schwarzen Schellack beim alten Flügel selbst restaurieren?

  • Ersteller des Themas 10sekundentom
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Ich muss noch hinterherschicken: NATÜRLICH ist alles Ansichtssache! Und ich kann es auch gut verstehen, wenn man an seinem Instrument selbst etwas "basteln" möchte. Ist ja auch irgendwie eine Liebesbezeugung :D Auf alle Fälle viel besser, als das Instrument außer Haus zu geben oder ins (östliche) Ausland zu verschicken.

Und überhaupt: Hauptsache Schellack! Es lebe die Laus!

LG, Sesam
 
Wäre es ein alter Taucherhelm, der die Unterwasser-Arbeiter jahrzehntelang bei harten Einsätzen vor den Widrigkeiten schützte, DAS sind Spuren, die sich nicht vermeiden lassen und die so ein Gerät einstecken können muss und irgendwann die Fantasie der Sammler anregen. Aber ein verranzter Flügel... no go. Was für eine Geschichte sollen mir Kratzer, ausgebrochene Kanten, Dellen und oxydiertes Metall denn erzählen? Dass er schlecht gepflegt, als Abstellfläche missbraucht und nicht sorgfältig transportiert wurde? Dass die meisten Besitzer offensichtlich nicht mal den verhältnismäßig geringen Aufwand getrieben haben, den Korpus vor schädlichen Einflüssen zu schützen, DAS sagen mir in erster Linie die "Charakterzüge" eines abgewetzten Flügels. Die Wahrscheinlichkeit ist dann groß, dass er technisch ebenso behandelt wurde.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass gepflegte oder restaurierte Instrumente wertvoller sind. Wenn ich die Wahl habe zwischen zwei gleich alten Flügeln, einer charismatisch rumpelig, der andere bieder gepflegt und glänzend, ich würde immer den gepflegten nehmen. Den anderen nähme ich nur, wenn er deutlich besser klingen würde und so viel billiger wäre, dass eine zumindest optische, professionelle Aufarbeitung noch mit drin ist. Alles Geschmackssache.
 
Ein Flügel ist keine Schmuckschatulle und er hat einen Deckel und jede Menge dickes Holz um alle empfindlichen Stellen um das Innenleben zu schützen. Ich bin nicht der Meinung, dass es noch eines besonderen Schutzes bedarf um diesen Schutz zu schützen ;)
 
Also erst einmal möchte ich sagen, dass ich mich riesig über diese enorme Beteiligung hier freue. :p

Die Qualität der Bilder bitte ich zu entschuldigen. Ich werde es noch einmal unter besseren Lichtverhältnissen versuchen.
Es sind eigentlich zwei Bereiche, die mich optisch sehr stören. Das ist zum einen die Oberseite von Vorder- und Hinterdeckel, zum anderen Der Deckel der Klaviatur.
Ich vermute, der Flügel ist jahrelang mit den falschen Pflegemitteln behandelt worden, so dass mit der Zeit der Schallack abgearbeitet wurde. Es liegt an manchen Stellen das Holz frei.
Ich denke, diese beiden Teile kann ich ggf. zur Bearbeitung demontieren und immer noch am Flügel spielen :cool:

Ich werde sicher nicht bei meiner ersten Schellack-Arbeit eine perfekte Oberfläche erhalten. Das ist aber auch nicht mein Ziel.

- das Holz sollte wieder versiegelt sein und
- ein Blick aus einigen Metern Entfernung sollte den Eindruck eines schwarzen Flügels erwecken, nicht die einer militärischen camouflage Version :(

Auf der Oberseite am Hinterdeckel kann man sogar an Hand der falschen Reinigungsspuren erkennen, dass der Vorderdeckel lange Zeit aufgeklappt war.
Die Unterseite des Hinterdeckels dagegen scheint noch im "Auslieferungszustand" zu sein. Eine wunderschöne glatte und spiegelnde schwarze Fläche...

Auf dem Vorderdeckel muss lange Zeit eine Blumenvase o.ä. gestanden haben, da es einen Abdruck hinterlassen hat, der mit üblichen und schonenden Reinigungsversuchen nicht zu entfernen ist. (Bilder folgen...)
Wenn ich es schaffe, dass das Holz wieder unter schwarzen Schellack versiegelt ist und diese groben Spuren verschwunden sind, habe ich mein Ziel erreicht.

Die beiden Deckelteile sind groß und eben, dass stelle ich mich nicht so problematisch vor. Der Deckel der Klaviatur dagegen ist geschwungen. Da wird es wohl sehr auf die Verarbeitungstechnik ankommen.

lG, Marco
 
Ich verkneife es mir schon die ganze Zeit, aber irgendwie drängt sich mir der Vergleich zum Auto auf. Der eine pflegt es innig und lässt einen Rempler oder Unfallschaden gleich reparieren, dem anderen ist nur wichtig, dass es fährt. Der eine kauft einen Oldtimer und möbelt ihn auf, bis er überall glänzt und blitzt, der andere fährt den alten Wagen so wie er ist. Ich denke, jeder muss selbst wissen, wie er das handhaben will.

Wichtig ist aber, und dafür ist dieser Faden gut, dass Marco sich klar ist oder wird, was ER will. Wieviel Charakter nach der hiesigen Definition soll der Flügel noch behalten und wie sehr neu darf er werden? Dementsprechend muss er überlegen, was er daran macht.

Liebe Grüße,
Mawima
 
@megahoschi: Deinen Flügel würde ich vermutlich dann auch nicht kaufen wollen, würdest du ihn mir anbieten...:D

@mawima: Wenn man ein (technisch fittes) Auto vor dem Verkauf noch einmal gründlich durchputzt und ein bisschen glanz hier und da auffrischt, hat man durch zwei stunden Arbeit mal eben nen Tausender mehr rausgeholt, das ist Fakt. Von daher hast du schon recht. Jeder muss wissen, wo er seine Prioritäten setzt. Wenn das Instrument niemals mehr den Besitzer wechseln soll, kann man es auch matt-rosa anmalen und die Kinder über die Tastatur latschen lassen.

Bei den Meisten wird aber irgendwann ein Wechsel des Instruments ins Haus stehen und diejenigen, die ihre Schmuckstücke nicht wie solche betrachtet haben, werden diese Einstellung spätestens dann mit erheblichem Wertverlust oder mit beträchtlicher Ausdauer bei der Käufersuche bezahlen müssen, Charisma hin oder her.

Ich sehe und höre einen abgewetzten Flügel mit super Sound in der verrauchten Jazzkneipe - Passt wie Faust aufs Auge und ich genieße die Show. Den Boaahh- und Haben-Wollen-Effekt habe ich aber beim hochglanzpolierten B-Steinway im Pianohaus. Ist einfach so.

Ich geh dann mal meinen Flügel Putzen... :D
 
Hallo,
mit großem Interesse lese ich dieses Thema, da ich mich quasi in einer ähnlichen Situation befinde.
Toll finde ich das große Spektrum an Meinungen, die hier entweder für oder gegen eine Oberflächenbearbeitung mit Schellack sprechen. Meiner Meinung nach darf man nicht vergessen, dass Marcos Flügel im Wohnzimmer steht und somit einem zentralen Möbel gleich kommt. Ich kann den Wunsch nach einer optischen Verschönerung somit gut verstehen!

Viele Grüße von Madita
 
Was für eine Geschichte sollen mir Kratzer, ausgebrochene Kanten, Dellen und oxydiertes Metall denn erzählen?...

hmmm... dass eine dame mit ihrem ehering zufällig drüber gekratzt hat... oder ein draht aus der krinoline... jemand hat nach dem spielen immer die brille auf den deckel gelegt... oder mit der lehne eines stuhles (mit dem er seiner spielenden geliebten näher kommen wollte) an der stoßwand angekommen ist... oder eine böse frau die mit dem meissner teller den ehemann nicht treffen konnte....

so vieles erzählen alle diese sachen...
 
hmmm... dass eine dame mit ihrem ehering zufällig drüber gekratzt hat... oder ein draht aus der krinoline... jemand hat nach dem spielen immer die brille auf den deckel gelegt... oder mit der lehne eines stuhles (mit dem er seiner spielenden geliebten näher kommen wollte) an der stoßwand angekommen ist... oder eine böse frau die mit dem meissner teller den ehemann nicht treffen konnte....

so vieles erzählen alle diese sachen...

Alles klar....zuviele Filme gesehen?
Man kann es auch übertreiben. Nee, da nehme ich doch lieber eine neue Shellack Hochglanzpolitur ohne Dellen und Kratzer und sorge dann selber für die Geschichten. :D

Grüße Volker

P.S. Das gilt "bei mir" nur für das Klavier/den Flügel. Das Auto, wie weiter oben mal beschrieben, ist mir völlig egal. Das muss nur fahren und kann Dellen und Kratzer haben, soviel es haben möchte. :-) Habe auch schon seit Jahren einen verbeulten Kofferraum, weil mir da mal einer zu Nahe gekommen ist. Egal...!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo,

ich möchte nicht vom Thema schwarzer Oberfläche ablenken, aber es sind gerade alle Fachleute hier unterwegs. Die Oberfläche an meinem Flügel sieht an einigen Stellen aus wie auf den Fotos, also feine Risse und sie ist stellenweise an diesen Rissen ganz fein wellig (wenn Ihr genau hinschaut könnt Ihr es erkennen). Ich möchte da jetzt nichts restaurieren nur vielleicht ein weiteres Fortschreiten verhindern. Mir erzählte jemand etwas von "leicht mit Schellack einölen (?!)".

Habt Ihr Tipps?

Danke und Grüße

H.
 
Hallo burger,
das Furnier hat im Lauf der Jahre Risse bekommen und sich möglicherweise partiell vom Untergund gelöst.
Wenn das so stabil bleibt, würde ich das lassen. Jeder Versuch an dem Zustand etwas zu kaschieren verschlimmbessert das Ganze.
Um das wieder gut aussehen zu lassen, müßte man den alten Lack vorsichtig ab- ebenschleifen und die Oberfäche wieder neu aufbauen.
Grüße
Toni
 

Hallo Marco,

ich habe Dir eine e-mail geschickt.

Viel Erfolg!

LG

Pennacken
 
mit schellack EINÖLEN? dass wäre wie mit butter entfetten.... du kannste es z.b. mit leinölfirnis einölen. machst sich oft sehr schön. oder aufpolitieren... risse kriegst aber nie weg... auch mit dem kompletten abschleifen... sie kommen nach ein paar jahren wieder raus.... es ist so mit den gemesserten furnieren....

@volker ich nehme an, dass du auch eine, auf den resoboden eingekratzte chopin unterschrift, wegschleifen würdest... die gehört sich ja nicht dorthin.... oder?
 
ja deswegen würde ich auch nur mit leinölfirnis ölen, dass es frischer ausschaut. wenn es keine vorgeleimte politur ist, wirst auf der weise auch das holz schön feuern.
 
Leinölfirnis feuert (Farbintensivierung) nur auf einer rohen Holzoberfläche gleichmäßig an. Sind Lackreste vorhanden wird`s fleckig. Bei Rissen, vor allem wenn sie bis in`s Furnier oder noch tiefer gehen rate ich vom Ölen ab, wer weiß wo das Öl sonst noch hinkriecht. "Mit Schellack einölen"..... ist gelinde gesagt Schwachsinn. Bei einer klassischen Schellackpolitur kann die rohe Holzoberfläche mit Grundöl bzw. Schleiföl eingelassen werden. Beim weiteren Poliervorgang wird, wenn die Oberfläche geschlossen ist, (d. h. keine Poren zu sehen sind) Polieröl (Paraffinöl, dieses nie als Grundieröl nehmen, da Vergrauung) tröpfchenweise auf den Polierballen gegeben damit der Polierballen besser gleitet.
Noch ein wichtiger Hinweis: Leinölgetränkte Lappen niemals zusammenknüllen, das sie sich selbst entzünden können. Entweder in ein Gefäß sperren oder offen aufhängen.
Bei keinerlei Kenntnissen über eine Schellackpolitur würde ich erst mal `ne Probeplatte zum Üben nehmen und gaaaanz viel Zeit und Geduld mit einem selber, es dauert bis man das richtige Gefühl dafür entwickelt. Nur Mut!!
 
hmmm. mit dem leinölfirnis wird es nur dann fleckig, wenn das holz vor dem politieren mit warmleimwasser grundiert wurde. solche polituren kriegen mit der zeit einen grau-grünen stich und die maserung "werschwindet". solch einen stich bekommt auch die U-politur und polituren die mit dem orange-schellack hergestellt wurden. wenn man die harze gut kennt und sich nicht auf den schellack beschränkt, sondern auch mit copal, benzoe, sandarak usw. arbeitet, kann man sehr schöne und dauerhafte resultate erzielen.
eine geile oberfläche macht man auch mit der damar politur (im terpentinöl)... ist aber ein bissi komplizierter zu arbeiten...

lg
emm
 
Lieber 90 Jahre Klavierbau,

vl. kannst Du ja mal eine Klangprobe des Duysen hier einstellen, wenn dieser fertig ist. Man hört ja fast nur Gutes über Duysens (auch die kleineren), aber Sie scheinen doch eher seltene Vertreter zu sein, ich zumindest habe noch nie einen sehen oder spielen dürfen...
 
Hallo Klavierrestaurator,

die Fleckigkeit entsteht, wenn noch intakte Lackbereiche (im festen Verbund mit der Grundfläche) da sind, wo das Öl nicht hinkommt. Da kann es nicht anfeuern. Leinölfirnis auf Leimgrundierung ist doppelt-gemoppelt, "ent- oder weder".
Deine Erfahrung mit der Verfärbung bei Orange-Schellack kann ich bisher nicht bestätigen. Ich habe mal nach einem alten Rezept einen sog. weißen Lack hergestellt mit 7 versch. Harzen, war sehr spannend und ergab `ne super Oberfläche. Dammarpolitur? Nimmst Du ihn als Streichlack und polierst ihn aus? Als klassische Ballenpolitur schwer vorstellbar, Dammar wird als u. a. als Gemäldefirnis eingesetzt und ist elastisch. Aber ich lerne gerne noch dazu.

LG Ivory
 

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