"Therapie-Effekt"

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23. März 2013
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Gestern abend ist mir ein Missgeschick passiert - es hat sehr weh getan.
Ich fuhr zur Chorprobe, alle mir bekannten Parkplatze in der Nähe waren voll, wegen einer nahen Veranstaltung.
Etwas weiter weg fand ich einen Parkplatz, seitlich abschüssig, Fahrerseite = Bergseite.
Beim Einsteigen nach der Probe fiel mir die Tür unglücklich zu, mein Unterarm war noch dazwischen.
Ich biss die Zähne zusammen und fuhr nach Hause. War dann bald nicht mehr so schlimm.
Aber die Nacht! Furchtbar. Ich konnte den ganzen Arm nicht mehr bewegen, mich nicht mehr aufstützen.
Am schlimmsten schmerzten Schulter und Oberarm, auch am Morgen.
Beim Frühstück hab ich mich gefragt, ob ich noch Klavierspielen kann.
Eine Stunde später als sonst hab ich mich mit großen Armschmerzen ans Klavier gesetzt.
Die Konzentration war anstrengender. Die Fehlerrate etwas höher.
Aber die Finger haben brav das gemacht, was sie sollen.
Es ging eigentlich alles, auch Triller, Sprünge etc.
Nach meinem Klavierspiel ging es meinem Arm wesentlich besser!
Seitdem geht es aufwärts!

Grüße
Manfred
 
Oh, aua! Ich wünsche Dir weiterhin gute Besserung!
Aber jetzt erst mal nicht Holz hacken oder andere stark belastende Tätigkeiten ausüben! ;-)

Heutzutage wird einem Patienten meist Bewegung "verschrieben", wenn er sich etwas verstaucht/verrenkt/verzerrt/o.ä.. Früher musste man sich schonen, und dann wurden die Probleme oft nicht besser...

LG Antje
 
Aber jetzt erst mal nicht Holz hacken oder andere stark belastende Tätigkeiten ausüben! ;-)
Was für Tätigkeiten meinst du genau ? Was wäre härter als Klavierspielen ? Ich denke, wenn Klavierspielen schon geholfen hat, wars wohl gar nicht so schlimm, sehr gut ! Was lernt man daraus: Klavierspieler sollten nicht am Berg parken ? Oder, Klavierspieler können gerade am Berg parken, weil sie das Therapeutikum schon zu Hause haben, wenn was passiert meine ich !
 
Nach meinem Klavierspiel ging es meinem Arm wesentlich besser!
Seitdem geht es aufwärts!
Dann wünsche ich Dir, dass sich der Aufwärtstrend fortsetzt!

Vor knapp anderthalb Jahrzehnten habe ich etwas Ähnliches erlebt. Ich hatte aushilfsweise die Pianodirektion in einem Salonorchester zu übernehmen und einige Chorkonzerte mitzugestalten. Den personellen Grundstock des Orchesters (inzwischen aufgelöst) bildeten der Konzertmeister und weitere Mitglieder eines Berufsorchesters, das mit professionellen Aushilfen erweitert werden konnte. Am Hauptbahnhof wurde ich mit weiteren Ensemblemitgliedern abgeholt und sollte mit dem eigenen Tourbus zum Auftrittsort weiterfahren. Da passierte es: Der vor mir sitzende Soloflötist schlug die Bustür zu - und der Mittelfinger meiner rechten Hand wurde eingequetscht. Sofort sprang der Konzertmeister vom Fahrersitz, griff sich den Verbandskasten und verarztete die stark blutende Wunde! Ich erinnere mich, dass die Verletzung im Laufe des Abends viel stärker schmerzte als unmittelbar danach - offensichtlich hat der Körper eine Menge Adrenalin freigesetzt. Eine Stunde später Anspielprobe mit Chor, drei Stunden später Konzert mit CD-Aufnahme - auf der CD ist von dieser Beeinträchtigung nichts zu vernehmen! Es gelang mir, die Fingersätze ad hoc so zu wählen, dass der am stärksten betroffene dritte Finger möglichst selten gebraucht wurde. Noch heute erinnert mich eine Narbe an dieses Erlebnis - und seither bin ich noch vorsichtiger in vergleichbaren Situationen geworden: Wenn ich den Stinkefinger zeige, schaue ich immer ganz genau hin, ob eine offene Tür in der Nähe ist...!
;-);-);-);-)
Weiterhin gute Besserung wünscht
mit LG Rheinkultur
 
Gestern abend ist mir ein Missgeschick passiert - es hat sehr weh getan.

Vielleicht wär es sinnvoller gewesen einen Facharzt aufzusuchen? Ich hab mir mal die Mittelhand gebrochen, und zog es vor meinen Spieltermin wahrzunehmen - es schien auch besser zu werden, wenn der Schmerz nämlich all zu arg wird, spürt man ihn nimmer. Inzwischen ist es schief zusammengewachsen, und macht immer wieder Probleme, eine operative Korrektur wäre zu riskant.
LG
Alb
 
Ich erinnere mich, dass die Verletzung im Laufe des Abends viel stärker schmerzte als unmittelbar danach

Genau. Der Schreck/Schock schüttet haufenweise Adrenalin aus. Deswegen spüren Leute, die sich sehr schwer verletzen, unmittelbar danach keine Schmerzen. Wenn der Schreck abgeebbt ist, dann kommen die Schmerzen.


"Um auf psychische und physische Belastungen im erforderlichen Maße reagieren zu können, benötigt der Körper zusätzliche Energie. Dazu werden Zucker und Fette bereitgestellt und verarbeitet, der Sauerstoffbedarf für den Stoffwechsel steigt an. Verbunden damit ist eine Erhöhung der Atemfrequenz und eine Beschleunigung des Kreislaufs, die Pulsfrequenz und der Blutdruck steigen entsprechend an.
Hinter diesen bekannten körperlichen Reaktionen auf das Auftreten einer Stresssituation steckt ein abgestimmtes, komplexes Zusammenspiel verschiedener Hormone und neuronaler Botenstoffe (Neurotransmitter). Eine wesentliche Rolle des Hormons Adrenalin dabei ist, für die erhöhte Energiebereitstellung durch

  • einen verstärkten Abbau und die parallele Bildung von Zuckermolekülen (Glykose),
  • den Abbau von Fett (Lipolyse) und
  • eine erhöhte Zufuhr und Aufnahme von Sauerstoff zu sorgen.
  • Die Durchblutung im Körper wird durch Adrenalin gesteigert,
  • die Bronchien werden erweitert,
  • die Magen-Darm-Tätigkeit dagegen gehemmt, um einen zu diesem Zeitpunkt unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden.
  • Weitere Reaktionen auf Stressbelastungen sind eine sinkende Schmerzschwelle und
  • ein Herunterfahren des Immunsystems, um auch hierdurch Energie einsparen zu können.
  • Im Zentralen Nervensystem (ZNS) ist Adrenalin auch als Neurotransmitter nachweisbar. Als mögliche Funktion wird eine Rolle bei der zentralen Regulation des Blutdrucks diskutiert.
Adrenalin, auch Epinephrin genannt, wird nicht nur bei Stressbelastungen, sondern auch bei Verletzungen, Entzündungen und Unterzuckerung ausgeschüttet. "
 
Genau. Der Schreck/Schock schüttet haufenweise Adrenalin aus. Deswegen spüren Leute, die sich sehr schwer verletzen, unmittelbar danach keine Schmerzen. Wenn der Schreck abgeebbt ist, dann kommen die Schmerzen.
Dazu kam bei dem geschilderten Ereignis die anschließend zu erledigende Aufgabe, bei einem gut zweistündigen Programm mit sehr begrenzter Vorbereitungszeit sämtliche Stücke unterschiedlicher Stilrichtungen allein oder mit weiteren Instrumentalisten und gemeinsam mit dem gastgebenden Chor vor vollem Haus aufführen zu müssen. Da bleibt wenig Raum dafür, sich auf eine schmerzende Wunde zu konzentrieren, weil andere Belange die gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Erst auf dem Nachhauseweg und an den folgenden Tagen tat es dann richtig weh.

Gestern Abend holte sich Box-Champion Marco Huck seinen WBO-Weltmeistertitel im Cruisergewicht gegen Ola Afolabi zurück. Letzterer boxte mehrere Runden mit zugeschwollenem Auge links - da muss es mit der Adrenalin-Ausschüttung ähnlich funktioniert haben. Noch extremer muss es dem IBF-Weltmeister Arthur Abraham vor knapp zehn Jahren ergangen sein, der seinen Kampf mit doppelter Fraktur des Unterkiefers siegreich absolvierte. Auch wenn eine schnelle Linke nicht nur für Boxer, sondern auch für Pianisten von Vorteil ist, möchte man sich solche Schmerzen nicht vorstellen - und sie schon gar nicht am eigenen Leibe ertragen müssen.

LG von Rheinkultur
 
Vielleicht wär es sinnvoller gewesen einen Facharzt aufzusuchen? Ich hab mir mal die Mittelhand gebrochen, und zog es vor meinen Spieltermin wahrzunehmen - es schien auch besser zu werden, wenn der Schmerz nämlich all zu arg wird, spürt man ihn nimmer. Inzwischen ist es schief zusammengewachsen, und macht immer wieder Probleme, eine operative Korrektur wäre zu riskant.
LG
Alb

Das hätte ich sicherlich anvisiert, wäre es nicht besser geworden.
Aber einen Facharzt hätte ich frühestens morgen, Montag, aufsuchen können (ist ja Freitag Nacht passiert).
Bei Verschlechterung wäre Krankenhausambulanz in Frage gekommen.

Aber so ist natürlich am besten.
Jetzt ist mein Arm völlig schmerzfrei.

Grüße
Manfred
 
@Rheinkultur
Es sollen immer wieder Leute mit Stöckelschuhen am gebrochenen Bein in die Notaufnahme marschieren, oder man spielt Konzerte mit Fieber, wenn es sein muss - das Schmerzempfinden ist sehr unterschiedlich ausgeprägt, und Ausnahmesituationen können erstaunliche Ausblendungskraft entwickeln.
Davon kann ich auch berichten:

Vor einem knappen Jahr hatte ich ein nerviges Problem am linken Zeigefinger im oberen Gelenk. Ich hatte schon die Sorge, dass es eine Kapselentzündung oder ähnliches sein könnte, aber ein Facharzt konnte, auch auf einem Röntgenbild, nichts gravierendes Feststellen (Gottlob!). Meine Vermutung ist, dass ich mir den Finger gestaucht oder geprellt habe. Ich erinnere mich nämlich sehr schemenhaft, ihn mir einmal nachts an einem Türrahmen angestoßen zu haben.
Der Zeitpunkt war dennoch äußerst ungünstig, da ich innerhalb der kommenden drei Monate einen Wettbewerb, meine Abschlssprüfung und ein wichtiges Klavierkonzert vor mir hatte, welches ich noch nicht ordentlich spielen konnte... :dizzy:
Die Schmerzen waren teilweise so beunruhigend stark, dass ich aus Vorsicht lieber aufgehört habe zu üben, was aus Zeitgründen ein kleines Desaster war für mich.
Im Wettbewerb, der aus zwei Runden bestand und den ich gewonnen habe, habe ich im Finger nichts spüren können - obwohl ich manchmal vorsichtig "hingefühlt" habe. Nix!

Nach einigen bangen Wochen wurde es weniger und ist weggeblieben, ohne jemals zurückzukommen. Man sagt ja, Brüche heilen schneller als Prellungen und ähnlich Unerquickliches, und so hat meine Hoffnung sich zum Glück bestätigt.
 
Meine Schwester ist damals, bei einem Unfall mit Fahrerflucht, mit schwerer Gehirnerschütterung noch mit ihrem Rad nach Hause gefahren...
Edit: Mir fällt gerade ein, dass sie ja vorher - pflichtbewußt wie sie war - zu ihrem Flötenlehrer gefahren ist, der sie dann sofort heimschickte.
:angst:

Es muss wohl evolutionär bedingt sein. Denn früher mussten die Menschen fähig sein, trotz der Verletzungen, die ihnen ein Tier zugefügt hatte, vor diesem fliehen oder dagegen kämpfen zu können.

Aber was Ihr so schildert: Ich bin sehr empathisch, und mir zieht's bei solchen Geschichten alles zusammen. Kennt Ihr das auch, wenn man das Geschilderte förmlich selber fühlt?
Auf der anderen Seite kann ich jederzeit im Fernsehen bei einer OP zusehen, während mein Mann und mein Sohn sich neben mir die Augen zu halten.
:-D
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es muss wohl evolutionär bedingt sein. Denn früher mussten die Menschen fähig sein, trotz der Verletzungen, die ihnen ein Tier zugefügt hatte, vor diesem fliehen oder dagegen kämpfen zu können.

Unbedingt! Ist bei allen Tieren so, somit auch beim Menschen.

Nach sämtlichen Frakturen und Rupturen in meiner risikofreudigen Vergangenheit habe ich zunächst "kaum" etwas gespürt, jedenfalls nichts, was Hinweis auf das tatsächliche Ausmaß der Schädigung gegeben hätte. Diese Hinweise kamen immer erst während der obligatorischen Warterei der diensthabenden Unfallambulanz. :angst:

Eine Bekannte ist mit einer Wirbelfraktur noch ihrem heimwärtgaloppierenden Pferd hinterhergelaufen, und eine andere mit einem frakturierten Bein. Einer dritten hat ein kollabierendes Pferd das Schienbein geschreddert, und sie hat erst noch mit dem Tierarzt das Pferd versorgt und zum Transport in die Klinik fertiggemacht. Ich habe mal eine Reiterin mit einer Schlüsselbeinfraktur gesehen (der Knochen stand spitz unter der gespannten Haut!), die das überhaupt nicht gemerkt hatte und erst von Dritten aufmerksam gemacht werden musste. Das härteste war die offene Schienbeinfraktur :angst:eines Bereiters, der von irgendeinem Mistvieh den Abgang gedreht hatte, wegen der Lederchapsletten nichts SAH, den Zossen erst in den Stall brachte und versorgte - und als er hernach die Chapslette entfernte und sah, was passiert war, ist er mal ganz gepflegt in Ohnmacht gefallen.

Frakturen oder andere schwere Traumen tun eigentlich viehisch weh. Es ist mit Sicherheit ein Selektionsvorteil, wenn das verletzte Tier noch die Chance hat, sich aus der Gefahrenzone zu entfernen, ehe der lähmende Schmerz gefühlt wird.
 

Nun ja, obwohl ich noch fliehen konnte, tat es trotzdem sakrisch weh....

Ich habe in der Dunkelheit einen Verkehrsberuhigungskübel zu spät gesehen und bin bei Vollbremsung mit gleichzeitigem Lenkerausschlag vom Sattel runter auf die Fahrradquerstange gerutscht. Mit klassischen Karateschlag habe ich mir dabei das Schambein (den unteren Beckenrandgürtel) komplett durchgebrochen.
Ich stand zunächst mit dem Rad zwischen den Beinen auf der Straße, aber nach ein paar Minuten ließ der Schmerz nach und ich konnte sitzend nach Hause fahren.
An den folgenden Tagen wunderte ich mich, wie dick eine Prellung an dieser Stelle doch werden könne, aber den Arzt habe ich erst drei Monate später konsultiert, denn erst dann war ich mir nicht mehr sicher, ob es sich wirklich nur um eine Prellung handelte. Der Bruch ist leicht verschoben, was mir bis heute Probleme bereitet, aber die örtlichen Schmerzen waren - wie vom Arzt prognostiziert- nach genau einem Jahr verschwunden.
 
Den Therapie-Effekt des Klavierspielens kenne ich sehr gut. Ich habe ja diese sch... chronischen Kopfschmerzen seit über 30 Jahren. Oft ist es so, dass wenn ich mich überwinden kann und mich ans Klavier setze, dass die Beschwerden abnehmen.

Ich muss mal noch was anderen an @abschweb Manfred loswerden. Vielleicht liegt es an meiner extremen Höhenangst, aber wenn ich die vielen Luftaufnahmen sehe, wird mir oft komisch zumute. Ich mache mir dann Sorgen, dass wir irgendwann den nächsten Trauerfall im Forum zu beklagen haben. Bei mir, in der Nähe meines Wohnortes gibt es auch einen Flugplatz, auf dem sich die Ultraleicht-Flieger austoben. Jedenfalls gab es da schon mindesten zwei tödliche Unfälle. Alles Gute, Manfred!

Andreas
 
@Rheinkultur
Es sollen immer wieder Leute mit Stöckelschuhen am gebrochenen Bein in die Notaufnahme marschieren, oder man spielt Konzerte mit Fieber, wenn es sein muss - das Schmerzempfinden ist sehr unterschiedlich ausgeprägt, und Ausnahmesituationen können erstaunliche Ausblendungskraft entwickeln.
Die Erfahrung, mit vierzig Grad Fieber plus X aufgetreten zu sein und eher sogar besser als sonst gespielt zu haben, kann ich so bestätigen.

Wie heißt es so schön?:
Nur die Harten
Kommen in den Garten...!

LG von Rheinkultur
 
Die Erfahrung, mit vierzig Grad Fieber plus X aufgetreten zu sein und eher sogar besser als sonst gespielt zu haben, kann ich so bestätigen.
So ein gefährlicher Schmarrn!
Mit 40 Grad Fieber TRITT MAN NICHT AUF, sondern legt sich ins Bett! PENG, AUS!!!
Da kann ich echt nur den Kopf schütteln, was Leute aus dem heraus, was sie eine angebliche "Verpflichtung" nennen, alles tun...
 
mit sehr hohem Fieber hatte ich während Konzerten noch nie zu tun, aber mir wüstem Husten und Schnupfen (husten kann man beim spielen - die Zuhörer können ja auch beim zuhören husten / schnupfen benötigt halt genügend Taschentücher, die man zwischendurch schnappt)

am heftigsten war mal ein Konzert mit Hexenschuß: ich musste gekrümmt zum Flügel schleichen, verbeugen etc. ging gar nicht - aber während des spielens (und das Programm war fordernd!) war von stechenden Rückenschmerzen nichts zu spüren; ich hatte mir auch am Konzerttag keine Spritze geben lassen.

allerdings lässt sich aus solchen Erlebnissen kein "Therapie-Effekt des Klavierspiels" ableiten.

faszinierend ist daran allerdings, dass das jahrzehntelange Spieltraining temporär körperliche, mentale und nervliche Beeinträchtigungen außer Kraft setzen kann: eine Filmaufnahme zeigt den alten Horowitz, wie er seinen Tee wg Parkinson verschüttet - dann steht er auf, setzt sich ans Klavier, spielt Vers la Flamme und sofort ist alle altersmäßige Hinfälligkeit sowie die Schüttelei/Zitterei wie weggeblasen. Nach dem Feuerstück war dann sofort wieder die Hinfälligkeit samt Parkinson präsent.
 
Meine Zeit, was Ihr da so erzählt... Das schlimmste, was mir schmerztechnisch passiert ist, war ein heftiger Bandscheibenvorfall. Ich habe mir noch nie etwas gebrochen oder mich schwerer verletzt (bis auf diverse Schnittwunden), und klopfe auf Holz, dass das so bleibt.

Tja, so hilfreich wie das Klavierspielen sein kann, bei mir hat das viele Üben eine fokale Dystonie ausgelöst... (Diagnose war ja erst Tremor, aber da die Symptome so untypisch waren, bin ich zu einer renommierten Neurologin gegangen, und die hat sofort reagiert, als ich von meinem Beruf erzählte)
 
allerdings lässt sich aus solchen Erlebnissen kein "Therapie-Effekt des Klavierspiels" ableiten.
Das sehe ich auch so. Unsere Beispiele lassen eher erkennen, dass der Körper unter massivem äußerem Druck (unbedingter Erfolgswille bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen) enorme Reserven mobilisieren kann. Dass man damit Krankheiten heilen kann, deren Behandlung in die Hände kompetenter Mediziner gehört, scheint mir ebenfalls abwegig. Mir erscheint aber die Vorstellung durchaus plausibel, dass es eine Wechselwirkung zwischen Lebenseinstellung und Krankheitsverläufen gibt - zumindest beobachte ich das beispielsweise bei "meinen" Laienchorsänger(inne)n: Die wehleidigen und ewig klagenden Naturen, die sich gerne hängen lassen, sind länger und öfter krank und fehlen häufiger bei Proben und Auftritten als andere, die nominell weitaus schwerere Krankheiten und Behinderungen haben, aber sich um ein positiveres Verhältnis zu ihrem Dasein bemühen.

@hasenbein: Im Nachhinein bin ich sicher, dass ich mir solche Abenteuer mit meinem heutigen Lebensalter nicht mehr antun würde. Selbstverständlich war es damals mit vielleicht Anfang Zwanzig unvernünftig genug, sich in diesem Zustand vor Prüfungskommissionen oder auf Konzertpodien zu zwingen - möglicherweise bestand sogar die Gefahr, jemanden anzustecken, wer weiß? Trotzdem meine ich, dass die Erfahrung mir heute von Nutzen ist, in den schwierigen Anfangsphasen der künstlerischen Laufbahn auch schwere Krisen gemeistert zu haben, zumal darauf Folgeengagements und Anschlussverpflichtungen folgten, die ich unter günstigeren Voraussetzungen meistern konnte. Auch wenn es unvernünftig war - es ist damals passiert und ich kann es nachträglich nicht mehr ungeschehen machen. Auf jeden Fall kann man nur noch empfehlen, im Einzelfall vernünftig abzuwägen: Wenn bei schwer beeinträchtigter Gesundheit ohnehin die erwarteten Spitzenleistungen nicht zu erbringen sind, sollte man in der Tat den Mut zur Absage aufbringen. Da aber vor allem für den auf selbständiger Basis Tätigen künftige Karrierestationen mit dem Status Quo verbunden sind, möge man sich allerdings vorschnelles Absagen hier und jetzt auch gut überlegen. Damals hätte ich jedenfalls so manchen (vor allem mit Festanstellung) um die Möglichkeit glühend beneidet, krankheitsbedingt absagen zu können - ich hatte diese in der aktuellen Situation für mich nicht gesehen. @Stilblüte ging es vermutlich bei ihrem Wettbewerb auch nicht anders - letztlich gereichte es ihr unter dem Strich zum Vorteil. Heute, mit mehr Lebens- und Berufserfahrung, teile ich @hasenbeins Einschätzung - aber inzwischen meine ich auch, mir das Neinsagen eher erlauben zu können als früher. Um es in derbem und deftigem Volkston zu sagen: Mit vollem A**** lässt es sich besser sch*****!

LG von Rheinkultur
 

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