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Caspary
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Erstmal hallo an alle hier - ich lese schon seit einer Weile mit, aber dies ist mein erster Post, also seid nett :)
Ich habe vor ca. 7 Monaten mit dem Klavierspielen begonnen, nachdem ich es ca. 20 Jahre lang vorhatte, aber nie dazu gekommen bin. Zunächst war ich halt noch ein Kind und meine Eltern wollten kein Klavier anschaffen (da ich vollkommen untalentiert an der Blockflöte war ;) ), dann war ich irgendwann erwachsen und dachte "jetzt bist du eh schon zu alt dafür".
Na ja... mit 30 hab ich mir dann doch ein Herz gefasst, mir ein E-Piano zugelegt und angefangen. Ich hab zusätzlich noch freien Zugang zu einem Flügel, den ich fast mehr nutze als mein E-Piano (aus wahrscheinlich verständlichen Gründen).
So, jetzt kommt schon meine Situation/Frage: Ich hab angefangen mit der ersten Invention von Bach. Dafür hab ich ca. 8 Wochen gebraucht und es hat mich wahnsinnig viel Energie und Mentale Kraft gekostet - ich dachte: Beim ersten mal ist das bestimmt normal - ich hab keine Technik, kann keine Noten Lesen (das hab ich mir im Vorübergehen beigebracht), hab keine Fingerkoordination etc. - beim nächsten Mal wird das bestimmt leichter. Also als nächstes Invention Nummer 13. Dafür hab ich ca. 10-12 Wochen gebraucht, obwohl ich recht intensiv gearbeitet habe. Ich dachte: OK - beim zweiten Mal ist es noch nicht wesentlich leichter und die Invention ist auch schwerer als die erste (finde ich zumindest). Bei beiden Inventionen hab ich zunächst jede Hand einzeln auswendig gelernt, dann nach und nach beide zusammen und immer mal solche sachen wie eine Hand spielen, die andere singen (ich treff zwar keine Töne, aber so einigermaßen haut das hin).
Parallel hab ich mir Chopin Nocturne Opus 9 Nr. 2 in Es-Dur beigebracht. Auch das war ein echter Energieaufwand wie man sich vielleicht vorstellen kann... Auch hier dachte ich: Es ist normal, dass man stundenlang an jedem einzelnen Takt feilen muss. Ich wollte dieses Stück aber unbedingt spielen können weil mir die Musik so gut gefällt und ich wohl einer der größten Chopin-Fans bin die man sich vorstellen kann (daher wollte ich auch endlich anfangen mit dem Klavier) und so hab ich mich durchgebissen.
Zusätzlich hab ich mir ein tägliches Technik / Harmonik Programm auferlegt, damit meine Finger mal ans laufen kommen: Tonleitern in allen Tonarten (Dur, Moll) über vier Oktaven in Parallel- und Gegenbewegung, in Terzen, Dezimen und Sexten. Arpeggios, chromatische Tonleitern (auch in Parallel und Gegenbewegung), Oktaven.... Akkorde durch den Quintzirkel in beide Richtungen (auch Dur, Moll, Vermindert, Übermäßig). Dazu ein paar Etüden von Czerny. Danach Knecht Ruprecht von Schumann (das mir überhaupt nicht gefallen hat - ich hab es in erster Linie getan, weil meine Lehrerin meinte, es wäre gut wenn ich mal was spielen würde, was ich schneller lernen kann - konnte ich auch, aber weil mir das Stück nicht gefallen hat hab ich nicht wirklich dran gefeilt und bin letztendlich unzufrieden damit)
So: und jetzt kommt der Frust. Ich hab zwar schon ne Menge geschafft (red ich mir ein), aber trotzdem fällt mir alles Neue unglaublich schwer. Gerade hab ich mit Invention 8 begonnen und es ist gelinde gesagt die Hölle. An ein neues Chopin Stück trau ich mich gar nicht ran, weil ich Angst vor dem Frust habe der sich damit einstellen wird.
Da in meiner Familie alle total begeistert sind, dass ich doch endlich mit dem Klavier begonnen habe, hab ich eine gefühlte TONNE von Noten zu Weihnachten bekommen (zwei dicke Alben berühmter Meister, Haydn Sonaten, Schumann Kinderszenen und noch einen ganzen Berg andere Sachen). Beim Anblick dieser ganzen Noten wird mir aber nur noch schlecht - sie lösen in mir das Gefühl aus, vor einem Riesigen Berg zu stehen, den ich niemals bewältigen können werde. Ich hab versucht, ein paar Stücke anzuspielen, aber meine Notenlesefähigkeit und meine Technik ist einfach zu schlecht. Ich erschließ mir die Musik immer eher durchs hören von Aufnahmen (i.d.R.: Gould für Bach und Rubinstein für Chopin) und dann durch wirklich wochenlanges konzentriertes Üben.
Ich hab aus Spass meiner Klavierlehrerin (die mit meiner Entwicklung sehr zufrieden ist, was mich aber aus irgendeinem grund noch mehr unter selbstgemachten Druck setzt) mal eines der Meisterbücher vorgelegt und sie kann daraus spielen wie ich aus nem normalen Buch lese. Ohne nachdenken, ohne Zögern. Sie schaut aufs Papier und fängt an. Technische Schwierigkeiten und Probleme mit dem Erkennen von Noten scheint sie gar nicht zu kennen. Um sicher zu gehen, dass sie die Stücke nicht schon in ihrer Jugend mal gespielt hat, hab ich ihr ein wenig zeitgenössische Musik vorgelegt, die sie garantiert nicht kannte. Gleiches Bild. Noten hinlegen, spielen, fertig. Mit dem richtigen Ausdruck, mehr Artikulation als ich es jemals hinbekommen werde und unglaublich sauber.
Und ich sitz da und müh mich mit Bach-Inventionen, die er für seine kleinen Kinder geschrieben hat und muss um jede Note kämpfen und komm mir vor wie der letzte Depp (auch wenn mir der Kampf durchaus Freude bereitet, da ich die Musik einfach liebe).
Jetzt meine Frage: Wie geht ihr mit der unglaublichen Masse an Stücken und Noten um, die es gibt? Ich find so viel Musik einfach *geil*, dass ich sie unbedingt spielen will und kann mich nicht damit abfinden, dass ich wohl tausend Jahre bräuchte, um das alles zu können. Kann man seine Technik und seine Fähigkeit, vom Blatt zu spielen soweit trainieren, dass man irgendwann alle Stücke einfach abspielen kann (Anscheindend kann man das ja, sonst würde es ja nicht so viele Pianisten geben, die das können - entscheidender ist die Frage: Kann ich das? Und was muss ich dafür tun, um es mal zu können?).
Ich übe täglich mehrere Stunden, alle meine Freunde / Kollegen halten mich für bescheuert, dass ich mir das antue. Und vorspielen will ich keinem was, weil ich meine Interpretationen von den paar Stücken die ich kann für stümperhaft erachte.
Bin ich doch einfach zu alt dafür, das alles zu lernen? Wird es vielleicht nach der 10. Invention leichter, diese Dinger zu lernen? Mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass Bach auch 3, 4 oder 5 Stimmig geschrieben hat...
Mir wird immer gesagt, Bach sei der Schlüssel zu allem (Chopin selbst hat das auch gesagt) und ich liebe Bach! Aber irgendwann will ich mich auch mal an größere Stücke heranwagen und wenn man für zweiseitige Inventionen schon Wochen/Monate braucht...... Ich träume davon, mal Chopin Sonaten, Balladen, Etüden oder Nocturnes spielen zu können, aber die Dinger sind so verdammt schwer, dass es mir fast vermessen vorkommt, den Gedanken daran zu hegen, solche Musik jemals spielen zu können.
Sorry für den Aufsatz. Ich wollte nicht, dass es so lang wird, aber das musste anscheinend mal raus. Ich hoffe auf ein paar Einsichten und Antworten. Hmm... irgendwie komm ich mir gerade vor wie ein kleines Kind :(
C.
Ich habe vor ca. 7 Monaten mit dem Klavierspielen begonnen, nachdem ich es ca. 20 Jahre lang vorhatte, aber nie dazu gekommen bin. Zunächst war ich halt noch ein Kind und meine Eltern wollten kein Klavier anschaffen (da ich vollkommen untalentiert an der Blockflöte war ;) ), dann war ich irgendwann erwachsen und dachte "jetzt bist du eh schon zu alt dafür".
Na ja... mit 30 hab ich mir dann doch ein Herz gefasst, mir ein E-Piano zugelegt und angefangen. Ich hab zusätzlich noch freien Zugang zu einem Flügel, den ich fast mehr nutze als mein E-Piano (aus wahrscheinlich verständlichen Gründen).
So, jetzt kommt schon meine Situation/Frage: Ich hab angefangen mit der ersten Invention von Bach. Dafür hab ich ca. 8 Wochen gebraucht und es hat mich wahnsinnig viel Energie und Mentale Kraft gekostet - ich dachte: Beim ersten mal ist das bestimmt normal - ich hab keine Technik, kann keine Noten Lesen (das hab ich mir im Vorübergehen beigebracht), hab keine Fingerkoordination etc. - beim nächsten Mal wird das bestimmt leichter. Also als nächstes Invention Nummer 13. Dafür hab ich ca. 10-12 Wochen gebraucht, obwohl ich recht intensiv gearbeitet habe. Ich dachte: OK - beim zweiten Mal ist es noch nicht wesentlich leichter und die Invention ist auch schwerer als die erste (finde ich zumindest). Bei beiden Inventionen hab ich zunächst jede Hand einzeln auswendig gelernt, dann nach und nach beide zusammen und immer mal solche sachen wie eine Hand spielen, die andere singen (ich treff zwar keine Töne, aber so einigermaßen haut das hin).
Parallel hab ich mir Chopin Nocturne Opus 9 Nr. 2 in Es-Dur beigebracht. Auch das war ein echter Energieaufwand wie man sich vielleicht vorstellen kann... Auch hier dachte ich: Es ist normal, dass man stundenlang an jedem einzelnen Takt feilen muss. Ich wollte dieses Stück aber unbedingt spielen können weil mir die Musik so gut gefällt und ich wohl einer der größten Chopin-Fans bin die man sich vorstellen kann (daher wollte ich auch endlich anfangen mit dem Klavier) und so hab ich mich durchgebissen.
Zusätzlich hab ich mir ein tägliches Technik / Harmonik Programm auferlegt, damit meine Finger mal ans laufen kommen: Tonleitern in allen Tonarten (Dur, Moll) über vier Oktaven in Parallel- und Gegenbewegung, in Terzen, Dezimen und Sexten. Arpeggios, chromatische Tonleitern (auch in Parallel und Gegenbewegung), Oktaven.... Akkorde durch den Quintzirkel in beide Richtungen (auch Dur, Moll, Vermindert, Übermäßig). Dazu ein paar Etüden von Czerny. Danach Knecht Ruprecht von Schumann (das mir überhaupt nicht gefallen hat - ich hab es in erster Linie getan, weil meine Lehrerin meinte, es wäre gut wenn ich mal was spielen würde, was ich schneller lernen kann - konnte ich auch, aber weil mir das Stück nicht gefallen hat hab ich nicht wirklich dran gefeilt und bin letztendlich unzufrieden damit)
So: und jetzt kommt der Frust. Ich hab zwar schon ne Menge geschafft (red ich mir ein), aber trotzdem fällt mir alles Neue unglaublich schwer. Gerade hab ich mit Invention 8 begonnen und es ist gelinde gesagt die Hölle. An ein neues Chopin Stück trau ich mich gar nicht ran, weil ich Angst vor dem Frust habe der sich damit einstellen wird.
Da in meiner Familie alle total begeistert sind, dass ich doch endlich mit dem Klavier begonnen habe, hab ich eine gefühlte TONNE von Noten zu Weihnachten bekommen (zwei dicke Alben berühmter Meister, Haydn Sonaten, Schumann Kinderszenen und noch einen ganzen Berg andere Sachen). Beim Anblick dieser ganzen Noten wird mir aber nur noch schlecht - sie lösen in mir das Gefühl aus, vor einem Riesigen Berg zu stehen, den ich niemals bewältigen können werde. Ich hab versucht, ein paar Stücke anzuspielen, aber meine Notenlesefähigkeit und meine Technik ist einfach zu schlecht. Ich erschließ mir die Musik immer eher durchs hören von Aufnahmen (i.d.R.: Gould für Bach und Rubinstein für Chopin) und dann durch wirklich wochenlanges konzentriertes Üben.
Ich hab aus Spass meiner Klavierlehrerin (die mit meiner Entwicklung sehr zufrieden ist, was mich aber aus irgendeinem grund noch mehr unter selbstgemachten Druck setzt) mal eines der Meisterbücher vorgelegt und sie kann daraus spielen wie ich aus nem normalen Buch lese. Ohne nachdenken, ohne Zögern. Sie schaut aufs Papier und fängt an. Technische Schwierigkeiten und Probleme mit dem Erkennen von Noten scheint sie gar nicht zu kennen. Um sicher zu gehen, dass sie die Stücke nicht schon in ihrer Jugend mal gespielt hat, hab ich ihr ein wenig zeitgenössische Musik vorgelegt, die sie garantiert nicht kannte. Gleiches Bild. Noten hinlegen, spielen, fertig. Mit dem richtigen Ausdruck, mehr Artikulation als ich es jemals hinbekommen werde und unglaublich sauber.
Und ich sitz da und müh mich mit Bach-Inventionen, die er für seine kleinen Kinder geschrieben hat und muss um jede Note kämpfen und komm mir vor wie der letzte Depp (auch wenn mir der Kampf durchaus Freude bereitet, da ich die Musik einfach liebe).
Jetzt meine Frage: Wie geht ihr mit der unglaublichen Masse an Stücken und Noten um, die es gibt? Ich find so viel Musik einfach *geil*, dass ich sie unbedingt spielen will und kann mich nicht damit abfinden, dass ich wohl tausend Jahre bräuchte, um das alles zu können. Kann man seine Technik und seine Fähigkeit, vom Blatt zu spielen soweit trainieren, dass man irgendwann alle Stücke einfach abspielen kann (Anscheindend kann man das ja, sonst würde es ja nicht so viele Pianisten geben, die das können - entscheidender ist die Frage: Kann ich das? Und was muss ich dafür tun, um es mal zu können?).
Ich übe täglich mehrere Stunden, alle meine Freunde / Kollegen halten mich für bescheuert, dass ich mir das antue. Und vorspielen will ich keinem was, weil ich meine Interpretationen von den paar Stücken die ich kann für stümperhaft erachte.
Bin ich doch einfach zu alt dafür, das alles zu lernen? Wird es vielleicht nach der 10. Invention leichter, diese Dinger zu lernen? Mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass Bach auch 3, 4 oder 5 Stimmig geschrieben hat...
Mir wird immer gesagt, Bach sei der Schlüssel zu allem (Chopin selbst hat das auch gesagt) und ich liebe Bach! Aber irgendwann will ich mich auch mal an größere Stücke heranwagen und wenn man für zweiseitige Inventionen schon Wochen/Monate braucht...... Ich träume davon, mal Chopin Sonaten, Balladen, Etüden oder Nocturnes spielen zu können, aber die Dinger sind so verdammt schwer, dass es mir fast vermessen vorkommt, den Gedanken daran zu hegen, solche Musik jemals spielen zu können.
Sorry für den Aufsatz. Ich wollte nicht, dass es so lang wird, aber das musste anscheinend mal raus. Ich hoffe auf ein paar Einsichten und Antworten. Hmm... irgendwie komm ich mir gerade vor wie ein kleines Kind :(
C.