Musikalische Gestaltung Bach

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Juri2004

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6. Dez. 2020
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Hallo alle zusammen!
Ich habe in letzter Zeit einen Bach geübt und möchte wissen was ich an diesem verbessern könnte. Ich muss diesen spielen, neben einem Chopin-Walzer und einem Hauptsatz einer Beethoven Sonate, für eine Aufnahmeprüfung an einer Musikfachschule. Ich spiele seit nunmehr 1 Jahr und 9 Monaten.
Hier ist meine Interpretation:
 
Grundsätzlich gefällt mir dein Spiel gut (sehr cantabile), aber du artikulierst überhaupt nicht, sondern spielst alles legato durch. Manchmal spielst du beschleunigend zur 3 des Taktes hin, dadurch entsteht eine gewisse Unruhe, die ich nicht passend finde. Auch holpert es rhythmisch an ein paar Stellen (bei 1:01 und 1:39). Waren das Verspieler, oder hast du das falsch geübt?
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Takt 35 solltest du im Tempo bleiben.
 
Hallo Juri2004,

Erst einmal alle Achtung für diese Leistung nach eindreiviertel Jahren. Verspieler und Aussetzer passieren - Shit happens! Daran keine Gedanken verschwenden! Deine Interpretation klingt für mich stimmig: eine „romantische“ Kantabilität, wie sie z.B. die Nikolajewa pflegte. Also befindest Du Dich in bester Gesellschaft. Diese g-moll-Sinfonieemfinde ich als „Passionsmusik“. Interessant ist es sicherlich, im Hinblick darauf sich mit Tonartencharakteristik zu beschäftigen.
Was Du mal ausprobieren solltest: die Takte 24-28 in der RH in einem leichten leggiero zu spielen, Takte 37-40 LH, Takte 53-62 RH. Aber es muß sich für DICH stimmig anhören.
Weiter so! Du bist auf einem guten Weg. Solche Schüler würde sicherlich manch ein Klavierlehrer mit Handkuß nehmen,
meint cb
 
Grundsätzlich gefällt mir dein Spiel gut (sehr cantabile), aber du artikulierst überhaupt nicht, sondern spielst alles legato durch. Manchmal spielst du beschleunigend zur 3 des Taktes hin, dadurch entsteht eine gewisse Unruhe, die ich nicht passend finde. Auch holpert es rhythmisch an ein paar Stellen (bei 1:01 und 1:39). Waren das Verspieler, oder hast du das falsch geübt?
Das war tatsächlich ein kleiner Verspieler😁
 
Hallo Juri2004,

Erst einmal alle Achtung für diese Leistung nach eindreiviertel Jahren. Verspieler und Aussetzer passieren - Shit happens! Daran keine Gedanken verschwenden! Deine Interpretation klingt für mich stimmig: eine „romantische“ Kantabilität, wie sie z.B. die Nikolajewa pflegte. Also befindest Du Dich in bester Gesellschaft. Diese g-moll-Sinfonieemfinde ich als „Passionsmusik“. Interessant ist es sicherlich, im Hinblick darauf sich mit Tonartencharakteristik zu beschäftigen.
Was Du mal ausprobieren solltest: die Takte 24-28 in der RH in einem leichten leggiero zu spielen, Takte 37-40 LH, Takte 53-62 RH. Aber es muß sich für DICH stimmig anhören.
Weiter so! Du bist auf einem guten Weg. Solche Schüler würde sicherlich manch ein Klavierlehrer mit Handkuß nehmen,
meint cb
Vielen Dank für die netten Worte! Technisch ist das nicht mein schwerstes Stück 😁 Das wären wohl eher Chopin Walzer op. 64 No. 2 und Beethoven sonate op. 2 No. 1, erster Satz!
Aber die Schwierigkeit hier war, das es mein erstes polyphones Stück dieser Art war.
Vielen Dank für die Ratschläge und Ermunterungen!
 
Ich finde Du spielst es sehr gefühlvoll in wiegendem Rhythmus.
Aber ich würde die melodischen Bögen immer bis hin zur Eins spielen, für mich ist das f im zweiten Takt in der Oberstimme zu leise und ich verliere dann beim Hören die Differenzierung der beiden Oberstimmen. Ab Takt 13 finde ich das besser gespielt. In Takt 7 finde ich das dritte Achtel in allen Stimmen zu laut, auch das tiefe G in Takt 8.
Mittelstimme in Takt 44/45, weißt Du, was Du da machen willst?
Ich würde Dir raten, nur die Außenstimmen zu spielen und die Mittelstimme zu singen.
Vorletzter Takt: auch hier mit Zug aufs Ende spielen und nicht verenden, das c knallt raus. Klingt genau so, wie die Bewegung, die Du machst, willst Du das? Wie wäre es ganz am Ende mit noch einem Vorschlag vor dem g?
 
Deine Interpretation klingt für mich stimmig: eine „romantische“ Kantabilität, wie sie z.B. die Nikolajewa pflegte. Also befindest Du Dich in bester Gesellschaft
... die sich aber wahrscheinlich nicht in der Aufnahmeprüfungs-Kommission befindet. Beeinflusst von der aktuellen Bach-Forschung gilt heute ein anderes Klangideal als das romantisierende Bachspiel in der Art von Nikolajewa oder S. Richter.
 
Ich glaube allerdings, bei einer bayerischen Berufsfachschule werden keine musikwissenschaftlichen Kriterien angelegt. Hier wird das Potential abgeschätzt und das sieht doch ganz gut aus. Wenn der zuständige Klavierlehrer anderer Meinung ist, wird er das im Unterricht sagen.
 
Beeinflusst von der aktuellen Bach-Forschung gilt heute ein anderes Klangideal als das romantisierende Bachspiel in der Art von Nikolajewa oder S. Richter.
Sind die Interpretationen von Nikolajewa oder Richter deswegen schlechter? Das „heutige Klangideal“ ist wahrscheinlich in zwanzig Jahren ähnlich antiquiert. Die „historische / historisch orientierte Aufführungspraxis“ sagt mehr über den Geschmack des Interpreten aus als über die Ästhetik in der Zeit, da die Komposition entstanden ist.

Da fällt mir ein Bonmot von Wanda Landowska ein: „sie spielen Bach auf Ihre Weise. Ich spiele ihn so, wie er es wollte.“ Ah ja!

Meint cb, die weiß Gott keine Gegnerin der historisch orientierten Aufführungspraxis ist.
 
Das gilt im Prinzip auch für eine Bachelor-Aufnahmeprüfungen an Musikhochschulen.

Ich würde in jedem Fall davon abraten, sich kurz vor der Aufnahmeprüfung noch schnell ein neues "Klangideal" zuzulegen, um sich dem vermeintlichen "Geschmack" einer Prüfungskommission anzudienern.



Das „heutige Klangideal“ ist wahrscheinlich in zwanzig Jahren ähnlich antiquiert.
...
Da fällt mir ein Bonmot von Wanda Landowska ein: „sie spielen Bach auf Ihre Weise. Ich spiele ihn so, wie er es wollte.“ Ah ja!
... angeblich 1941 zu Casals ("Mon cher Pau, ne discutons pas davantage. Continuez à jouer Bach à votre façon et moi, à sa façon.")

Damals war Wanda Landowska ihrer Zeit mindestens zwanzig Jahre voraus. (Und selbstverständlich hat auch sie Bach auf "ihre Weise" gespielt, wie jeder Musiker...)

In einer Hinsicht wird sie aber auch in hundert Jahren noch recht haben: Wer Bach spielen will und sich nur dafür interessiert, wie "man" Bach spielt, anstatt sich zu fragen, wie Bach spielte, ist auf dem falschen Dampfer.
 

...nach so viel Lob und hilfreichen Bonmots zur historischen Aufführungspraxis (die sich gewiß auf Elektroinstrumenten sehr chique ausnimmt) und weil die friedfertige Weihnacht ohnehin für dieses Jahr vorüber ist, mal was herbes:
@Juri2004 welchen tiefen Sinn hat dein stummer Fingerwechsel (vom 5. zum 4. Finger) auf dem allerletzten Ton in der linken Hand? ...soll das hach-musikalisch-oh-wie-sensibel aussehen ? ... oder ändert sich der schon angeschlagene Ton durch den pseudotricky Fingerwechsel? ;-)
 
@Juri2004 , auch mir gefällt Dein kantables Spiel. Allerdings hört es sich für mich sehr vertikal an. Dein Augenmerk liegt sehr auf den Sechzehnteln. Wenn Du den langen Tönen mehr Ohr schenken könntest und die schnellen Noten wie auf der Gitarre gezupft beiläufiger spielen könntest, wäre in punkto horizontal spielen schon viel gewonnen.
Durch das Sitzen auf den Dreiklangsbrechungen, bleibt die Musik stets ein wenig stehen.
Und wenn Du Dir zusätzlich vorstellen würdest, dass jede Musik immer zunächst vom Gesang kommt - außer der Perkussion - , dann überleg mal, wo Du atmen würdest, wenn Du sängest...Dort kannst Du immer neu ansetzen. Macht ein Sänger auch so. ;-)
 
Für knapp zwei Jahre spielst du schon sehr schön. Fällt mir fast schwer zu glauben, dass du vorher kein Tasteninstrument gespielt hast.

Ich würde das Pedal grundsätzlich weglassen (wenn ich es richtig gehört habe, dass du Pedal an manchen Stellen verwendest).

Die Bewegung der Finger könnte etwas deutlicher und ausgeprägter hinsichtlich exakten Ablösens der Tasten sein. Es besteht die Gefahr des Zusammenklingens benachbarter Tasten, was durch das das romatische Legato und Pedal (?) kaschiert wird.

Phrasierung wurde schon bemängelt.
 
Ich glaube allerdings, bei einer bayerischen Berufsfachschule werden keine musikwissenschaftlichen Kriterien angelegt. Hier wird das Potential abgeschätzt und das sieht doch ganz gut aus. Wenn der zuständige Klavierlehrer anderer Meinung ist, wird er das im Unterricht sagen.
Also ich habe Kontakt mit einem Klavierprofessor der Schule an die ich gehen will. Er schätzt meine Chancen sehr gut ein und findet diese Interpretation an sich sehr schön. Musikalisch gut gestalltet und ein schönes legato. Das waren seine worte :-)
 
...nach so viel Lob und hilfreichen Bonmots zur historischen Aufführungspraxis (die sich gewiß auf Elektroinstrumenten sehr chique ausnimmt) und weil die friedfertige Weihnacht ohnehin für dieses Jahr vorüber ist, mal was herbes:
@Juri2004 welchen tiefen Sinn hat dein stummer Fingerwechsel (vom 5. zum 4. Finger) auf dem allerletzten Ton in der linken Hand? ...soll das hach-musikalisch-oh-wie-sensibel aussehen ? ... oder ändert sich der schon angeschlagene Ton durch den pseudotricky Fingerwechsel? ;-)
Ganz ehrlich... ich habe das nicht bewusst gemacht 😅
 
Für knapp zwei Jahre spielst du schon sehr schön. Fällt mir fast schwer zu glauben, dass du vorher kein Tasteninstrument gespielt hast.

Ich würde das Pedal grundsätzlich weglassen (wenn ich es richtig gehört habe, dass du Pedal an manchen Stellen verwendest).

Die Bewegung der Finger könnte etwas deutlicher und ausgeprägter hinsichtlich exakten Ablösens der Tasten sein. Es besteht die Gefahr des Zusammenklingens benachbarter Tasten, was durch das das romatische Legato und Pedal (?) kaschiert wird.

Phrasierung wurde schon bemängelt.
Zum Pedal muss ich sagen... mein Lehrer hat mir gesagt dass ich es an jenen Stellen nutzen kann. Also das kommt nicht alles von mir.
 
Für knapp zwei Jahre spielst du schon sehr schön. Fällt mir fast schwer zu glauben, dass du vorher kein Tasteninstrument gespielt hast.

Ich würde das Pedal grundsätzlich weglassen (wenn ich es richtig gehört habe, dass du Pedal an manchen Stellen verwendest).

Die Bewegung der Finger könnte etwas deutlicher und ausgeprägter hinsichtlich exakten Ablösens der Tasten sein. Es besteht die Gefahr des Zusammenklingens benachbarter Tasten, was durch das das romatische Legato und Pedal (?) kaschiert wird.

Phrasierung wurde schon bemängelt.
Mein legato wurde noch nie Kritisiert. Der Professor der Musikfachschule meinte das legato sei wundervoll 😅
 
@Juri2004 , auch mir gefällt Dein kantables Spiel. Allerdings hört es sich für mich sehr vertikal an. Dein Augenmerk liegt sehr auf den Sechzehnteln. Wenn Du den langen Tönen mehr Ohr schenken könntest und die schnellen Noten wie auf der Gitarre gezupft beiläufiger spielen könntest, wäre in punkto horizontal spielen schon viel gewonnen.
Durch das Sitzen auf den Dreiklangsbrechungen, bleibt die Musik stets ein wenig stehen.
Und wenn Du Dir zusätzlich vorstellen würdest, dass jede Musik immer zunächst vom Gesang kommt - außer der Perkussion - , dann überleg mal, wo Du atmen würdest, wenn Du sängest...Dort kannst Du immer neu ansetzen. Macht ein Sänger auch so. ;-)
Zu den sechzenteln... ich habe das so gemacht, da ich der Meinung bin das sei das Hauptthema und das versuche ich hervorzuheben in den jeweiligen stimmen.
 

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