Pedal - Bach/Hess Choralbearbeitung BWV147 (Jesus bleibet meine Freude)

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Hallo zusammen,

ich über derzeit die Klaviertranskription von Myra Hess des Bach-Chorals "Jesus bleibet meine Freude" aus der Kantate BWV 147. Die Grundlagen des Stücks sind mir soweit klar - also insbesondere die Abstufung der vier Ebenen (cantus firmus, Triolenmelodie, Bass und Begleitstimmen) bei gleichzeitig sauberer Linienführung jeder dieser Ebenen. Worüber ich mir aber den Kopf zerbreche ist eine möglichst sinnvolle Pedalisierung des Stücks.

Die Noten sind zwar nicht gemeinfrei zugänglich, aber in diesem Youtube-Video zu sehen, wobei die Arrangeurin selbst spielt:

View: https://www.youtube.com/watch?v=vGsPdEm3FfI


Auch wenn mir an ihrer eigenen Interpretation nicht alles hundertprozentig gefällt, sehe ich diese Aufnahme in gewisser Weise natürlich als Referenz, um zu verstehen, wie das Arrangement denn gedacht ist. Vor allem habe ich von Myra Hess die Spielweise der "freiwilligen" geklammerten Noten (z.B. Takt 2, Schlag 2 oder Takt 3, Schlag 1, etc.) übernommen, das heißt ich schlage auch jeweils die Tiefe Bassoktave eine Triolenachtel früher an als notiert und bringe die geklammerte höchste Bassnote auf den notierten Schlag. Wie Myra Hess pedalisiert, höre ich aber leider nicht wirklich heraus.

1. Pedalisierungsproblem:
Das mehrmals wiederkehrende Zwischenspiel (z.B. Takt 1-8) in Abwesenheit der cantus-firmus-Choralmelodie:

Naheliegend wäre hier ein Pedalwechsel mit jedem Viertelschlag. Dann verschwimmt aber der Klang beim Akkordwechsel auf der jeweils dritten Triolenachtel stellenweise ziemlich stark. Ein zusätzlicher voller Pedalwechsel auf jeder dritten Triolenachtel bringt aber irgendwie Unruhe ins Geschehen (bzw. macht den Rhythmus der Begleitstimmen "zu wichtig" im Vergleich mit der "Abwesenheit von Rhythmus" (man beachte bitte die Anführungszeichen) der wichtigeren Triolenmelodie. Ich neige deshalb dazu, jeweils auf das dritte Triolenachtel Halbpedal zu treten und auf den Viertelschlag dann wieder volles Pedal. Wirklich zufrieden bin ich mit dieser Lösung aber irgendwie noch nicht. An alle, die das Stück schon gespielt haben: Wie macht ihr das denn?

Dazu kommt natürlich, dass durch die teilweise um einen Triolenschlag vorgezogenen Bassoktaven (siehe oben), dort ein anderer Pedalwechsel notwendig wird. Da kann ich natürlich auch keinen vollen Pedalwechsel auf den Folgeschlag machen, sonst verliere ich mindestens den tiefsten Basston, selbst wenn ich den mittleren Basston mit den Fingern halte. Wechseln muss ich auf den Folgeschlag trotzdem aber schon irgendwie, um danach keinen harmonischen Klangbrei zu schaffen. Also hier dann auch auf den Viertelschlag ein Halbpedal? *)

2. Pedalisierungsproblem:
Die halben Noten in der cantus-firmus-Melodie (im obigen Hess-Video ab 0:30):

Naheliegend trete ich dort auf jede Viertelnote das Pedal und habe saubere Harmonien. Mein Problem ist, dass ich dadurch den Klang der halben Noten in der Melodie störe. Wer nicht weiß, was ich meine, muss einfach mal einen Ton am Klavier anschlagen, mit dem Finger halten und dann das Pedal wechseln, während der Ton weiterklingt. Der Klang des Tons ändert sich mit dem Pedalwechsel hörbar, und das finde ich in dieser Melodie sehr unschön/unsanglich.

Also neige ich hier auch zu Halbpedal auf der zweiten Viertelnote, wenn der cantus firmus gerade eine halbe Note hält. Das hat natürlich dann aber auch wieder einen stärkeren "Harmoniebrei" zur Folge, was vor allem an den beiden Stellen ab Takt 9 und Takt 24 auffällt, an denen die Triolenmelodie und die Begleitung aussetzen. Soll heißen: Auch hier bin ich mit dem Pedal unglücklich, egal wie ich es mache. Auch da bin ich für Vorschläge offen.

Falls ihr an irgendwelchen Stellen meiner wirren Beschreibung nicht folgen könnt, beschwert euch bitte gern. :coolguy:


*) Nachtrag: An diesen Stellen scheint mir auch bei Myra Hess selbst der Klang zu verschwimmen. Schön ist das trotzdem nicht so wirklich...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich mache da keine Pedalwechsel auf einer Zählzeit. Es ist auch unnötig: wenn du mal nur die Melodie und den Bass spielst, wirst du merken, dass die Sekundreibungen in der Melodie überhaupt nicht stören. Was stören kann, ist die Begleitung. Nämlich dann, wenn sie nicht sehr (!) deutlich hinter die Melodie zurücktritt.

Bei den Dreifachoktaven übernehme ich jeweils die obere Note rechts. Wenn du das nicht greifen kannst, lass sie lieber weg. Die um eine Achtel vorschlagende Bassnote finde ich - unabhängig vom Pedalproblem - grauenvoll und verzerrend.

Hier gilt prinzipiell dasselbe. In einem Saal mit guter Akustik und einem schönen, klaren Nachhall kann man das Pedal evt. erst jeweils auf ZZ. 2 treten - dann blüht die Melodie-Halbe jedesmal ein wenig auf, was den Eindruck einer Gesangslinie verstärkt. In kleinen, akustisch trockenen Räumen ist das weniger gut, weil der klangliche Bruch zum Vorhergehenden dann evt. zu stark ist. Hängt auch ein wenig vom Instrument ab - man muss das einfach ausprobieren.
 
Danke @mick für diese hilfreichen Denkansätze!

Ich mache da keine Pedalwechsel auf einer Zählzeit. Es ist auch unnötig: wenn du mal nur die Melodie und den Bass spielst, wirst du merken, dass die Sekundreibungen in der Melodie überhaupt nicht stören. Was stören kann, ist die Begleitung. Nämlich dann, wenn sie nicht sehr (!) deutlich hinter die Melodie zurücktritt.
Ich vermute, du meinst keine Pedalwechsel innerhalb einer Zählzeit (also auf die 2. oder 3. Triolenachtel), aber dafür schon Pedalwechsel auf die Zählzeiten, oder? Wenn ja, dann verstehe ich was du meinst. (Wenn nicht, bin ich etwas verwirrt.) Was die Sekundreibungen in der Triolenmelodie angeht, stimme ich dir auch vollkommen zu. Das sind hier ja überwiegend nur Durchgangsnoten, die generell ja in vielen Fällen im Pedal völlig unproblematisch sind. Mir geht es wirklich nur um die störenden Harmoniewechsel. Da die mich stören, ist wohl meine Begleitung tatsächlich noch zu laut im Vergleich mit den Triolen (oder die Triolen noch zu leise, weil ich dynamisch zu viel Luft gegenüber dem späteren cantus firmus lasse - das ist alles noch in Arbeit).

Bei den Dreifachoktaven übernehme ich jeweils die obere Note rechts. Wenn du das nicht greifen kannst, lass sie lieber weg. Die um eine Achtel vorschlagende Bassnote finde ich - unabhängig vom Pedalproblem - grauenvoll und verzerrend.
Mit rechts greifen scheidet mit meinen Händen aus, ich kann die Dezime zwar noch knapp greifen, aber nicht so, dass die Hand dann noch locker genug zum fehlerfreien und zuverlässigen Differenzieren der drei Töne wäre. Der oberste der drei Oktavtöne ist aber satztechnisch ja sowieso Teil der sehr leisen Begleitung, die mit diesem Ton den Bass doppelt. Soll heißen, ich probiere es mal mit Weglassen und mach mir damit das Pedalisieren einfacher, und erspare mir auch noch nebenbei die "grauenvolle und verzerrende" Störung im Grundpuls.

Hier gilt prinzipiell dasselbe. In einem Saal mit guter Akustik und einem schönen, klaren Nachhall kann man das Pedal evt. erst jeweils auf ZZ. 2 treten - dann blüht die Melodie-Halbe jedesmal ein wenig auf, was den Eindruck einer Gesangslinie verstärkt. In kleinen, akustisch trockenen Räumen ist das weniger gut, weil der klangliche Bruch zum Vorhergehenden dann evt. zu stark ist. Hängt auch ein wenig vom Instrument ab - man muss das einfach ausprobieren.
Da ich nicht konzertiere, entfällt die erste Möglichkeit. :lol:
Ich bin ausschließlich in kleinen, trockenen Räumen - deshalb ist mir der klangliche Bruch ja auch so aufgefallen, wenn ich auf Zählzeit zwei das Pedal voll trete bzw. wechsle. Wenn du sagst, es gelte prinzipiell dasselbe: Würdest du dann auf Schlag 2 das Pedal überhaupt nicht wechseln, weil die Akkorde hinter dem cantus firmus sowieso so weit zurücktreten, dass deren Verschwimmen im Pedal egal ist? Oder anders begründet, weil z.B. ist das fis in Takt 9 auf Schlag 2 ja im Endeffekt auch nur eine Durchgangsnote vom g (G-Dur-Harmonie) zum e auf Schlag 3 (C-Dur-Harmonie) ist?
 
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Lipatti hören!!
 
Ich vermute, du meinst keine Pedalwechsel innerhalb einer Zählzeit (also auf die 2. oder 3. Triolenachtel), aber dafür schon Pedalwechsel auf die Zählzeiten, oder?
Ja.

Würdest du dann auf Schlag 2 das Pedal überhaupt nicht wechseln, weil die Akkorde hinter dem cantus firmus sowieso so weit zurücktreten, dass deren Verschwimmen im Pedal egal ist?
Ich würde nicht wechseln. Solange keine Triolen da sind, würde ich nicht wechseln. Bei den Stellen mit Triolen muss man zwischendrin wechseln (bzw. ohnehin mit weniger Pedal spielen).
 
Lipattis Einspielung kenne ich - der lässt die erwähnten optionalen Töne (höchster Ton dieser Dreifachoktaven) auch weg, bzw. nimmt sie an einzelnen Stellen mit in die rechte Hand (an mindestens einer Stelle dann in der rechten Hand auch arpeggiert).

Dinu Lipatti ist (war) meiner Meinung nach dem Stück stärker gewachsen als Myra Hess selbst. Zumindest bekommt er im cantus firmus und in der Triolenmelodie sauberere Linien als Myra Hess hin.
 
Ah, noch eine Frage ist mir eingefallen: Kann ich davon ausgehen, dass die Arpeggien im Bass (Töne E-g) in Takt 5 und an den Parallelstellen komplett ignoriert werden können und nur deshalb dort stehen, weil die Hand von Frau Hess zu klein für eine Dezime war? Es finden sich allerdings ja auch nicht-arpeggiert notierte Dezimen an anderen Stellen im Stück...

Oder sollen die Arpeggien ausgeführt werden, um speziell hervorzuheben, dass der Bass an diesen Stellen ausnahmsweise nicht wie sonst als Oktave, sondern eben als Dezime erklingt (warum auch immer hier explizit die Terz verdoppelt ist)? Wenn man Lipatti glauben kann (und meinem persönlichen Gefühl), dann sind die Arpeggien da nicht notwendig...
 

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