Neues Stück auswendig, aber ansonsten plem plem??

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Klavirus

Klavirus

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Hallo zusammen,

momentan beschäftigt mich ein kleines (?) Problem, welches immer dann auftritt, wenn ich ein neues Stück (auswendig) gelernt habe bzw. in der Phase des Erlernens.

Ich bin quasi fertig mit dem Auswendiglernen und fange an zu üben, da merke ich, dass ich in ganz alltäglichen Dingen vergesslich bin, Dinge verwechsele, z.B. erst mal überlegen muss, welcher Tag heute ist usw.

Nach ein paar Tagen verschwindet das wieder, ich bin aber in dem Moment etwas verunsichert und denke, jetzt geht's los, Alzheimer lässt grüßen!

Weil es mich jetzt wieder erwischt hat, und ich grade mit einem neuen Stück "fertig" bin (s.o.), möchte ich mal in die Runde der Auswendigspieler fragen, ob ihr ein derartiges Phänomen auch kennt, oder ob mein Oberstübchen wirklich überholungsbedürftig ist!?

Übrigens trifft es nicht zu für Stücke, für die ich mir extra Zeit lasse, und die ich nur so "automatisch mit" auswendig lerne, weil sie mir nicht gefallen oder unwichtig erscheinen.

Wie schaut es da bei Euch aus?

Fragende Grüße

Klavirus
 
Hallo Klavirus,

was du beschreibst, erscheint mir ein klarer Fall von Überforderung zu sein, du scheinst dich derart auf das Stück zu konzentrieren, dass nichts anderes mehr einen Raum einnehmen kann - das zeigt sich ja an deiner Vergesslichkeit für die alltäglichen Dinge. Also das musst du ganz schnell ändern! Erstmal stellt sich die Frage: warum muss man ein Stück unbedingt auswendig spielen können, ist es zwingend für ein Vorspiel oder bist du selbst so ehrgeizig, es unbedingt zu wollen? Dass du andere Stücke, die dir nicht so wichtig erscheinen, ganz leicht auswendig spielen lernst, zeigt doch ganz eindeutig, was du zu tun hast! Zwing dich nicht mehr, es kommt doch irgendwann ganz von selbst, du siehst es doch, werde etwas entspannter. Mehr Rat fällt mir nicht ein, ich selbst lerne auch "irgendwann" ein Stück auswendig, mehr nebenbei (nach 100 mal spielen), mit Druck wird das bei mir nix.
LG von
Emma
 
Hallo, Emma,

ganz so abwegig scheint es nicht zu sein, dass vll. nur etwas Entspannung fehlt... Es ist nur so, dass ich meistens so schnell wie es geht das Stück lernen will, und dann erst anfange mich mit Einzelheiten des Übens auseinander zu setzen.

Gut, möglich ist auch, dass ich als "Spätanfänger" immer denke, mir bleibt zu wenig Zeit und versuche so viel wie möglich rein zu packen.

Die Erfahrung hat mir jedenfalls gezeigt, dass ich Stücke, die ich einfach so, automatisch mit dem Üben, auswendig kann, dann doch nicht so richtig sicher lerne, sie werden nie für ein Vorspiel tauglich (weswegen ich diese Anti-Methode auch nur für Etüden oder andere Durchgangsstücke verwende).

Ob es wirklich mit Überforderung zu tun hat...??? Geht es wirklich niemandem ähnlich?
Immerhin beschreibt ja auch Chang, dass man nach dem Auswendiglernen eines neuen Stückes alte vergessen kann und sie auffrischen muss- das ist mir ja klar, aber vll. trifft es ja manchmal auch andere "Regionen" der grauen Zellen??

Klavirus
 
Du solltest mal deinen Tagesablauf überprüfen. Hast du überhaupt Zeit, zur Ruhe zu kommen? Ein Stück auswendig zu lernen ist noch kein Grund, alles andere zu vergessen, da muß schon etwas mehr zusammen kommen. Davon abgesehen, warum dieser Zwang, alles auswendig zu lernen?
 
Wann genau tritt dieses Problem auf? Direkt nach einer intensiven Übephase? Dann halte ich das für normal, weil das Gehirn noch intensiv mit dem soeben gelernten beschäftigt ist. Es schaufelt die Infos gerade hin und her, stellt Verknüpfungen her usw. Es ist also beschäftigt. Dann dauert es halt ein wenig, bis Kapatzitäten für so banale Alltagsdinge frei sind.
Wenn es noch nach Stunden auftritt, dann denke ich, es fehlt Entspannung, bzw. du bist etwas zu verkrampft/fixiert auf das Lernen.
Andererseits: vielleicht gehst du so sehr innerlich auf in der Musik, wirst so sehr eins mit ihr, daß eben andere Dinge zurückstehen. Mag im (Berufs-)Alltag störend sein, ist aber meiner Meinung nach nicht grundsätzlich negativ.

Mach dir keine Sorgen deswegen!
Und überhaupt: wenn man so toll spielen kann wie du, dann kann man doch ein paar unerhebliche Aussetzer in Kauf nehmen.
 
Es scheint mir, als sitzt du da einem gar nicht so seltenen Phänomen auf:
Obwohl ich Dich eigentlich nicht kenne, schließe ich aus Deinen Forumsbeiträgen, dass die Musik in Deinem Leben einen ziemlich großen Raum einnimmt. Dann schaltet während oder kurz nach intensiven Übephasen das Gehirn in anderen Belangen bisweilen auf Stand-by und blendet das in dem Moment anscheinend Überflüssige (auch wenns objektiv leider manchmal nicht überflüssig ist) einfach aus.
Das ist so schlimm aber nicht, das pendelt sich eigentlich schnell wieder ein. Du bist deswegen nicht plemplem, du bist halt ein "Vollblut-Musiker".

Dieses Phänomen ist in einem anderen Zusammenhang als "Still-Amnesie" bekannt ... :D --- Männer kennen das halt sonst nicht so. Uns Frauen ist das eher geläufig...
 
so, dann werde ich auch einmal meinen senf dazu geben ;). ich hoffe es ist erwünscht ^^

also das wichtigste gleich zuerst: bevor du dich zu sehr über dich selbst ärgerst - um ein stück richtig perfekt zu spielen, also wirklich jedes mal ohne fehler - braucht man - bei einem höheren schwierigkeitsgrad - mindestens 5 monate.

außerdem - setz dich nicht so unter druck. manchmal schleichen sich oft unbewusst fehler ein. ich selbst übe zurzeit bei einem stück bachs stellen heraus. und das eine stunde lang. und weißt du was? am nächsten tag haut es nicht mehr hin. dann lass ich das ganze 2 tage in ruhe und es funktioniert.

es ist ganz normal dass man stellen verwechselt, egal wie oft man geübt hat, vor allem deswegen, weil man sich, wenn man etwas auswendig kann, nicht mehr so konzentriert sondern einfach darauf los spielt.

und vielleicht solltest du dich zuerst mit dem üben richtig auseinandersetzen und dinge erst dann auswendig lernen. ;)

ich spreche hier größten teils von mir selbst und von dem was mir meine lehrerin und andere die spielen erzählt haben. ich hoffe es kann dir helfen und motiviert dich ein wenig ^^

liebe grüße
 
Irgendwie habt Ihr sicher alle recht, scheint aber wohl nur mir so zu gehen?? Es ist so, dass ich schon alles ander ausblende beim Üben, sonst geht das gar nicht, d.h. ich kann dann nur klimpern (was ja auch manchmal schön ist).

Aber wenn ich übe, dann voll und ganz, wenn z.B. das Telefon klingelt, kriege ich schon einen Schock. :cool:

Mit einem neuen Stück "unterhalte" ich mich von Anfang an quasi 24 Stunden am Tag, also es geht erst nach längerer Zeit "aus dem Ohr", es dreht sich sozusagen, egal was ich grade mache, alles drum.

Andersrum sind wieder Tätigkeiten, die mich anderweitig sehr in Beschlag nehmen, hinderlich fürs Klavierspielen...

Ich bin eben ein "Alles-oder-Nichts-Mensch", kann nicht mal eben bisschen das und bisschen jenes, was solls. Gibt es da noch Leidensgefährten? :rolleyes:


Klavirus
 
Ich bin eben ein "Alles-oder-Nichts-Mensch", kann nicht mal eben bisschen das und bisschen jenes, was solls. Gibt es da noch Leidensgefährten? :rolleyes:

und was ist daran so schlimm?

wenn ich was neues lerne, geht es mir auch permanent durch den Kopf und ist mir dann auch wichtiger, als etwa Tisch abräumen oder so - die alltäglichen Abläufe essen, trinken, Schuhe zubinden, beim laufen nicht plumps auf die Nase fallen, das alles funktioniert sicher bei jedem (auch wenn man Sonaten oder sonstwas im Kopf hat: somnambul ist man darum noch lange nicht)

also tröste Dich: das ist völlig ok --- und dann: besser irgendwas unwichtiges mal vergessen, als Melodiefolgen oder Harmonien :)

Gruß, Rolf
 
Ja, Rolf, Du bist der Retter in der Not. Was ist schlimm dran? Wenn man weiß, dass es so ist, und dass man wieder auftaucht...

Man versucht doch immer, irgendwie den "Normalzustand" zu halten und will es eigentlich gar nicht. Seit fast 6 Jahren klaviere ich nun und noch nie habe ich irgend etwas so intensiv betrieben bzw. erlebt! Eigentlich erlebe ich das Beschriebene schon seit den Anfängen, als ich das erste Mal exzessiv ein Stück geübt habe-

Man sollte doch seine Verrücktheiten pflegen und als Image einfordern und ja nicht versuchen, alles allen recht machen zu wollen...

So, ich gehe jetzt noch ein Stündchen üben auf meinem heruntergewirtschafteten Clavinova...

Gute Nacht

Klavirus
 
Nach ein paar Tagen verschwindet das wieder

Das fett gedruckte gibt mir zu denken, ansonsten hat Rolf natürlich völlig recht, ein bischen Verrücktheit macht überhaupt michts. Wenn es aber tagelang anhält, sollte man nicht auf einen Beruf angewiesen sein, der das nicht verträgt. Aber vielleicht war dein Eingangsbeitrag ja hemmungslos übertrieben und dann kannst du meinen Einwand getrost ignorieren.
 

Hallo, Guendola,

naja, übertreiben ist wichtig, sonst interessiert es ja keinen. ;) Kleiner Scherz...

Wie lange das anhält kann ich nicht so genau sagen, das ist auch mehr Zerstreutheit, ich bin auch schon mal, als ich meine Mutter besuchen wollte, eine Etage höher gegangen und stand erstaunt vor fremder Tür. :confused: Da dachte ich echt, jetzt hat's mich erwischt!!! Ich vermute jetzt mal, dass ich mit meinen Gedanken einfach nicht "allhier" bin und sonstwo "schwebe", kann es aber nicht beeinflussen, will es auch gar nicht weg haben, da es doch irgendwie schön ist. :-| Stört nur, wenn man anderweitig fehlt, vll. liegt's an meinem ADS!?

Klavirus
 
Hallo Klavirus,
manchmal kommt es mir tatsächlich so vor, als ob das Klavierspielen süchtig macht. Wenn ich ein neues Stück einlerne, dann sind meine Gedanken total auf dieses Stück konzentriert, auch wenn ich nicht am Klavier sitze, und das, obwohl ich keine Auswendigspielerin bin, also das Stück nicht auswendig lerne. Und immer wieder treibt es mich zum Klavier - als ob ich sonst nichts zu tun hätte.

Wenn man derartig auf etwas konzentriert ist, ist es meiner Meinung nach völlig klar, dass "unwichtige" Sachen ins Hintertreffen geraten. Da - glaube ich - muss man sich noch keine Gedanken machen.

Und dass einmal schon gekonnte Stücke nach einer gewissen Zeit des Nichtspielens neu aufgefrischt werden müssen, ist auch klar. Das habe ich auch schon erfahren, deshalb übe ich diese Stücke in regelmässigen Abständen immer wieder. Da bin ich gespannt, ob diese Stücke irgendwann mal so weit eingedrungen sind, dass ich sie tatsächlich auf Anhieb KANN.

Ach, solche Sachen, wie eine Etage höher zu gehen, passieren halt mal, wenn man in Gedanken ist. Mir passieren auch mal ähnliche Sachen, über die ich dann schmunzeln muss, die mich aber dann wieder auf den Boden der Tatsachen bringen und mir klar machen, dass es noch andere Dinge als die Konzentration auf's Klavierspielen bzw. auf das Stück gibt.

Falls du trotzdem Zweifel haben solltest, könntest du dich ja mal testen lassen.

Also: cool bleiben!
 
Ach, solche Sachen, wie eine Etage höher zu gehen, passieren halt mal, wenn man in Gedanken ist. Mir passieren auch mal ähnliche Sachen, über die ich dann schmunzeln muss, die mich aber dann wieder auf den Boden der Tatsachen bringen und mir klar machen, dass es noch andere Dinge als die Konzentration auf's Klavierspielen bzw. auf das Stück gibt.

Ach, erzähl doch mal...:D

Heute sagt dein Horoskop, wie schon gesagt, dass nur Routinearbeiten anzuraten seien - für alles andere fehle die Konzentration.


@Klavirus: deine Schilderung erinnert mich sehr stark an die Erzählungen einer Freundin, die dann immer meint: "typisch Susi, das kann auch nur mir passieren".

Der Schauspieler Roul Aslan soll einmal bei seinem ersten Auftritt in einem Stück an den Souffleurkasten herangetreten sein und - nachdem ihm die Souffleuse den Text geflüstert hatte - gemeint haben: "Keine Details!
Welches STÜCK?!!"

In diesem Sinne: du bist nicht alleine!

Alles Gute!
Gerhard
 

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