Stimmnägel Restaurieren

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Hallo Experten,

an meinem zweiten Tafelklavier :floet: müssten die Stimmnägel etwas restauriert werden. Sie sind urspünglich blaugehärtet, haben aber einigen Rost angesetzt. Für die obere Hälfte sehe ich ja kein Problem, die Dinger in die Bohrmaschine zu spannen und mit Schleifpapier wieder blank zu machen. Bei der unteren Hälfte fürchte ich aber, dass dabei zu viel Material verloren geht und die Nägel dann nicht mehr so fest sitzen...

Weiß jemand Rat? Und kann man die Nägel anschließend mit irgendetwas vor Rost schützen?

Danke für Eure Hilfe sagt

Die Drahtkommode
 
Wenn die Dinger erst einmal raus sind kenne ich nur einen vernünftigen Weg, nagelneue mit einem größeren Durchmesser reinsetzen. Und wenn die schon komplett angerostet sind sollte man auch einen Blick auf (besser in) die Bohrlöcher und auch einen Blick auf den gesamten Stimmstock werfen.

Lieber einmal vernünftig arbeiten als etliche Male geflickt.

VG
 
Sind sie schon draußen? Haben sie unten denn überhaupt nennenswerten Rost? Ich habe schon Nägel (also keine Stimmnägel, sondern ganz normale) aus Holz gezogen, die fielen außen schon fast außeinander vor Rost und waren da, wo sie im Holz steckten noch blank. Könnte mir vorstellen, dass das bei Stimmnäglen ähnlich ist. Was sagen die Fachleute, die sowas schon öfter demontiert haben?
 
Wenn die Stimmwirbel noch drin sind und fest im Stimmstock sitzen und die Saiten noch drauf sind und das Tafelklavier die Stimmung auch hält, würde ich nur vorsichtig oberflächig den losen Rost mit einer kleinen Handmaschine, Dremel oder ähnlichem wegbürsten, mit einer Kupferzopfbürste oder Topfbürste. Keinesfalls irgendwelche Flüssigkeiten, Öle, Fette oder Ähnliches drauf, zwecks "Rostschutz"..! Blaue Stimmwirbel rosten so schnell auch in aller Regel nicht erneut.

Vielleicht ist das Bild dann in Ordnung. Dann wäre es nur ein optischer Fehler.

Hält aber das Tafelklavier die Stimmung nicht, oder sind auch Saiten in hohem Maße rostig oder sonstwie klanglich nicht mehr in Ordnung, dann ist im Zuge einer Neubesaitung bei rostigen Wirbeln dann auch ein neuer Satz Stimmwirbel (u.U. in Übergröße) fällig, u.U. mit vorsichtigem Aufbohren der Stimmstockbohrungen auf das korrekte Maß - voraussetzend, dass der Stimmstock als Holzteil nicht rissig ist. Wird auch der Stimmstock ersetzt, wegen Rissen oder auf Verdacht, dann wird man das Neu-Normalmaß an Stimmwirbeln einbauen.

Ich würde nicht in einen neuen Stimmstock die alten, ehemals angerostet gewesenen Stimmwirbel erneut einbauen. Es sei denn, die Stimmwirbel wären nicht beschaffbar, mit Spezialgeometrie bzgl. oberem Ende oder ähnlichem, das man aus Gründen der Originalität erhalten wollte. Das ist dann eher Spezialistensache, wie man alte, originale, rostig gewesene Stimmwirbel so behandelt, dass man sie wiederverwenden kann.
 
Danke für eure Tipps.

@ Klavierbau und Wiedereinaussteiger: Neue Stimmnägel machen ein historisches Instrument in den Augen vieler Menschen quasi wertlos...! Und dann auch noch für neue Nägel aufbohren, nee nee!

Da die Saiten erneuert werden müssen, werde ich alle Nägel vorsichtig entrosten, das sollte reichen. Der Stimmstock ist übrigens tadellos, der Reso auch... Dat war noch Qualität! :)

Es grüßt
Die Drahtkommode
 
Hallo,

hierzu direkt mal eine Frage an die Experten: wie wahrscheinlich ist es denn, dass ein Resonanzboden eines Instrumentes von hundert Jahren oder älter noch heil ist und gleichzeitig seine Wölbung behalten hat? Ich meine, ist es nicht völlig normal, dass das Holz, selbst bei stetig guter Luftfeuchtigkeit zwischen 45%und 60% irgendwann einmal reißen wird? Und wenn es dann doch nicht gerissen ist, liegt dies an der Holzqualität oder an anderen "Tricks" der Hersteller?

Grüße Ka8
 
Zu den Stimmnägel - ich nehme an es sind Flachkopfwirbel - diese sind im Handel erhältlich, und warum sollte es das Instrument wertloser machen? Diese sind doch nach originalen Muster hergestellt. (wenn es nicht gerade handgeschmiedete sind). Dann kann man ja auch bei den Saiten sagen "wert haben nur die Originalen, nur klingen tun sie nicht mehr". Wenn im übrigem neue Saiten auf die alten Wirbel aufgezogen werden, sind die Wirbel lose, sie halten die Stimmung also nimmer .

Das Resonanzböden von historischen Instrumenten noch völlig in Ordnung sind, ist durchaus möglich, man hat in der Vergangenheit sehr gut abgelagertes Holz verwendet, welches nicht mehr groß arbeitete - wenn die Instrumente dann über die Zeit hinweg noch verhältnismäßig gut standen, kann der Resonanzboden sich auch noch über weitere Zeit gut halten.

Viele Grüße

Styx
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke für eure Tipps.

@ Klavierbau und Wiedereinaussteiger: Neue Stimmnägel machen ein historisches Instrument in den Augen vieler Menschen quasi wertlos...! Und dann auch noch für neue Nägel aufbohren, nee nee!

Da die Saiten erneuert werden müssen, ...

Ach, neue Saiten sind ok und neue Stimmnägel verringern den Wert? Und lose sitzende alte Nägel, an den herumgeschruppt wurde und die die Stimmung nicht mehr halten sind wertsteigernd? Das sind ja komische Ansichten.

Klingt so, als wenn jemand ein Instrument verkaufen will und natürlich kein Rost sichtbar sein darf. Dann noch schöne blanke Saiten und schon rollt der Rubel. Das bei der Kiste die Stimmung nicht mehr hält, egal, soll sich doch der nächste mit rumschlagen.

Aber du willst das Instrument ja sicherlich nicht verkaufen und nimmst dieses kleine Defizit gerne bewusst in Kauf.
 
Neue Stimmnägel machen ein historisches Instrument in den Augen vieler Menschen quasi wertlos

Hallo Drahtkommode,
hmmmm... selbst wenn es so wäre, stellt sich doch zunächst die Frage, ob du zu eben diesen Menschen zählst. Denn es ist ja schließlich dein Tafelklavier.
Und falls du mit dem Verkauf liebäugelst - such dir doch als Adressaten all diejenigen Menschen, die anders denken. Wär bestimmt nicht das Schlechteste.
Und Achtung: Unter diesen, die mit sachgerechten neuen Wirbeln in einem historischen Instrument gut leben können, gibt es umgekehrt ganz sicher eine erkleckliche Anzahl, die bei neuen Saiten auf alten Wirbeln sehr skeptisch wären. Und das mit Recht.

Es gibt aber ggf. auch noch andere Möglichkeiten, die dir womöglich zusagen. Mit Chance könnte es sein, dass du von irgendwo her historisch getreue ungebrauchte Wirbel in etwas größerem Durchmesser bekommen kannst. Das ist bestimmt die nobelste Variante. Weniger nobel, aber durchaus o.k. könnte auch dies sein: Du verwendest größenmäßig passende gut erhaltetene gebrauchte Wirbel von einem anderen alten Instrument. Wobei im Verkaufsfalle selbstverständlich anzuraten wäre, dies dann den etwaigen Interessenten/innen auch mitzuteilen.

Und noch etwas: Die schonendste Möglichkeit, rostige Wirbel aufzuhübschen, besteht sicher darin, sie gründlich mit Wasser und viel Seife zu waschen. Klingt gruselig, hilft aber gut. Gründlich abspülen ist natürlich Pflicht, gründlich abtrocknen mit sauberem chemiefreiem Tuch (ohne Weichspüler gewaschen) ebenfalls. Anschließend möglichst wenig oder gar nicht mit bloßen Händen berühren, und am besten nochmal eine Viertelstunde im Backofen bei 50-75° nachtrocknen. Sie sehen hinterher deutlich besser aus, haben aber keine Schrammen, haben demgemäß noch ihre authentische Alters-Anmutung, und sind für mittlere Sicht ausreichend von loser/ablösbarer Korrosion und korrosivem Schmutz befreit.

Gruß
Martin
 
Hallo Martin & die anderen,

das mit dem "Abwaschen" klingt interessant, das ist sicher die materialschonendste Methode - werde es mal ausprobieren.

Was nun letztlich an einem historischen Instrument erneuert werden muss, ist ja immer individuell zu entscheiden, sowohl vom Instrument her als auch von den Vorstellungen des Besitzers. In Amerika reißt man ja gern alte Resonanzböden, Stege und den übrigen Kram raus und macht alles neu, damit alles wieder schön aussieht, aber das ist natürlich der Extremfall.

In meinem Fall (ich möchte das Instrument übrigens behalten und darauf spielen) stoßen kunterbunt durcheinander ausgewechselte, verrostete Saiten, die wirklich nicht mehr klingen werden, auf gut erhaltene, eben nur oberflächlich angerostete Nägel und einen Stimmstock, der 1A aussieht (ob er es auch ist, wird sich erst später zeigen). Da ist die Entscheidung glaube ich nicht schwer.

Es grüßt
Die Drahtkommode
 

Hallo,

hierzu direkt mal eine Frage an die Experten: wie wahrscheinlich ist es denn, dass ein Resonanzboden eines Instrumentes von hundert Jahren oder älter noch heil ist und gleichzeitig seine Wölbung behalten hat? Ich meine, ist es nicht völlig normal, dass das Holz, selbst bei stetig guter Luftfeuchtigkeit zwischen 45%und 60% irgendwann einmal reißen wird? Und wenn es dann doch nicht gerissen ist, liegt dies an der Holzqualität oder an anderen "Tricks" der Hersteller?

Grüße Ka8
1) es wurde zu dieser Zeit Resonanzholz nicht geschnitten sondern Spaltholz verwendet , daher ist eine höhere Widerstandsfähigkeit gg. Reissen gegeben .
2) Tafelklaviere haben keine Resoanzbodenwölbung , dieses Verfahren wurde erst etwas später erfunden - Bereghazy - Bösendorfer - Ehrbar waren angebl. die Ersten .
 
1) es wurde zu dieser Zeit Resonanzholz nicht geschnitten sondern Spaltholz verwendet , daher ist eine höhere Widerstandsfähigkeit gg. Reissen gegeben .
2) Tafelklaviere haben keine Resoanzbodenwölbung , dieses Verfahren wurde erst etwas später erfunden - Bereghazy - Bösendorfer - Ehrbar waren angebl. die Ersten .

Naja, bei den späteren Tafelklavieren um 1850/60 habe ich durchaus schon leichte Wölbungen des Resonanzbodens sichten können, wobei sich hier natürlich die Frage stellt ob diese auch beabsichtigt waren.

Viele Grüße

Styx
 

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