Riss im Gussrahmen, was ist mein Blüthner noch wert?

Hi,

Wie verhält es sich dann mit Krystian Zimmerman, der angeblich nur noch die Mechanik
des Flügels mitführt, weil der amerikanische Zoll seinen Flügel mal wegen verdächtigen chemischen Gerüchen geschrottet hat?
Gerücht, oder ist das dann was anderes?
Siehe z.B.:
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/...en-Fluegel-in-die-Luft-fliegen/story/29723145

Grüße,
André
Lese ich zum ersten mal...
Ziemlich viel Arbeit für den Techniker. Die schiebt man nicht so einfach rein und spielt?!?!

LG
Michael
 
Hi,

Wie verhält es sich dann mit Krystian Zimmerman, der angeblich nur noch die Mechanik
des Flügels mitführt, weil der amerikanische Zoll seinen Flügel mal wegen verdächtigen chemischen Gerüchen geschrottet hat?
Gerücht, oder ist das dann was anderes?
Siehe z.B.:
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/...en-Fluegel-in-die-Luft-fliegen/story/29723145

Grüße,
André

ich dachte der hätte die als Schaukel an den Baum gehängt :super:
 
Noch etwas zum Abrunden (Thema Reparaturschweißung):

Beim Schweißen entstehen durch die behinderte Schrumpfung an der Schweißnaht natürlich Eigenspannungen und Verzug. Die Eigenspannungen können sogar Werte der Streckgrenze annehmen (also die Bauteilspannung, bei der der Werkstoff irreversibel zum Fließen/plastischen Verformen beginnt). Das wird auch gezielt ausgenutzt. Mit eine gezielten Überbelastung wird das Material zum Fließen gebracht und die Eigenspannung werden damit abgebaut. Durch gezielte Überbelastung erreicht man auch die Umkehrung der Eigenspannung (aus äußerer Zugbelastung wird Druckeigenspannung im Bauteil erzeugt und das ist durchaus erwünscht -> erhöht die Dauerffestigkeit).
Man kann auch durch Hämmern (aber bitte nicht mit dem Hammer, das sind spezielle Werkzeuge) Druckeigenspannung erzeugen und so die Lebensdauer der Schweißnaht erhöhen. Oder man wendet eine Wärmebehandlung (z.B. Spannungsarmglühen) an. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in dieser Richtung was zu unternehmen.

Verzug kann man natürlich auch richten. Aber bitte nicht mit dem Hammer drauf dreschen. Besser ab mit dem Rahmen auf eine Richtbank, dazu eine hydraulische Presse und mit etwas Gefühl ist das Ding wieder gerade.

Ob das Ganze wirtschaftlich sinnvoll ist, weiß keiner, da noch nicht in Auftrag gegeben bzw. sich bisher keiner erkundigt hat.

Ist ja richtig, nur ein Gußrahmen eines Flügels ist keine alte Klooschüssel oder Badewanne wo stinknormaler Grauguß ausreicht - so eine Gußplatte muß 20 t Zugkraft (beim Aliquoter wahrscheinlich noch mehr) aushalten können. Hier hast Du komplexere Eisengußlegierungen (zBsp. mit Titan), welche eine wesentlich höhere Schmelztemperatur erfordern.

Viele Grüße

Styx
Ich weiß nicht, welches Material die Hersteller verwenden. Kann Grauguß sein, oder aber Gußeisen mit Lamellengraphit, Kugelgraphit, Temperguß oder, oder... Aber in Gußeisen ist mit Sicherheit kein Titan drin. Ich kenne Titan vor allem als Legierungselement bei nichtrostenden Stählen. Es dient dort, die Verbindung zu stabilisieren (Chromkarbide). Aber das führt uns jetzt zu weit vom Thema weg.

Im Übrigen hat die Angabe von 20 Tonnen Belastung (wie kommt man auf die Zahl, hat das jemand berechnet oder ist das eine landläufige Meinung, welches ohne Widerspruch akzeptiert wird?) allein wenig Aussagekraft. Es kommt auf den Querschnitt an, der die Belastung aufnimmt. Damit errechnet man die Bauteilspannung (Kraft pro Fläche) und setzt es mit der maximal zulässigen Grenzspannung gleich (Dimensionierung von Bauteilen, jeder Maschinenbauer kann das). Und wenn es zum Versagen des Bauteils kommt, liegt das weniger am Material als an der Unfähigkeit des Konstrukteurs/Herstellers und damit ein Konstruktionsfehler (man hat das Bauteil nicht richtig dimensioniert). Dieser Satz gilt z.B. für einen Gewaltbruch (Sprödbruch).

Hier haben wir es aber höchstwahrscheinlich mit einem Dauerbruch zu tun (wenn das denn durchgebrochen wäre, sichtbar an den Rastlinien). Ursprung ist dabei immer eine Kerbe und sei sie auch noch so klein (wenige hundertstel Millimeter reichen) plus ein Lastkollektiv (hier: Schwingungen). Risse entstehen auch bei Druckbeanspruchungen. Zugbeanspruchungen sind hinsichtlich Rissentstehung jedoch als gefährlicher einzustufen.

Konstruktionsempfehlung bei Dauerbruchgefahr:
Einbringen von Druckeigenspannungen,
Vermeidung von Kerben (geometrische Kerben, matallurgische Kerben),
Polieren der Oberfläche (Oberflächengüte erhöhen, Rauheit verringern), etc. ...
 
Im Übrigen hat die Angabe von 20 Tonnen Belastung (wie kommt man auf die Zahl, hat das jemand berechnet oder ist das eine landläufige Meinung, welches ohne Widerspruch akzeptiert wird?) allein wenig Aussagekraft.

Stimmt. Hier liegt auch ein Fehler im Denkansatz. Die 20 Tonnen resultieren aus der Summe der Saitenzugkräfte. Diese bewirken aber kaum Zug- sondern hauptsächlich Druckbelastungen in der Gussplatte (sonst müsste man wirklich Stahl nehmen). Ein wesentlicher Teil dieser Kräfte wird vom Rasten übernommen. Bei historischen Instrumenten sogar ausschließlich von diesem, da man Metall im Klavierbau kritisch gegenüber stand.
 
Moin Gemeinde,
dann auch mal paar Worte von mir weil das ganze hier ja schon wider sehr in Richtung Steinway abdriftet.
Zuerst aber mal zur Ausgangsfrage, was ist der Blüthner Wert. Da ja ein Plattenriss auch gerne mal als klassisches "Totschlagargument" herhalten muß wird der Marktwert wohl gen Null tendieren. Alles was da bezahlt wird kann man dann as Liebhaberei ansehen. Und der Liebhaber zahlt dann was er für angemessen hält. Allerdings bin ich bei Michael: Ich würde ihn auch stimmen. Zwar nicht mehr mit Gewalt höherstimmen, eher ein bisschen tiefer aber ich denke viel passiert da nicht mehr.

Steinway "Austauschplatten" Die gibt es definitiv nicht. Der Vorteil bei Steinway ist das sich eben die Modellgrößen nie geändert haben. Von daher hat man gute Chance eine neue Platte zu verbauen. Allerdings wird es auf Grund von immer mal über die Jahre vorgenommen kleinen Modifikationen an den Platten damit nicht getan sein. Also muß gegebenfalls auch noch der Stimmstock dran glauben und dann schaun wir mal was dann der Resoboden bzw. die Stege sagen....... Das fürht schnell zum wirtschaftlichen k. o.

Die Platten die einzelne Händler im Geschäft hängen haben sind ausschließlich Platten die irgendwelche Fehler hatten und dann als Dekostücke aufbereitet wurden. Sonst hätte man sie wegwerfen können.

Es gibt Teile die Steinway generell nicht als Einzelteile verkauft: Gußplatten, Stimmstöcke, Resonanzböden. Diese werden ausschließlich im Werk von Steinway selbst verbaut.

Und auch da bin ich bei Michael: Es gibt keine zwei gleichen Platten. Technischer Fortschritt hin oder her.

Neue Mechaniken: In der Tat kann man komplette neue Mechaniken kaufen. Und oftmals bekommt man sie auch, nötiges Wissen und Können vorrausgesetzt sehr schön in andere Instrumente eingebaut. Aber ein Spaziergang ist das nicht !!! Das ist was für Profis !!!
Sehr viele Händler schicken dann oftmals die alte Mechanik ein. In der Regel sind dann die Mechaniktuben gerissen. Die werden dann im Werk durch neue Tuben ersetzt. Also, alte Mechanikböckchen mit neuen Tuben. Aber auch da gibts hinterher noch divereses nachzuarbeiten.

Soviel mal auf die Kürze.

Gruß
Martin
 
Oha tempora ohh Uralt Fertigung.... CNC ist Zukunft, nicht die Holzbauweise... Gussteile gehören bearbeitet, dann wird Austauschbau möglich. Überall sonst macht man es, nur nicht im Flügel... Es sei denn, in Braunschweig ...
 
Moin Martin,

ich hab schon etliche Marken mit Plattenbrüchen erlebt, allerdings befand sich da nie ein S&S darunter.

Was mich allerdings bewog anzunehmen S&S "könne mal schnell" eine alte Platte gegen eine neue austauschen, ist die Geschichte mit Arthur Rubinstein, dessen Flügel wohl durch Kriegsschäden einen Gußplattenschaden hatte, die man dann wohl ausgetauscht hat. Wie ist es denn tatsächlich gelaufen?
Wurde hier eigens eine Platte für Rubinsteins Flügel gegossen?

Viele Grüße

Styx
 
Hallo Styx,

halt mich jetzt bitte nicht für einen totalen Dilletanten, aber..... Ich kannte die Geschichte mit Rubinsteins Flügel gar nicht bevor ich hier davon gelesen hatte. Asche auf mein schütteres Haupthaar! Ich kann die also nicht sagen wie das "damals" gelaufen ist. Aber ich bin mir ziemlich sicher das da nichts neues extra geossen wurde. Warum auch. Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen das die Platte soooo einfach zu tauschen war. Wirbelfelder alle per Hand nach Bohrschablone gebohrt.... Da müßte es schon fast mit dem Teufel zugehen wenn da die Bohrungen im Wirbelfeld exakt zu den Bohrungen im Stimmstock passen. Evtl. wurde der ja auch gewechselt. Sind aber nur Vermutungen meinerseits. Ich hör mich mal rum, vielleicht krieg ich da was raus. Kann aber bisschen dauern weil sich doch schon ein Teil der Truppe so langsam in den Sommerurlaub aufmacht.

Zum Thema "Uraltfertigung"

Lieber Wiedereinaussteiger, natürlich kennen wir auch in Hamburg mittlerweile CNC Fertigung. Auch nicht erst seit gestern. Aber glaube mir (obwohl ich kein Metaller bin, aber wir da auch welche von haben mit denen ich mal gelegentlich spreche) das ist schon ein seeeeeehr komplexes Thema. Anscheinend sind Flügelplatten schon alleine durch ihre Dimensionierung gepaart mit doch sehr schlanken Profilen und verhältnismäßig dünnen Wandstärken in einer ziemlich großen Fläche nicht so ganz ohne. Aber egal, wir arbeiten ja dran. Ob man jemals dahinkommt alles so zu ferigen das die Dinge beliebig austauschbar werden..... schaun mer mal. Und wenn wir da hin kommen sollten wird es die Betriebs und Produktionsleitung mit Sicherheit sehr erfreuen. Die Kostenrechnung evtl. auch.

Wie dann der Flügel klanglich und spieltechnisch ausfallen wird? Auch schaun mer dann mal...... Ich denke du weißt wie ich es meine.

Gruß
Martin
 
Moin Martin,

hier mal das Video:

Bei 03:09 wird da von geredet daß "die Eisenplatte und der Stimmstock" erneuert werden mußten, da die "Eisenplatte" wohl gerissen war. Was mich hingegen wundert, daß man die Hammerköpfe beibehalten hat, die dürften doch auch schon abgespielt gewesen sein?

Viele Grüße

Styx
 

Ja, da wurde tatsächlich die Platte erneuert und der Stimmstock. Ohne Stimmstock macht das ja auch keinen Sinn. Viel Arbeit für den großen Meister! "Gelohnt" in dem Sinn hat sich das natürlich nicht, aber immerhin hat man es hin bekommen und den großen Künstler damit eine Freude gemacht. Damit beim Steg der Druck über die Länge einheitlich ist, kann man mit angefertigten Metallleisten ausgleichen und dann die Anhangstiftlöcher bohren usw.... und ziemlich sicher hat man die Bohrlöcher der Rahmenauflage gedübbelt und frisch gebohrt. Alles zusammen ein Riesensack Arbeit. Gratulation!

LG
Michael
 
Styx,

danke für den Link. Kannte ich jetzt echt nicht. Na, jedenfalls lag ich ja nicht ganz falsch mit meiner Vermutung. Alles andere hätte mich doch sehr gewundert. Und ich finds auch nicht soooo verwunderlich das die Hammerköpfe drin geblieben sind. Wieso tauschen wenn sie klingen? Tja, ein "riesen Sack Arbeit" in der Tat.

Jetzt kann ich beruhigt den Tag beschließen und sagen:

Mensch, vom Styx da hab ich heute wieder was gelernt !

In diesem Sinne nen schönen Abend
Martin
 
Mensch, vom Styx da hab ich heute wieder was gelernt !

na jetzt veräppelst mich aber:-DIch denke Du wußtest der Geschichte, wußtest aber wohl nicht daß entsprechendes Video im Netz ist;-)

Ja, mit den Hammerköpfen stimm ich Dir schon zu, warum wechslen wenn sie noch klingen - andererseits....wenn man schon einen solchen Aufwand betreibt hätt man ja die Hammerköpfe doch so genz nebenher mitmachen können?
Des wundert mich ja auch mitunter bei Cheffe - er macht n neuen Baßstegdoppel, zieht Hellerbaß auf, aber der Blankbezug ist der alte (sehr vergnüglich zum stimmen) - sicher klingt der alte Blankbezug noch, aber wenn ich des Teil schon mal zerlegt hab, kann ich doch auch gleich neuen "Klingeldraht" mit neu aufziehen?
Oder andere Kollegen, richten ein Instrument wieder hervorragend her, aber für die Einflechtbänder langts dann offensichtlich nimmer:dizzy:

Ich bin da vielleicht etwas rabiat in meiner Ansicht, aber ich denke immer wenn schon derart umfangreiche Überholungen gemacht werden, dann sollten so die Kleinigkeiten nimmer des Poblem sein, die kann man ja dann wohl noch so nebenher erledigen;-)

Aber um mal auf des Kernthema zu kommen - ich habe zu oft erlebt daß Instrumente mit solcherart Plattenbruch die Stimmung nicht all zu lange halten (ein Laie merkt des vielleicht nicht), die Kunden geben dann dem Klavierstimmer die Schuld daß die Stimmung nicht hält.
Daher sage ich inzwischen wenn mir ein Instrument mit Plattenbruch begegnet "Finalschaden, nicht mehr stimmbar" - ich bin kein Metaller, somit ist mir auch nicht klar wie sich solche Brüche auswirken, nur so viel, ich habe bereits in der Vergangenheit Instrumente mit solchen Plattenschäden gestimmt und eine Ewigkeit gebraucht bis es so leidlich gleichmäßig war - es macht wirklich keine rechte Freude, gerade wenn es nach 4 Wochen wieder völlig daneben ist.


Viele Grüße

Styx
 
Moin Gemeinde,
dann auch mal paar Worte von mir weil das ganze hier ja schon wider sehr in Richtung Steinway abdriftet
tut mir leid für den Fehlquote, ich habe hier einen Tablet PC am Start, dessen Klaviatur mir noch wesentlich ungeläufiger ist als 88 uralte Drachentasten .... Ja Martin, ich weiß, was du meinst. Ich stecke momentan mit einer überaus jungen Truppe von CAE- Experten zusammen, die mit ANSYS Arbeiten, leider aber damit noch keine Konzerter-Rahmen auslegen.

Kurzum, ihr, und bereits Onkel Theo haben ein elastisches und zudem über-bestimmtes System am Start. Mein Tipp? Erhöht die Stege, dann befraest alle Auflageflaechen.Kampf dem Warp, der Verwindung.
 
Daher sage ich inzwischen wenn mir ein Instrument mit Plattenbruch begegnet "Finalschaden, nicht mehr stimmbar"

Das finde ich übertrieben. Ich mache das vom Instrument und der Situation abhängig. Wenn man so einen Plattenbruch sieht, dann erst mal testen, wie die Stimmung noch ist und fragen, wann die letzte Stimmung war. Wenn es keine Sprünge in der Tonhöhe gibt und auch ansonsten keine Auffälligkeiten, dann stimm ich einfach ganz normal durch. Aber ganz bestimmt nicht hochziehen. Und natürlich dem Kunden die Bedenken mitteilen.
 
Wenn es keine Sprünge in der Tonhöhe gibt
...dann ist was faul!
Normalerweise sollte es von einem Ton zum nächsten um ungefähr einen Halbton "springen"
Hast schon mal ein Klavier gehabt, wo jeder Ton gleich klingt? :-D
Ich kannte einen Prof.. der mich stets zu seinen Schülern mit der Bemerkung schickte: Das muss unbedingt gestimmt werden, da klingt schon jeder Ton gleich.:lol:

:coolguy:

LG
Michael
 
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