Unter-/Übersetzen bei Arpeggien über mehrere Oktaven

Z

Zoel

Guest
Ich habe eine technische Frage, zu der ich über die Suchfunktion nichts finden konnte:
Wenn ich schnelle Arpeggien über mehrere Oktaven spiele (z. B. c-e-g, c'-e'-g' usw. mit 1-2-3, 1-2-3 usw.), muss ich ja beim Übergang vom g zum c' einen Daumenuntersatz machen. Sollte dabei der Mittelfinger auf dem g liegen bleiben oder ist es "erlaubt", hier kurz den Kontakt mit den Tasten zu verlieren und mit Pedal zu binden? Ich rede, wohlgemerkt, von wirklich schnellen Arpeggien.

Es gibt z. B. im Grieg-Klavierkonzert in der Kadenz so eine Stelle, wo die linke Hand schnelle Arpeggien rauf und runter spielen muss:
grieg.jpg
Hier fällt es mir schwer, beim Übersetzen (z. B. 1-4, also Daumen-Ringfinger) den Daumen liegen zu lassen und die Hand rotieren zu lassen, ich verliere den Tastenkontakt und binde mit Pedal. Natürlich ist dies ein besonders schwieriges Beispiel, aber ähnliche Dinge tauchen in der Literatur immer wieder auf, ob nun in der linken oder in der rechten Hand. Wie ist damit umzugehen?

Ich hoffe, meine Frage ist verständlich.

LG
Zoel
 
Ich hoffe, meine Frage ist verständlich.

Total verständlich, liebe Zoel (bist du eigentlich männlich oder weiblich? :p )! Bei solchen Arpeggien immer loslassen. Man gleitet praktisch über die Tasten, eine gute Armführung ist wichtig. Ein häufiger Fehler bei solchen Stellen ist, den loszulassenden Ton staccato zu spielen bzw. bewusst abzusetzen. Das führt zu einer unschönen Betonung und die gleitende Bewegung wird gehemmt. Legato hören und denken, einen fließenden Klangteppich ohne Ecken und Kanten sich vorzustellen und von einem Ton zum anderen zu gleiten, ist das Ziel.

Liebe Grüße

chiarina
 
Vielen Dank, chiarina, für deine Antwort.

bist du eigentlich männlich oder weiblich?
männlich :)

Interessant, dass du das schreibst. Ich hatte nämlich mal einen KL, der meinte, dass man das nicht dürfe, das sei "geschummelt" und es müsse auch ohne Pedal legato klingen. Ich habe es trotzdem immer mit Loslassen gemacht und mit Pedal nachgeholfen.
 
Ich würde gerne noch andere Meinungen über dieses Thema hören und erlaube mir deshalb, es nochmal hervorzuholen. Nicht, dass ich an Chiarinas Kompetenz zweifeln würde, aber z. B. der bereits erwähnte KL war anderer Meinung als sie. Hing er einer "Irrlehre" an?
Also, was meinen andere Fachleute (oder auch Amateure) dazu?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Zoel,

Es gibt immer mehrere Möglichkeiten Arpeggien (oder andere technische Hürden)auszuführen, die alle gleich "richtig" oder gleich "falsch" sind.

Jeder Pianist und KL kann hier andere Lösungsansätze haben, die sich alle in einem unterschiedlichen Klang auswirken. Das ist aber auch das Schöne daran. Wenn es nur ein "Richtig" gäbe, würde jeder Pianist gleich klingen.

Probiere verschiedene Möglichkeiten aus, und schaue mit welcher technischen Realisation du deinen Klangvorstellungen am Nächsten kommst.
 
Ich würde gerne noch andere Meinungen über dieses Thema hören und erlaube mir deshalb, es nochmal hervorzuholen. Nicht, dass ich an Chiarinas Kompetenz zweifeln würde, aber z. B. der bereits erwähnte KL war anderer Meinung als sie. Hing er einer "Irrlehre" an?

Nein, hing er nicht, lieber Zoel. Ich müsste aber, um das wirklich umfassend zu erklären, einen Riesenbeitrag schreiben und ich habe dazu - sorry - leider gerade keine Lust (habe ja auch mal Ferien). :p

Nur so viel:

hat dein KL genau diese Stelle gemeint? Wahrscheinlich nicht.

Legato ist nicht gleich legato. Die 16tel, die du oben meintest, sind wie die 32tel oben klein gedruckt. Was soll das aussagen? Vergleiche mal Chopin's Harfenetüde op. 25/1 damit - da kommen die auch vor. Wie sollen sie klingen?

Wenn ich ohne Pedal solche Stellen spiele, hört man keinen Absatz. Man kann nämlich von Taste zu Taste gleiten - dazu sollte die erste Taste sehr langsam hochkommen. Man hört immer einen Absatz, wenn die erste Note zu kurz und/oder zu laut gespielt wird (häufiger Fehler - s. mein erster Beitrag) und das ist natürlich nicht der Sinn der Sache. Manchmal ist auch die zweite Note zu laut. In diesen Fällen sticht die Note im Vergleich zu den sie umgebenden Tönen durch Dynamik und Artikulation heraus und das ist Mist. :D

Entsprechende Stellen, die nicht klein gedruckt sind, finden sich ja zuhauf in romantischer Literatur, aber auch schon bei Beethoven. Ein Beispiel ist dieser Ausschnitt aus der Chopin-Etüde op. 25/11:

clavio chopin.jpgclavio chopin.jpg

Natürlich soll das legato klingen. Dafür muss man es im vorgesehenen hohen Tempo z.B. beim Übergang g'-b' (4-1/ 3.-4. Ton des Beispiels) aber nicht legato spielen. Innerlich legato hören und so legato wie möglich spielen reicht. Dazu gehört, wie oben erwähnt, eine innerlich gehörte und gefühlte dichte Verbindung der beiden Töne sowie der vorhergehenden und nachfolgenden (Kontext) und eine gute Armführung (kein "Abstoßen" vom ersten Ton, wodurch dieser zu kurz und zu laut wird). Dann hört man, lässt man das Pedal weg, tatsächlich im vorgeschriebenen Tempo keinen Absatz. Ich glaube, dein KL wäre zufrieden. :D

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Es gibt sehr, sehr viele unterschiedliche legatos!

P.S.S.: Es kommt also immer auf Klangbild, Kontext, Bedeutung und Tempo der Arpeggien an, in wieweit man sie legato spielen kann.
 
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hat dein KL genau diese Stelle gemeint? Wahrscheinlich nicht.
Doch, seine Aussage mit dem "Schummeln" bezog sich genau auf die Stelle in der Kadenz des Grieg-Klavierkonzerts. Ich kann mich an seine Aussage im Unterricht noch genau erinnern. Er sagte auch, die Hand müsse bei diesen Arpeggien leicht "rotieren" bzw. "kippen". Wie dem auch sei (da ich bei diesem Lehrer sowieso nicht mehr Unterricht habe und es nicht der Sinn der Sache sein kann, seine Aussagen zu beweisen oder zu widerlegen) - ich kann deine Aussagen sehr gut nachvollziehen und werde sie beherzigen. Danke dafür, dein Beitrag ist ja doch ziemlich lang geworden :)
 
Ich greif das Thema heut mal wieder auf, weil ich gerade Probleme mit den Arpeggien über mehrere Oktaven habe. Irgendwie griege ich jedesmal, wenn ich länger an Arpeggien übe, Probleme mit meinen beiden Daumen. Bei Tonleiterunter- und übersetzer hab ich damit nie Probleme aber sobald die Distanz des Über/untergreifens größer wird, wirds schmerzhaft. Jetzt hab ich heute die Bewegung nochmal langsam "angeschaut", aber mir fällt da nichts "fehlerhaft/verkrampftes" auf und als ich das letztes Jahr mal mit meinem KL besprochen hatte (allerdings war das damals nur ein ganz kurzes Arpeggio rechts) ist ihm auch nichts aufgefallen. Ich will meine Daumen allerdings auch nicht unnötig reizen oder schlimmeres... deswegen bin ich ziemlich unsicher. Weiter üben und hoffen, dass es mit der Zeit besser wird? Alle Stücke mit Arpeggien streichen? Oder gibts irgendwelche speziellen Übungen/Bewegungen, wie man das verbessern kann?
 
Ich stimme mit @chiarina ueberein. Beim Untersetzen sollte allerdings eben kein "Sprung" oder "staccato" entstehen, sondern ein Gleiten. Bei einem Arpeggo c-e-g-c'-e'-... mit 123-123 usw. kann man mit dem 3. das g ziemlich lang halten, wenn man die Hand ein klein wenig in der Ebene Hand-Unterarm nach links (innen) dreht. Kommt auf Beweglichkeit und Bau der Hand an. Allerdings ist das unnoetige Festhalten irgendwelcher Toene tatsaechlich oft eine Beschraenkung und fuehrt zu Verkrampfungen. Eigentlich wundert mich ein biszchen, dasz jemand Griegs Klavierkonzert spielt oder spielen will, aber offenbar eine so auf Festhalten basierende Technik gelernt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das beim Grieg-Klavierkonzert gehen soll. Ich habe es selbst gespielt und denke, dasz schnelles Gleiten bei vielen Stellen sehr nuetzlich ist. Durch die grosze Bewegung des (Ober)arms wird die Hand ueber die Tasten gesteuert und "nimmt die Toene quasi im Vorbeigehen" mit. Bei solchen Arpeggien erscheint mir die Steuerung aus dem Oberarm und die Kombination der Bewegungen durch den ganzen Arm bis in die Finger besonders wichtig.
@HappyKlene : "Rammst" Du den Daumen steif in die Tasten? Natuerlich soll der Daumen "gerade" eingesetzt werden, um ein Absinken des Handgelekts zu vermeiden, aber der Daumen darf auf keinen Fall schmerzen, das klingt eben doch nach Versteifung? :denken:
Viele Gruesze,
Jannis
 
Zuletzt bearbeitet:
@jannis
Nein, ich glaube nicht, dass ich den Daumen steif in die Tasten ramme. Also er ist nicht fester als sonst, krallt sich nicht in die Tasten etc... gibt auch keinen Akzent drauf.
Ursache ist glaube ich das Überheben der Hand über den Daumen...
Ich habe 3 Tage an der Scarlatti-Sonate K531 geübt, wo immer wieder links und rechts Arpeggien sind, aber ich spiel das Stück noch in einem sehr ruhigen Tempo und möglichst leicht im Charakter und schwierig sind die Arpeggien von den Noten her ja auch nicht. Aber heute hab ich echt drauf verzichtet, weil der Daumen doch mehr schmerzt als mir lieb ist :-(
 

@HappyKlene
Hmm, leider ist da eine Ferndiagnose nicht moeglich. Ich weisz auch nicht genau, was Du mit dem "Ueberheben der Hand ueber den Daumen" meinst. Eigentlich kann die Hand problemlos ueber den Daumen hinweggleiten, ich "hebe" da nichts. "Stemmst" Du die Hand aus dem Daumen heraus? Das koennte ja auch Schmerzen verursachen. Vielleicht solltest Du mehr das Gefuehl haben, die Hand aus dem Oberarm ueber die Tasten zu steuern und dabei die Toene "mitzunehmen", je nach dem mit Daumen oder anderen Fingern, wobei die Hand luecken- und widerstandslos ueber die Tasten gleitet. Wie gesagt, Ferndiagnose leider unmoeglich.
Hoffentlich bald weniger Schmerzen, eigentlich solltest Du die Frage einer geeigneten Lehrperson stellen und vorfuehren, wie Du spielst.
Jannis
 
@jannis
Ja, Ferndiagnose ist da wirklich schwer, das geb ich zu ;-) Ich werde am Fr mit meinem KL darüber sprechen und am Sa bin ich bei einer befreundeten Pianistin zu Besuch. Ich hoffe, dass ich danach schlauer bin, was das anbelangt. Trotzdem noch mal vielen Dank für deine Antworten. Ich werde deine "Vorstellung" in aller Ruhe mal durchgehen und ausprobieren!
 

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