Stilfrage

  • Ersteller des Themas nuvole bianche
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Hallo Freunde,
ich finde es sehr spannend, wie sich die Diskussion hier entwickelt hat.

Aber hat jemand noch die Ausgangsfrage im Kopf?

Es geht um den vielgebrauchten Ausdruck "ein Instrument beherrschen", der mir irgendwie unpassend erscheint, schließlich ist ein Klavierhocker kein Herrscherthron:-D , ebensowenig wie es das Klavier zu "erobern", bzw. zu "beherrschen" gilt (überspitzt formuliert), oder was meint ihr dazu ?

Und diese kriegstümelnde Sprache scheint der Musik in der Tat weniger angemessen als ein einfaches "ich übe".
(Wenngleich ich manchmal auch dazu neige, einen "Kampf auszufechten" mit einem Stück :D aber gerade das erweist sich meistens als unfruchtbar.)

lg vom Ibächlein
 
@ j. gedan

sorry, da leicht off-topic:

Um nur ein Beispiel zu nennen: "Kompetenz-Zentrum" -- solch hohles Deutsch scheint mir eher eine diskussionswürdige Stilfrage zu sein; seit jemand diesen blödsinnigen Begriff in die Welt gesetzt hat, warte ich immer darauf, daß endlich einmal irgendwo ein "Inkompetenz-Zentrum" ins Leben gerufen wird...

Geh mal davon aus, dass jedes Kompetz-Zentrum automatisch ein Inkompetenz-Zentrum ist. q.e.d. :D
 
was sagst Du eigentlich zu unseren tiefsinnigen Überlegungen, nuvole bianche?
Ich meine halt....hauptsache es klimpert:mrgreen:


Liebe Grüße
Klaviermacher

Kaum ist man mal weg, schreibt ihr da drei Seiten:mrgreen:
Wirklich interessant, wie sich das Gespräch entwickelt hat- auf das mit dem "üben" bzw. "trainieren" war ich noch gar nicht gekommen:-D
Treffend auch der Kommentar, man könne zwar ein Instrument beherrschen, nicht aber die Musik (Rosenspieß).
 
Hmmm....da wird es wohl Zeit, dass wir die Revolutionsetüde umbenennen zum "Lied des sanften gesellschaftlichen Umbaus".
Die "Eroica" könnten wir fortan "Sinfonie der edlen Gesinnung und des Mutes" nennen.
Nicht zu vergessen das Volkslied: "Der liebevolle Wildpfleger aus Kurpfalz" :D

... und erhalten anschließend den Friedensnobelpreis. :D

Nee - darum geht es mir nicht.
Ich will nicht verkennen, dass Musik hoch explosive Momente hat, die auch entsprechend zum Ausdruck/Ausbruch kommen sollen. Und natürlich lassen sich mit Musik auch revolutionäre oder kriegerische Inhalte darstellen.
Ich sehe das Problem der Kriegstümelei weniger in der Musiksprache selbst.

Sondern es ging ja um den Vorgang des Musizierens! Und hier halte ich diese Sprache des Eroberns, Unterwerfens, Beherrschens für unangemessen.
Ich soll mein Instrument doch nicht niederringen!
Und ich will auch keine Komposition besiegen!

Du hast etliche Beispiele gebracht - und genau das stimmt mich nachdenklich, in wie vielen alltäglichen Bereichen wir uns völlig selbstverständlich einer Sprache bedienen, die eben noch aus einer stark kriegsbetonten und zum Teil auch kriegsverherrlichenden Epoche stammt. Diese Sprachgewohnheiten sind ganz tief verwurzelt, so dass wir sie zumeist nicht mehr in ihrem "Realsinn" wahrnehmen.
Bevor sich daran etwas ändert muss wohl noch viele gute Literatur in anderen Metaphern geschrieben - und dann auch gelesen und verinnerlicht werden.

lg vom Ibächlein
 
... und genau das stimmt mich nachdenklich, in wie vielen alltäglichen Bereichen wir uns völlig selbstverständlich einer Sprache bedienen, die eben noch aus einer stark kriegsbetonten und zum Teil auch kriegsverherrlichenden Epoche stammt. Diese Sprachgewohnheiten sind ganz tief verwurzelt, so dass wir sie zumeist nicht mehr in ihrem "Realsinn" wahrnehmen.

Stimmt, einem Muttersprachler fällt es i. d. R. gar nicht auf. Aber angesichts des Beispiels "das Klavier(spielen) beherrschen" kann man nachvollziehen, warum unsere Sprache für so manchen Deutschlerner so martialisch klingt (abgesehen vom angeblich harten "Befehls"-Klang... aber da kommt es m. E. auf den Sprecher an, aus welcher Region er kommt etc.: Kölsch, Schwäbisch und Sächsisch z. B. klingen nicht wirklich martialisch:)).

Interessant wäre, herauszufinden, seit wann es den o. g. Ausdruck eigentlich gibt!
 
solange es Menschen gbt, die (be)herrschen wollen, wird auchdas dazugehörige Wort existieren...

Und ganz bestimmt gibt es Menschen, die Ihr Instrument beherrschen, es niederzwingen wollen. So wie es z.B. Reiter gibt, die bei Ihrem Pferd auf bedingslose Unterwerfung trachten (brechen!!!) und andere, die in ihm den gleichberechtigten Partner sehen.

Die Menschen sind verschieden. Gottseidank.

(wobei mir die sanfte Methode auch lieber ist !)
 
Hm, zum Thema "Beherrschen eines Instruments" hab ich so meine eigene Erfahrung gemacht, und zwar, als man mich als 13-jähriges Etwas an eine Kirchenorgel gesetzt hat. Ich konnte ganz gut Klavierspielen, aber plötzlich sieht man sich so einem "Monstrum" gegenüber, das irgendwie einfach unbeherrschbar wirkt. Und ja, ich habe es mir damals als Ziel gesetzt, dass irgendwann ich die Orgel beherrsche und mich nicht auf ewig von ihr beherrschen lasse. So kam es mir nämlich wirklich vor bei dieser Klanggewalt, die plötzlich durch ein paar simple Fingerbewegungen ausgelöst werden, die auf dem Klavier nicht mal meine schlafenden Eltern geweckt hätten. Mir kam es so vor, als müsste ich die von der Orgel ausgehende Urgewalt erst mal zähmen, bevor ich geordnet spielen kann.

Von dieser Erfahrung geprägt, finde ich die Formulierung mit dem "Beherrschen" gar nicht mal so abwegig. Trotzdem ist es ja ein gegenseitig Abhängigkeitsverhältnis zwischen Instrument und Musiker. Das Klavier macht, was ich will, aber ich will nur, dass es das macht, weil das Klavier dazu in der Lage ist. Versteht man, was ich meine? Also, ich will ja nicht, dass das Klavier Brötchen backt oder blökt wie ein Schaf :D Insofern beeinflussen mich die Möglichkeiten, die das Klavier bietet, in meinen Erwartungen daran.

Dennoch ist das Klavier in der passiven Rolle, ich in der aktiven. Aber mir würde es gefallen, die Wechselwirkung, die Interdependenz zwischen Musiker und Instrument darzustellen. Nur: Mir fallen keine schönen Worte ein, die es treffen würden. "Kommunizieren" z. B. find ich unpassend und nicht schön genug, um es in eine Wendung einzubauen. Aber der Begrif sollte mMn auch beinhalten, dass die Rollen eben in gewisser Weise vorgegeben und verteilt sind. Mir fällt nix ein. Aber ich arbeite dran. Das find ich jetzt interessant :D
 
Die Menschen sind verschieden. Gottseidank.
Ja - dem kann ich mich anschließen! Wer weiß, wie lange es noch so sein wird, oder ob nicht doch irgendwann der eingepaßte Einheitsmensch gezüchtet wird. :mrgreen:

Wenn jemand denn herrschen will ... kommt immer darauf an, wie sich das gesellschaftlich auswirkt: Kann ja auch sein, dass jemand über Kinder, Schüler - oder über ältere Menschen herrschen will.

Ganz so pazifistisch, wie es in meinen Beiträgen zu diesem Thread klingt, bin ich andererseits auch nicht. Von einer gepflegten Streitkultur halte ich viel.

Und nochmals: Dass die Sprache der Musik alle Dramatik - und auch Säbelrasseln und Kanonendonner - umfaßt, will ich hier überhaupt nicht in Frage stellen. Aber ob der Umgang mit der Musik diesen Stil tragen muß, ist mir fraglich.

@Arpeggio
Das Wort "zähmen" gefällt mir gut.
Natürlich hat der Vorgang des Zähmens auch was Herrscherliches, aber ich höre da als Ziel dann eher das künftige Miteinander und nicht die Erniedrigung.

Schön finde ich auch Deine Schilderung der "Urgewalt" einer Orgel. :)

lg vom Ibächlein
 

Das Klavier, die Orgel etc. beherrschen heißt im Grunde: sich selbst beherrschen!

Schließlich ist das Instrument ja kein wildes Pferd, das man, nachdem man es gebändigt hat, am Ende in der Hofreitschule präsentiert. Nicht das Instrument muss 'erzogen, gebändigt, trainiert', "beherrscht" werden, sondern der, der ihm Musik entlocken will. Das Instrument ist, wie der Name schon sagt, nur das Mittel, das Medium.
 

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