Sport contra Piano

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Wu Wei

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Habe gerade etwas über diesen Pianisten gelesen und dazu die Meinung, dass große Muskelmasse nicht gegen sensible Feinmotorik spricht. Welche Erfahrung/Meinung habt ihr in diesem Zusammenhang zu sportlicher Betätigung und Klavierspiel?

Wu Wei
 
Sportliche Betätigung ist ja erst mal ein ziemlich allgemeiner Begriff. Innerhalb des Sportes können sich verschiedene Sportarten gegenseitig unheimlich stören. Beim z.B. Tennis ist Schnellkraft in allen Körperpartien gefragt, beim Gewichtestemmen dagegen Maximalkraft. Bodybuilder, die mit Tennis anfangen, haben es wirklich schwer und sehen auf dem Tennisplatz oft unbeweglich und steif, ja geradzu unsportlich aus und haben eine schlechte Motorik. Grund dafür ist, dass sie Alles mit Kraft machen; ihre Muskeln sind ja auch entsprechend trainiert und können oft gar nicht anders (Muskelgedächtnis). Tennisspieler, die mit Bodybuilding anfangen, haben es da einfacher. Einmal trainierte Schnellkraft und Motorik geht offensichtlich nicht so schnell verloren.
Generell würde ich auch sagen, dass Muskelmasse Feinmotorik nicht ausschließt. Allerdings denke ich mal, dass Barto nicht schon so aussah, als er mit Klavierspielen anfing sondern seine Muskeln erst nach Erlangen seiner technischen Fertikeiten trainierte oder zumindest Beides parallel geschah.
 
Ja, meine Fragestellung war auch mit Absicht so allgemein, der Pianisten-Body eher Aufhänger. Ich wollte mal hören, was ihr so zu dem Thema meint. Haltet ihr euch aus Rücksicht auf eure Fingerchen von jeder groben Tätigkeiten fern oder gibt es unter uns auch Handballer, Karatekas und Freeclimber. Mich hat es letztens sehr amüsiert, Glenn Gould im Film ständig mit seinen "Schutz"-Handschuhen zu sehen, und in einem Thread im internationalen Forum habe ich auch mal 'ne Warnung vor Klimmzügen und Liegestützen gelesen! :lol:

Sport frei
Wu Wei
 
Nicht im geringsten. Ich bin beruflich Industriekletterer (warst nah dran mit Freeclimber :) ) und Dachdecker. Außerdem spiele ich Tennis und Bowling. Das geht Alles sehr auf die Hände. Aber ich bin ja auch kein Pianist. Und wie halten es die Berufspianisten unter Euch?
Was das Handschuhtragen angeht: In einem Film über die Moskauer Klavierschule sind die Schüler immer mit Handschuhen rumgelaufen und zogen die Dinger nur aus, wenn´s an´s Klimpern ging.
 
naja, so sachen wie basketball und volleyball sollte man als berufstätiger pianist schon meiden trotzdem würde ich jetzt nicht immer acht auf meine hände geben
 
@Wu Wei: Keine Ahnung, haben sie das? Nicht drauf geachtet. :?
 
@Peter
Dachte nur wegen Handschuhen, Glenn Gould und seinen extremen Sitzmöbeln nebst -haltung. :wink:

@windir
Klar, solche ("Kontakt"-)Sportarten kommen natürlich für den, der mit besonderer Fingerfertigkeit seine Brötchen verdient, schon wegen der Verletzungsgefahr nicht in Frage. Aber es gibt ja auch kontrollierbare Geschichten wie z.B. Training im Fitnessstudio. Mich interessiert, inwieweit höhere Beanspruchung des Bewegungsapparates, ob nun muskulärer Art oder die passiven Anteile, auch dazu führt, dass man am Tastenbrett schlechtere Leistungen bringt.
 
ich denk mal ein sumoringer hats schwer ^^
 
*gg* Der war gut, lieg grad hinter dem Sofa. :lol:
 
ich würde mich eher als einen Sportler als einen Klavier Spieler bezeichnen. Ich habe lange Zeit aktiv Taekwon- Do betrieben, bin Marathon gelaufen, oft im Fitness- Studion gewesen, fahre Mountain- Bike, usw. Was dabei wichtig ist, ist die Reihenfolge, mit der man die Tätigkeiten betreibt. Erst Krafttraining, dann heim und ans Klavier setzen funktioniert nicht...
Es ist ähnlich wie beim Trainingsaufbau an sich: Die Reihenfolge sollte im Allgemeinen sein: Aufwärmen, Dehnung / Gelenkigkeit, Koordination, Kraft, Ausdauer, abtrainieren.
Wenn man diese Reihenfolge nicht einhält, wird der Trainingserfolg aus verständlichen Gründen kleiner ausfallen. Das Klavierspielen ist am ehesten als Koordinationstraining einzustufen, es sollte also vor einem sportlichen Training statt finden.

Die bloße Zunahme von Muskelmasse ist meines Erachtens der Feinmotorik nicht abträglich. Warum auch? Wichtig ist eben, dass die Feinmotorik auch trainiert wird. Bodybuilder sind meist sehr unbeweglich - nicht weil Muskeln unbeweglich machen, sondern weil sie diesen Aspekt des Trainings extrem vernachlässigen. Turner zum Beispiel vereinigen sehr gut muskulöse Körper mit Beweglichkeit und Koordination (natürlich auch Feinmotorik - einen einfachen Handstand zu machen erfordert sehr feine Ausgleichsbewegungen und eine extrem gute Sensorik).

Der Hartmut
 

@Hartmut
Deine Darstellung zeigt, dass du dich also auch damit gründlich beschäftigt hast. Aber warum das meiste in der Vergangenheitsform und vorallem kein Taekwon-Do mehr? Aus Rücksicht aufs Klavier?

@windir
Die Sumos kommen wahrscheinlich schon wegen ihres Bauchumfanges gar nicht mit den Fingern bis an die Tasten. :lol:
 
Taekwon-Do hab auch ich 12 Jahre lang intensiv gemacht, ohne jemals dabei so gehandycapt zu sein, dass ich nicht hätte klimpern können. Bei den Bruchstests gab es an den Händen höchstens mal leichte Schwellungen oder Schlurfungen (aber nicht wirklich hindernde), welche allerdings nach einem oder zwei Tagen wieder weg waren. Achtet man auf eine saubere Technik, so passieren beim Taekwon-Do sehr selten Verletzungen - auch nicht beim Freikampf, welches ohne Verletzung des Gegners vongangen gehen soll.

Ich beziehe mich auf jenes Taekwon-Do, das sich mit Bindestrich schreibt. Beim Taekwondo (ohne -) weiss ich nicht, wie es sich da verhält, denn beim Freikampf wird da - oft mit schlapprig hängenden und damit leicht verwundbaren Händen - willentlich voll in den Gegner getreten.


...aber das interessiert euch alles wahrscheinlich nicht, sorry für meine Schwäzerei...
 
Hallo smar73,

doch, das interessiert mich sogar sehr. Wusste gar nicht, dass die unterschiedlichen Schreibweisen des Taekwon-Do verschiedene Stile bezeichnen. Warum hast du damit aufgehört, das Klavier war wohl nicht der Grund?

Wu Wei
 
Hi Wu Wei!

Nein, wegen den schwarzen und weissen Tasten hab ich sicherlich nicht aufgehört. Wäre ja auch nicht vertretbar, denn ich bin der amateurhafteste Klavierklimperer (~spieler kann ich mich nicht nennen!), den es so gibt.
Hatte einen kleinen, für mich aber wichtigen Meinugsunterschied mit meinem Lehrer und hörte deshalb an seiner Schule auf. Übe trotzdem weiter, wenn auch nur noch solo daheim.
Ausserdem machte ich die Erfahrung, dass man sich beim Taekwon-Do selten verletzt. Verletzungen können auch einfach im Alltag passieren. Meiner Meinung nach rechtfertigt es sich nicht, wegen dem Klavier mit Sport aufzuhören, es sei denn natürlich man ist Berufsmusiker.

Was bedeutet dein Username. Hat doch nichts mit Kampfkünsten zu tun, oder, hört sich etwas asiatisch an!?...
 
@Wu Wei:

Taekwon- Do habe ich aus Zeitgründen aufgehört, man ist da ja an feste Trainingszeiten gebunden. Keine meiner Sportarten habe ich wegen dem Klavier spielen aufgehört, das wollte ich ja rüber bringen, ich glaube, dass das nicht notwendig ist. Ganz im Gegenteil:
Typische Klavierspielerleiden lassen sich durch Ausgleichssport, z. B. gezieltes Krafttrainig beheben. Ich denke da an Kreuzschmerzen und Fehlstellungen durch permanentes Sitzen, vor allem wenn man auch noch mit einer sitzenden Tätigkeit seine Brötchen verdient.

wenn ich für dich die Frage von Smar73 beantworten darf:
Wu wei ist im chinesischen Taoismus die Lehre von nicht eingreifen oder geschehen lassen. Das hat mit Kampfkünsten nur in zweiter Linie etwas zu tun, nachdem diese Sportarten sich ja einen großen geistigen Hintergrund auf die Fahne schreiben (aber zumindest in westlichen Ländern nicht praktizieren). Wer sich tatsächlich damit auseinander setzt, findet eine großartige Philosophie und eine etwas andere Art, die Welt und das Leben zu sehen.

Der Hartmut
 
Hallo alle
und besonders Hartmut:
Daß Du Sport treibst oder intensiv getrieben hast, habe ich wohl schon vermutet aus anderen Beiträgen von dir.
Im Grundsatz gebe ich dir Recht: Feinmotorik oder auch Koordination ist zum Erreichen von Leistung nach Krafttraining enorm wichtig.

Böse Zungen behaupten, daß unsere Sprinter lange Zeit nicht optimal in der Weltspitze vertreten waren, weil sie das Krafttraining so sehr forcierten, ohne an die Koordination und Flüssigkeit im Lauf zu achten.
Gewichtheber waren am Start (also auch bei den kurzen Hallenstrecken noch im Vorteil aber darüber hinaus fehlte dann meist die Lockerheit.
Ein Turner benötigt auch Kordination, aber zusätzlich große Haltekraft in den Händen/Fingern und das geht eindeutig auf Verlust der Lockerheit beim Klavierspielen.

Ein Kugelstoßer und Speerwerfer wird wohl nach starken Kraftelementen für die Griffstärke und Fingerkraft für den Ausstoß/Abwurf nicht gerade locker Klavierspielen können.

Es kommt immer darauf an, welche Muskeln durch sportliche Betätigung wie stark beansprucht werden.

Einem Pianisten würde ich nie empfehlen, die Hände vor dem Klavierspielen stark mit kraftvollen handwerklichen Tätigkeiten oder Sport, der auf die Beanspruchung der Hände geht, zu belasten.
es dauert eine ganze Weile bis die hohe Lockerheit, die die Finger brauchen, wieder danach erreicht ist.

Im Laufe meines Lebens habe ich diese Erfahrungen leider immer wieder in den angesprochenen Bereichen erleben müssen und was das Klavierspielen anbetrifft nach Sport, der die Hände belastet, auch bei mir selbst, obwohl ich nur Hobby-Klavierspieler bin. Dafür habe ich aber als Turner in der Jugend und als Leichtathlet später und dann als Trainer über Jahrzehnte diese Beobachtungen gemacht.

Zusammenfassung: Pianisten, also Klavierspieler, die etwas besonderes auf den Klaviertasten hervorrufen möchten, sollten nicht kurz vor dem Klavierspielen Hände und besonders die Finger belasten, nicht am selben Tag, und wenn doch in Maßen. Dann aber wieder gut auflockern.

Gruß Hartwig

PS: Hartmut: wie ist denn Deine Marathonzeit, und mit wieviel Aufwand erzielt?
 
Hallo Hartwig,

sehr interessante Anmerkungen. Bei den Turnern kommen ja neben der Muskelkraftentwicklung auch große Dehn- und Stauchbelastungen des Bewegungsapparates hinzu. Die teilweise großen Kräfte, die hier auf Muskeln, Sehnen und Bänder einwirken, irritieren auch die in diese Strukturen eingebetteten sogenannten Propriozeptoren (Rezeptoren für die Eigenkontrolle der Funktion des Muskels; wandeln Druck und Zug in Signale um, die den motorischen "Steuermodulen" kontinuierlich ein Bild über den Momentanzustand des Bewegungsapparates vermitteln). Damit kann ich mir vorstellen, dass die Feinmotorik des Klavierspiels ständig neu "kalibriert" werden muss, die ja bei aller Koordinationsherausforderung für den Turner doch eine völlig andere ist.
Die Problematik der eingeschränkten Lockerheit/Beweglichkeit nach dem Training wird ihre Ursachen unter anderem auch noch in der Muskelermüdung und Anschwellung der Muskulatur (Mikroödeme, erhöhte Durchblutung) haben, was aber nur vorübergehend und unter Beachtung der Reihenfolge der Tätigkeiten relativ problemlos sein sollte.
 
@ Hartwig: 3:20 mit ca. 70 Wochenkilometern über 1 Jahr,
bin aber eher kein Läufertyp; meine Leistungen im Taekwon- Do waren höher :wink:

Interessante Beiträge, Hartwig und Wu Wei!

Die Geschichte mit der ständig neuen Kalibrierung der Meßaufnehmer auf einen neuen Meßbereich kann ich mir sehr gut vorstellen; macht also die Kombination aus Tätigkeiten, die viel Kraft bzw. eine gute Koordination und Feinmotorik benötigen, schwierig. Das ist also Spielern mit Spitzenambitionen nicht unbedingt zu empfehlen...
Für den Rest der Welt glaube ich (auch aus eigener Erfahrung), dass es in den Griff zu bekommen ist, vorausgesetzt, man vernachlässigt nicht einen der Bereiche zu lange. Ich merke zum Beispiel, dass Klavierspielen unmöglich ist, wenn ich zu lange unter dem Auto gelegen habe. Also spiele ich entweder davor oder am nächsten Tag.

Der Hartmut
 

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