Schlechte Schüler: woran liegt das eigentlich genau?

Piano.Pianissimo

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20. Apr. 2020
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Hallo liebe Kollegen,

daß sich viele Klavierlehrer mit schlechten Musikschülern herumzuschlagen haben, ist ja sicherlich nichts neues. Wenn ich allerdings mein Umfeld genauer ansehe oder mich bei Kollegen umschaue, stelle ich (freiberuflicher Musiklehrer seit 15 Jahren) durchaus fest, daß es auch Klavierlehrer gibt, die tendentiell bessere Schüler haben als bspw. ich selbst. Bei mir sind derzeit rd. 25 Schüler, 7 privat, Rest an privater Musikschule - von diesen 25 sind vielleicht 5, die man etwas heißen kann, die Leistungen aller anderen kann man ehrlich gesagt vergessen. Aber auch bei diesen 5 sind Projekte wie Jugend musiziert nicht immer möglich. Die spielen nur "ganz gut", aber bspw. Mozart-Sonaten sind da noch eine nicht überwindbare Herausforderung.
In meinem Unterricht verwende ich zum Schüler passende Literatur/Stücke/Schulen, gehe auch auf deren Wünsche ein, spieltechnische Übungen und Theorie fließen auch mit ein, ich spiele den Schülern sehr viel vor, ich kann mir nicht vorstellen, was da unzureichend wäre. Die Elternhäuser der Schüler sind in der Mehrheit der Fälle keine mit akademischer Bildung oder explizit bildungsbürgerlichen Interessen.
Mit "tendentiell mehr guten" Schülern bei Kollegen meine ich aber nicht die üblichen 10-15 %, sondern durchaus einen höheren Anteil - das sind aber auch Privatlehrer, keine von städtischen Musikschulen, die dank Warteliste jeden schlechten Schüler aussortieren können.

Meine Erfahrungen mit schlechten Schülern gründen sich auf:
- viel zu geringe Anteilnahme der Eltern ("der Musiklehrer macht das ja")
- viel zu geringe Eigenmotivation der Schüler
- in wenigen Fällen unzureichende Begabung, aber fehlender Wille und v. a. große Faulheit
--> die Folgen sind dann: zu weniges Üben, dadurch schlechte Fortschritte, was das Üben mühsam erscheinen läßt, der Teufelskreis beginnt.

M. E. sind Anteilnahme der Eltern und intrinsische Motivation des Schülers Dinge, die ohne Zutun des Lehrers immer vorhanden sein müssen. Der Lehrer hat die Aufgabe, die Motivation zu erhalten oder zu lenken oder auch zu verstärken, nicht aber, sie zu erzeugen.

Bei besagten Kollegen, die z. B. recht viele JuMu-Teilnehmer (auch ohne Preise ist das ja schonmal was wert!) haben und Schülervorspiele mit gutem Niveau veranstalten, scheinen diese Probleme jedoch weniger zu bestehen.
Woran denkt ihr, liegt das?
  • Zufall?
  • Persönliche Kontakte des Lehrers, in bildungsaffinen Milieus auf Schülersuche zu gehen/Werbung zu machen?
  • Selektiver Unterricht über Jahre, durch die der Lehrer sich ein entsprechendes Renommée erarbeitet?
  • Liegt es am spieltechnischen Niveau des Lehrers - ist es für einen normal begabten Sechsjährigen ein Unterschied, von einem Lehrer "nur" mit ML oder Bachelor unterrichtet zu werden oder von einem Lehrer mit Konzertexamen?
  • Liegt es daran, daß die Schüler nichts üben, wenn der Lehrer relativ ruhig, besonnen und zugewandt unterrichtet ("das ist ja locker hier")?
  • Ist mehr Strenge die Lösung, ist es sogar hilfreich, wenn beim ermahnten Schüler auch mal Tränen fließen??
  • Muß man die Schüler regelmäßig zu ihrem Glück zwingen?
  • Soll man regelmäßig mit den Eltern über den Leistungsstand korrespondieren bzw. den Eltern regelmäßig klar machen, daß sie sich um's Üben kümmern müssen??

Danke für Einschätzungen oder Erfahrungsberichte!
 
Ganz ehrlich, wenn du seit 15 Jahren nur übefaule, unmotiviert Schüler hast, dann liegt das an dir!
Das meiste von dem, was du vorbringst sind faule Ausreden. Überdenke doch mal deinen Unterricht.
 
Bei mir lag es daran daß ich zu manchen Schülern keine positive Einstellung aufbauen konnte - sie waren faul, unbegabt, dumm usw. Ich habe gemerkt, daß es schwierig wird mit solchen Ansichten/Einstellungen Schüler gut zu unterrichten. Möglicherweise sollte ein KL allen Schülern gegenüber positiv eingestellt sein - mir gelingt es ned.
 
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In meinem Unterricht verwende ich zum Schüler passende Literatur/Stücke/Schulen, gehe auch auf deren Wünsche ein, spieltechnische Übungen und Theorie fließen auch mit ein, ich spiele den Schülern sehr viel vor, ich kann mir nicht vorstellen, was da unzureichend wäre.
DIESER Abschnitt ist der entscheidende des ganzen Textes.

HIER musst Du Dich sehr ernsthaft hinterfragen!

Wenn jemand sagt "ich kann mir nicht vorstellen, was da unzureichend wäre" (man muss sich mal diese Aussage auf der Zunge zergehen lassen!), dann gehen bei mir immer die Alarmglocken an: Hier ist einer, der vielleicht sich überschätzt, der vielleicht nicht gerne weiter dazu lernt, der vielleicht etwas bequem ist, der Ausreden findet wie "ja, aber wie soll ich DAS DENN AUCH NOCH ALLES schaffen" usw.

Man muss überdies auch als Typ rüberbringen können, dass einen die Musik, die man da spielt und durchnimmt, begeistert. Daran hapert es auch bei so manchem, genauso wie mit Lockerheit und Humor. Deine Aussage, Du würdest relativ ruhig und zugewandt unterrichten, weist darauf hin, dass Du möglicherweise einfach ein eher langweiliger und ZU NETTER (!) Typ bist. Weder Frauen noch SchülerInnen mögen so jemanden sonderlich.
 
Ich kann das jetzt nur aus mäßig engagierter Mutter- Perspektive beantworten.
Der erste Lehrer ist meistens Empfehlung oder Zufall. Der zweite Lehrer wird bei den begeisterten Eltern/ Schülern sorgfältiger ausgewählt.
Der Lehrer von meinem Sohn hat angekündigt nächstes Jahr aufzuhören. Wäre jetzt kein Corona würden wir die Vorspiele in der Umgebung besuchen und Mal schauen, was die Schüler so zustande bringen und wie sie dabei mit dem Lehrer interagieren. (Dabei wäre mir Respekt gepart mit einem Lächeln auf beiden Seiten am liebsten)
Meinem Sohn ist auch die Auswahl der Stücke sehr wichtig- mir nicht, aber ich muss es ja auch nicht spielen.

Haben schon Mal Schüler nach 2 bis x Jahren Unterricht zu dir gewechselt?

Neben schlechtem Unterricht kann es auch an schlechtem Marketing liegen. Haben potentielle Schüler die Möglichkeit dich im Internet oder auf der Bühne spielen zu hören? Bzw. Wirst du gefunden? Gerade jetzt verschiebt sich viel ins Netz.
 
Ich war kein guter Klavierschüler. Das hatte Gründe:

1. Es war nicht meine Idee, Klavier zu lernen, sondern die meiner Eltern
2. Ich fand die erste Lehrerin zu autoritär (1961!) und die zweite zu alt
3. Üben fand ich zum Kotzen
4. In der Schule am Vorspielabend aufzutreten, fand ich auch zum Kotzen
5. Als potentieller Mozart bei der Verwandtschaft herumgereicht zu werden, fand ich auch zum Kotzen
6. Das Herumgezupfe und Herumgeziehe von der Lehrerin an mir ging mir auf die Nerven
7. Ich sah nicht ein, dass alle anderen nach den Schularbeiten erlöst waren, ich aber nicht.

Die Liste ließe sich mühelos verlängern. Die Qualifikation der Lehrerin spielt in meiner Erinnerung keine Rolle. Die konnten beide Klavier spielen, das reichte mir. Und ich wollte es nicht lernen, basta.

Das mussten dann allerdings erst einmal meine Eltern lernen. Schon nach acht Jahren hatten sie es kapiert.

CW
 
Zuletzt bearbeitet:
ich kann mir nicht vorstellen, was da unzureichend wäre
Autsch! :-)
M. E. sind Anteilnahme der Eltern und intrinsische Motivation des Schülers Dinge, die ohne Zutun des Lehrers immer vorhanden sein müssen. Der Lehrer hat die Aufgabe, die Motivation zu erhalten oder zu lenken oder auch zu verstärken, nicht aber, sie zu erzeugen.
Ich vermute dass es hier beim Lehrer an intrinsischer Motivation fehlt. Und Vorstellungskraft. Und Kreativität.
 

Die spielen lieber mit dem Smartphone als Klavier zu üben.

Um gut zu werden muss man gerne üben. Und die Schüler, die früher aus eigenem Interesse Klavierspielen wollten und dafür etwas gemacht haben, die tun das heute auch. Lediglich die unmotivierten Schüler finden heute mehr Abwechslung.
Aber darum geht's dem TE gar nicht, da andere KL ja gute Schüler haben...

Daher die vielleicht gewagte Vermutung: kann ein KKL automatisch nur KKSuS hervorbringen????
 
Ganz ehrlich, wenn du seit 15 Jahren nur übefaule, unmotiviert Schüler hast, dann liegt das an dir!
Das meiste von dem, was du vorbringst sind faule Ausreden. Überdenke doch mal deinen Unterricht.

Ich habe nicht geschrieben, daß ich 100 % faule Schüler hätte!— Aber aus dieser - sehr prägnanten - Antwort folgere ich, daß Du besser weißt, wie vorzugehen wäre. Bist hauptberuflicher Klavierlehrer? Wie siehst Du das? Ist der Schüler derjenige, der dem Lehrer gegenübertritt und sagt "Lieber Lehrer, motiviere mich" ??
 
Auch die Meta-Ebene ist nicht zu unterschätzen: Sprich mit deinen Schülern über ihr eigenes Üben und Lernen, lasse sie sich selbst reflektieren. Vereinbare mit ihnen Ziele (am besten nach den SMART-Kriterien) und überprüfe mit ihnen gemeinsam das Erreichen der Ziele. Suche bzw. sucht für den Fall des Nicht-Erreichens neue Wege, um die Ziele zu erreichen.
 
DIESER Abschnitt ist der entscheidende des ganzen Textes.

HIER musst Du Dich sehr ernsthaft hinterfragen!

Wenn jemand sagt "ich kann mir nicht vorstellen, was da unzureichend wäre" (man muss sich mal diese Aussage auf der Zunge zergehen lassen!), dann gehen bei mir immer die Alarmglocken an: Hier ist einer, der vielleicht sich überschätzt, der vielleicht nicht gerne weiter dazu lernt, der vielleicht etwas bequem ist, der Ausreden findet wie "ja, aber wie soll ich DAS DENN AUCH NOCH ALLES schaffen" usw.

Man muss überdies auch als Typ rüberbringen können, dass einen die Musik, die man da spielt und durchnimmt, begeistert. Daran hapert es auch bei so manchem, genauso wie mit Lockerheit und Humor. Deine Aussage, Du würdest relativ ruhig und zugewandt unterrichten, weist darauf hin, dass Du möglicherweise einfach ein eher langweiliger und ZU NETTER (!) Typ bist. Weder Frauen noch SchülerInnen mögen so jemanden sonderlich.

Ständig bekommt man von allen Seiten zu hören, "moderner Unterricht" hieße, den Schüler da abzuholen, wo er steht, was er möchte, was ihn anspricht usw. usw. Macht man das, ist es falsch?!

Beispiel Popsongs: so etwas, v. a. aktuelle Charthits, die ja viele Schüler wollen, haben in einem guten, soliden Unterricht nichts verloren, weil das meiste davon einfach nur schlecht, langweilig und für Klavier ungeeignet ist. Es ist Zeitverschwendung. Ja, aber klassisch-romantische Literatur wird von vielen Schülern, v. a den weniger erfahrenen, abgelehnt. Sie verstehen diese Musik nicht bzw. sind selbst für leichte Stücke noch nicht weit genug. Wenn man dann also nicht "nett" ist und als Lehrer durchzieht, was man selbst für richtig hält, kann ich mir nicht vorstellen, daß man damit pädagogischen Erfolg hätte!
 
@Piano.Pianissimo
Ich habe den Eindruck, dass du nicht genau weißt, was du überhaupt willst. Allen recht machen kannst du es sowieso nicht. Versuche immer in jeder Situation die Möglichkeiten abzuwägen und deinen authentischen Weg zu finden.
 
ich kann mir nicht vorstellen, was da unzureichend wäre.

Um darauf mit anderen, mit meinen, Worten einzugehen:

Mein Leben hat mir beisher gezeigt, dass niemand von denen, die sich für gut halten, wirklich richtig gut ist. Und zwar egal, um welches Fach es dabei geht.

Die Besten sind meistens die, die es gar nicht wissen. Sie wissen es nicht, weil sie sich immer für schlecht halten und ständig darum ernsthaft bemüht sind besser zu werden. Aber nur deshalb sind sie überhaupt so gut.

Dazu passend: Wenn irgendwo ein Fehler passiert ist, und es kommt die Frage auf: "Wo?", kann man sich darauf verlassen, dass die Ursache in der Ecke liegt, aus der es am lautesten, sofort ohne Nachzudenken, tönt: "Also bei uns auf keinen Fall!"

Als ich die Frage gelesen habe, war mein erster Impuls, zu antworten:
  • zu 99% am Lehrer
  • zu 80% am mangelnden Interesse des Schülers
Interessant, dass das nichts Neues ist.
 
@Piano.Pianissimo Wie laufen Deine Klavierstunden denn normalerweise ab? Skizziere doch mal eine typische Unterrichtsstunde, z.B. mit einem Kind, 7 Jahre, das seit ein paar Monaten Klavier lernt, normal begabt ist, sich aber noch keine Unterrichtstunde voll konzentrieren kann und deshalb manchmal unruhig und unmotiviert wirkt. Was machst Du?
 

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