Satie, Gnossiennes

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Da ich grad mal über besagtes Werk gestolpert bin, mir die Noten besorgen wollte und hier mal die SuFu genutzt habe:

Allerdings solltest Du Dir eine andere Ausgabe der Gnossienne besorgen - bei Satie gibt's da nämlich keine Taktstriche!

stellt sich mir dann doch die Frage, ob die Satie'sche Version ohne Taktstriche bei allem Respekt vor dem Komponisten und seiner Absicht wirklich für den Interpreten einen Vorteil bietet. Nimmt doch der unvoreingenomme Hörer (also ich) ein klares Taktmaß wahr. Fand ich doch glatt zum Thema eine kompetente Stimme (Ulrich Krämer) im Vorwort zu der Henle Ausgabe der Gnossiennes:

Dass die Gnossiennes von Anfang an als „Musikalische Kuriositäten“ galten – unter dieser Überschrift erschien der Vorabdruck der ersten und dritten Gnossienne in Le Figaro musical –, ist vor allem dem Umstand zuzuschreiben, dass Satie die Stücke mit Ausnahme des zuerst komponierten (der Nr. 4) ohne Taktstriche notierte.
und
[...] liegt den Gnossiennes jedoch eine klare metrische Gestalt zugrunde, die von der stets geradtaktig rhythmisierten Begleitung ausgeprägt ist, sodass die fehlenden Taktstriche eine rein äußerliche Besonderheit bleiben.

Welches Argument soll mich also überzeugen, die taktlose :-D Version von IMSLP runterzuladen :konfus:?
 
Satie hat in einer Zeit komponiert, in der sich der Blick in Europa auf die musikalische und geographische Ferne richtete und die europäische Kunstmusik von dort Einflüsse aufnahm. Debussy hat das z.B. in seinen Estampes gezeigt. Satie, der ohnehin sehr experimentierfreudig war, hatte mit Sicherheit einen ähnlich offenen Blick.

Während die westlich-europäische Musik mit dem Taktsystem das Prinzip der Division (Einteilung in Takte und Zählzeiten im Verhältnis 1:2, 1:4 usw.) zugrundeliegt, verwendet z.B. indische Musik das Prinzip der Addition. Takteinteinteilungen kennt die klassische indische Musik nicht; Rhythmen entstehen durch Aneinanderreihung und Verbindung kleiner Einheiten zu größeren.

Sollte Satie genau dieses Prinzip angewandt haben, würde die Einteilung in Takte seiner musikalischen Idee zuwiderlaufen.
 

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