hallo,
ich habe diesen Faden eröffnet, um auf eine Eigenart von Musik aufmerksam zu machen: es gibt - und zwar sehr gute! - Musik, zu deren Aussage und Anliegen "Virtuosität" gehört. Musik, die ihre klangliche Aussage ohne die virtuosen Mittel gar nicht nicht ausdrücken könnte.
Ich meine damit nicht speziell verflucht schwierige Klavierstücke - ich meine Musik!
Oft wird ja die "Virtuosität" der Interpreten kritisch beäugt - hier soll es aber nicht um diese, sondern um die der Musik selber als Qaulität innewohnende Virtuosität gehen! In diesem Sinne fände ich sowohl weitere Ergänzungen, als auch eine Diskussion, was denn die Virtuosität leistet (um diesen Aspekt von Musik zu verstehen und zu würdigen und zu akzeptieren!) erfreulich und anregend.
Gruß, Rolf
Ich greife nochmal den ersten Beitrag von Rolf heraus. Hier kommt es mir besonders auf folgendes Aussagen an.
Mit hoffentlich freundlicher Genehmigung von Rolf werd ich die nochmal markieren, sonst muss ich alles doppelt schreiben.
Ich hoffe dafür ein gutes Beispiel geben zu können. Wobei in der Literatur viele ähnliche Stellen zu nennen wären beschränke ich mich jetzt auf dieses.
Nach meiner Ansicht ist Rachmaninoff der Komponist, bei dem diese Forderung:
Musik, zu deren Aussage und Anliegen "Virtuosität" gehört. Musik, die ihre klangliche Aussage ohne die virtuosen Mittel gar nicht nicht ausdrücken könnte.
am deutlichsten in Erscheinung tritt.
Ich nehme als Beispiel das Prelude op.32 in C-dur
Man mache sich mal den Spaß und spiele dieses prelude quasi "nicht virtuos" in langsamem Tempo. Wenn dann auch noch die bsondere Hervorhebung der Melodiestimmen nicht ausreichend bedacht wird, dann wird das Stück nahezu unverständlich.
Es erschliesst sich dem Hörer erst, wenn es im Tempo und mit der richtigen Dynamik und der Hervorhebung der richtigen Stimmen gespielt wird.
Hier wird also die Komposition erst verständlich, wenn die virtuosen Mittel - von denen Rolf schreibt, auch zur Verfügung stehen und eingesetzt werden.
Rachmaninioff ist meines Erachtens eine Fundgrube für solche virtuosen Effekte, die in der Komposition gründen. Allein der 1. Satz des 3. Kl. Konzerts bietet sie in Fülle.
Ein Mozartklavierkonzert hat ein anderes Konzept. Auch wenn ich da einen Satz deutlich langsamer spielte könnte man doch das Stück verstehen und mit einschränkung auch geniessen. Klar, dass es auch für das Tempo eine Grenze gibt, die man nicht unter- oder überschreiten kann.
Aber bei Mozart sehe ich diese Virtuosität in der Komposition nicht angelegt. Ebenso möchte ich Bachs Werk grundsätzlich nicht als virtuos bezeichnen, wenngleich vieles darin sehr schwierig auszuführen ist.
Glenn Gould, dem man sicher den Status des Virtuosen zuerkennen kann, zeigte in vielen Einspielungen, dass Bach nahezu in jedem Tempo noch verständlich gehört werden kann. Sei es nun ein besonders rasches oder ein quälend langsames Tempo.
Gould spielte auch die c-moll Variationen von Beethoven mit dem wohl langsamsten Grundpuls ein. Allerdings hält er sich genau daran und wird dann bei 32 eben wirklich doppelt so schnell, was die anderen dann nicht mehr schaffen.
E. Kissyn spielt diese Variationen in einem Tempo, indem er die 16 tel der ersten Variationen dann nicht mehr im Tempo verdoppel kann.
Insofern gefällt mir das Tempo von Gould doch besser.
Wichtig aber ist, dass auch die langsamen Variationen von Gould der Musik nichts wegnehmen sondern sie klar zum Ausdruck bringen.
Deshalb sind auch die c-moll Beethoven Variationen für mich auchkeine virtuose Musik.
Wo aber beginnt denn bei den Kompositionen die Virtuosität?
Ich möchte einen nennen, an den sicher die Wenigsten gedacht haben:
Schubert! In seiner Wanderer Fantasie hat er Neuerungen gebracht, die bisher selbst von Beethoven nicht realisiert wurden. Und speziell meine ich hier die orchestralen Wirkungen, die mit dem Klavierklang zu erzielen sind.
Und der nächste ist für mich ganz eindeutig Chopin, der vieles der Kompositionstechnik von Rachmaninoff schon voraus geahnt und umgesetzt hat.
Viele Stellen aus seinen Klavierkonzerten klingen überhaupt erst, wenn sie mit virtuosen Mitteln dargestellt werden.
Ich verzichte jetzt hier darauf, zu erklären, was die von Rolf genannten virtuosen Mittel sind denn ich denke, dass darüber weitgehend Einigkeit herrscht. Wenn nicht könnte das ja noch diskutiert werden.
für virtuose Kompositionen braucht es eine Art Hexenmeister am Klavier. Nun werden sicher einige sich an diesem Ausdruck stören und ich könnte auch Klaviermagier oder ähnliches sagen. Solchen Pianisten muss die gesamte Palette der Klaviertechnik zur Verfügung stehen. Sie sind in der Lage, wirkliche Illusionen zu erzeugen. Das Publikum sieht zu und fragt sich , wie das, was es hört mit dem, was es sieht, in Einklang zu bringen ist.
Dass solche Künstler keine hohle Virtusosität zeigen mag man ruhig glauben, denn um solche Werke entsprechend zu interpretieren muss man sie ja erstmal genau so innerlich erlebt und gehört haben.
Ich wage jetzt mal die Aussage, dass man für einen Bach oder Mozart und vielleicht auch Beethoven (mit einschränkungen wie Hammerkl. fuge)nicht unbedingt einen Virtusoen braucht aber für Chopin, Liszt und Rachmaninoff ganz sicher.
Ich könnte hier noch viele nenne und richtig: Natürlich kann auch nur ein Virtusoe Gaspard von Ravel spielen.