Rettet Seiler!

  • Ersteller des Themas Klavierbaumeister
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So schlimm wird es nicht werden. Das gilt sicherlich für den Massenmarkt. Aber als Gegenbewegung werden sich Nischen für kleinere (allerdings meist höherpreisige) Anbieter auftun. Das haben wir bereits beim Bier erlebt. Erst wurden alle kleinen Brauerein plattgemacht, dann gabs den Einheitsgeschmack der sogenannten Fernsehbiere und weil es ein Teil der Verbraucher nun leid ist, erstarken kleine lokale Brauereien (oder es werden exotische Biere aus Südamerika an die Tanke gekarrt). Übigens auch eine Sache,die in den USA 10-15 Jahre früher passiert ist. Heute sind dort in vielen Supermärkten die Fernsehbiere in der Schmuddelecke verschwunden und 90% der Regalfläche wird von "local breweries" belegt.

Im Prinzip sicher ein Hoffnungsschimmer - für manche Produkte und Branchen.
Bierbrauen ist aber einfacher als Klavierbau!
Wenn erst mal die deutschen/europäischen Hersteller kaputt sind, wo ist dann das Know-how? Die jahrhundertealte Erfahrung? Ob man das so "einfach" wiederbeleben kann?
Außerdem gibt es sicher mehr Bierkäufer und Biertrinker als Klavierkäufer und Klavierspieler :D
Zusammen mit der wirtschaftlich-gesellschaftlich-kulturellen (Abwärts-)Entwicklung sehe ich leider schwarz.
... und wünsche mir, ich möge mich heftigst irren
 
ich weiß grade gar nicht, wo ich anfangen soll:

Castati & Altneuling möchte ich voll und ganz beipflichten. Es ist nicht die böse EZB, nicht das schreckliche Zinssystem (???) und schon gar nicht der Kapitalimus per se. Werteverfall ist sicherlich ein richtiges Stichwort und - auch wenn man mich jetzt steinigt - grassierende Dummheit an allen Ecken und Enden. Ob diese nun "gesät" ist oder Resultat des gedankenlosen (!!!) Konsums ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

heute sind sie vollauf dem Ueberlebenskampf ausgeliefert
Da muss ich widersprechen. Erstens kämpfen die wenigsten, zweitens ist die "Überlebensfrage" eine Folge der erwähnten Dummheit und Beratungsresistenz.
Rechnen haben alle mal in der Grundschule gelernt. Die Zahl der Pivatinsolvenzen deutet aber auf etwas anderes hin. Alles jetzt gleich haben wollen, keine Geduld, und am besten doppelt so groß wie der Nachbar - das ist die Devise, nach der sich viele in den "Abgrund" stürzen - und vom sozialen Netz auffangen lassen. Die wirklich Leidtragenden sind dann die armen Schweine, die durch Krankheit etc. in Not geraten sind.

Wir haben nur eine Chance: Siehe die Abschlussworte von Altneuling. Und ich möchte provokant hinzufügen: Maul halten - Ärmel hochkrempeln - etwas tun! Und: Vorleben!!!! Die gute Saat aussäen!!!!

Und, Melodicus: Bierbrauen ist genauso eine Kunst, wie Klavierbau. Auch hier gilt: Ist das Wissen erst mal weg, kann auch modernste Systemsteuerung nicht so ohne weiteres ein gutes Bier erzeugen - genausowenig wie CNC-Fräsen einen guten Flügel garantieren
 
Muss hier auch Castati beipflichten, hier wird teilweise schon ärgst schwarzgemalt.
Die jetzige Zeit ist nun mal faktisch die beste, was den Wohlstand der Allgemeinheit betrifft, basta. In den 80ern rum gabs wohl noch viel mehr
Wohlfahrtsstaat für die Hypochonder etc., aber trotzdem.
Die Schere arm/wohlhabend wird auseinanderklaffen, das sehe ich als mit das größte Problem. Interessant wird auch sein, was das für die Mobilität bedeutet - in Zukunft nur noch für Reiche oder gibt es neue Konzepte, etc. ?
Ich finde es schon ziemlich sonderbar auf welch hohem Niveau hier vermutlich
gejammert und alles schlecht geredet wird. Nun, die 68er waren doch eine Zeiterscheinung für ein paar Jahre - und gerade die fürchterlichen Politiker von heute waren darunter - also wer ist jetzt gut oder schlecht? Ist denn die heutige Jugend soviel schlechter und kann sie - falls ja - was dafür?
Zu den Klavieren: Fair betrachtet ermöglichen die fernöstlichen Hersteller
doch sehr vielen Menschen, das Instrument zu lernen, was früher in dieser Bevölkerungsschicht unmöglich gewesen wäre. Ich sträube mich, aber wenn ich sehr prinzipiell darüber nachdenke, muss ich zugestehen, dass dies wichtiger als die eine oder andere Traditionsmarke ist. Zumindest ist diese Entwicklung nicht nur Untergang.
Was kann der Staat machen ? Sparen und für Bildung für jeden sorgen

Was können wir machen ? Bescheidenheit üben.


Literatur - Fromm, Haben oder Sein
 
Ich glaube, wir müssen alle Selbstmord begehen oder Drogen nehmen, damit wir uns von unserem ungeheuren, kapitalistischem Leid befreien.

Warum sieht man immer die schlechten Dinge im Leben? Weil die guten zur Gewohnheit werden.
 
Warum kann es sein, dass ein durchschnittlicher Arbeiter einen beträchtlichen Teil seines Lebens rund 40 Stunden in der Woche (hart) arbeiten gehen muss, und dabei nie einen großen Reichtum anhäuft?

Warum kann es sein, dass jemand, nur weil er viel Geld hat, ein Einkommen hat, wofür er nichts arbeitet? Und dabei auch noch Gewinn macht im Laufe der Zeit?

Meiner Meinung nach ist das einfach nicht gerecht.
Ich finde es wäre eine gerechte Welt, wenn jeder im Leben die gleiche 'Ausgangsposition' hat. Und dann kann der eine mehr (oder härter) arbeiten , und bekommt dafür auch mehr Geld. Und der, der weniger arbeitet, hat eben weniger Geld. Seine Entscheidung. Ich denke, das wäre mal gerecht und fair oder?:?:
 
Ich kenne die neueren Seilerinstrumente nicht aber als ich vor über 20 Jahren ein Pianino benötigte stach ein Seiler klanglich alle Mitbewerber aus (Steinway kam übrigens nur auf Platz 4 noch hinter Yamaha) und es wurde nur deshalb der Kandidat vom zweiten Platz bevorzugt weil für mich mechanische Robustheit wegen zu erwartender häufiger rüder Transporte zu Auftritten wichtiger war als der Klang und die Spielbarkeit. Da war an beiden nichts auszusetzen weil beide mit gut justierter Rennermechanik ausgestattet waren.
Wobei dieser Seiler eher etwas schärfer klang als man eigentlich von ihnen gewohnt ist und dies tat seiner Charakteristik gut denn wie auch von Vorpostern bereits beschrieben klingen die Seilers aufgrund der Milde etwas zu unisono (meiner Meinung nach analog zu Kawai).

Ansonsten sehe ich grade bei Seiler Nachlässigkeit im Marketing denn eine verbreitet bekannte Marke wie beispielsweise Schimmel war Seiler nie und ich hatte bis zum damaligen Auswahlverfahren noch nie was von Seiler gehört.

Zu den politischen Dingen hab ich meine eigene radikale Meinung und die geht strikt gegen den Kapitalismus in der heutigen Form.
D. h. individuelle Importzölle wo z. B. bei ausländischen Produkten die geographischen, arbeitsrechtlichen und umwelttechnischen Wettbewerbsvorteile (falls vorhanden) des Produktionslandes dem Produktpreis aufgelastet werden.
Die Erträge daraus gehören aber nicht in die eigene Staatskasse sondern der Regierung des Produzentenlandes rückerstattet damit diese die Beträge für infrastrukturelle Entwicklung zusätzlich verwenden kann.
Dadurch gäbe es wesentlich fairere Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen hier und eine raschere Anhebung des Lebensstandards der Schwellenländer.
 
Meiner Meinung nach ist das einfach nicht gerecht.

Na und? Scheiß doch auf Geld. Das sage ich jetzt zwar so, weil ich bei meinen Eltern wohne, aber wenn du die nötigsten Sachen hast, ich meine damit Nahrung und Unterkunft, was brauchst du mehr? Was definierst du als Reichtum? Dass du möglichst viele Sachen anhäufst? Ich sehe einen anderen Reichtum. Und zwar, wenn man Familie und Freunde hat und gesund ist. Das ist der wahre Reichtum. Aber das erkennt man nur leider viel zu selten. Wenn man schon an einen PC hat mit Internetzugang, dann finde ich es einfach unverschämt, zu sagen, dass die Verteilung der Reichtümer ungerecht ist.

Und es ist doch klar: An Geld kommt man nur durch Arbeit. Wer hart arbeitet kriegt auch das Geld. Egal, ob durch körperliche Arbeit oder durch geistige (diese Art von Arbeit ist sogar noch viel härter, weil sie psychische Krankheiten wie Depression auslösen kann). Und glaubt ihr etwa, der Unternehmer wurde einfach mal eben schnell reich? Wenn das so einfach wäre, dann hätte das bereits jeder getan.

Soviel zur individuellen Gerechtigkeit.

Wenn man jedoch innovativ ist und Ideen hat, die Struktur des Staates zu verbessern, dann bitteschön. Aber nicht meckern, dass der Staat schlecht ist.
 
Danke für die interessanten Beiträge - besonders Fisherman.
Eine kurze Betrachtung will ich noch hinzufügen!

Als vor nicht allzu langer Zeit (1Jahr?) ein großer Klavierhändler, spezialisiert auf Leasing mit über 1000 vorwiegend deutschen Klavieren am Lager schließen musste, war der Masseverwalter auf der Suche nach einem Abnehmer.

Es gelang den deutschen Herstellen nicht, diese Instrumente in irgendeiner konzertierten Aktion vom deutschen Markt zu nehmen. D.h. in enger Zusammenarbeit!

Eine marktstrategisch gute Möglichkeit wäre gewesen all die Klaviere nach China zu verschiffen und dort günstig an den Mann zu bringen. Es hätte den Markt in China kaum berührt und vermutlich hätten die deutschen Hersteller in Zukunft sogar Kapital daraus schlagen können.

Diese Instrumente hier in Deutschland zu belassen war ein Kapital-Fehler!
Das spüren sicher alle in der Branche! Seiler ist nun der Erste, den es hart erwischt hat.

nachdenklich
Euer
Klaviermacher
 
Sehe ich auch so klaviermacher!

Meiner Meinung nach war Seiler bei dieser Geschichte sehr Blauäugig und hat dort wohl das schnelle leichte Geld gesehen. Das hat sicherlich zur Insolvenz beigetragen.
Just my 2 cents.
 
Eine marktstrategisch gute Möglichkeit wäre gewesen all die Klaviere nach China zu verschiffen und dort günstig an den Mann zu bringen. Es hätte den Markt in China kaum berührt und vermutlich hätten die deutschen Hersteller in Zukunft sogar Kapital daraus schlagen können.
Denke nicht, daß dieses an der Situation soviel geändert hätte weil der eingeschränkte Käuferkreis für höherpreisige Instrumente immer kleiner wird; nicht nur wegen der Lohn - Lebenshaltungskostenentwicklung sondern weil die Chinesen immer besser werden. Abgesehen davon würde ein findiger Geschäftsmann die Instrumente sicher wieder reimportieren......

Und wenn ich ein findiger chinesischer Investor wäre, würde die gesamte Seilerproduktionsstätte in drei Monaten fernöstliche Seeluft schnuppern.......wenn man das dann richtig aufzieht, handwerklich geschickte Arbeiter richtig ausbildet, ihnen auch die nötige Zeit gibt um in der Produktion qualitätsorientiert zu arbeiten und den Klavieren einen zugkräftigen amerikanischen Namen gibt könnte es für die letzten Oberklasseproduzenten recht eng werden.......;)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Petz,
Ich kenne den Markt in China zwar nicht persönlich, aber die Wirtschaft wächst und die Oberschicht wächst - und zudem sind es 1,x Milliarden Menschen. Es gibt da z.B. eine Klavierkette, so an die hundert Geschäfte - da suchen sie jetzt zur Deko in jedes Geschäft ein hübsches altes europäisches Gerät - Wiener Flügel aus K&K Zeit - möglichst von einem Lieferanten (aus Wien?).

Es ist der verkehrte Weg, nicht auch diese Märkte zu erobern und vor Panik vielleicht noch ein Ausfuhrverbot für deutsche Klaviere zu propagieren.

Dein Szenario kann ich wenig nachvollziehen. Chinesen lieben europäische Musik - warum sollen die wohlhabenderen nicht auch europäische Klaviere haben wollen?

Liebe Grüße
Klaviermacher
 

Es ist der verkehrte Weg, nicht auch diese Märkte zu erobern und vor Panik vielleicht noch ein Ausfuhrverbot für deutsche Klaviere zu propagieren.
Da dürftest Du mich falsch verstanden haben denn von einem Exportverbot halte ich nichts; ich wollte nur ausdrücken, daß selbst ein Export der Konkursware nach China nicht eine Fernhaltung vom deutschen Markt gewährleistet - ein geschäftstüchtiger Chinese würde diese auch wieder reimportieren wenn er sich dadurch höhere Gewinne verspräche.

Was ich in meinem früheren Post kritisierte sind die, durch die Globalisierung entstandenen unfairen Wettbewerbsbedingungen.
Es kann nicht sein, daß die europäische Wirtschaft 1:1 mit den Lohnkosten, Umweltstandards, Kinderarbeit, Quersubventionierungen und Lebensstandard der Schwellenländer konkurrieren muß; deswegen bin ich für produktspezifische Importabgaben die genau diese Ungleichheiten möglichst kompensieren.
Aber mit dem großen Unterschied zu früheren Import - bzw. Schutzzöllen sollen diese erhobenen Kompensationsabgaben nicht ins Budget des Importlandes fließen sondern der Exportlandregierung zum Ausbau der Landesinfrastruktur rückgeführt werden - umso schneller kommt es dann zu einem Wettbewerb auf gleicher Augenhöhe.
Dein Szenario kann ich wenig nachvollziehen. Chinesen lieben europäische Musik - warum sollen die wohlhabenderen nicht auch europäische Klaviere haben wollen?
Weil sie meiner Prognose nach in paar Jahren Instrumente mit einem weitaus besseren Preis - Leistungsverhältnis aber auch in Spitzenqualität selber bauen werden denn an den handwerklichen Traditionen und Fähigkeiten scheitert es in China sicher nicht, wenn dann nur an der insoferne korrekturbedürftigen Philosophie bisher etwas zuviel Augenmerk auf den günstigen Preis gelegt zu haben, die richtige Balance als Ausgangspunkt zeigt ja schon W&L.
Auf dem Maschinensektor läuft die Entwicklung schon mit Erfolg genau in diese Richtung; im Modelleisenbahnbereich sind die Chinesen heute trotz günstigerer Verkaufspreise schon qualitativ in Augenhöhe und jene Hersteller, die nicht zumindest auf Kooperationen mit chinesischen Produzenten gesetzt hatten sehen entweder jetzt schon die Radieschen von unten oder stehen kurz vor dem Aus !
Böse ausgedrückt würde ich nicht ausschließen wollen, daß in 10 Jahren auch S&S weg vom Fenster sind.
 
Hallo Petz,
Ersteres ist sehr politisch. Das ist ein Ansatz, der mir gefallen würde für viele Produkte. Da ist die EU gefordert.

Die andere, höchst pessimistische Prognose, will ich überhaupt nicht teilen, weil es von vielen Faktoren - nicht zuletzt politischen Entscheidungen abhängt.

Spitzenklaviere aus China habe ich bisweilen nicht gesehen. Es stimmt schon, daß es da und dort Verbesserungen gibt und noch geben wird. Und in Preis/Leistung wurden sie immer besser.

Ein paar wesentliche Dinge im Klavierbau (die ich hier nicht auf die große Glocke hängen möchte) bleiben ihnen, so scheint es mir jedenfalls, auf wundersame Weise, vollkommen im verborgenen und verschlossen.8) Dieses "nicht wahrnehmen können" hat im bestimmter Weise vermutlich mit der vollkommen anderen Kulturgeschichte zu tun. Das beobachte ich schon die längste Zeit.

Ein anderes, eher mögliches Szenario wäre, daß Indien der nächste große Klavierlieferant für billige Klaviere wird. Dann schrumpft Chinas Klavierindustrie wie einst die Koreanische.

Es ist nicht wirklich eindeutig vorherzusagen. Eines ist jedoch sicher:

Man kann sich hierzulande nicht zurücklehnen und auf 160 Jahre Lorbeeren ausruhen. Dann könnte es tatsächlich für alle eng werden.

Bei Steinway gibt es die Philosophie der "Unverbesserlichen". Was ich auch für einen guten Ansatz halte. Dinge die gut oder bestens sind, muss man nicht auf biegen und brechen verbessern.

Liebe Grüße
Klaviermacher
 
Hallo Klaviermacher !

Der Ansatz ist sicher politisch aber in höchstem Maße notwendig; über weitergehende politische Maßnahmen kann man meiner Meinung nach trefflich streiten (ich würde jeden Großverdiener der mehr als etwa den ~ 10 - fachen Arbeiterdurchschnittslohn als Einkommen hat wegen unlauterer Bereicherung ins Gefängnis werfen weil jemand dieses weder mit seiner Hände Arbeit noch mit seinem Kopf alleine erwirtschaften kann) aber halbwegs faire Wettbewerbsbedingungen sind eine unverzichtbare Basis wenn wir nicht selbst wieder zu einem Schwellenland werden wollen.

Spitzenklaviere aus China kenne ich genausowenig wie Du aber ich fürchte eben, daß dies nur eine Frage der Zeit ist.
Je mehr Kooperationen entstehen desto schneller wird der Aufholprozess voranschreiten.

Im Modellbahnbau startete man praktisch nur mit Kooperationen wo amerikanische Firmen die Produkte in USA entwickelten und mit der Fertigung Kader in Hongkong beauftragten. Wer sich dagegen wehrte schlitterte in die Insolvenz oder kriegte nach Anschluß an dasselbe System gerade noch irgendwie die Kurve.
Und wenn ich da die Produktqualität eines, vor kurzer Zeit schoneinmal in Insolvenz gegangenen und jetzt wieder in Problemen befindlichen namhaften österreichischen Modellbahnherstellers mit der der Fernostfertiger vergleiche, wünsch ich ihm ehrlich gestanden das Aus an den Hals denn dann produzieren die Chinesen mit seinen Formen wenigstens Modelle die man nicht kontrollieren und nacharbeiten muß bevor man sie überhaupt auf die Gleise stellt ! Sorry für das Off - Topic aber mußte mich nämlich letztes Wochenende grade wieder mal darüber ärgern......

Aus Nachbau und Kooperationen bekommt man nunmal den besten Wissens - und Technologietransfer, wenn sich das im Pianobau auch durchsetzte kriegen sie die Kurve (oder Indien ist schneller).....

Bez. Steinway teile ich Deine Meinung und das, in diesem Falle richtige und begründete Traditionsbewußtsein hält S&S oben; abgesehen davon kamen schon genug Innovationen aus dem Hause sodaß davon auszugehen ist, daß Steinway nicht entwicklungsfeindlich ist sondern nur dann was ändert wenn es wirklich besser ist - die Praxis gibt ihnen jedenfalls bisher recht.
Ich entdecke auch zum Unterschied zu anderen Spitzenherstellern bei Steinwaykonzertflügeln auch immer noch Anteile des traditionelleren "alten" Klavierklanges, dies macht die Instrumente universeller verwendbar als andere Fabrikate (einige Yamahas tendieren übrigens auch in die Richtung wenn sie geschickt intoniert wurden); z. B. Blues, Boogie Woogie oder Swing möcht ich jedenfalls weder auf nem Bösendorfer noch Fazioli noch Kawai hören weil deren Klangcharakteristik meiner Überzeugung nach einfach dazu nicht mehr passt.

Zum Thema Marketing bei Seiler möchte ich noch anmerken, daß man erst in letzter Zeit manche ihrer Instrumente bei Konzerten oder Fernsehsendungen sah; hätte man sich da früher engagiert sähe die Absatzsituation vermutlich etwas anders aus. Diese Präsenz ist aber bei größeren Produzenten erforderlich wenn man nicht als kleiner Nischenhersteller ala Pfeiffer agieren will. Auch Samick hatte sich vor etlichen Jahren mit Bühnenpräsenz (und grooooßem Schriftzug an der Flügelseite..:mrgreen:) Publicity verschafft.
 
z. B. Blues, Boogie Woogie oder Swing möcht ich jedenfalls weder auf nem Bösendorfer ..... hören
:(
Vielleicht hat sich das in den letzten 30 Jahren geändert:confused:
Hast Du meine Boogie Woogie in den Siebzigern dort nicht gehört? Ich hab jahrelang die Belegschaft gefoltert damit:D

Nein, es gefiel ihnen natürlich, und die Kollegen fragten mich dauernd, warum ich nicht den Job wechsle.


Liebe Grüße
Klaviermacher
 
ziemlich romantische Vorstellungen hier!

...
Und wenn ich ein findiger chinesischer Investor wäre, würde die gesamte Seilerproduktionsstätte in drei Monaten fernöstliche Seeluft schnuppern.......wenn man das dann richtig aufzieht, handwerklich geschickte Arbeiter richtig ausbildet, ihnen auch die nötige Zeit gibt um in der Produktion qualitätsorientiert zu arbeiten und den Klavieren einen zugkräftigen amerikanischen Namen gibt könnte es für die letzten Oberklasseproduzenten recht eng werden.......;)

Hallo!
Das ist gut gemeint, doch es ist ein Schlag ins Gesicht der bisherigen Seiler-Mitarbeiter.

Also: Der Markt für Klaviere ist (zumindest in D) eit Jahren tendenziell rückläufig. Erstens: Es gibt mehr und mehr Leute, die sich ein Digi kaufen, weil ein Klavier einfach zu laut für eine Plattenbauwohnung ist.

Zweitens: Es befinden sich Millionen von alten Klavieren bei den Leuten. Diese Klaviere sind schlicht unverkäuflich und kein Händler nimmt ein 100-jähriges Klavier in Zahlung. DIES IST EIN FEHLER.

Wer ein Hemd im Schrank hängen hat, kauft sich womöglich noch ein zweites etc. Doch wer schon ein Klavier hat, wird sich keines kaufen und stellen können, solange der alte Kasten (sorry jetzt an alle Antik-Liebhaber - ich habe auch so ein betagtes Teil) noch in der Wohnung steht.

Der Klaviermarkt ist regelrecht verstopft, weil einfach keine Klaviere aus dem Verkehr gezogen werden. Was würde VW tun, wenn alle Käfer noch prima fahren würden? Pleite machen, aber noch schneller als Seiler!

Das heißt, es fehlt seit Jahrzehnten eine Art Rücknahmesystem, bei dem der Neu-Käufer ein gutes Gefühl hat und der Umsatz angekurbelt wird!

Am Geld dürfte es kaum fehlen, wenn man sieht was in Digis, Cameras, Handys, Reisen etc. investiert wird.

Die andere Frage ist, was die Seilers wohl falsch gemacht haben.

Die meisten Unternehmen wursteln in der sich ändernden Welt einfach mal weiter, sparen hier ein wenig und organisieren dort ein wenig um. Es kommt ein neuer Vertriebler, neue Software etc. etc.

Doch die wenigsten Fragen sich, wie es in 10 oder 20 Jahren aussehen wird. Und da stellt sich die Frage: Was leisten "Billig-Klavier" (die ich natürlich vom Herzen her ablehne) und was leistet mein Produkt Made in Germany? Wie rechtfertige ich, dass das Klavier 2 oder 3 mal soviel kostet?

Wenn ich als Unternehmen da keine Antwort habe, werde ich bald Probleme bekommen.

Steinway hat sich als Antwort selber Billig-Marken zugelegt und macht so auf allen Sparten Umsatz.

Yamaha setzte sowieso stark auf Elektronik und hat auch verschiedene Qualitätsstufen (nicht Längenstufen, sondern Qualitätsklassen) im Angebot.

Da ist der Billigflügel genauso dabei wie ein großer, der ggf. richtig gut spielt und sich im Einzelfall nicht hinter den Steinways verstecken muss.

Und Bösendorfer wurstelt wohl mit Hochdruck an dem CEUS, einem elektronischen Stage-Piano. Mal sehen, doch es tut sich was.

Vor einigen Jahren wurde in Deutschland eine Filzrolle erfunden, die in eine Flügelmechanik eingebaut werden kann und einen exterm feinfühligen Anschlag ermöglicht. Jahrelang gab es aber keine Firma, die das mal richtig in ihr Programm aufgenommen hätte.

Steingräber hatte das mal im Angebot, doch z. B. auf den Internetseiten- kein Sterbenswörtchen.

Ich selbst habe so einen Rollen-Flügel schon gespielt. Das billige Äußere dieses Steingräber-Flügels (Eiche in Dünnbrett!) hat mich jedoch vom Kauf abgehalten.

Tja, und dann hat noch so ein Ami ein System entwickelt, mit dem die Stimmung des Klaviers elektrisch eingestellt werden kann. (Die Saiten werden etwas höher gestimmt und dann elektronisch kontrolliert aufgeheizt, so dass sich dann die Tonhöhe über den Heizstrom einstellen läst.

(Es handelt sich sicherlich nicht um einen Piano-Grill, sondern jede Seite wird vielleicht um 1 K erwärmt, mehr braucht man da nicht.

Also: Bei allem Respekt vor den deutschen Firmen, mit Hinwarten wird es nicht besser.

Bemerkung noch am Rande: Die Insolvenzmasse kommt den Endverbrauchern zu und nicht den Händlern - so oder so ähnlich steht es recht weit vorne.

Es ist so, dass der Insolvenzverwalter alles, was in der Fabrik noch ist, verkauft. Wem er es verkauft ist ihm wurscht, wenn der Preis stimmt bzw. er der Meinung ist, dass er auf absehbare Zeit nicht mehr von einem anderen erhalten kann.

Dieses Geld kommt auf ein Konto und wir erst einmal gegengerechnet mit den Schulden der Unternehmens. Eingekaufte Ware (Hölzer etc.), Miete etc. gehört dazu.

Und ein Unternehmen geht nicht Pleite weil es kein Geld hat, sondern weil es SCHULDEN hat.

Meist langt die Kohle aus dem Insolvenzverkauf nicht aus, dass überhaupt die Schuldner ihre Kohle voll und ganz bekommen.

Für den Fortgang des Unternehmens bewirkt ein jetzt einsetzender Kauf-Rausch kaum etwas. Der Geschäftsführer ist jetzt ohnehin der Insolvenzverwalter und der sucht nach einem Investor oder er löst die Firma auf.

Nutzen haben von jetzigen Verkäufen allenfalls die Zulieferer und die Gläubiger.

So long
 
Und ein Unternehmen geht nicht Pleite weil es kein Geld hat, sondern weil es SCHULDEN hat.

Das ist so nicht korrekt. Meiner Meinung nach ist der häufigste Grund für Involvenz eben gerade das Fehlen liquider Mittel. Und das hat mit der GuV nichts zu tun. Es können ohne Probleme Unternehmen insolvent gehen, die satte Gewinne erzielen.

Meist langt die Kohle aus dem Insolvenzverkauf nicht aus, dass überhaupt die Schuldner ihre Kohle voll und ganz bekommen.

Nutzen haben von jetzigen Verkäufen allenfalls die Zulieferer und die Gläubiger.

Die Gläubiger sehen, wenn es schlecht läuft in 5-6 Jahren erst Geld und dann auch nur eine Quote. Also auch die Zulieferer. Die können sich eh die Kugel geben.
Im Grunde ist also allen gedient, wenn Seiler Klaviere gekauft werden. Es wird eher ein Investor gefunden, der Insolvenzverwalter kann mehr Geld für die neuen Klaviere im Bestand erzielen und muss sie nicht für 2.000 das Stück verticken und damit kriegen die Gläubiger schneller ihr Geld wieder. Alle froh.

Hätte ich das vor 1,5 Monaten gewusst, hätte ich es mir nochmal überlegt und vielleicht ein Seiler ge(miet-)kauft statt meinem U1. Wobei ich genaugenommen auch noch welchseln kann. Grund mich gegen das Seiler zu entscheiden war dabei nur die doch sehr gedämpft klingenden Bässe.
 
Vielleicht hat sich das in den letzten 30 Jahren geändert:confused:
Hast Du meine Boogie Woogie in den Siebzigern dort nicht gehört? Ich hab jahrelang die Belegschaft gefoltert damit:D
Hättest Du die auf nem Ehrbar Konzertflügel gespielt wär es sicher keine Folter gewesen.....dieses Instrument vergesse ich nie mehr weil es klanglich und technisch mit Abstand beste war das ich jemals erleben durfte.
Und auch wenn ich mir dadurch einige Feinde mache (Ceusmaster vermutlich davon dann ausgenommen wenn es dafür auch gesampelte Klänge von anderen Marken geben sollte) bevor mir ein (auch neuer) Bösendorfer ins Haus kommt kauf ich lieber noch nen Chinesen und sollte unwahrscheinlichsterweise der GAU eintreten einen geschenkt zu bekommen landete der "ungschauter" bei Ebay zur Selbstabholung ab 1 Euro !

Und wenn es nicht das Ceusmasterprojekt gäbe hätte ich sicher 20 x lieber Bösi vor dem Konkursrichter gesehen als Seiler - aber was nicht ist kann ja noch werden - man soll die Hoffnung ja bekanntlich nie aufgeben.....:floet:
 
Ist irgendwie schade, daß Dir noch kein guter Bösendorfer zwischen die Finger gelangt ist. Ich finde, es gibt ein paar ganz traumhafte Geräte aus meinem Heimathaus. Im Gegensatz zu Dir und noch einigen anderen hier im Forum finde ich das Ceusmasterprojekt vorwiegend Kontraproduktiv. Schade um das Gerhirnschmalz und das restliche Schmalz gegen die eigenen Interessen eines Klavierbauunternehmens, das mit klingendem Holz seine Daseinsberechtigung erworben und als Hauptbeschäftigung hat.

solong
Klaviermacher
 
Im Gegensatz zu Dir und noch einigen anderen hier im Forum finde ich das Ceusmasterprojekt vorwiegend Kontraproduktiv. Schade um das Gerhirnschmalz und das restliche Schmalz gegen die eigenen Interessen eines Klavierbauunternehmens, das mit klingendem Holz seine Daseinsberechtigung erworben und als Hauptbeschäftigung hat.

solong
Klaviermacher

Endlich mal einer der es offen ausspricht! Danke!
Den Versuche, fremdentwickelte Lautsprecher unter dem Markennamen Bösendorfer zu vertreiben, dürfte langfristig dem Bösendorfer-Image auch eher schaden, als er nutzt. Bösendorfer hat selbst angefangen, seinen Markennamen zu verramschen, es wäre leider nur allzu konsequent, wenn das Aufkäufer Yamaha nun genauso weiterführt. :(

Ich habe einige ganz vortreffliche Bösendorfer-Flügel gespielt, die ich viel lieber auf manchen Bühnen gesehenhätte, als das was dort stand.
Aber die Geschmäcker sind verschieden.
 

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