Riss/Risse im Resonanzboden

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11. Feb. 2007
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Liebes Forum,
zur Zeit bin ich auf der Suche nach einem Flügel (eine schöne Beschäftigung!) und versuche mich in dem Angebotsdschungel zu orientieren. Eine Frage, die mich als Vorkriegs-Flügel-Fan betrifft, ist die Relevanz von Rissen im Resonanzboden. Wie dramatisch sind die denn nun? Als Laie stellen sich mir beim Wort "Riss" natürlich alle Nackenhaare auf, aber sind denn die Klangeinbußen wirklich erheblich? Wie gut sind da die Reparaturergebnisse und verändert ein gespahnter Resonanzboden die Klangcharakteristik? Ja und wie ist das nach einigen Monaten in neuem Raumklima, treten an den "geflickten" Stellen erneut Risse auf? Kann man also solche Schäden getrost in Kauf nehmen, oder heisst es da besser Finger weg? Allerdings ist es wirklich schwierig, einen Flügel aus den Jahren ca. 1910-1930 zu bekommen, deren Resoböden tip-top sind....
Vielen Dank für eure fachkundigen Einschätzungen und ggf. Erfahrungsberichte.

LG, Sesam
 
Hallo Sesam,
zu deinen Fragen:

Wie dramatisch sind die denn nun?
In der Regel nicht dramatisch, solange es nicht zugleich größere Verleimungsmängel am Resonanzboden oder sonstwo im Instrument gibt.

sind denn die Klangeinbußen wirklich erheblich?
Wie man's nimmt. Reso-Risse ändern den Klangtyp nicht, beeinflussen aber auf subtile Weise die Klangqualität. Fülle, Tragfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Amplitudenfestigkeit können leiden. Der Gesamtklang nimmt in Nuancen hinsichtlich der Grundtönigkeit ab bzw. hinsichtlich der Obertönigkeit zu. Die optimal empfundene klangliche Souveränität kommt stets aus einem (weitestgehend) geschlossenen Resonanzboden.

verändert ein gespahnter Resonanzboden die Klangcharakteristik?
Ja - im eben beschriebenen Sinne. Nein - im Sinne des Klangtyps.

treten an den "geflickten" Stellen erneut Risse auf?
Sollte nicht passieren, sofern mindestens 180prozentig auf absolut sichere Verleimung der Späne geachtet wird. Jeder Tischler verkündet mit Stolz: Was korrekt verleimt ist, bricht an der Leimstelle nie wieder. Aber die Korrektheit der Verleimung ist das wirklich Heikle an der Reso-Spänung. Weil das so ist, sieht man leider ziemlich häufig Resonanzböden, die direkt an den Spanverleimungen wieder aufreißen. Nach meiner Schätzung betrifft das ca. 10-30% der Fälle. Ich bin auf Schätzungen anderer Kollegen gespannt.

Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Krach wird Klang
 
sind denn die Klangeinbußen wirklich erheblich?
Wie man's nimmt. Reso-Risse ändern den Klangtyp nicht, beeinflussen aber auf subtile Weise die Klangqualität. Fülle, Tragfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Amplitudenfestigkeit können leiden. Der Gesamtklang nimmt in Nuancen hinsichtlich der Grundtönigkeit ab bzw. hinsichtlich der Obertönigkeit zu. Die optimal empfundene klangliche Souveränität kommt stets aus einem (weitestgehend) geschlossenen Resonanzboden.

verändert ein gespahnter Resonanzboden die Klangcharakteristik?
Ja - im eben beschriebenen Sinne. Nein - im Sinne des Klangtyps.




Hallo Martin,
was du oben beschreibst, hört sich ja schon nach einer nicht ganz unerheblichen Beeinträchtigung an. Allerdings kann man das wahrscheinlich wirklich erst vorort mit den eigenen Ohren abschließend klären.

Noch eine andere Frage möchte ich stellen: kann man vom Zustand des Resonanzbodens darauf schließen, ob es dem Instrument in den letzten 100 Jahren gut gegangen ist? Also wenn da an dieser empfindlichen Stelle alles o.k. ist, dann ist das doch für den Zustand des übrigen Holzes schon mal ein gutes Zeichen? Oder? Und im Umkehrschluss? Deuten Risse im Resonanzboden nicht auch auf Schäden an anderen Holzteilen (von denen es ja nicht grad wenig gibt) hin??
Fragen über Fragen....

LG, Sesam

P.S. Diese sehr "theoretisch" gehaltenen Fragen stelle ich, weil ich nicht kreuz und quer durch das Bundesgebiet fahren will, um mir jede Klapperkiste anzuhören/-sehen. Und jetzt bin ich eben auf der Suche nach wichtigen Ausschlusskriterien (z.B. Zustand Resoboden). Weitere solcher Kriterien sind: Stimmstock oder Gussplatte gerissen, Flügel hat nur 2 Beine, Flügel ist weiß. Fallen euch noch weitere Kriterien ein?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Lass dich nicht verrückt machen, Sesam.
Fragen sind immer gut. Mit Spekulationen verdrehst du dir bloß den Kopf.
Klar, ein heiler Reso ist ein gutes Zeichen. Ich hab aber auch schon rissfreie Böden gesehen bei zugleich bestehenden grandiosen Ableimungen.

Was die empfundenen Beeinträchtigungen betrifft: Vieles ist relativ und subjektiv und - wie auch meinerseits gesagt - undramatisch. Du siehst ja, was Mephisto geäußert hat, über ihren Flügel.

Und auch ihr Abschlusswort ist nur zu unterstützen: Lass dich bei der Suche fachmenschlich coachen. Dann hast du die besten Chancen, sowohl auf dem Teppich zu bleiben, als auch ein maßgeschneidert zu dir passendes Instrument zu bekommen.

Gruß
Martin
PianoCandle


... nicht bang, sondern Klang
 

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