Technik-Bootcamp - wie?

C

chopinfan

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1. Nov. 2009
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Hallo liebe Expertinnen und Experten! Liebe Mit-Übende!

wie manche vielleicht noch wissen, bin ich Hobbyspielerin. Ich habe mit 4 Jahren mit dem Klavierspielen angefangen, hatte danach die erste Lehrerin, die mir leider nicht viel beigebracht hat. Danach kam die zweite Lehrerin, die bei mir immerhin die Liebe zu Chopin und Rachmaninoff geweckt hat, aber selbst verwaschen und mit vielen Fehlern gespielt hat. Technik habe ich von ihr jedenfalls nicht gelernt und auch nicht lernen können. Ich habe überwiegend nach Gehör drauflosgespielt. ---- Nach ca. 11 Jahren war der Unterricht dann beendet, und ich habe mich anderen Themen zugewendet, und hatte dann viele Jahre lang kein Klavier mehr. Mit ca. 34 Jahren habe ich mir dann ein ePiano gekauft, nach und nach alte Stücke wieder herausgeholt und dann wieder Chopin-Etüden gespielt. Dann folgten knapp 10 Jahre mit sehr wenig Klavierspiel, was diversen Umständen geschuldet war. Mittlerweile geht es meinen Händen wieder blendend und sie wollen spielen :-). Auch überlege ich mittlerweile ernsthaft den Kauf eines richtigen Klaviers/Flügels.

So weit, so gut. Mein Problem: Ich habe nie in meinem Leben richtige "Technik" gelernt. Das Bisschen an "Technik", was ich drauf habe, ist "verwildert" (durch das E-Piano und jahrzehntelanges Nicht-Üben).

---> Daher meine Frage: Am liebsten würde ich ein paar Wochen (oder Monate) lang ein "Technik-Bootcamp" machen, um mich auf diese Weise technisch auf Zack zu bringen. Gibt es dafür eine effiziente Methode? Sie muss auch keinen Spaß machen, ein paar Wochen halte ich auch ohne Spaß durch ;-).

Meine Idee rührt daher, dass ich vor einiger Zeit ein Buch von Bob Cafaro (Cellist) gelesen habe, in dem er beschreibt, wie er sich in einer Art Bootcamp einen Sommer über technisch auf ein komplett neues Niveau gehoben hat: Indem er wochenlang nur Tonleitern geübt hat.

Ich bin sehr gespannt auf Eure Ideen.


Liebe Grüße,
chopinfan
 
Aus meiner Sicht und vor dem Hintergrund meiner eigenen Übe-Biografie eignen sich für dein Vorhaben hervorragend die 160 kurzen Übungen op. 821 von Czerny. In den acht Takte umfassenden Übungen wird jeweils ein technisches Phänomen komprimiert und effizient behandelt. Die Klangästhetik ist klassisch mit gelegentlichen romantischen Einschlägen.

Mein Klavierlehrer sagte, wenn man die meisten dieser Übungen spielen kann, sei man in der Lage, die meisten Beethoven-Sonaten spielen zu können.

Wichtig ist auch das Transponieren dieser Übungen in andere Tonarten, um technisch wirklich flexibel zu werden. Und manche meinen, dass Czerny diese Übungen auch als Anregungen bzw. Vorbilder für eigene kleine Kompositionen bzw. Improvisationen verstanden wissen wollte.

Auch wenn man auf letzteres verzichtet, hat man mit dem Spielen dieser Übungen mit relativ wenig Aufwand einen sehr großen Nutzen.
 
Den Tipp, Unterricht zu nehmen, hatte ich schon eingetippt, dann aber wieder gelöscht, weil @chopinfan ja lange Zeit am Klavier offenbar gut gearbeitet hat und sich hoffentlich der Problematik bewusst ist. Unterricht ist immer sinnvoll, und eine sehr bewusste Wahrnehmung beim Üben, das Finden des Notbremse-Knopfs bei kleinsten Alarmsignalen und die daraus resultierende Entscheidung, Unterricht zu nehmen sind bei solch einem Vorhaben unerlässlich.
 
@rolf
Ich vermute auf der Basis des Geschriebenen, @chopinfan hat Chopin-Etüden eher "irgendwie" gespielt und möchte jetzt die Technik von Grund auf (= gründlich) erlernen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin ja der unkonventionellen Meinung, dass man Technik an Repertoire lernen kann. Besonders, wenn man aus allen Epochen / Stilistiken etwas spielt. Zum Beispiel: Eine Suite (oder ein paar Sätze daraus) von Bach, eine Sonate (oder ein Satz) von Mozart, ein Nocturne von Chopin, ein Prélude von Debussy. Kann natürlich noch ergänzt werden um andere Komponisten / Gattungen oder um Etüden, ggf. auch ein paar Fingerübungen (Brahms z.B.)
 
Ich bin ja der unkonventionellen Meinung, dass man Technik an Repertoire lernen kann. Besonders, wenn man aus allen Epochen / Stilistiken etwas spielt. Zum Beispiel: Eine Suite (oder ein paar Sätze daraus) von Bach, eine Sonate (oder ein Satz) von Mozart, ein Nocturne von Chopin, ein Prélude von Debussy. Kann natürlich noch ergänzt werden um andere Komponisten / Gattungen oder um Etüden, ggf. auch ein paar Fingerübungen (Brahms z.B.)

Alternativ natürlich über zwei Monate jeden Tag mindestens 2 - 3 Stunden die genialen Übungen des berühmten Komponisten Hanon.:angst:
 
Aus meiner Sicht und vor dem Hintergrund meiner eigenen Übe-Biografie eignen sich für dein Vorhaben hervorragend die 160 kurzen Übungen op. 821 von Czerny. In den acht Takte umfassenden Übungen wird jeweils ein technisches Phänomen komprimiert und effizient behandelt. Die Klangästhetik ist klassisch mit gelegentlichen romantischen Einschlägen.

Mein Klavierlehrer sagte, wenn man die meisten dieser Übungen spielen kann, sei man in der Lage, die meisten Beethoven-Sonaten spielen zu können.
Hier im Forum wurden oft die 32 Cmoll Variationen von Beethoven selber empfohlen - auch mit dem Hinweis, dass sie auf seine Sonaten gut vorbereiten. Die meisten Variationen sind auch achttaktig. Sind sie mit Czerny vergleichbar? Ist Czerny "vollständiger" / "nützlicher"? Und Beethoven weniger effizient, aber musikalischer?
 
Alternativ natürlich über zwei Monate jeden Tag mindestens 2 - 3 Stunden die genialen Übungen des berühmten Komponisten Hanon.:angst:
"Grrrr ... er hat das H-Wort benutzt ... steinigt ihn" :lol:

Von dem mache ich allenfalls ein oder zwei Übungen, wenn ich mal schwere Durchblutungsstörungen in den Fingern habe, und daher das dringende Bedürfnis, mich warm zu spielen (das ist aber echt selten so schlimm, dass ich gleich mit Hanon drauf einprügle ... meist tuns da auch ein oder zwei Stücke von Bach - im Moment nutze ich das Solfeghioetto von CPEB).

Dabei gehts mir dann auch mehr darum, dass Hanon immer alle 10 Finger nutzt (durchgängig) und mir alternative Fingersätze bei diesen Übungen etwas schwer fallen. Bei Bach kann ich mogeln.
 
Zuletzt bearbeitet:

Czerny wurde mir immer eher als "Geläufigkeitstraining" empfohlen ... und das hat mich abgeschreckt, weil ich dabei immer an das Tonleitergedudel denken musste, welches mir mein Gitarrenlehrer regelmäßig aufgab (auch das hat's gebracht ... aber ich habe Jahre gebraucht, um das wirklich einzusehen).
 
Hallo miteinander,

vielen herzlichen Dank für Eure Rückmeldungen, die meinen Horizont deutlich erweitern. Das Thema ist vielschichtiger, als ich dachte.
Ich fasse mal zusammen:

- Die 160 kurzen Übungen von Czerny (Demian, 2022)
- Wenn ich autodidaktisch übe, dann können sich Fehlhaltungen bilden -> guter Unterricht wärend der Zeit wäre daher gut (Stilblüte, 2022)
- Chopin-Etüden sind bereits ein Technik-Bootcamp (rolf, 2022) (oje, der Frédéric dreht sich gerade im Grabe um!) ... leider überwiegend nur für die rechte Hand, oder?
- man kann Technik auch am Repertoire erlernen, mit weise ausgewählten Stücken, insbesondere aus allen Epochen / Stilistiken (Stilblüte, 2022) ---> dafür müsste sich ein chopinfan ggf. etwas umstellen und auch wieder an Bach und Mozart gewöhnen. Haydn klappt immerhin schon ganz gut :-).
- ggf. auch ein paar Fingerübungen (Brahms z.B.) (Stilblüte, 2022)
- u. a. Mozart eignet sich fürs Techniktraining, aber auch Bach (frei nach Stilblüte, 2022)
- die 32 Cmoll Variationen von Beethoven (Granados, 2022) als "Technik-Muckibude" (Alter Tastendrücker, 2022). (oje, jetzt dreht sich der Ludwig im Grabe um).
- zwei Monate jeden Tag mindestens 2 - 3 Stunden die genialen Übungen des berühmten Komponisten Hanon (trm, 2022).

Je mehr ich über Eure Ideen nachdenke, desto mehr finde ich alle gut. (Vielleicht bis auf den Hanon ;-)).
Sobald ich mein akustisches Klavier habe, werde ich zur Tat schreiten und ausprobieren.
Manche "Fingerübung" könnte ganz gut sein, um z.B. den vierten Finger der linken Hand zu stärken.

Meine alte Klavierlehrerin schwörte damals auf Tonleitern und Akkorde (Dur, Moll, Septimakkorde, langsam schnell etc. über die ganze Tastatur rauf und runter). Leider habe ich damals nicht auf sie gehört und mir das Üben der Tonleitern überwiegend verkniffen. Vielleicht hätte ich dann weniger Technikprobleme als jetzt. Wer weiß.

Jedenfalls hoffe ich, dass ich noch nicht zu alt bin, um etwas Kultur in mein verwildertes Spiel zu bringen.
 
(oje, jetzt dreht sich der Ludwig im Grabe um).
Nein, der rotiert nicht unterm Rasen :-D
Die 32 Var. WoO 80 sind quasi seine "Etüdensammlung", beide Hände werden jeweils "einzeln" und zusammen in Arpeggien, Läufen, Passagen, Doppelgriffen "trainiert", bis auf die letzte Variation (quasi Konzertschluss) in angenehmer Kürze. Zugleich durchlaufen alle Variationen dasselbe (freilich peu a peu leicht abgewandelte) Akkordmuster, was für die Orientierung hilfreich ist. Die ebenfalls knappen Czerny Etüdchen basieren alle auf deutlich banalerem musikalischen Material, das mit Absicht, um die "technischen Aufgabenstellungen" nicht zu überfrachten.

...dass op.10 und op.25 von Chopin nur die rechte Hand trimmen, ist mir neu...;-)
 
dass op.10 und op.25 von Chopin nur die rechte Hand trimmen, ist mir neu
Und wem das nicht ausreicht, der hat vielleicht Lust und Zeit (und die entsprechenden Fähigkeiten!) die Godowski Varianten von op. 10,2, op. 10,4, und op. 10,12 sowie op. 25, Nr. 1 und Nr. 10 (um nur diese zu nennen) für fie Linke alleine zu üben!!
 

Manche "Fingerübung" könnte ganz gut sein, um z.B. den vierten Finger der linken Hand zu stärken.
Jedenfalls hoffe ich, dass ich noch nicht zu alt bin, um etwas Kultur in mein verwildertes Spiel zu bringen.
Nein nein! Die Finger sind stark genug! Ich mache mir jetzt gerade Sorgen, dass Du einigen Fehlvorstellungen unterliegst und übetechnisch ganz schnell auf dem Holzweg landest. Mir scheint ein Bootcamp mit Lehrer angesagt.
 

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