Musik verstehen

Oder geht es beim "Verstehen" nur um die eigentliche Analyse der Struktur/Form des Stueckes?

Nein! Mit Verständnis meine ich nicht, wie das Stück aufgebaut ist, welche Form das Stück hat, was sich der Komponist dabei gedacht hat, zu welcher Zeit es entstanden ist.

In deinem Hirn ist ein Stückchen Kuchen, das sich mit Musik beschäftigt. Es knüpft neues an Altes und lässt das Stückchen Kuchen immer weiter wachsen (es fällt mir schwer, das was ich meine, in Worte zusammenzufassen). Mit Musikverständnis meine ich, wenn du Neues mit Altem verbinden kannst.

Musik wird oft mit Sprache verglichen. Wenn du eine neue Sprache lernst, fällt es dir anfangs sehr schwer ein komplettes Buch in dieser Sprache zu lesen, weil du nichts davon verstehst. Wenn du allerdings ein paar Vokabeln drauf hast, sieht es schon anders aus. Wenn du ganze Sätze formulieren kannst, bist du schon gut dabei. Und wenn du diese Sprache seit deiner Geburt sprichst, dann fällt es dir nicht schwer, ein Buch in dieser Sprache zu lesen. Das meine ich mit Verständnis.

Wie gelangst du also zu einem besseren Verständnis? Indem du immer mehr Stücke mit variierten Vokabeln hörst. Besonders bei Bach sind die Vokabeln sehr vielfältig! Damit kann man sein inneres "Universum" (wie Haydnspaß es genannt hat) sehr bereichern.

Wenn du Yann Tiersens Musik hörst, dann ist es ein kleines Gedicht mit einfachen Vokabeln. Wenn du eine Sonate von Beethoven (kommt drauf an, welche) hörst, dann ist es schon eine größere Kurzgeschichte mit einigen Kapiteln. Und jede dieser Kurzgeschichten hat etwas zu erzählen. Wenn du dagegen Bachs WTK hörst, hast du bereits eine ganze Bibel!

Das ist jetzt ein sehr weit hergeholter Vergleich, aber besser kann ich es nicht erklären. Warum messen wir der Sprache einen so großen Wert bei? Wir können auch etliches mit Musik ausdrücken.
 
Wenn du Yann Tiersens Musik hörst, dann ist es ein kleines Gedicht mit einfachen Vokabeln. Wenn du eine Sonate von Beethoven (kommt drauf an, welche) hörst, dann ist es schon eine größere Kurzgeschichte mit einigen Kapiteln. Und jede dieser Kurzgeschichten hat etwas zu erzählen. Wenn du dagegen Bachs WTK hörst, hast du bereits eine ganze Bibel!

Okay, bis auf die Bemerkung zum WTK gefällt mir diese Beschreibung wunderbar. (Das WTK mit einer Bibel zu vergleichen, hat zwar Tradition, ich sehs aber mehr als ein Puzzlebuch mit Suchbildern ;) )

Zur Frage, was "Musik verstehen" nun eigentlich bedeutet, sehe ich es so:

wenn man Musik hört und nicht erst lange überlegen muß, was der Komponist sich dabei gedacht haben könnte, sondern sich direkt von der Musik angesprochen fühlt (ob man nun erklären kann wieso spielt erstmal keine Rolle) dann "versteht" man die Musik.
 
Wie wäre es mit einem neuen Faden mit dem Titel "Musik verstehen" - oder so ähnlich?

Na dann eröffne den mal! :)

Was ich noch hinzufügen wollte: Eine gelungene Komposition ist wie ein gelungener Text. Wenn die Sätze, damit setze ich die einzelne musikalische Phrasen oder Teile, miteinander verwandt sind und somit einen Sinn ergeben.

Beispiel: Bei der Sonate Nr. 11, die ich geübt habe, findet man zahlreiche Elemente, die sich zwar wiederholen, jedoch in abgeänderter Form. So findet man die Oktavläufe am Ende der Exposition am Anfang in der Durchführung wieder, jedoch etwas verändert wieder.

Oder das Motiv der Mannheimer Rakete wird am Anfang der Durchführung mittels eines Dialogs wieder aufgegriffen.

Soetwas hört der normale Zuhörer nicht, ich hätte es ohne Notenbild auch nicht gemerkt. Aber der normale Zuhörer hat das Gefühl, dass jeder Teil ein Ganzes ergibt, obwohl er eine andere, aber ähnliche musikalische Idee verkörpert.
 
Ubik, was Du schreibst macht schon Sinn. Allerdings kann Lyrik/Prosa auch nur aus wenigen, evtl auch zusammenhangslosen Wörtern/Vokabeln bestehen; man denke da nur an den Dadaismus. Trotzdem ist diese Stroemung nicht zu unterschaetzen, zugegenermaßen muss man sich vielleicht ein wenig genauer mit dieser Kunst auseinandersetzen, um diese (vermeintlich) zu "verstehen", oder einfach nur zu moegen. Ich persoenlich mag sie auf jeden Fall.
Und das Kunst immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Epoche, politischen Ausrichtung etc. im Zusammenhang steht ist sicher richtig; in manchen Faellen allerdings spielt sie aber auch nur eine untergeordnete bzw. gar keine Rolle. Mein frueherer Lehrer (der Beste den ich je hatte; lang ists her!) warnte uns immer davor, Texte (oder auch Kunst im Allgemeinen) "plattzumachen". Prinzipiell ist es zwar richtig, dass jedes Argument, korrekt belegt, subjektiv richtig ist, aber es ist auch sehr schnell (unbemerkterweise) etwas ueberinterpretiert.

Ich vertrete da eher Haydnspaß´Auffassung; mich muss Musik ansprechen. Und das ist bei Yann Tiersens Stuecken der Fall. (Um mal zum eigentlichen Thema zurueckzukehren... :D Gegen einen Thread der sich nur um das "Verstehen" dreht, habe ich uebrigens auch nichts einzuwenden ;) )

Vielleicht sehe ich das in ein paar Jahren anders, wenn ich weise und ergraut schon so manches Stueck gehoert, geliebt und interpretiert habe. Ich warte mal ab und mache noch ein paar Erfahrungen :p
 
Allerdings kann Lyrik/Prosa auch nur aus wenigen, evtl auch zusammenhangslosen Wörtern/Vokabeln bestehen; ... Ich persoenlich mag sie auf jeden Fall.

Du magst also Schönberg? :D

Vielleicht sehe ich das in ein paar Jahren anders, wenn ich weise und ergraut schon so manches Stueck gehoert, geliebt und interpretiert habe. Ich warte mal ab und mache noch ein paar Erfahrungen :p

Ja, ich kann dir schon jetzt prophezeihen (schreibt man das so?), dass du irgendwann zurückblicken wirst und gar nichts Tolles an Yann Tiersen finden wirst.
 
Ich hab mal wieder die ganze Diskussion verpasst. :( Aber irgendwie kommt es mir so vor, als ob hier des langen und breiten über Hochliteratur psalmodiert wird und keiner zugeben will / keinem zugestanden wird, auch mal nen Aphorismus oder gar einen Witz (!) zu lesen / erzählen.
Jedes zu seiner Zeit - ich laufe ja auch nicht den ganzen Tag im schwarzen Anzug herum.
Vielfalt statt Einfalt! (und um "Das Gute" schätzen zu können, muss man manchmal auch das vermeintlich "Böse" genauer unter die Lupe nehmen)

Blüte, viel Spaß beim Sortieren :rolleyes:
 
@ Ubik
Schönberg? Oder Schoenberg? ;)
Sagte mir ehrlich gesagt nichts, bevor ich es bei Youtube und Wiki eingab...und ich muss sagen: Sehr gewoehnungsbeduerftig! Duester (was nicht unbedingt schlecht ist) und verwirrend dazu; ohne Roten Faden. Viel Spass dann beim ueberinterpretieren :D

Schwitters ist grandios und ein Multitalent. Solltest Du den noch nicht kennen, wirds hoechste Eisenbahn sich mal mit ihm auseinanderzusetzten :p
 
@stilbluete
ab welchem beitrag faengt denn die diskussion an?? ist doch sinnvoll, da anzuknuepfen?
 
Schönberg? Oder Schoenberg? ... und ich muss sagen: Sehr gewoehnungsbeduerftig!

Diese Aussage lässt sich nur mit folgendem beantworten:

.... zugegenermaßen muss man sich vielleicht ein wenig genauer mit dieser Kunst auseinandersetzen, um diese (vermeintlich) zu "verstehen", oder einfach nur zu moegen.

Ich vertrete da eher Haydnspaß´Auffassung; mich muss Musik ansprechen.

Ok, angenommen du musst dich mit einem spezielles Thema beschäftigen, sagen wir mal: Hunderassen. Du hast bereits ein Buch gekauft, wo schon ziemlich viele Hunderassen aufgelistet sind. Aber du willst noch mehr über Hunde erfahren und liest dir noch ein weiteres Buch über Hunderassen durch. Jetzt bist du schon dabei dein altes Wissen mit dem neuen Buch zu verbinden. Vielleicht wirst du die eine oder andere Hunderasse erst neu entdecken, aber das macht nichts. Dann liest du dir noch ein drittes Buch über Hunderassen durch und wirst noch mehr erfahren. Nachdem du dein ganzes Geld für Hunderassenbücher ausgegeben hast, leihst du dir bei einem Freund noch ein weiteres Buch über Hunderassen aus. Wollen wir das ganze mal ein wenig abkürzen...

Der Punkt ist, dass wenn du nach 100 Hunderassenbüchern so viel über dieses Themengebiet weißt, dass du, wenn du dir noch ein weiteres Buch lesen würdest, alles für selbstverständlich hinnehmen würdest.

So ähnlich verhält es sich mit der Musik. Der erste Schritt fällt immer schwer. Du beschäftigst dich mit einer Musik, die du vorher noch nicht gekannt hast. Zum Beispiel Bach. Du hörst dir das italienische Konzert an (http://youtube.com/watch?v=Qc3KqrKNNck). Irgendwann hörst du dir eine Partita an (http://youtube.com/watch?v=Ag3atJSmgTM). Und später hörst du dir vielleicht die Goldberg Variationen an (http://youtube.com/watch?v=g7LWANJFHEs&feature=related). Und irgendwann gelangst du an den Punkt, wo du die vielen Fugen von Bach hören wirst. Kürzen wir das mal auch ein wenig ab.

Die Sache ist nämlich die, je mehr Musik man hört, desto leichter ist es, neue Musik zu empfangen. Desto mehr,


wird dich Musik ansprechen.

Wir sprechen hier von Musikverständnis. Mit Verstand verbinde ich das Moped, was für das Analysieren zuständig ist. Wäre vielleicht schwieriger zu erklären, bzw. zu philosophieren, in wiefern Musik auf unseres Gefühlsmoped wirkt.
 

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