Stirbt klassische Musik irgendwann aus?

Man kann in einem Forum für Volkswagen-Fans und Freaks nicht neutral über die Qualität und die Notwendigkeit von Automarken diskutieren.
 
Moin!

...hört sich ja griffig an - aber bleibt das auch noch so, wenn man das genauer anschaut?
[1] Geschmack beschreibt das subjektive Gefallen, ist kein Qualitätsurteil
[2] das sagt uns allerdings nicht, ob Schokolade künstlerisch wertvoll ist oder nicht

machen wir einen Test:
[2] mir schmeckt kein Kuchen - ist Kuchen deswegen jetzt Kunst? oder ist er kein Kunst?
mir gefällt das Weihnachtsoratorium nicht - ist es deswegen unkünstlerisch?
:-D

"Geschmack" als banale Gefallens- oder Missfallensbekundung, egal in welcher statistischen Größenordnung, sagt nichts über vorhandene oder fehlende (künstlerische) Qualität. (um auch ein griffig scheinendes Exempel zu strapazieren: nur weil Milliarden Fliegen sich auf Scheiße setzen und davon naschen, ist Scheiße kein erstrebenswertes Gut) ;-)

Aufhänger war 'Bewertung'. Wie bewerte ich Musik?

Gibt es objektivierbare Kriterein? Ja, ich erwähnte z.B. den 'Einfall'. Dann gibt's noch die Frage nach dem Handwerk, aber da wird's schon schwierig. Das ist so, als wenn man den Faltenwurf der Gemälde alter Meister mit Piet Mondrian vergleicht. Oder Konsequenz, 4'33" ist konsequent. Oder man spilet auf der Meta-Ebene von Zitaten, konstriert bewusst Banales mit Wasweissich.

Und je mehr man sich diesen objektiven Kriterein hingibt, desto mehr merkt man ... nee falsch angefangen.

Ja mehr ich mich mit objektivierbaren Kriterien beschäftige, desto mehr merke ich, wie wenig man eigntlich wirklich objektivieren kann. Und die Objektivierbarkeit steht und fällt mitunter mit meinem persönlichen Geschmack. Was sagt Kant eigentlich dazu?

"...
In seiner kritischen Begründung der Ästhetik untersucht Kant den Geltungsanspruch ästhetischer Urteile. Wer zu ästhetischen Urteilen über das Schöne fähig sei, beweise Geschmack. Geschmacksurteile sind subjektiv und empirisch auf einen Einzelfall, eine Landschaft, ein Kunstwerk bezogen: „Das Geschmacksurteil ist also kein Erkenntnisurteil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund nicht anders als subjektiv sein kann.“
...
Obwohl Geschmacksurteile nicht beweisbar sind, beanspruchen sie, allgemein zustimmungsfähig zu sein, richten sich also auf eine Allgemeingültigkeit und sind entsprechend formuliert („Das Bild ist schön“ nicht: „Das Bild ist für mich schön“). Sie beanspruchen Allgemeingültigkeit, insofern sie „das Wohlgefallen an einem Gegenstande jedermann ansinne(n)..."[4]

Im Gegensatz zu wissenschaftlichen und moralischen Aussagen haben ästhetische Urteile für Kant keine
objektive, sondern eine subjektive Allgemeinheit.
..."
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kritik_der_Urteilskraft#Geschmack

Ohne jemanden auf den Schlips treten zu wollen, aber mir fällt es einfach schwer, objektiv das Handwerkliche zu bewerten, wenn ich das Produkt nicht mag; mag ich keine Schokolade, Scheisse oder Mozart, kann ich darüber schlecht urteilen.

Und diese subjektive Allgemeinheit ist m.E. nicht gegeben, bzw. bei jedem etwas oder gewaltig anders. Die einen mögen das 'polierte', die anderen das 'fertige'. Mozart gegen Punk.


Ich werde mal eine gute Bekannte fragen, die ich sehr schätze. Sie kennt sich in beiden Gebiten, Philosophie (speziell Kant) und Musik und auch an 'neuer Musik' sehr interessiert.


Grüße
Roland
 
Dann gibt's noch die Frage nach dem Handwerk, aber da wird's schon schwierig. Das ist so, als wenn man den Faltenwurf der Gemälde alter Meister mit Piet Mondrian vergleicht.
Das geht durchaus - denn die Berrschung des Pinsels und des Faltenwurfs ist nur EINE handwerkliche Disziplin. Daneben gibt es z.B. "Komposition, Spannung, Harmonie, Dissonanz, etc".

Ohne jemanden auf den Schlips treten zu wollen, aber mir fällt es einfach schwer, objektiv das Handwerkliche zu bewerten, wenn ich das Produkt nicht mag
Vielleicht bin ich nicht "normal", aber mir fällt es viel leichter, Dinge objektiv zu bewerten die ich NICHT mag. Da ist nämlich der nötige Abstand gegeben. Allerdings ist das in lukullischen Dingen natürlich schwierig - wenn mich Stierhoden ekeln, kann ich sie auch schwerlich geschmacklich bewerten. Da ich aber in diesem Bereich kein Profi bin, unterstelle ich einfach mal, dass z.B. Spitzenköche über die Frage nach Ekel oder nicht erhaben sind und ihre Instinkte der Neugier unterordnen können. Anthony Bourdain (Ein Koch reist um die Welt) kann es zumindest lt. eigener Ausage.
 
Ja mehr ich mich mit objektivierbaren Kriterien beschäftige, desto mehr merke ich, wie wenig man eigntlich wirklich objektivieren kann. Und die Objektivierbarkeit steht und fällt mitunter mit meinem persönlichen Geschmack. Was sagt Kant eigentlich dazu?
der sagt eigentlich nirgendwo, dass abstrakte Objektivierbarkeit mit irgendwessen subjektivem Geschmack stehen oder fallen würde*) - abgesehen davon, dass weder die Kritik der reinen Vernunft noch die Kritik der Urteilskraft partout Standardwerke speziell zur Ästhetik, gar Musikästhetik wären...
______________
*) ein noch so aufrichtiges subjektives Geschmacksurteil wie z.B. "XY findet Pizza gräßlich" sagt nichts über die Qualität irgendeines Nahrungsmittels aus, und es berührt objektive Urteile zur Qualität schlichtweg gar nicht. Die Frage, ob Pizza innerhalb der Kochkunst einen hohen oder niedrigen Stellenwert einnimmt, wird von XY´s privatem Geschmack weder beantwortet noch entschieden.
 
Rolf, da kann man bei vielen Leuten genauso gut gegen eine Wand reden, die werden das nicht einsehen.

Bei Essen, Literatur, bei allem möglichem akzeptieren die Leute mühelos, dass Qualitätsmaßstäbe etwas anderes sind als persönliches Gefallen oder persönlicher Geschmack. Niemand würde auf die Idee kommen, zu buhuhuen, dass die Currywurst von Manni's Imbis's genauso gut sei wie ein Fünfsternemenü oder dass ein "Dr. Stefan Frank"-Groschenheft sich im Prinzip nur dadurch von den "Buddenbrooks" unterscheide, dass die einen halt das eine, die anderen das andere gerne lesen.

Nur in der Musik herrscht der unausrottbare Irrglaube, dass es dort anders sei.
Was u.a. an 2 Sachen liegt: 1) Die unterirdische Musik-Bildung durch Schule usw. (im Gegensatz zu anderen Fächern ist es den meisten scheißegal, ob sie in Musik eine gewisse Bildung erlangt haben); 2) die allgegenwärtige kommerzielle Popkultur, die den Musikgeschmack auf unglaubliche Weise trivialisiert und gleichgeschaltet hat sowie die Ansicht in die Hirne gepflanzt hat, dass das Beherrschen instrumentalen oder kompositorischen Handwerks unwichtig sei bzw. dass gar Leute, die es nicht wirklich können, die wahren, sich unmittelbarer ausdrückenden Talente seien.
 
Zur Qualität:

ich schrieb weiter oben:

Man kann höchstens sagen, dass einem Stück eher eine originelle Idee innewohnt oder eher Abklatsch ist, ob's komplex oder simpel ist, aber ob's gefällt ist immer subjektiv.

Also bei der Currywurst kann ich sagen, ob da ein 08/15-Produkt eingekauft wird, die Syuße aus der Tube kommt und ohne Liebe einfach zusammengeklatscht wird.

Oder ob ich eine Biowurst vom Metzger kaufe, mir eine hochwertige Suasse suche, den passenden Curry suche (Schubeck ist teuer), die Pommes wie die Belgier aus frischen Karatoffeln herstelle, zweimal mit verscheidenen Temperaturen frittiere und nett anrichte. Dann habe ich eine deutlich höherwertige Currywurst.

Bei der Currywurst kann ich das nachvollziehen. Ich kann den Produktionsprozess begutachten, das Zertifikat von der Wurst beleuchten, am Curry riechen.

Wir aber legen fest, dass diese Art, eine Currywurst zu produzieren besser ist. Das ist vielleicht mit Kants 'subjektiver Allgemeinheit' gemeint. Das ist unsere Übereinkunft.


So, und jetzt soll ich sagen, ob Mozart gute Musik ist. Mir geht Mozart auf den Keks. Das meiste davon, jedenfalls. Hat Mozart weniger qualitiv gut gearbeitet als Bach, den ich schätze? Es fällt mir schwer, das zu beurteilen. Oder ob ein bestimmets Stück von Mozart kompositorisch besser ist als ein anderes. Kann ich nicht gut.

...
Und diese subjektive Allgemeinheit ist m.E. nicht gegeben, bzw. bei jedem etwas oder gewaltig anders. Die einen mögen das 'polierte', die anderen das 'fertige'. Mozart gegen Punk.
...

Ja, ich kann sagen, ob ein Stück Musik bestimmte Kriterien erfüllt. Dann muss ich aber die Annahme machen, dass es sowas wie allgemeingültige Gesetzte geben muss, die objektiv bewerten:
erfüllt Kriterien für harmonie, Disoonanz, .... und am Schluss kommt heraus:
"Stiftung Musiktest hat 10 Sonaten verglichen, mit 'gut' wurden bewertet ...."

Da tue ich mich schwer.

Musik mus mich irgendwie packen können. Mozart packt mich nicht. Da kann ich keine emotionale Identifikation mit aufbauen, da ist nicht numinoses oder erhebendes für mich. Dann lieber mongolischen Unterton-Gesang, ehrlich.

Und das ist letztendlich bei Literatur (ich denke and die hochwertige Literatur im Deutschunterricht, die ich meistens grässlich fand), Essen (ich hasse kalten Käse) und vielen anderen Bereichen genauso.


Und wenn ich mir die Autos von heute anschaue, verstehe ich nicht, dass diese optischen Verbrechen begangen wurden von Leuten, die das studiert haben. Der Sickenkrieg (hier noch 'ne Falte im Blech, da ncoh 'ne Sicke', ...) ist gewaltig von meinem Empfinden entfernt.

Anscheinend bin ich damit in der Minderzahl, designer, Käufer und Preiskomitees sehen das anders. Habe ich jetzt schlechten Geschmack? Ganz offensichtlich. Stirbt das klassiche Autodesign aus? Gute Frage, was ist klassiches Autodesign?


Grüße
Häretiker
 
Häretiker, ob Du als x-beliebiger Pups nun Mozart nicht packend findest, interessiert für eine qualitative Beurteilung Mozarts NULL.

Wenn Glenn Gould hingegen fachlich fundierte Dinge sagt, dann kann man zumindest interessante Dinge darüber erfahren, welche Dinge Mozart nicht so gut beherrschte wie z.B. Bach (was aber letztlich auch erstmal irrelevant ist, weil er mit anderen Dingen brillierte und ja gar nicht in Bachs Fußstapfen treten wollte - ich sage ja auch nicht, dass Brahms scheiße ist, weil er nicht so fortgeschrittene Harmonien verwendet hat wie Wagner) und warum Mozart in der Tat nicht zu Goulds Musikauffassung passte.
 
Häretiker, ob Du als x-beliebiger Pups nun Mozart nicht packend findest, interessiert für eine qualitative Beurteilung Mozarts NULL.

Richtig. Den Anspruch habe ich mir nie gegeben, dass das allgemeingütltig sein könnte.

Übrignes: Diese Forum ist voll von x-beliebigen Pupsen und an die wurde auch die Ursprungsfrage gestellt. Nicht an Fachleute. Sondern an x-beliebige Pupse wie Du und ich. :-)

Wenn Glenn Gould hingegen fachlich fundierte Dinge sagt, dann kann man zumindest interessante Dinge darüber erfahren, welche Dinge Mozart nicht so gut beherrschte wie z.B. Bach (was aber letztlich auch erstmal irrelevant ist, weil er mit anderen Dingen brillierte und ja gar nicht in Bachs Fußstapfen treten wollte - ich sage ja auch nicht, dass Brahms scheiße ist, weil er nicht so fortgeschrittene Harmonien verwendet hat wie Wagner) und warum Mozart in der Tat nicht zu Goulds Musikauffassung passte.

Kein Wunder.

Experte für Gebiet X kann faszibinernde Details in Gebiet X erzählen und auch interessante Vergleiche anstellen.

X kann sein:
klassische Musik, Tennis, Schwulenpornos, Synchronschwimmen, Schach, Popmusik, Currywurst, ...

Wynton Marsalis hat auch eine Meinung über Jazz und kennt faszinierende Details. Trotzdem heisst das noch lange nicht, dass ich sein Urteil anerkennen muss, er ist für mich kein Über-Vater, sondern ich versuche, mit ein eigenes Urteil zu bilden.

Das versuche ich überall, wobei mich Schach (früher) und klasssiche Musik mehr interessiert als Schwulenpornos und Synchronschwimmen. Aber wer weiss, welche fasziniernden Details ich da verpasse, horche ich den Experten nicht ...

Grüße
Häretiker
 
Nur in der Musik herrscht der unausrottbare Irrglaube, dass es dort anders sei.
Ach wäre es denn so - ich würde vor Glück kaum noch klar denken können...

Was glaubst Du, womit wir Designer uns abplagen dürfen, was Architekten aushalten müssen und erst recht Bildhauer und Maler, die das "Glück" haben, dass die öffentliche Hand Werke aufkauft. Das gabs schon Fälle, die kurz vor Lynchjustiz standen, weil die "Masse" sich wohl seit der Bücherverbrennung kaum geändert hat.
 

Man kann hier gebetsmühlenartig wiederholen, dass dieses Phänomen für alle Fachgebiete gilt. Es wird aber leider nicht gehört. ;-)
 
So, und jetzt soll ich sagen, ob Mozart gute Musik ist. Mir geht Mozart auf den Keks. Das meiste davon, jedenfalls. Hat Mozart weniger qualitiv gut gearbeitet als Bach, den ich schätze? Es fällt mir schwer, das zu beurteilen.
...und auf dieser bei Licht besehen doch sehr bescheidenen musikalischen Grundlage verfasst du lange Beiträge zum Thema Musik? ...
 
Das machen 90% der Leute hier. Ist Dir das etwa noch nicht aufgefallen? :-D
 
.......... Mir geht Mozart auf den Keks. Das meiste davon, jedenfalls.......

Ja die Popstars von damals: Bach, Haydn, Mozart, Beethoven und und und. Man mag halt Denjenigen oder eben nicht. Die Popstars von heute Rolling Stones, Beatles, Qeen und und und mag man auch nicht alle.

Ups ... jetzt erwarte des Vergleichs wegen ein "Shitstorm" über mich :cry:
 
Die Popstars von heute Rolling Stones, Beatles, Qeen und und und mag man auch nicht alle.
Ups ... jetzt erwarte des Vergleichs wegen ein "Shitstorm" über mich :cry:

Ja, die Popstars von heute ...die Stones und Beatles, natürlich Queen.....:schlafen:

Der Vergleich erinnert irgendwie an "und täglich grüsst das Murmeltier"

Hallo! Aufwachen - wir schreiben 2015 :idee:
 
Das sind keine "Popstars von heute". Das sind "Klassiker", und sie haben noch richtige Musik gemacht und ihre Instrumente beherrscht. Heute müssen wir dagegen Lady Gaga und Co ertragen... :-(
wenns wenigstens "nur" ihre Musik wäre. Aber das ist ja leider nicht alles. Das ganze Drumherum geht mir sowas von auf den Docht. Es kotzt mich langsam an, wenn ich zum x-ten Mal diesen Justin Bieber dööflich über seinen Brillenrand glotzend und Stirn runzelnd sehen muss. Nein, es sieht auch beim 100. Mal nicht erwachsen aus. Dazu noch die vollgeschi$$.... Strampelhose. OMG! :blöd:
 
Das ganze Drumherum geht mir sowas von auf den Docht. Es kotzt mich langsam an, wenn ich zum x-ten Mal diesen Justin Bieber dööflich über seinen Brillenrand glotzend..... :blöd:

Da gebe ich dir Recht. Trotzdem, sofern man der Geschichten und Briefen über und von Mozart glauben darf, hättest du dich sehr wahrscheinlich damals noch mehr aufgeregt.
 
Lady Gaga ist eine kompetente Musikerin und kann wirklich singen.

Bitte nicht einfach dumm irgendwelche modischen Meinungen nachplappern.

(Dass sie sich entschieden hat, viele geschmacklich und musikalisch sehr fragwürdige Sachen auf den Markt zu werfen, steht auf einem anderen Blatt.)

Vergleiche zwischen Bach/Mozart und irgendwelchen Popgruppen (und seien es Beatles, Queen oder Supertramp) gehen fehl, da bei ersteren der Grad der Kreativität und musikalischen Kompetenz einfach UNGLEICH viel höher ist. Nichts gegen einen guten Popsong! Aber es zeugt mal wieder von mangelnder Bildung, große Komponisten (die überdies noch fantastische Pianisten und legendäre Improvisatoren waren) auf eine Stufe mit Popmusikern zu stellen. Das beweist nur, dass derjenige, der das tut, zu wenig über Musik weiß und zu wenig Respekt gegenüber den wirklichen Künstlern und Könnern besitzt.
 

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