Hallo rappy,
es ist problematisch, ein Stück hochzuladen, das nicht „fertig“ ist aus den folgenden Gründen:
Du willst natürlich ein Ergebnis präsentieren, möglichst im Originaltempo, damit man „darüber reden oder schreiben“ kann. – Dadurch zwingst Du Dich allerdings, für Deinen derzeitigen Stand zu schnell zu spielen.
Da machst Du für meine Begriffe manches wieder kaputt, was Du Dir mühsam erarbeitet hast. Über „zu schnelles Üben“ siehe unten.
Vier Zitate:
Josef Hofmann: Langsames Spiel ist der einzige Weg zu geläufigem Spiel.
Teresa Carreno: Ich empfehle langsames Üben bei genauester Beachtung jeder Einzelheit.
Egon Petri: Langsames Üben garantiert nicht für Konzentration, aber Konzentration – besonders wo sich Probleme stellen – bedingt langsames Üben.
Ernest Schelling: Nichts ist verheerender als zu schnelles Üben; es führt ausnahmslos zu schlechten Resultaten und ist reiner Zeitverlust.
Du bemühst Dich, im Originaltempo zu spielen, es gerät Dir aber viel zu hektisch, „virtuos“ sollen Akzente herauskommen, aber sie klingen bis jetzt eher gekünstelt.
Thema: den ersten Teil spielst Du fast ohne Pedal, im zweiten Teil nimmst Du viel Pedal! Machst Du das absichtlich? Ich versuche immer, den zweiten Teil genau so trocken zu spielen wie den ersten Teil. – Den Zielton eines jeden arpeggierten Akkords bewusst greifen, nicht einfach hinein arpeggieren, das macht die Sache sicherer.
Var. 1: Versuche mal, die erste Variation ohne Pedal zu spielen! Auch hier: l a n g s a m ü b e n!!
Var. 2: beginnt piano, lässt sich sehr gut ohne Pedal spielen und wird dann auch leiser. Ich stelle mir vor, es muss klingen wie ein Gemurmel. Die Akzente auf den kurzen Vorschlägen sind noch arg krass! Dezenter! Lass die Variation pp enden! – Dann kurze Pause vor der nächsten Variation!!!
Var. 3: schroffer Gegensatz zu Var. 2. – Du scheinst größere Hände zu haben als ich, die Dezimen gelingen Dir ohne Arpeggio. Da hast Du gute Voraussetzungen für das Liszt-Spiel überhaupt.
Var. 4: versuche das spitzigste Staccato zu spielen, dessen Du überhaupt in der Lage bist! Bei der Wiederholung des ersten Teil in dieser Variation kannst Du den Daumen der linken Hand betonen, macht einen hübschen Effekt. Kein Pedal!!!
Var. 5: Piano!!!! Mindestens am Anfang! Genaues Greifen langsam einüben!
Var. 6: „mit Feuer“ spielst Du unbedingt! Aber z. Zt. noch zu schnell! Die Griffe sind noch zu ungenau!
Var. 7: Analysiere den Takt genau und halte ihn mal sklavisch ein. Erst dann kannst Du Dir Freiheiten erlauben.
Ich kenne diese Variation bei Geigern fast melancholisch gespielt – Liszt schreibt aber „scherzando“ …..
Knalle die akzentuierten Achtel bitte nicht so raus!
Var. 8: die alternierenden Schläge beider Hände sind meines Erachtens sehr gleichmäßig nacheinander auszuführen, wird das nicht befolgt, wirkt das ganze Stück hektisch. Auch hier: Griffsicherheit langsam einüben! Ohne Pedal! Nur im letzten Takt.
Var. 9: Typischer Paganini – linke-Hand-Pizzicati durch kurze angestrichene Töne unterbrochen. Versuche mal langsam die Arpeggien am Anfang eines jeden Taktes auszuführen, dann eine unhörbare kurze Pause für die nächsten Staccato-Töne. Es wäre schade, wenn diese Feinheit unterginge.
Auch hier bist Du wieder zu schnell, die letzten vier Takte beherrscht Du allerdings schon!!!
Die Variationen sind in gewisser Weise Charakterstücke. Als solche sollten sie gut voneinander abgesetzt werden. Die Klangvorstellung dazu musst Du Dir schon vor dem Einüben klar gemacht haben.
Hinweis:
Schau Dir Paganinis Original Noten an! Das schadet auch dem Klavierspieler nicht.
Schau Dir mal die Urfassung Liszts an, wenn sie Dir zugänglich ist (habe ich mir mal in der Landesbibliothek in Stuttgart zu Gemüte geführt) – dann freust Du Dich über die „einfache“ Version, wie sie heute gespielt wird.
Nach zuverlässigen Berichten hat Liszt die Urfassung im Konzert gespielt und fast nie daneben gegriffen. Die letzte Variation kommt der Urfassung am nächsten.
Einfacher zugänglich sind natürlich die Youtube Aufnahmen von Geigern mit der 24. Caprice - und natürlich die verschiedenen Interpretationen großer Pianisten.
Das Thema wurde noch oft verwendet: Brahms in zwei Heften, Rachmaninow, Lutoslawski (?) …
Ich hoffe, mein Geschreibe bringt Dich irgendwie weiter. Bleib dran an dem Stück, Du hast es sicher bald drin!
Viel Erfolg!
Walter
Hallo rappy,
gratuliere zum Erfolg Deiner Bemühungen. Ich bin erst heute dazu gekommen, Deine nun auch schon ältere Aufnahme vom 4. 9. anzuhören. Gefällt mir viiieel besser! Das Meiste halte ich für auftrittsreif, wenn Du sicher genug bist und das Stück so auch auf die Bühne bringst. Hast Du das vor?
Gegen Schluss schwächelst Du etwas. Die chromatischen Unisono-Läufe in beiden Händen ganz am Schluss gehen leider unter. Probiere diese Passage doch mal mit alternierenden Oktaven links und rechts, links beginnt auf A, dann rechts B, links H und den chromatischen Gang so weiter. Ganz zum Schluss kann das tiefste A mit der linken Hand migenommen werden. Diese Version glaube ich bei Andre Watts gehört zu haben, ich spiele das so.
Nachdem du so viel an dem Stück gearbeitet hast, ist es eigentlich Zeit, mal einen guten Klaviertechniker ran zu lassen. Ich kenne da einen, der kommt aus Österreich ....:D:D
Ich wünsche weiterhin einen guten Erfolg Deiner "Arbeit"!
Walter