Stirbt klassische Musik irgendwann aus?

Das versteht sich? Leider nicht. Hatte vor eineigen Tagen eine heftige Diskussion mit einem Musiker, der partout nicht kapieren wollte, dass im Design genauso Mathematik & Regeln gelten wie in der Musik... :blöd:
 
Ergänzung: JEGLICHE Art von "Geschmack" ist eine (Aus-)Bildungssache!

Das ist sicher nur ein Faktor von vielen.
Wie wir Menschen auf akkustisches Reize reagieren ist teilweise angeboren, teilweise erlernt. Der angeborene Teil bezieht sich darauf, dass unsere Überlebenschancen stiegen, wenn wir akkustisches, visuellen, geruchlichen und haptischen Reizen mit Emotionen und darauffolgenden körperlichen Reaktionen begegneten. Das heißt, dass wir beim Brüllen eines Säbelzahntigers oder beim Anblick einer giftigen Schlange adäquat reagierten.
Dieser Aspekt der Kopplung von Vernunft, Emotionen und Körper ist der angeborne Teil.
Durch Lebensbedingungen, Erfahrungen, Sozialisierung, Bildung u.s.w.
des. Dazu Einzelnen ergibt sich zusätzlich eine Vaiabilität, wie bei den angeborenen Faktoren.
Das führt dazu, daß wir akkustische Reize unterschiedlich interpretieren.

Ich reagiere auf eine bestimmte sehr dunkle Heavy Metal Musik mit Angst und Aggression, schließe alle Fenster, wenn im nahegelegenen Jugendhaus eine solche Band gastiert und der Wind ungünstig weht, während meine Freundin selig von einem Wacken Festival zurückkehrt. :kuscheln::musik::schweigen:

Bestimmte Lieder machen gute Laune , da kannste dich kaum gegen wehren :-D, ist auch super für verspannte Rückenmuskulatur.

Die Psychosomatik ist sowas von spannend! :herz:

Viele Grüße
Marion
 
Marion, Du hast recht, was "Akzeptanz & Gefallen" angeht - aber das hat weniger mit "Geschmack" zu tun. Ich denke nicht, dass Du dunklen Heavy Metal per se als geschmacklos aburteilst, auch wenn das bei Dir Agression & Angst auslöst. Meine Frau erträgt es auch nicht, wenn ich z.B. Magma höre - diese Musik macht ihr Angst. Sie würde diese Musik aber nie als schlechte/dumme/ Musik verurteilen, weil Sie eben die nötige Bildung hat.

Umgekehrt: Der "Happy"-Song des letzten Jahres gefällt 99% der Leute - mir auch. Aber deswegen ist das noch lange keine Kunst, nicht mal "gute" Musik...
 
Ähem, dünner Mann, wir reden von versch. Songs ;-)

 
Marion, Du hast recht, was "Akzeptanz & Gefallen" angeht - aber das hat weniger mit "Geschmack" zu tun. Ich denke nicht, dass Du dunklen Heavy Metal per se als geschmacklos aburteilst, auch wenn das bei Dir Agression & Angst auslöst. Meine Frau erträgt es auch nicht, wenn ich z.B. Magma höre - diese Musik macht ihr Angst. Sie würde diese Musik aber nie als schlechte/dumme/ Musik verurteilen, weil Sie eben die nötige Bildung hat.

Nein n, ich halte dunklen Heavy Metal nicht für geschmacklos, darüber kann ich mir kein Urteil bilden, da ich dieser Musik möglichst aus dem Weg gehe. Ich verurteile diese Musik nicht, weil ich einen hohen Bildungsstand habe, sondern weil ich nicht in der Lage bin, da ich mich darauf nicht einlassen kann und will.

Ich finde diese Diskussion so spannend, weil ich wirklich daran interessiert bin die Argumentation derjenigen zu hören, die beruflich eine musikalische Grundlage haben.

Ich traue mir keine klare Bewertung von guter bzw. schlechter Musik zu. Manchmal gibt es klare und simple Lösungen, und da ich manchmal etwas verkopft bin, fände ich das klasse !

Viele Grüße
Marion
 
Ich finde diese Diskussion so spannend, weil ich wirklich daran interessiert bin die Argumentation derjenigen zu hören, die beruflich eine musikalische Grundlage haben.

Naja, man könnte sich ja mal auf einem Stromgitarrenforum oder Metallerforum umhorchen. Mitunter gibt's ja auch solche, die mit der Stromgitarre ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Ich traue mir keine klare Bewertung von guter bzw. schlechter Musik zu.

Ich schon. Ist halt eine subjektive Bewertung. Ich bin weit weg von der irrigen Annahme, mein Geschmeck oder meine Präferenzen könnten ausserhalb meiner selbst irgendwie objektivierbar sein.

Sollte für alles gelten.

Da kann der gebildeste aller Hochschulprofessoren und/oder begnadeste Pianist unter der Sonne sagen, dass Stück A toll ist ... es gibt genug, die das anders sehen.

Man kann höchstens sagen, dass einem Stück eher eine originelle Idee innewohnt oder eher Abklatsch ist, ob's komplex oder simpel ist, aber ob's gefällt ist immer subjektiv.

De gustibus non est disputandum.

Es gibt ja auch Leute, die keine Schokolade mögen. Egal, wie teuer und aufwenidg sie hergestellt wurde.

Grüße
Häretiker
 

Hi Häretiker,
so habe ich es gemeint, aber nicht so treffend gesagt, wie du. Eine subjektive Bewertung kann ich auch abgeben, ich frage mich, ob eine Objektivierung in der Bewertung von Kunst möglich ist.

Meine Urteilskraft ist im beruflichen Umfeld nicht eingeschränkt. Ich habe meinen Beruf von der Pike auf gelernt, bilde mich ständig fort und kann durch Supervision und Rückmeldung eine Beurteilung meiner Arbeit abgeben.

Wie ist das in künstlerischen Berufen, ist gibt es aufgrund einer soliden Basis , durch solide Aus- und Weiterbildung die Möglichkeit einer Einordnung von gut und schlecht z.B. In der Musik oder in der bildenden Kunst?

Ich frage mich das auch, weil ich bei den Profis und vielen anderen eine ausgeprägte Überzeugung erlebe hier im Forum . Und das macht mich neugierig. :denken:

Viele Grüße
Marion
 
Man kann zu 70-80% Kunst objektiv bewerten. Bei den restlichen 20-30% schlagen sich die Experten die Köpfe ein. Das hat nun aber gar nichts damit zu tun, ob es GEFÄLLT! Vielmehr geht es um die "Gestaltungshöhe" - und die kann relativ (!!!!) objektiv von Fachleuten festgestellt werden. Allerdings muss auch dazu stets die GEISTESHÖHE der Experten ausreichend sein. Wenn also in einem "Kunstgremium" lauter bessere Kunsthandwerker sitzen, so wird man joseph Beuys z.B. die Gestaltungshöhe absprechen.

Im Zweifelsfall habe ich immer die Frage: Bewegt das was? Verändert es etwas beim Betrachter/Zuhörer? Klingt/Schwingt es nach?

Ich denke, Ihr werdet das im Bereich Film sehr gut nachvollziehen können. Es gibt Filme, die guckt man - und das wars dann auch. Und mann kann durchaus begeistert aus dem Kino gehen. Aber - nach 30 min ists vorbei.
Und es gibt Filme, die gefallen vielleicht gar nicht - aber die schwingen nach. Tage- gar wochenlang...

Thats the difference.

Aaaaber: Auch ein Film ohne nachhaltige Resonanz kann aufgrund seiner Dialoge, seiner Kameraführung, seiner Ästhetik Kunst sein. Auch wenn er nix bewegt. Miechelangelos David z.B. bewegt kaum. Dennoch ist das kompositorisch/äthetisch zweifelsfrei "Kunst". Beuys' Fettecke ist wenig ästhetisch - aber sie bewegt. Wer das abstreitet, soll sich die Betrachter anschauen ;-)
 
Einerseits:

modernart.jpg


Andererseits:

4617060730663_zgIGdSkR_l.jpg


Und in der Klaviermusik haben wir TEY ... das erfüllt Bild 1 (das hätte ich theoretisch komponiert haben können, habe ich aber nicht), aber nicht Bild 2.

Wie ist das mit Cage 4'33"? Wo ist da die Schöpfungshöhe, vergleichen mit einer Mozartsonate? Wenn ich die Wahl hätte zwischen beiden, wüsste, ich, was ich mir lieber anhöre. Tipp: das Werk ist im 20. Jhd. entstanden.

Bei Strawinskys "Frühlingsopfer" war ja noch Skandal und Leben in der Bude (eindeutig Bild 2 erfüllt) ... wo ist das heute? Kann es das noch geben? Oder ist die klassische Musik unterteilt in Kunstgewerbe (Reproduktion mindestens 100 Jahre alter Musik auf hohem Niveau) und Avantgarde (das Zeuch, das keiner hören will ausser ein paar Bekloppte)? Wenn das so ist, dann ist klassische Musik nicht tot, sondern grösstenteils untot, ein Zombie. Genährt von der Glorie vergangener Tage.

*malprovokantindenraumstell*

Grüße
Häretiker
 
Oder ist die klassische Musik unterteilt in Kunstgewerbe (Reproduktion mindestens 100 Jahre alter Musik auf hohem Niveau) und Avantgarde (das Zeuch, das keiner hören will ausser ein paar Bekloppte)? Wenn das so ist, dann ist klassische Musik nicht tot, sondern grösstenteils untot, ein Zombie. Genährt von der Glorie vergangener Tage

Letzteres kann man so nur behaupten, wenn man die neue Musik stets durch die alte Brille sieht, ohne sich darauf einlassen (zu wollen). Nono, Zimmermann, Xenakis, Takemitsu (neulich erfreulicherweise auch ein Stück von Stilblüte eingespielt) und noch viele! andere komponieren jenseits des Terminus "I could do that". Man mag behaupten "keiner will das hören", aber letztlich möchte sich nur keiner die Mühe machen sich in neue bzw. eigene Klangsprachen der Komponisten hineinzudenken. Musik die "einfach so gehört" werden kann wird ja auch en masse produziert.

Und ich revidiere gleich meine Aussage ein wenig, ich kenne zum Glück nicht gar so wenige Menschen, die sich genau diese "Mühe" liebend gerne machen, sich mit den Klangsprachen der jeweiligen Komponisten vertraut zu machen :-)

Schönen Gruß, Raskolnikow
 
@Häretiker
Wenn "das Zeuch keiner hören will ausser ein paar Bekloppte" – wie erklärst du die Tatsache, dass z.B. alle Vorstellungen von B.A. Zimmermanns "Soldaten" in der Bayerischen Staatsoper in dieser Spielzeit restlos ausverkauft waren? Dasselbe gilt für Wozzeck und Lulu, auch wenn diese Werke schon ein wenig älter sind. Leben in München nur Bekloppte?

LG, Mick
 
@Häretiker
Wenn "das Zeuch keiner hören will ausser ein paar Bekloppte" – wie erklärst du die Tatsache, dass z.B. alle Vorstellungen von B.A. Zimmermanns "Soldaten" in der Bayerischen Staatsoper in dieser Spielzeit restlos ausverkauft waren? Dasselbe gilt für Wozzeck und Lulu, auch wenn diese Werke schon ein wenig älter sind. Leben in München nur Bekloppte?

LG, Mick

Wusste ich nićht ... ach, prima ... bei mir in der Provinz sieht's da halt düsterer aus. Ist wohl eine Frage des Einzugsgebiets. Naja, ich könnte ja auch mal nach Kölle schielen, was da so los ist.

Schön, wenn auch mal Musik des 20. Jhd gespielt wird und es ist nicht 'Land des Lächelns' von Lehar.

Grüße
Häretiker
 
Da kann der gebildeste aller Hochschulprofessoren und/oder begnadeste Pianist unter der Sonne sagen, dass Stück A toll ist ... es gibt genug, die das anders sehen.

Man kann höchstens sagen, dass einem Stück eher eine originelle Idee innewohnt oder eher Abklatsch ist, ob's komplex oder simpel ist, aber ob's gefällt ist immer subjektiv.
[1]
De gustibus non est disputandum.
[2]

Es gibt ja auch Leute, die keine Schokolade mögen.
...hört sich ja griffig an - aber bleibt das auch noch so, wenn man das genauer anschaut?
[1] Geschmack beschreibt das subjektive Gefallen, ist kein Qualitätsurteil
[2] das sagt uns allerdings nicht, ob Schokolade künstlerisch wertvoll ist oder nicht

machen wir einen Test:
[2] mir schmeckt kein Kuchen - ist Kuchen deswegen jetzt Kunst? oder ist er kein Kunst?
mir gefällt das Weihnachtsoratorium nicht - ist es deswegen unkünstlerisch?
:-D

"Geschmack" als banale Gefallens- oder Missfallensbekundung, egal in welcher statistischen Größenordnung, sagt nichts über vorhandene oder fehlende (künstlerische) Qualität. (um auch ein griffig scheinendes Exempel zu strapazieren: nur weil Milliarden Fliegen sich auf Scheiße setzen und davon naschen, ist Scheiße kein erstrebenswertes Gut) ;-)
 

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