Mögt Ihr die historische Aufführungspraxis?

  • Ersteller des Themas Pianojayjay
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Dann ermittle mal den Durchschnitt bei den damaligen handwerklichen Toleranzen.
Ein verlässlicheres Maß ist das 'Oktavmaß', denn die Tastenbreite allein ist nicht aussagekräftig genug.
Es kommt auch auf die Abstände an.
Mir ist ein Orgelpositiv bekannt, bei dem 'blind' eine Oktav gegriffen ungestreift eine None erklingen lässt...;-)
 
Dann ermittle mal den Durchschnitt bei den damaligen handwerklichen Toleranzen.
Ein verlässlicheres Maß ist das 'Oktavmaß', denn die Tastenbreite allein ist nicht aussagekräftig genug.
Es kommt auch auf die Abstände an.
Mir ist ein Orgelpositiv bekannt, bei dem 'blind' eine Oktav gegriffen ungestreift eine None erklingen lässt...;-)
man könnte auch auf die Aussage von Barrat etwas kompliziert antworten.:-D:lol::bye:
 
Mich würde einmal interessieren, wie Ihr zu der historischen Aufführungspraxis steht. Also Bach auf Cembalo, Beethoven auf Hammerflügel usw. Habt Ihr es selber schon mal probiert? Oder hört Ihr es gerne/überwiegend?

Ja, ich würde zum Beispiel gern mal das WTK auf einem Cembalo mit Werckmeisterstimmung hören. Die heutig gleichschwebende Stimmung war nämlich zu Bachs Zeiten noch garnicht bekannt und kam erst zum Ende des 18. Jahrhunderts auf.
LG
Alb
 
Geil, was für ein gigantischer Schmiss in der Exposition - da waren die Holzbläser ja kollektiv im Tiefschlaf. Und dann noch eine Frau am Steuer ...:lol::lol::lol:
 
Ein verlässlicheres Maß ist das 'Oktavmaß', denn die Tastenbreite allein ist nicht aussagekräftig genug.
Es kommt auch auf die Abstände an.
@agraffentoni völlig richtig!
will man Klaviere aus verschiedenen Epochen bzgl. der Griffweite vergleichen, hilft nur der Oktavabstand; die Breite einzelner Tasten ist da eher irrelevant, da das jeweilige Ausmaß der Spatien (Abstände zwischen den Tasten) sichtbar variiert.
Ein Beispiel: in Wahnfried (Wagner Museum, Bayreuth) steht Wagners Steinway von 1876. Das Instrument hat denselben Oktavabstand wie heutige Steinwayflügel, aber dennoch sind die weißen Tasten einen Tick schmaler, die Spatien einen Tick breiter (das ist beim ersten anspielen für einen Moment leicht irritierend, aber dann merkt man, dass sich der sonore alte Konzertflügel wie ein bestens gewarteter neuer spielt (und er hat Liebestod und noch härteres überstanden!) - ich schreibe gerade, dass das historische Instrument (nun 140 Jahre alt) sich ebenso wie ein neuer Konzertflügel sich wie ein neuer Konzertsteinway spielt, und das darf ich und kann ich auch beurteilen, denn ich habe mehrmals auf ihm gespielt (und durchaus sehr heftige Literatur)
dito Bechsteins aus den 50er Jahren des 19 Jhs. - die spielen sich auch nicht anders, als moderne.

bzgl. der Dynamik und der mechanischen Belastbarkeit (Literatur a la Liebestod, Tannhäuser Ouvertü+re, h-Moll Sonate, Gaspard) und auch bzgl. des Klangs ist es unsinnig, für die (spät)romantische Klaviermusik nach historischen Instrumenten zu "forschen" und zu glauben, Brahms, Liszt, Saint-Saens, Bizet, Tausig, Tschaikowski, Mussorgski usw. hätten andere Instrumente gehabt - die hatten Instrumente, die unseren heutigen entsprechen und sich von unseren heutigen kaum unterscheiden.

und was Beethoven betrifft: dass der seine späten Klaviersachen für Instrumente (und Spieler) konzipierte, die es zu seinen Lebzeiten noch nicht gab, hat er selber mitgeteilt.
 
Da stellt sich erst einmal die Frage, was unter der historischen Aufführungspraxis verstanden wird.

Nur das Spiel auf Instrumenten aus der Zeit der Entstehung der Musik?
Zusätzliche Berücksichtigung von Regeln der Spieltechnik zur damaligen Zeit, Erkenntnisse der Forschung, wie damals ein musikalischer Vortrag geklungen haben könnte und Umsetzung dieser?
Aufführung unter gleichen akustischen Bedingungen wie zur Entstehungszeit? Also Musik, die für einen kleinen Raum mit wenigen Leuten komponiert wurde, nicht im großen Konzertsaal aufführen?
Anpassung der Höhe des Kammertons an die übliche Höhe der damaligen Zeit?
Verwendung der damals üblichen Stimmung?

Es gibt ja inzwischen ganze Ensembles, die sich ausschließlich der alten Musik und der historischen Aufführungspraxis verschrieben haben. Ich höre mir solche Veranstaltungen oder Aufnahmen gerne an, besonders Barockopern, Musik von Monteverdi ...
Was die Klaviere betrifft: Bach mag ich auch auf Cembalo, es gab sogar eine Zeit, da hat mir Bach auf dem Klavier gar nicht gefallen. Hat wohl mit den Hörerfahrungen zu tun, mit denen man aufgewachsen ist.
Ich mag den Klang von Flügeln aus dem 19. Jahrhundert. Wenn ich genügend Platz hätte, würde ich mir sofort einen Pleyel- oder Erard-Flügel hinstellen. Momentan ist aber nicht mal Platz für einen modernen Flügel, insofern stellt sich die Frage gar nicht.

Informationen zu den Flügeln inklusive Klangproben:

http://real.uwaterloo.ca/~sbirkett/pleyel_info.htm

In Dresden war ich mal zu einer Veranstaltung, bei der das originalgetreue Replikat des Steinway Hammerflügels No.1 (1836) vorgestellt wurde zusammen mit zwei weiteren Flügeln (einer von 1872, ein moderner). Den von 1872 hätte ich mir damals am liebsten eingepackt und mitgenommen. Würde ich jetzt immer noch machen.

Hier ist die Veranstaltung noch mal zum Ansehen:



Fazit: Ich finde die historische Aufführungspraxis und auch historische Instrumente als Ergänzung wundervoll, moderne Instrumente und moderne Aufführungen möchte ich aber nicht missen.

LG Terri
 
Historische Aufführungspraxis: Da verlange ich aber auch vom Publikum Mtwirkung! Keine Kunstfaser, kein Deo, stattdessen zwei Wochen nicht waschen und eine gehörige Portion Puder auf die Haare. Zudemhat jeder einen Sack Flöhe mitzubringen - und ja: der Konzertsaal ist nur spärlich (wenn überhaupt) geheizt. So erst kann eine stimmige Aufführung entstehen!
 
Ja, ich würde zum Beispiel gern mal das WTK auf einem Cembalo mit Werckmeisterstimmung hören. Die heutig gleichschwebende Stimmung war nämlich zu Bachs Zeiten noch garnicht bekannt und kam erst zum Ende des 18. Jahrhunderts auf.
LG
Alb

Hast du mal bei YT gesucht?

Ich mag Stücke aus dem Barock lieber auf einem Cembalo als auf einem Klavier. Bevor ich mit Blocklöte angefangen bin, war ich auf noch keinem Konzert und dann habe ich Feuer gefangen für die Alte Musik, nicht nur für Blockflöte, sondern auch für andere historische Instrumente. Ein Konzert in Herne (im Rahmen der Tage Alter Musik) vor fast 1,5 Jahren hat mir super gefallen mit L. U. Mortensen als Dirigent und Cembalist.

Historische Aufführungspraxis: Da verlange ich aber auch vom Publikum Mtwirkung! Keine Kunstfaser, kein Deo, stattdessen zwei Wochen nicht waschen und eine gehörige Portion Puder auf die Haare. Zudemhat jeder einen Sack Flöhe mitzubringen - und ja: der Konzertsaal ist nur spärlich (wenn überhaupt) geheizt. So erst kann eine stimmige Aufführung entstehen!

Naja, würdest du dort als Musiker auftreten wollen?

Wenn's entsprechend kalt ist, ist der Gestank nicht so stark, als wenns warm ist. Aber 2 Wochen ohne Waschen? Mir juckt's schon bei dem Gedanken . Gegen Kälte kann man sich anziehen, die Kleidung der Damen bestand ja aus einigen Lagen Stoff. Wenn getanzt wird, wird einem ja auch warm, vorallem wenn die Tänze schneller sind.

Fragt sich nur, wie sich die Kälte auf die Holzblasinstrumente und die anderen Instrumente aus Holz auswirken. Blockflöten verstopfen bei Kälte schneller als in wärmerer Umgebung. Ob Cembali ihre Stimmung über ein Konzert halten können bezweifle ich. Streichinstumente mit Darmsaiten müssen auch bei normaler Umgebungstemperatur schon öfter gestimmt werden als normale. Könnte mir vorstellen, dass der Gesamtklang aller Instrumente ( auch untereinander) eines Ensembles oder kleines Orchester unter der Kälte leidet.

Viele Grüße
Musicanne
 

Wenn's entsprechend kalt ist, ist der Gestank nicht so stark, als wenns warm ist. Aber 2 Wochen ohne Waschen?

Da haben wir wieder die Vorurteile gegen die Vergangenheit. :lol:
Schon die Ägypter und Chinesen im Altertum verwendeten "Pierre d´Alun" (Alaun) als Deo. :zunge: Bis zur Entwicklung moderner Substanzen wurde es in unterschiedlichen Mixturen beibehalten.

Und selbstverständlich hat man sich gewaschen - wofür hätte es sonst Waschschüsseln gegeben? Nur weil das Wasser noch nicht wie selbstverständlich jederzeit aus dem Hahn abzuzapfen war, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass die Leute oder deren Kleidung starr vor Schmutz waren. :dizzy: Gilt auch für die Besiedlung durch Flöhe.

P.S. Und in Versailles hat niemand hinter den Säulen defäkiert...
 
Zur Eingangsfrage: Ein eindeutiges Ja von mir!
Die modernen Steinways klingen traumhaft brilliant, ich möchte sie nicht gänzlich missen, dennoch fehlt mir dabei die Authenzität.
Ich habe eine Chopin CD, eingespielt auf einem 1845 er Pleyel - der Klang war im ersten Moment ungewohnt, nun aber lässt er mich träumen und schwelgen, ich fühle mich in die Romantik versetzt...
Inzwischen bevorzuge ich solche Aufnahmen und Aufführungen, ich wünschte, es gäbe mehr davon. Vermutlich mangelt es historischen Instrumenten... Ich besuche nächste Woche das Beethovenhaus, um mal ein Hammerklavier live zu hören:herz:
 
Ja, das C-Dur Prelude hab ich bereits in drei Stimmungen gefunden:



Nur besteht das WTK ja nicht nur aus dem C Dur Preludium. Aber selbst hier finde ich die Werckmeister Stimmung am interessantesten - es lebt.

LG
Alb


Hallo,
ich höre bei den drei Stimmungen keinen Unterschied. :cry:
Geht es noch anderen so?:denken:

Ich muss vieleicht dazu sagen, dass ich bisher beim Stimmen oder bei der Beurteilung, ob ein Instrument stimmt, nur lange Töne gewohnt bin, was beim Präludium abgesehen vom Schlussakkord nicht der Fall ist.

LG
BP
 
Ich mag das,
leider gibt es viel zu selten solche Veranstaltungen !
Cembalo, Arpegione, Barockcello, Laute & ......:super:
 
An meinem Digi kann ich mit Klavierklang deutliche Unterschiede in den Stimmungen hören. Während mir dort das Präludium C-Dur auch mit Werckmeister besser gefällt als mit der gleichschwebenden (mitteltönige Stimmung ist jedoch sehr schräg), klingt für mich Invention I von Bach neben "pythagorean" auch mit Kirnberger sehr gut. (Bach-Lehmann steht nicht zur Verfügung.)
 
Habe letztes Jahr im Beethoven-Haus die Mondscheinsonate auf historischem Instrument gehört (den Namen der Pianistin habe ich leider vergessen, Schande über mein Haupt ;-)). Wie hier schon gesagt wurde ist das gewöhnungsbedürftig, aber nach kurzer Zeit durchaus ansprechend. Zumindest die ewige Diskussion über "Pedal oder nicht Pedal" im ersten Satz wird dann erheblich klarer. Insofern bin ich der gleichen Meinung wie die Vorredner: Historische Instrumente ja, aber zeitgenössische auch :-).
 
Historische Aufführungspraxis: Da verlange ich aber auch vom Publikum Mtwirkung! Keine Kunstfaser, kein Deo, stattdessen zwei Wochen nicht waschen und eine gehörige Portion Puder auf die Haare. Zudemhat jeder einen Sack Flöhe mitzubringen - und ja: der Konzertsaal ist nur spärlich (wenn überhaupt) geheizt. So erst kann eine stimmige Aufführung entstehen!
eine sehr arrogante, überhebliche Aussage:puh: die Vorfahren lassen grüssen!
 

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