Ungleicher Vergleich

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Ich gebe zu, eine fehlerhafte Aufnahme mit einem halbwegs professionellen Video zu vergleichen ist nicht ganz einfach, aber ich bitte um vergleichende Kommentare zu den folgenden beiden Aufnahmen des 22. Präludiums aus Schostakowitschs "24 Präludien":

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Ich werde später erklären, warum ich nicht warten konnte, bis ich dieses Stück fehlerfrei aufnehmen kann. Mir kommt es auf die jeweilige Interpretation an, die glaube ich bei beiden Aufnahmen gut erkennbar ist. Und ich bitte, die besonders häßlichen Patzer (ich glaube es sind zwei) zu entschuldigen.

PS: Massimiliano Ferrati macht auch mindestens drei Fehler, aber es fällt bei ihm nicht so auf. Wem es schwer fällt, meine Fehler zu ignorieren, kann sich ja auf die ersten 33 Sekunden (erste Aufnahme) beschränken.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Guendola,

ich habe mich mit dem Präludium noch nie beschäftigt, kann Dir deshalb nur meine Höreindrücke schildern. Ich finde, im Vergleich mit Ferrati schneidest Du besser ab. Ich kann bei Ferrati keine musikalische Stringenz erkennen; es ist eine Ansammlung melodischer Mosaiksteinchen, die sich mir aber nicht zu einem Bild fügen wollen. Es mag an den mir nicht nachvollziehbaren Temposchwankungen und den abrupten dynamischen Wechseln liegen.

Deine Einspielung ist in jedem Falle deutlicher auf ein Ziel hin ausgerichtet. Du vermittelst dem Hörer das Gefühl zu wissen, wohin die Reise geht. Was es ihm denn auch leichter macht, sich auf die gewöhnungsbedürftigen melodischen Arabesken einzulassen. Ich habe den Eindruck, daß Du ein zügigeres Tempo wählst und dies auch bis zum Ende durchhältst.

Bin ich mal gespannt, wie sich die Kenner äußern. :floet:

In jedem Falle: Wenn ich bedenke, wie Du vor noch nicht allzu langer Zeit hier im Forum und in die Materie "Klavierspielen" eingestiegen bist, sage ich voller Bewunderung: Chapeau! :p (Auch in Anerkennung Deiner übrigen Beiträge.)

Wolfgang

PS: Würde mich interessieren, wie du aufgenommen hast.
 
Guendola du bist wirklich gut!
Ich kann zwar nur aus dem Bauch heraus sagen, wie es mir beim Hören geht, welche Interpretation mit rein intuitiv besser gefällt, dh. ich kann keine "Gründe" nennen oder bestimmte technische/klangliche Details anführen, aber kurz gesagt: deine Aufnahme gefällt auch mir deutlich besser!!!
 
Die Aufnahme erfolgte wieder ganz simpel:

Digitalpiano vom zweiten Kopfhöreranschluß über externe Soundkarte in den Computer, dort habe ich Acid Studio laufen lassen, bis ich eine fehlertechnisch fast akzeptable Version hinbekam.

Dieses Präludium ist ja spieltechnisch keine große Herausforderung im Vergleich zu den anderen, AUSSER, daß doch einige ungewohnte Wendungen vorkommen, auf die man sich höllisch konzentrieren muß, damit man sie nicht nur richtig sondern auch so spielt, wie gewollt.
 
Hier die hoffentlich vorletzte Aufnahme (also die Generalprobe, wo natürlich ein dicker Patzer drin ist):

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Ich habe versucht, den Pedalgebrauch zu minimieren, wo es eindeutig zweistimmig ist. Ich finde, die Schlichtheit des Stückes kommt so besser zur Geltung. Außerdem habe ich ein bischen mehr auf die Vortragsanweisungen geachtet.

Und jetzt äußere ich mich mal zu Massimiliano Ferratis Version: Sie verstärkt mein Vorurteil gegen Italiener (das ich sehr wohl zu vergessen weiß, wenn ich echten Italienern begegne): Dick aufgetragen, pathetisch und total überinterpretiert - frei nach dem Motto "ich bin euer Klaviergott(1), preiset, womit ich euch heute segne". Daß er auch noch drei Fehler macht, bräuchte man eigentlich überhaupt nicht zu erwähnen. Ich habe den Eindruck, es ging lediglich darum, ein besonderes Stück zur Einstimmung für das folgende Konzert zu spielen, das Ferrati dann mal eben schnell einstudiert hat, ohne sich näher damit zu beschäftigen. Es ist ja kaum vorstellbar, daß irgendein professioneller Pianist, der das Stück auch nur einigermaßen ernst nimmt, eine dermaßen affektierte Spielweise für angemessen halten könnte. Und ich muß es noch erwähnen, weil es einfach unglaublich komisch wirkt: Achtet mal auf sein linkes Bein... Ich glaube, teilweise liegt mein Eindruck auch an seiner exzessiven Körpersprache. Aber auch die starken Verzögerungen, die er einbaut, sowie das "klappern" zwischen Begleitung und Melodie (Haydnspaß, wenn du so spielst, sparst du anderweitig an Effekten und das gleicht es wieder aus) überfrachten das Stück total. Bei meiner Version gibt es allerdings ein paar Stellen, an denen ich etwas deutlicher neu ansetzen könnte.

(1) darum, daß bei mir auch "Klavier-Gott" steht, habe ich selbst nie gebeten
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Guendola,

ich finde, du spielst das Prelude sehr schön, es hat bei dir so einen Ausdruck von lieblicher Naivität (das meine ich absolut nicht negativ!) - Haydn schreibt manchmal die Vortragsanweisung "innocentemente".

Nun ist das Stück allerdings von Schostakowitsch. Ich weiß nicht, ob du schon einige Sinfonien von Schostakowitsch gehört hast. Aus dieser Perspektive heraus denke ich, Ferrati trifft Schostakowitschs Seelenpein doch besser. Ich kenne das Stück nicht so gut, daß ich jetzt die 3 Fehler bemerkt hätte. Daß du Ferrati vorwirfst, er würde das Stück nicht ernstnehmen, finde ich echt nicht fair. Er spielt das Stück super.

lg
Haydnspaß
 

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