Ich kenne nur den Orgeldienst für evangelische Gottesdienste, für "normale" und Abendmahlgottesdienste.
Mich würde interessieren, wie insbesondere die Liturgie in einer kath. Messe abläuft aus Orgelsicht. Aber auch, ob ihr Unterschiede zwischen der Liedbegleitung, Intonation oder auch Auswahl der Stücke zu Beginn und am Ende der "Veranstaltung" ausmacht gegenüber einem ev. Gottesdienst mit Orgelbegleitung?
Halli Hallo,
hier meine ganz persönlich fest gemachten Unterschiede. Ich bin (angehender) katholischer Kirchenmusiker.
Katholischer Orgeldienst wird schlechter bezahlt. Gleichzeitig hatte ich oft das Gefühl, dass beim "evangelischen" Orgeldienst mehr vom Organisten verlangt wird. Ich wurde zumindest bei Evangelischen immer dazu angehalten, Literatur zu spielen.
Bei 3 (bis 4) regulären Messen pro Woche, plus außerplanmäßigen Diensten, wie Sterbeämtern, kann meine katholische Gemeinde von mir keine abwechslungsreiche Literatur erwarten, sodass ich Ein- und Auszug grundsätzlich improvisiere.
Orgelspiel zum Schluss der "Veranstaltung" existiert im katholischen Gottedienst wohl nicht... Das Lied zum Schluss ist ein Rausschmeißer (Ite, missa est!!!!), ein Lied zum Auszug der Gemeinde mit oftmals sehr lauten Unterhaltungen über Gott und die Welt. Wirklich zuhören tut mir keiner beim Lied zum Auszug. Sitzen bleiben höchsten 4 Leute (1 davon ist übrigens evangelisch und kennt das nur so...), für die spiel ich dann aber auch schön... ;) Diesen Rausschmeißer empfinden die meisten gar nicht mehr als Musik, sondern verlassen schlagartig mit hohem Lautpegel das Gotteshaus.
Meiner Empfindung nach sind Intonationen zu Liedern im katholischen Gottesdienst kürzer.
Das Eingangslied bezieht sich häufig auf den Inhalt des Evangeliums, oder auch z.B. auf den Eingangsvers. Kyrie wird ganz gern auch mal nur gesprochen, Gloria gesungen. Die 1. Lesung kommt in der Praxis meiner Meinung nach eher selten vor, damit entfällt auch der 1. Zwischengesang (Psalm). Ausnahmen bestätigen die Regel. Es folgt die 2. Lesung mit darauffolgendem Ruf vor dem Evangelium: Hallelujah-Ruf und Hallelujah-Vers. Nach der Predigt kommt das Credo, dass die Gemeinde auch ganz gern in gesungener Form in Form eines Liedes mit Orgel bekräftigt. Zur Bereitung der Gaben wird ein Lied gesungen. Es folgt später als Teil des Hochgebetes das Sanctus-Lied, dass ohne Intonation, meistens dann ja fast "subito", zu begleiten ist. Bringt Probleme mit sich, so dass es einem keiner Übel nimmt, sondern eher begrüßt, wenn eine wirklich gaaanz kurze Intonation vorangestellt wird. Nach dem Vater-Unser folgt das Agnus-Dei.
Ihren nächsten Einsatz hat die Orgel oftmals bei der Kommunionausteilung, da spielt sie meditative Musik "sub communio". Auch hier kenne ich keinen katholischen Kirchenmusiker, der hier strikt Literatur spielt: selbstverständlich wird improvisiert.
Nach der Kommunion folgt später das Dank-Lied, das entweder schon das Schluss-Lied war, oder es folgt ein Marien-Lied...
Die Lieder bilden mit allen anderen Elementen des Gottesdienstes eine Einheit. Das gesungene Wort stellt jedoch das wichtigste dar. Orgel ist nur Mittel zum Zweck. Virtuosität ist daher hier eher fehl am Platz. Einfachste Intonationen und Liedbegleitungen werden lieber gesehen, als groß ausgearbeitete, womöglich auch ausgearbeitete Harmonisierungen und durchkomponierte Vorspiele.
Oftmals hat der Organist auch kleinere Liturgische Wendungen ad hoc zu begleiten. Das "Amen" der Gemeinde, ein Fürbitt-Ruf oder auch mal den Pfarrer spontan beim Singen eines Gesanges mit der Orgel begleiten, wenn seine Stimme abzufallen droht. So kenn ich auch katholische Gemeinden, wo grundsätzlich alles von der Orgel begleitet wird, sogar das Vater-Unser. Gleichzeitig kenn ich Gemeinden, wo soetwas kaum vorkommt. Liegt wohl aber auch daran, dass im Orgelbuch für das Gotteslob die liturgischen Gesänge ausgespart wurden ;D