln, was überhaupt möglich ist. Auf einem Digitalklavier kann man zum Beispiel einfach drauflos hämmern und es klingt immer noch "rund". Ein Klavier oder Flügel wird mit einem harten Ton reagieren, der auch mal gewollt sein kann, es ist aber vor allem wichtig, diesen zu vermeiden. Zwar reagiert jedes Instrument ein bischen anders, aber man muß den Sinn dafür schärfen und das geht eben überhaupt nicht mit einem Digitalpiano. Und zwischen hartem und weichen Klang liegen noch Welten, die man am Klavier auch noch hat, am Digitalpiano aber nicht.

Es hört aber nicht damit auf, daß man statt auf einem Digitalpiano auf einem Klavier spielt. Auch akkustische Instrumente unterscheiden sich sehr in der Sensibilität für die Klangerzeugung und mit steigendem Ansruch benötigt man auch bessere Instrumente. Der Schritt vom Digitalpiano zu einem durchnittlichen Klavier ist aber der dramatischste. Ein schlechter Pianist klingt auf einem fantastischen Konzertflügel kaum besser als auf einem einfachen Kleinklavier und ein guter Pianist holt auch aus einem einfachen Instrument noch viel heraus.
 
um das Pedal bei Deinem Digi so nah wie möglich ans "Original" zu bekommen, solltest Du das Sustainsample bis zum Anschlag aufdrehen. Bei Yamaha Digis (vielleicht ist es bei anderen auch so) ist das Pedal eigentlich nicht wirkungsvoll genug. Aber das 370er hat ein extra Sustainsample und wenn Du das auf das Maximum setzt, kommt Du schon der Wirkung eines richtigen Pedals recht nahe. Jedenfalls wird es dann bei zu viel Pedaleinsatz schön unangenehm "breiig". Ausserdem würde ich beim Spielen über Lautsprecher grundsätzlich auf Hall verzichten... das "verschönt" auch zuviel und behindert einen, "präzises" Spielen zu erlernen.

Danke für die Tipps GSTLP!

Auf Hall, genauso wie auf alle andere Effekte, verzichte ich grundsätzlich.
Ich habe auch nochmal nachgeschaut ob ich wirklich ein CLP370 habe (ist aber tatsächlich der Fall:D), nur finde ich darauf keine Einstellmöglichkeit für ein Sustainsample..?!? Naja, gebe aber auch zu, dass ich mich auf das Ding bei Anlieferung wie ein kleines Kind an Weihnachten gestürzt habe und die Bedienungsanleitung eher nachrangige Priorität hatte...werde das dann wohl mal nachholen müssen...

[*]Das Gefühl von Klangsinnigkeit
[*]"...wie eine neue Welt..." Dieses Gefühl kenne ich sehr gut! Das war so, als ob ich lange Zeit nur eingeschränkt atmen konnte und plötzlich wieder freie und tiefe Atemzüge machen kann.

Ja, die Sterilität des Klanges und die daraus drohende Abstumpfung des Spielenden jeglicher Digitalpianos ist für mich unbestritten. Genauso wie klangliche Entfaltungsmöglichkeit auf einem akustischen Instrument...

Wie gesagt, das Ding bei mir daheim ist auch defintiv nicht das Endstadium. Nur wie schnell ich aufgrund Entwicklungsprobleme während des Lernprozesses auf ein akustisches Klavier aufsatteln muss, das ist die Frage die ich mir stelle....

Ich denke, ein Digitalpiano reicht dann nicht mehr aus, wenn man wirlich anfängt, am Klang zu arbeiten.

Hallo Guendola

um das mal als Essenz deiner Meinung herauszugreifen: Ab wann siehst du denn dieses Problem in zeitlicher Hinsicht bei einem Anfänger?
Nach 6 Monaten? 2 Jahren?


Es grüßt
Musicus
 
Wie gesagt, das Ding bei mir daheim ist auch defintiv nicht das Endstadium. Nur wie schnell ich aufgrund Entwicklungsprobleme während des Lernprozesses auf ein akustisches Klavier aufsatteln muss, das ist die Frage die ich mir stelle....
Ab wann siehst du denn dieses Problem in zeitlicher Hinsicht bei einem Anfänger?
Nach 6 Monaten? 2 Jahren?

Hallo Musicus,

ich kann dir berichten, wie's mir ergangen ist:
Ich erprobte meine ersten Schritte auf einem Keyboard, welches ich ausgeliehen hatte. Parallel dazu hatte ich stets die Gelegenheit, an anderem Ort auf einem alten Flügel üben zu können, was mich "entzückte" und worüber ich überaus froh war, da mich die klanglichen Unterschiede beider Instrumente überraschten.

Bereits nach den ersten Monaten meines Klavierspiels war ich mir sicher, dass so schnell wie möglich ein akustisches Klavier her muss. Ich hatte zudem Klavierunterricht auf einem Digitalpiano und war oft frustriert, meine geübten Passagen auf dem Digi nicht gleichwertig vorspielen zu können, als ich es vom Üben zu Hause (am Klavier) gewohnt war. Zeitweise war ich richtig frustriert!

Ich denke, der richtige Zeitpunkt, auf ein akustisches Instrument umzusteigen, ist dann bei dir gekommen, sobald du richtigen Motivationsproblemen nachhängst und du merkst, dass die Lust auf Übeprozesse nachlässt, da der Erfolg ausbleibt.

Vielleicht helfen dir ja meine Überlegungen.
Beste Grüße von Madita
 
Die klangliche Vielfarbigkeit eines mechanischen Instrumentes ist sicher unbestreitbar. Dennoch geht es bei den Digis permanent voran. Modernste High-Ender haben eine sehr gute Tastatur, ein stufenloses Pedal, eine gewaltige Lautstärke mit weitem Dynamkibereich und hervorragendem räumlichen, nicht durch künstlichen Hall erzeugten Klangbild. Berliner sind gerne eingeladen sich davon zu überzeugen. Will man von einem solchen High-End Flügelklang auf ein Klavier umsteigen, hat man schon gewaltige Probleme mit dem Klang eines Klaviers. Ich durfe das neulich gerade erfahren.
 
Will man von einem solchen High-End Flügelklang auf ein Klavier umsteigen, hat man schon gewaltige Probleme mit dem Klang eines Klaviers. Ich durfe das neulich gerade erfahren.

Das liegt aber auch daran, daß man dann nicht gewohnt ist, mit "echtem" Klavierklang umzugehen. Digitalpianos mißt man am besten an Digitalpianos, Klaviere an Klavieren und Flügel an Flügeln.
 
Das liegt aber auch daran, daß man dann nicht gewohnt ist, mit "echtem" Klavierklang umzugehen.

Es ging mir nicht um die ungewohnte Formbarkeit des Klangs eines mechanischen Instruments, sondern nur um den Klang selbst.

Digitalpianos mißt man am besten an Digitalpianos, Klaviere an Klavieren und Flügel an Flügeln.

Messen ist ein unglücklich gewähltes Wort. Warum sollte man jedoch nicht z.B. den Klang eines Flügels mit dem eines Klaviers vergleichen?
 

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