Mögt ihr Oper?

Mögt ihr Oper


  • Umfrageteilnehmer
    368
...na sowas... da wär ich ja niiiieee drauf gekommen... ... :D:D:D

Die Glöckchenarie ist übrigens auch prima (leider macht sie den Solistinnen doch manche Sorgen...)

Und jetzt aber vorwärts!! Tristan, Walküre - Puppy, da ist Heulpotenzial en masse vorhanden!!!

Bin schon in die Orientierungsphase eingetreten. ;)

Wünsche dir eine angenehme Tagruhe,

PP
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zum Einstieg könnten die Meistersinger dienen, da ist was los und es geht nicht so an die Nieren...
Gruß
Toni
 
Naja, letzlich ist es egal mit welchen Tränen das Opernhaus überschwemmt wird, reinigende Wirkung hat es allemal...
Gruß
Toni
 
Zum Einstieg könnten die Meistersinger dienen, da ist was los und es geht nicht so an die Nieren...
Gruß
Toni

Hallo Toni,

Danke für den Tip, aber, wie schon von Rolf festgestellt, bin ich auf der Suche nach etwas, was so richtig an die Nieren geht ;-).

So, habe jetzt mal Tristan und Isolde, Karl Böhm, Bayreuth 1966 für den Einstieg auserkoren.

Rolf, kennst du die Ausgabe mit Bernstein? Wenn ja, was hältst du vom Dirigat? Für den Erstkontakt kommt sie für mich nicht in Frage, da hat für mich die Gesangsleistung oberste Priorität, aber als Zweitausgabe scheint sie mir verlockend.

LG, PP
 
eine prima Wahl! Nilsson/Isolde ist phänomenal, Windgassen ebenfalls.

Na, da bin ich ja gespannt. :)

dann noch Boulez, Jones, MacIntyre, Altmeier mit der Walküre aus Bayreuth.

Die Walküre musst du leider von deiner Empfehlungsliste streichen, zumindest bis es eine Neuauflage gibt.

Ich nehme aber an, dass sie in diesem Gesamtring enthalten ist:

http://www.amazon.de/Ring-Nibelungen-Ga-Pierre-Boulez/dp/B000I8OFIM/ref=sr_1_29?s=music&ie=UTF8&qid=1296320968&sr=1-29

Kennst du die anderen Teile dieses Ringes auch?

LG, PP
 
Hindemith, Cardillac

Am Dienstag, 1.2. 2011 um 19:00 sendet BR-Klassik (Hörfunk) P.
Hindemiths Cardillac. Es handelt sich um einen Mitschnitt
aus Wien vom Oktober vergangenen Jahres.


Leitung: Franz Welser-Möst

Goldschmied Cardillac - Juha Uusitalo
Cardillacs Tochter - Juliane Banse
Dame - Ildikó Raimondi
Offizier - Herbert Lippert
Goldhändler - Tomasz Konieczny
Kavalier - Matthias Klink

Nicht grade was für feuchtes, aber vielleicht für begeistertes Buhu.

BR-Klassik ist über das Internet überall zu empfangen.

Viel Hörvergnügen!

Friedrich
 
Vielen Dank, lieber Friedrich, für diesen wertvollen Hinweis!

Weißt Du, ob die erste oder die zweite Fassung gespielt wird?

Herzliche Grüße,

Gomez
 

Weißt Du, ob die erste oder die zweite Fassung gespielt wird?

Leider nein. Was ich oben zitiert habe, enstammte dem Email-Verteiler von BR-Klassik. Soeben habe ich auf den Internetseiten gesucht, da findet sich leider auch nicht mehr (http://www.br-online.de/br-klassik/programmtipps/highlight-paul-hindemith-cardillac-ID1294924724713.xml).

Vielleicht ging es dem Autor der Mitteilung wie mir, nämlich daß er von der Existenz zweier Fassung gar nichts wußte. Ich habe gerade nachgelesen, daß die zeitlich ja recht weit auseinander liegen. Wieweit liegen sie denn musikalisch auseinander?


Schönen Gruß,

Friedrich
 
Wieweit liegen sie denn musikalisch auseinander?

Wenn man bedenkt, daß die späte Bearbeitung des "Marienlebens"
teilweise einer Neukomposition gleichkommt, sind die musikalischen Eingriffe
im "Cardillac" eher harmlos - mit einer großen Ausnahme: Die Oper wird
um einen ganzen Akt erweitert, in dessen einer Szene Teile aus Lullys "Phaeton"
wortgetreu erklingen - gewissermaßen eine Oper in der Oper. Die Hauptänderungen
betreffen den Text: Der alte, reichlich prüde gewordene Hindemith reinigt
das Libretto von "unanständigen" Formulierungen, Anzüglichkeiten etc.

Das hat eine verwickelte und komplizierte Vorgeschichte. Es ist bekannt,
daß der junge bis mittlere Hindemith ein fröhlicher unverklemmter Bursche
gewesen ist: Blut und Sperma pflasterten seinen Weg, zumindest auf der Opernbühne.
"Mörder, Hoffnung der Frauen" (Kokoschka), "Sancta Susanna" (Stramm),
"Das Nusch-Nuschi" (Franz Blei), "Das Baden-Badener Lehrstück vom Einverständnis" (Brecht),
"Hin und zurück" (Marcellus Schiffer), zuletzt "Neues vom Tage" (Schiffer)
sorgten mit schöner Regelmäßigkeit nicht nur der Musik wegen für Empörung.

"Neues vom Tage", eine harmlose Zeitoper (UA 1929), hatte mit einer gewissen Verspätung
sogar gravierende kulturpolitische Auswirkungen - wegen der Badezimmerszene.
Dort saß die Protagonistin - in einem fleischfarbenen Kostüm - in einer mit Schaum gefüllten
Badewanne und besang mit fröhlichen Koloraturen die Segnungen der Warmwasserversorgung.
Ein solcher Auftritt war zumindest fürs urbane Berliner Publikum nichts ungewöhnliches.
Es befand sich aber auch ein Reichstagsabgeordneter namens ****** im Publikum,
den nicht die Musik, wohl aber die (vorgetäuschte) Nacktheit der Sängerin überforderte.
Nicht nur, daß er die Oper wütend verließ - von diesem Moment an war Hindemith
für ihn als Bedrohung des deutschen Volkes entlarvt. 1934, auf dem Höhepunkt
der Kontroverse um Furtwängler, krähte Goebbels, daß die Gelegenheit nicht nur Diebe
und atonal komponierende Musiker erzeuge, sondern auch arme Sängerinnen zwänge,
splitternackt auf der Bühne zu erscheinen. Und in Zeugnissen aus seiner Umgebung
ist überliefert, daß ******, wann immer der Name Hindemith fiel, reflexartig
von der "Nackten in der Badewanne" zu schwadronieren begann.

Und was tat Hindemith? Statt sich jede Art nazistischer Empörung wider ihn
als Ehrennadel ans Revers zu heften, verinnerlichte er die Kritik auf merkwürdige
Art und Weise. Nach dem Krieg ließ er über seinen Verlag alle Aufführungen
der drei frühen Einakter und des Baden-Badener Lehrstücks verbieten.
Beim "Cardillac" - immerhin seiner ersten abendfüllende Oper - traute er sich das nicht.
Aber er griff gewaltig in das Libretto ein, was das Hinzukomponieren weiterer Musik erforderte,
und die Umgestaltung des Librettos betraf mehr als nur die Umformulierung
einzelner Textpassagen.

Zwei Grundprobleme konnte er nicht lösen: Ferdinand Lions Libretto
fußt auf E.Th.A.Hoffmanns "Das Fräulein von Scuderi", einer Kriminalgeschichte.
Der Stoff ist ziemlich schaurromantisch, und es ist rätselhaft, was den damals
der Neuen Sachlichkeit zugeneigten Antiromantiker Hindemith daran faszinierte.
Eine Erklärungsmöglichkeit bietet die in jener Zeit populär werdende Gattung Film.
Der deutsche Stummfilm hatte mit einer ähnlich widersprüchlichen Neigung
zu konstruktivistischen Intérieurs und schauerromantischen Stoffen zu kämpfen.
Eine gewisse Parallelität zu "Cardillac" zeigt sich in Fritz Langs berühmtem Film
"M - Eine Stadt sucht einen Mörder". Die Massen(=Chor-)Szenen sind das beste
in seiner Oper. Aber das Grundproblem konnte Hindemith auch in der Zweitfassung
nicht tilgen: Die Behandlung eines romantischen Stoffs mit antiromantischen Mitteln.
Antiromantisch heißt: Hindemiths Musik weigert sich, Handlungsmomente
oder seelische Vorgänge musikalisch zu verdoppeln, wie es in der spätromantischen Oper
(R.Strauss et al.) guter Brauch war. Seine Musik bleibt distanziert. Auf der Bühne
passiert ein Mord, während im Orchestergraben dazu ein fröhliches Flötenduett tiriliert.
Das war provokant - und hatte als Reaktion auf die spätromantischen Gefühlsergüsse
seine Berechtigung. Nur war Hoffmanns bzw. Lions Textvorlage für solche Experimente
ungeeignet.

Das viel größere und für Hindemith viel weniger lösbare Problem:
Hindemith identifiziert sich mit Cardillac (dem Goldschmied, der seine Kunden ermordet,
um sich wieder in den Besitz der von ihm angefertigten Schmuckstücke zu bringen).
Hindemith identifiziert sich aber nicht mit dem Raubmörder, sondern mit dem Künstler.
"Cardillac" ist eine Künstleroper - wie "Mathis der Maler" und "Die Harmonie der Welt".
An der Amoralität seiner Hauptfigur konnte das freilich nichts ändern -
keine noch so sehr um Verständnis für den Goldschmied bemühte Textänderung.

Die zweite Fassung der Oper ist übrigens besser als ihr Ruf, und mit der Implantation
Lullyscher Opernmusik ging es Hindemith um die Verschränkung musikalischer Zeitebenen,
etwas, das Hindemith auch in anderen späten Werken thematisiert hat,
z.B. in der sehr hörenswerten "Pittsburgh Symphony", deren avancierte Musiksprache
sich im 2. und 3.Satz mit einem versteckten Webern-Zitat und amerikanischen Volksliedern
als Hintergrundmaterial bestens verträgt.

Die Idee der Verschränkung musikalischer Zeitebenen hat dann Bernd Alois Zimmermann
aufgegriffen, und heute ist sie aus dem (musik)ästhetischen Diskurs gar nicht mehr wegzudenken.


P.S.: Lieber Friedrich, leider empfange ich den BR nicht -
berichtest Du bitte einmal von Deinem Höreindruck?

Herzliche Grüße!

Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Lieber Gomez,

tausend Dank für diesen höchst informativen und dabei so witzigen post!!!!!!!!!!!!!!!!!! :kuss: Bitte schreib mal wieder in der U.e.f.g. oder muss ich erst mit einem noch einzulösenden Gutschein drohen ( ja, so sind die Frauen - Zuckerbrot und Peitsche, aus dem Hinterhalt das Nudelholz :D ) :D .

Ganz liebe Grüße

chiarina
 
Wenn man bedenkt, daß die späte Bearbeitung des "Marienlebens"
teilweise einer Neukomposition gleichkommt, sind die musikalischen Eingriffe
im "Cardillac" eher harmlos etc.

Hu, das war ja wieder mal eine volle Breitseite! Danke für die Aufklärung!
Den BR kannst Du über Internet empfangen. Wenn man irgendein Überspielprogramm wie z.B. Magix Music Lab hat (kostet, wenn man es aus der letzten Mode nimmt, keine 20 E.), kann man auch in guter Qualität aufnehmen (sofern man daran denkt, den internen Lautsprecher abzuschalten, damit nicht jedes einlangende Email sich mit einem Plobb verewigt).

Herzlichen Dank!

Friedrich
 
Danke für den Tip!

Hitlers Empörung über die "Nackte in der Badewanne" hatte übrigens
ein kurioses Pendant im Sowjetrußland der dreißiger Jahre.
Diktatoren kleinbürgerlicher Herkunft neigen offenbar zur Prüderie -
oder halten sich für befugt, als Anwalt des "gesunden Volksempfindens" aufzutreten.

Stalin besuchte 1936 eine Aufführung von Schostakowitschs sehr
erfolgreicher Oper "Lady Macbeth von Mzensk." In dieser Oper gibt es
eine drastische Beischlafszene, natürlich hinter geschlossenem Vorhang.
Aber die Musik läßt am Charakter der Geschehnisse keinen Zweifel.
Sie imitiert die zunehmende Intensität der Körperbewegungen so anschaulich,
daß amerikanische Radiosender dieses Instrumental-Zwischenspiel
mit einem mehrminütigen Dauerpiepton zensieren müßten.
Zuguterletzt wird die postkoitale Erschlaffung des männlichen Glieds
durch ein wunderschönes Posaunenglissando abwärts illustriert.

Stalin war empört, und die kurz darauf in einem Leitartikel auf der
"Prawda"-Titelseite abgedruckte Verdammung Schostakowitschs und seiner Oper
war der Beginn der ersten von zwei folgenschweren Verleumdungskampagnen,
die Schostakowitsch fast vernichtet hätten.
 
Tristan und die Rindsroulade

Unter der süffisanten Überschrift "Tristan mit Rindsrouladen" berichtet die SZ heute über die baulichen Zustände auf dem Bayreuther Hügel:

http://www.sueddeutsche.de/bayern/festspielhaus-in-bayreuth-tristan-mit-rindsrouladen-1.1055150

Interessant und amüsant, wenn auch über eine - auch kulturpolitisch - höchst bedenkliche Materie. Ihr müßt schnell sein mit lesen, denn meist verschwinden diese SZ-Artikel nach 2-3 Tagen im (kostenpflichtigen) Archiv.

Schöne Grüße,

Friedrich
 
Unter der süffisanten Überschrift "Tristan mit Rindsrouladen" berichtet die SZ
heute über die baulichen Zustände auf dem Bayreuther Hügel:

Tscha - was soll man da sagen? Der Meister hat es vorausgeahnt:

Fahre denn hin,
herrische Pracht,
göttlichen Prunkes
prahlende Schmach!
Zusammenbreche,
was ich gebaut!
Auf geb' ich mein Werk;
nur Eines will ich noch:
das Ende,
das Ende! -

(Er hält sinnend ein)

Und für das Ende
sorgt Alberich!

- oder das Bayerische Kultusministerium.
 

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