Tristan-Akkord, Prometheus-Akkord

"Voll krass" würden unsere Studis wohl anerkennend sagen. Dank Dir schön, Rolf.
 
Vielen Dank, Rolf, für den ausführlichen Beitrag mit dem ich mich noch in Ruhe beschäftigen werde (am besten am Wochenende, da habe ich genug Zeit). Erstmal habe ich Rheinkulturs Vorschlag näher betrachtet.

Zum Überlegen: Neu ist der eigentliche Akkord keineswegs, sondern bereits bei Spohr anzutreffen und bei Beethoven. Es empfiehlt sich, diesen Akkord im Kopfsatz der Sonate op. 31 Nr. 3 zu suchen und zu erforschen, was damit passiert.

Könnte ich meinen Forscherdrang doch mäßigen – mir raucht der Kopf ;). Ich habe das Gefühl auf einmal keine Tonart mehr erkennen zu können. Diese Takte klingen in meine Ohren überhaupt nicht nach Beethoven – ich war ziemlich verwundert. Aber es die Jagdsonate - und die hat nun mal Beethoven komponiert.

Der gesuchte Akkord ist in Takt 36 und 38.

31.3.jpg

Und was passiert? Tja, ich habe das Gefühl, dass da etwas nicht stimmt bei meinen Erkenntnissen: Takt 34 ist demnach As-Dur, Takt 35 es-moll und Ges-Dur, Takt 36 (der gesuchte Akkord): F, ces, es und as. Hmmm... Ich habe ihn umgekehrt weil ich dachte ich finde dann heraus was es ist. Entweder bin ich völlig blind und taub oder er weicht von den Dur- und Moll-Tonarten ab, wie es beim Prometheus-Akkord der Fall ist. Takt 37 kennen wir schon von Takt 35 nur dass er hier eine Oktave höher erklingt.

Ich hätte nicht gedacht, dass ein paar Takte einen derart fordern können. Ich muss noch sehr viel lernen! :)
 
Takt 34 ist die Moll-Subdominante mit sixte ajoutée, also hier as-Moll mit hinzugefügter Sexte f.

LG, Mick
 
Moin!

Zum Msyteischen Akkord/Prometheus-Akkord:

Faszinierend, wie da der bedeutungswandel stattgefunden hat. Einst mystisch, jetzt (also, die letzten Jahrzehnte) eigentlich gängig. Von den Tönen her entspricht das einem C79#11 im Jazz.

Wenn ich mir den als upper structure konstruiere (Dur-Akkord über tritonus, also den Tritonus E-Bb*) in der linken und ein D-Dur-Akkord in der rechten, dann ergänzt mein Ohr automatich das fehlende C, weil's einen 79#11 will.

Septakkord mit None und #11 findet sich auch bei Dire Straits ('Your latest Trick') oder Bee Gees (How Deep is Your Love). Naja, im Techno isser noch nich angekommen, beruhigend. Also immer noch mystidch genug.

Grüße
Häretiker

*)
Ich benutze fürderhin die internationale Bezeichnung, da gibt's kein H
 
Hier noch ein heißer Tipp!

Wie bringt man einen "Klassiker" so richtig schön auf die Palme?

Man sagt:
"Öööh, ey, Ihr Klassiker immer, Tristan-Akkord, blah! Brainfuckers! Mensch, das ist einfach ein halbverminderter Akkord! m7b5!"

:-D:-D:-D
 
Ach, ihr Jazzer haltet euch immer für so wahnsinnig progressiv. Aber als Wagner den Tristan geschrieben hat, gab's euch noch lange nicht, und als ihr endlich den Tristan-Akkord (m7b5) entdeckt habt, war die Klassik schon bei der Zwölftontechnik angekommen. Irgendwann habt ihr dann aufregende, ungerade Rhythmen entdeckt und dabei übersehen, dass Strawinskys Sacre euch auch auf dem Gebiet mindestens 50 Jahre voraus war. Nun macht ihr Freejazz und haltet euch dabei für obercool - dabei hat Cage die Aleatorik schon 1950 erfunden. Ihr seid einfach immer einen Schritt zu spät!

Edit: Übrigens, auch auf den Swing müsst ihr euch nichts einbilden. Die Franzosen hatten den schon im 17. Jahrhundert (Notes inégales).

:-D:-D:-D

LG, Mick
 
Zuletzt bearbeitet:
Ihr seid einfach immer einen Schritt zu spät!

:-D:-D:-D

LG, Mick
(und ergänze: stets auch mindestens einen Schritt zu banal) :-D

...Mensch @mick ... was du da sagst... jetzt werden die coolen Hornbrillenjungs in ihren existenzialistischen Schwarzrollis bitter mit den Zähnen knirschen und buhu-b5#11-ist-doch-progressiv-und-hat-swing heulen :-D:-D:-D:-D
 
Tja Mick, und "Euer" großer Fehler ist, dass Ihr auch 2015 die "Jazzer" immer noch als "getrennte Welt" seht und von "wir" und "Ihr" sprecht, während es für "Jazzer" längst selbstverständlich ist, über den Tellerrand zu gucken und ganz aktiv mit Musikern aus allen möglichen anderen Bereichen zusammenzuarbeiten bzw. Einflüsse aus diesen Bereichen aufzunehmen... :-D:blöd:

Übrigens, Hinweis, just in case: Obiges Posting mit dem m7b5 war sog. "Spaß"...:geheim:
 

Tja Mick, und "Euer" großer Fehler ist, dass Ihr auch 2015 die "Jazzer" immer noch als "getrennte Welt" seht und von "wir" und "Ihr" sprecht, während es für "Jazzer" längst selbstverständlich ist, über den Tellerrand zu gucken und ganz aktiv mit Musikern aus allen möglichen anderen Bereichen zusammenzuarbeiten bzw. Einflüsse aus diesen Bereichen aufzunehmen...
Quatsch. Bereits Debussy hat Jazz-Elemente in die Klassik übernommen! :super:

Übrigens, Hinweis, just in case: Obiges Posting mit dem m7b5 war sog. "Spaß"...:geheim:

Mein Posting war übrigens auch Spaß! Und ob du es glaubst oder nicht, ich gehe in jedes Jazz-Konzert unserer Schule!

LG, Mick
 
Ach, ihr Jazzer haltet euch immer für so wahnsinnig progressiv. ,,,

Nee, aber die Klassik, die ich so in der Provinz einer Viertelmillionensatdt geboten bekomme, macht eine harte Vollbremsung vor allem, was irgendwie 'dissonant' sein könnte. Da bekommt man meistens dasselbe Programm (alle *vier* Beethoven-Sonfonieren zum Beispiel).

Als das Mozart-Jahr war, war auch Schostakowitsch-Jahr. Über 100km hätte ich fahren müssen, um von dem was zu hören, mit Mozart wurde man zugeworfen.


Aber, was heisst schon progressiv? Einen Moll-Akkord mit grosser Septime gab's schon Bach (Kreuzige!). In einer bekannten Jazz-Harmonielehre wird erst von Quintfallsequenz, II-V-I und so gesprochen. Und als Beispiel für den meisterhaften Einsatz gibt's einen Auszug eine Violinsonate von Bach. Also, wenn man ein bissken was von dem Zeuch versteht, ist man sich des Erbes und Herkunft bewusst. Und wer Debussy kennt, wird seinen Einfluss im Jazz hören.

Was drastischer für mich ist, ist der Unterschied zur 'Time', Rhythmus, Phrsierung und co., gar ncih mal so das Tonmaterial. Und das ist im Jazz halt anders, nicht unbedingt progressiver. Merkt man besonders, wenn Klassiker swingen wollen. Klingt so doof, als wenn ich Mozart spielen würde, das kann ich auch nicht.

Grüße
Häretiker
 
...ja, man lernt nie aus: eine Frage nach einer harmonischen Besonderheit aus den 60er Jahren des 19. Jhs. und ein russischer Vorkriegsakkord (vor dem Ersten Weltkrieg) führt automatisch zum Swing und wer über ihn angeblich verfüge und wer nicht... Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass es die Weltformel gibt: sie swingt :lol::lol::lol::lol::drink:
 
Die Weltformeöl ist:
A = 0

Wir wissen leider noch nicht, wie genau A aussieht ... :-)

Und wer den Jazz der - sagen wir mal - letzten 50 Jahre ein bisschen mitverfolgt hat, wirkt gemerkt haben, dass 'Swing' keine 'conditio sine qua non' im Jazz ist. Der Lackmustest für Jazz ist nicht 'Tingtingetingtingtingeting' ... zum Glück!

Grüße
Häretiker
 
Gestern habe ich gedacht: „Mensch, was zerbreche ich mir den Kopf über diese Dinge, die viel zu kompliziert für mich sind ... ob ich das brauche um überhaupt meine Stücke spielen zu können?“

Nun habe ich aber das Thema erstellt und Ihr habt mir sehr ausführlich geantwortet – da wäre es nicht nett zu kneifen. Außerdem bin ich neugierig. Also habe ich mir den nächsten Ratschlag herausgepickt:

Man nehme sich mal den Beginn von Spohrs Violinkonzert Nr. 8, op. 47 vor, in dem dieser Akkord ebenfalls anzutreffen ist:
http://conquest.imslp.info/files/im...SIBLEY1802.20691.7977-39087009423569score.pdf

Fündig wird man direkt auf der ersten Seite: Was passiert vorher und nachher?

Spohr_Violinkonzert_op.47_Tristan-Akkord.png

Mit meinen rudimentären Kenntnissen wird das jetzt wohl ziemlich unbeholfen klingen. Meine Schlüsse:

Nachtrag vom 12.03.2015: Was habe ich da für einen Unsinn geschrieben. Was für kapitale Denkfehler...

Kein Generalvorzeichen, also a-moll. Der „Tristan-Akkord“ ist in den Takten 25-27. Takt 23: A-Dur, dann kommt d° und in meinen Ohren habe ich die Auflösung nach A-Dur gehört, es folgt aber a-moll. Da wird man klanglich ein wenig in der Luft hängengelassen. Takt 24 sind Töne von a-moll.

Tja, und nun der „besagte“ Akkord. Da löst sich die „1“ in E-Dur auf und was danach kommt ist wohl die Dominante H-Dur ohne Quintton. Und das a1 ist die Septime, die wir bereits von weiter oben kennen, richtig? Aber was da auf der ersten Zählzeit in Takt 25-27 erklingt? Töne von a-moll? Keine Ahnung. Was ist es? Ich denke es handelt sich um etwas, das Ihr erklärt habt, das ich aber nicht verstanden habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf der 1 der Takte 25 - 27 ist jeweils die Dominante (E-Dur) mit Quartvorhalt, der sich auf der 2 auflöst. Auf der 3 von Takz 25 und 26 ist ein Quartsextakkord der Doppeldominante (H-Dur) mit anschließend durchgehender Septe. Beim Quartsextakkord ist die Quinte im Bass - als Besonderheit ist sie hier tiefalteriert (also f statt fis). Ein "echter" Tristan-Akkord ist es aber nicht, dazu fehlt das gis. Der Tristan-Akkord ist ein Vierklang.

LG, Mick
 
Wie muss man das H-Dur mit E und C im Takt 24 interpretieren?
 
Danke, Mick! :)
 

Zurück
Top Bottom