Resonanzboden reparieren - wann lohnt sich das?

S

Sanipiano

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Hallo, liebe ExpertInnen,

ich besitze einen Blüthner-Stutzflügel, 150 cm lang, von ca. 1930, den ich ca. vor 12 Jahren generalüberholt (Resonanzboden repariert und neu lackiert, neue Saiten, neue Filze, neue Tastenbeläge, von außen neu lackiert usw. - also die große Rundumerneuerung) für 23.500 Mark erworben habe. Die Mechanik ist sehr gut und der Klang war es ursprünglich auch. Ich habe ihn dann vor ca. fünf Jahren noch mal intonieren lassen, um ein paar Ungleichmäßigkeiten im Klang auszugleichen, und er hat mir die meiste Zeit viel Freude bereitet.

Leider haben sich über die Jahre im Resonanzboden (entlang der Maserung) Risse gebildet - vielleicht sind das auch Risse, die früher schon da waren und jetzt wiedergekommen sind? Es handelt sich um einen großen Riss, der ca. 1 mm breit ist an der breitesten Stelle und ganz quer über den Resonanzboden geht, einen, der zwei Drittel der Länge geht, und zwei kürzere, die ca. 1/3 der Resonanzbodenlänge überqueren. Ich habe zwei Fotos eingestellt, wo man das ein bisschen sehen kann.

Das Problem sind aber nicht direkt die Risse, sondern dass es nun seit ein paar Wochen heftig schnarrt bei allen Bass-Saiten, bei denen pro Ton nur eine dicke Saite da ist. Der Klavierstimmer war da und hat das ein bisschen verbessern können für einige Töne, aber bei den meisten schnarrt es immer noch heftig. Andere Ursachen als den Resonanzboden konnte der Klavierstimmer weitgehend ausschließen.

Der Flügel steht bei uns im Erdgeschoss nahe der Terrassentür. Wir haben keine spezielle Luftbefeuchtung; das wäre auch kaum möglich, weil das Haus sehr offen gebaut ist. Weil es aber ziemlich "bio" gebaut ist, schwankt die Feuchtigkeit bei uns so zwischen 30-50% und sinkt nicht darunter. Eine andere Umgebung kann ich einem Instrument bei uns leider nicht bieten. Ursache für das Schnarren war neben der Feuchtigkeit vielleicht auch, dass zweimal bei einer Fete Bier in den Flügel gelaufen ist... :-?

Es wäre auch denkbar (das schlug der Klavierstimmer vor), alles so zu lassen, weil die untersten Töne ja nicht so oft vorkommen. Aber zur Zeit übe ich - bin sonst fast reiner Klassik-Spieler - aus Spaß das Virtuosic Solo "Pirates of the Caribbean", und da kommen die untersten Bass-Töne die ganze Zeit vor, und mein Flügel schnarrt und scheppert...

Ich will mir jetztAngebote von Klavierbauern machen lassen, um mein Instrument wieder zu richten. Was meint ihr: Unter welchen Umständen und bis zu welchem Preis lohnt sich so eine Reparatur? Ich wäre über Ratschläge und auch Kriterien bei der Auswahl eines Klavierbaumeisters sehr dankbar - vielleicht kennt jemand ja sogar einen empfehlenswerten im Großraum Berlin?

Über Antworten würde ich mich sehr freuen!

Viele Grüße
Sanipiano

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Hallo Sanipiano,

generell: eine Reperatur lohnt sich erst dann, wenn ihr davon abseht, nochmal Bier in den Flügel zu kippen:D
Außerdem musst du dafür sorgen, dass die Luftfeuchtigkeit mindestens 40 % beträgt. Darunter ist es schädlich. Am besten auch noch den Flügel weg von Außenmauern und der Terassentür wegen Temperaturschwankungen.

Zum Resonanzboden: Wie du schreibst, ist der Resonanzboden bereits überholt worden. Das Scheppern kommt davon, dass die Risse an den Schrauben entlang laufen und diese dann eigene Schwingungen entwickeln.

Es gibt meiner Meinung nach nun vier Möglichkeiten:

1. Alles so lassen. Nachteile: Stark eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit und evtl. Instabilität der Stimmhaltung, da der Resonanzboden wegen der Risse leichter nachgibt.

2. Den Resonanzboden erneut reparieren. Dies ist aber unter Umständen nicht möglich, da das Holz durch das Bier höchstwahrscheinlich sehr gelitten hat (daher vermutlich auch die Risse) und man versucht, eine marode Substanz zu reparieren. Die Kosten dafür werden sich vermutlich um die 10000 € belaufen.

3. Einen komplett neuen Resonanzboden einbauen. Der große Vorteil davon ist, dass man (solange man kein Bier rein kippt) "Ruhe hat". Die großen Nachteile: 1. Sehr hohe Kosten: so um die 20000 € wird das schon werden bei gut gemachter Arbeit. 2. Das Instrument verliert seinen bisherigen Klangcharakter, der aber durch den Defekt sowieso dahin ist.
Solch eine Arbeit machen nicht viele Kavierbauer, da die meisten dafür technisch gar nicht ausgerüstet sind (zumindest nach meinem Laienwissen:)). Dafür müsstest du dich dann an Blüthner selbst wenden.

4. Das Instrument verkaufen und ein neues kaufen. Nachteil: in diesem Zustand erzielt man damit keinen hohen Preis.

Ich würde an deiner Stelle deinen Klavierbauer um Rat bitten und vielleicht um einen Kostenvoranschlag. Die Preise die ich angegeben habe sind nur sehr grob geschätzt.

Leibe Grüße
Jonathan
 
Ursache für das Schnarren war neben der Feuchtigkeit vielleicht auch, dass zweimal bei einer Fete Bier in den Flügel gelaufen ist...

Die Stelle fand ich am besten, Bier im Flügel, nicht schlecht... :-)

So ein Flügel braucht Pflege, imho viel zu viel davon, manchmal bin ich das auch schon leid. ;) Und bei Feten sollte man den Abdecken und zwar doppelt und dreifach...!

Gruß Volker
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich will mir jetztAngebote von Klavierbauern machen lassen, um mein Instrument wieder zu richten. Was meint ihr: Unter welchen Umständen und bis zu welchem Preis lohnt sich so eine Reparatur? Ich wäre über Ratschläge und auch Kriterien bei der Auswahl eines Klavierbaumeisters sehr dankbar - vielleicht kennt jemand ja sogar einen empfehlenswerten im Großraum Berlin?

Ob sich eine Reparatur lohnt, lässt sich nur vor Ort und unter Berücksichtigung des Gesamtzustandes beurteilen. Und vor allem, Klavier Volker hat es schon gesagt, ein bißchen lieb haben muss man sein Instrument schon. Das Bier spricht nicht gerade für große Fürsorglichkeit und Herzblut deinerseits. Auch nicht das Achselzucken bzgl. des schlechten Stellplatzes. Ich glaube die Kosten würden den Stellenwert des Flügel, den er für dich hat, übersteigen. ;-)
Wenn du dich trotzdem für die Reparatur entscheidest, würde ich mir aber unbedingt Gedanken über einen besseren Stellplatz machen. Wenn die rLF zwischen 50% und 30% schwankt, kannst du davon ausgehen, dass der Flügel die allermeiste Zeit zu trocken stand. Das würde auch die Risse erklären. Gehen wir mal von ca. 47% Wohlfühlfeuchte aus, dann wirds dauerhaft unter 40% eng. Ich würde dir zu einem Dampp Chaser raten. Der hätte dir sicher, um mich mal etwas aus dem Fenster zu lehnen, den Flügel in einem deutlich besseren Zustand erhalten. Vielleicht ist dein Flügel ein trauriges Beispiel dafür, dass man zwar zunächst ein paar hundert Euro durch den Verzicht auf eine "Klimaanlage" sparen konnte, das ungünstige Raumklima aber leider Schäden in Höhe von ein paar Tausend Euro verursacht hat.
Ursache des Schnarrens könnte auch eine angelöste Rippe sein. Ist aber müßig darüber zu spekulieren.

Viel Glück und liebe Grüße,
Sesam
 
Hast du mal auf den Boden gefasst, während die Basssaiten schnarrten?
Ehrlich, theoretisch habe ich gelernt, dass Risse schnarren können. Gesehen, bzw. gehört habe ich es noch nie.
Lass noch mal einen anderen Klavierbauer kommen und such mit ihm zusammen. Wenn wirklich einwandfrei nachgewiesen ist, dass die Risse schnarren, würde ich die Reparatur machen lassen. Wenn du an deinem Geflügel hängst.
Alternativ wäre ein anderers gebrauchtes Instrument eine Alternative. Mit schnarrendem Bass dauerhaft zu spielen, geht in meinen Augen gar nicht.
LG Fine
 
Ehrlich, theoretisch habe ich gelernt, dass Risse schnarren können. Gesehen, bzw. gehört habe ich es noch nie.

Hallo Fine,

ich glaub schon, dass das der Boden ist. Die Risse gehen nämlich durch die Schrauben der Rippen, was darauf hindeuten könnte, dass die Rippen lose sind und schnarren.
(Meine Meinung, bin KEIN Klavierbauer...)

Gruß Jonathan
 
Erstmal danke für eure Einschätzungen.

Zum Bier: Das waren nicht meine Feten, sondern die unseres halbwüchsigen Sohnes. Beim ersten Mal hatte ich nicht gedacht, dass so etwas möglich ist, und deshalb keine Vorsorge getroffen. Und beim zweiten Mal hatte ich den Flügel abgedeckt, aber irgendwie ist das Bier (von einer umgefallenen Flasche, vermute ich) seitlich doch reingetropft. Habe mich sehr darüber geärgert. Ich glaube aber auch nicht, dass die Risse vom Bier allein kamen, die waren vorher auch schon da, sind also eher durch die Trockenheit verursacht. Das meinte auch der Klavierstimme (der selbst Klavierbaumeister bei Steinway ist und sein Handwerk versteht) - nur vom Bier kämen die Risse nicht, das würde gar nicht so viel kaputtmachen.

Und ich habe meinen Flügel schon sehr lieb. Es ist nur architektonisch kaum zu machen, ihn irgendwo anders hinzustellen, denn das Wohnzimmer ist, wie gesagt, sehr offen, und es sind überall Terrassentüren. Und außerhalb des Wohnzimmers macht der Flügel wenig Sinn, weil wir damit ja auch in geselliger Runde musizieren. Ein "Damp Chaser" wäre vielleicht eine Möglichkeit gewesen, aber davon hatte uns der Verkäufer nichts gesagt, sondern nur von solchen allgemeinen Raumluftbefeuchtern, die aber in dem großen offenen Raum sinnlos sind. Was ich mich aber frage: In früheren Zeiten haben doch die Flügel auch ohne Raumluftbefeuchter überlebt, die große Mehrzahl von Flügeln, die ich so kenne, müssen mit ganz normaler Raumluft leben, sommers wie winters.

10.000 oder 20.000 Euro Reparaturkosten wäre natürlich indiskutabel, das übersteigt ja den Anschaffungswert. Da könnte ich mir wirklich eher einen anderen gebrauchten Flügel kaufen für das Geld. Ich werde aber auf jeden Fall mal Angebote einholen.

Viele Grüße
Sanipiano
 
Wenn es tatsächlich schnarrende Rippen wären, wäre es ja kein größeren Problem diese, unabhängig vom Riss zu verleimen und zu verschrauben. Klar, das ist nicht unbedingt eine klavierbauerisch saubere Lösung, aber wenn es erst mal Linderung bringt...
 
Kannst Du mal Bilder des Basstegs machen und einstellen? Wenn da Risse sind oder das Stegdoppel sich löst, dann könnte das auch so schnarren, wie Du beschreibst.

Liebe Grüße,
Mawima
 
Ich würd mal sagen, weil die die "richtige" Frequenz liefern?

Egal, wie es ausgeht: Bei dem Aufstellungsort solltest Du ganz ernsthaft einen Damp-Chaser in Erwägung ziehen. Habe eine ähnlich offene Raumsituation und da funktioniert das Ganze bestens. Es gibt ja dann auch wirklich keine Alternative ...
 
Hast du mal auf den Boden gefasst, während die Basssaiten schnarrten?
Habe ich gemacht und nichts gefunden, also auch keine fühlbare Resonanz im Bereich der Risse; ich bin wirklich reingekrochen ins "Geflügel". Klingt eigentlich wirklich eher nach einer losen Schraube o.ä. und schnarrt ja auch nur bei bestimmten Tönen (z.Zt. etwa zwei Drittel der Bass-Einzelsaiten), sobald die Töne mit zwei Saiten kommen, ist nix. Und das Schnarren ist ganz deutlich und sogar noch zu hören, wenn der Ton schon verklungen ist (wenn der ohne Dämpfer klingt bzw. ich den Dämpfer hebe und an der Saite zupfe). Komisch...
 

Vielleicht ist ausser Bier und Dir ;) noch etwas anderes in den Boden gekrochen. Hast Du schon mal mit einem Spiegel an schlecht zugänglichen Stellen gesucht, ob etwas z.B. zwischen Gussrahmen und Resonanzboden liegt?

Vielleicht kennst Du jemanden, der so ne coole Endoskopkamera hat
 
Hier sind Fotos vom Basssteg. Für mich sieht der ok aus, allerdings gibt es einen Ritz dort, wo er auf den Resonanzboden geleimt ist.
 

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Hörbeispiel zum Schnarren

Hier habe ich das Schnarren mal aufgezeichnet - habe irgendwie nicht hinbekommen, hier eine Audio-Datei anzuhängen, und deshalb ein Youtube-"Video" gebastelt, aber ohne Bild.
 
Hallo Sanipiano,

Das klingt nach kaputten Basssaiten. Es kann auch bei dem ein oder anderen Ton ein Dämpferdraht an der Saite streifen. Auf alle Fälle kommt das Rasseln nicht vom Riss im Resonanzboden.

LG
Michael
 
Ich finde auch, dass es nach kaputten, rasselnden Basssaiten klingt...
 
Ich nehme jetzt mal an, dass der Flügel wirklich viel mehr Arbeit braucht, sieht man ja an den Bildern vom Boden und der Kollege zwar wusste, dass das Rasseln nur die Dämpferdrähte sind, die momentan Sorgen bereiten. Wenn er das jetzt aber ratzfatz richtet, wird der Kunde mit dem gerissenen Resonanzboden und den dumpferen Basssaiten und vielleicht ausgelutschten Mechanik noch viele Jahre weiter spielen. So aber hat er einen "Aufhänger", der ihm einen schnellen Entschluss zur Reparatur oder Neukauf seitens des Kunden sichert - denn so kann man ja nicht weiter spielen. Die technischen Ursachen und wie Eines ins Andere greift zu erklären war dem Kollegen zu mühevoll. Nicht, dass ich so eine Vorgehensweise gut heiße, aber eine Erklärung wäre es vielleicht.

Sanipiano - mache mal ein Foto der Saiten im Bereich der Dämpfer - und zwar dort wo die Drähte er Dämpfer zwischen die Saiten nach unten müssen.

LG
Michael
 
Auf alle Fälle kommt das Rasseln nicht vom Riss im Resonanzboden.

Da fällt mir ein Stein vom Herzen!! Ich denke ja auch, dass das Rasseln, wenn es viel länger dauert als der klingende Ton, schlecht vom Resonanzboden kommen kann, denn der schwingt dann ja schon nicht mehr. Und nach kaputten Basssaiten (also als ob die Umwicklung locker ist) klingt es auch. - Das klingt dann ja schon etwas reparabler. Wenn das gerichtet werden könnte, wäre der Flügel für mich wieder sehr ok. Die Mechanik ist nämlich wirklich in Ordnung und der Klang angenehm modulierbar, nur ein bisschen blass im hohen Register - das ist aber das Einzige, was ich auf den ramponierten Resonanzboden schieben würde. Mitte und Tiefe klingen eigentlich voll, schön und sangbar.

Kann jetzt leider keine Fotos von den Bass-Dämpfern einstellen, erst Mittwoch abend, weil ich dienstlich unterwegs bin. Aber dann mache ich es sofort.

Danke, Sanipiano
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Sanipiano...
das sind auf jeden Fall kaputte Basssaiten (ein kaputter Reso klingt gaaaaanz anders)... evtl. kann man sie wieder für eine kurze Zeit "reanimieren", aber eine Dauerlösung ist das nicht. Ich würde das Instrument nochmal von einem vertrauenswürdigen unabhängigen Fachmann inspizieren lassen und die verschiedenen Lösungswege aufzeigen lassen. Es gibt bestimmt mehrere Möglichkeiten, das Instrument wieder zum Klingen zu bringen...
LG Georg
 

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