Mentales Training

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Karl Ive

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20. Juli 2015
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Hallo!

Ich habe eine Frage an die Profis/Semiprofis hier: Praktiziert ihr regelmäßig mentales Üben? Wenn ja: Wie oft und in welchem Umfang? Mit oder ohne Noten? Zu welchem präzisen Zweck macht ihr das (etwa: Gedächtniskonsolidierung oder schiere Notlösung)? Absolviert ihr dieses als eigenständige Einheit oder eher zwischendurch am Klavier sitzend? Welchen Wert würdet ihr dem Ganzen beimessen?

Neugierige Grüße,
Karl
 
Ich mache es unbewusst. Irgendwann sind die Stücke so in einem drin, da denkt man dann auch zwischendurch dran. Kommt sogar vor, dass ich im Mandantengespräch bin, er mir seine gesamte Lebensgeschichte erzählt und ich so mental flüchte...
 
Vor allem wenn ich Stücke auswendig lerne rufe ich mir die gerne mental ins Bewusstsein - z.B. vor dem Einschlafen. Oder ich spiele mir Stücke die ich auwendig kenne innerlich vor (bei Langeweile etc.)

Mental üben kann man überall und zu jeder Zeit - kann ja niemand in den Kopf reingucken.

Wert? Schaden tut es bestimmt nicht, also warum nicht einfach praktizieren?
 
@Pianojayjay und woran merkst du dann, dass du das (oder sonstwas) gerade unbewusst machst oder gemacht hast? ;-)

...und komm´ nie auf den Gedanken, womöglich Wagner/Liszt Liebestod mental oder gar unbewußt zu üben:
Zitat von Isolde:
ertrinken...
versinken...
unbewußt,
höchste Lust
am End´ passiert dir sowas (gar am Schreibtisch, während unliebsame Mandanten dir das Ohr abkauen mit ihren Lebensgeschichten) und du merkst es nicht...
:-D:-D:drink:
 
Etwas dürftige Resonanz hier... Für alle anderen gilt: Üben/Musizieren grundsätzlich nur am Klavier sitzend?
 
Liegt evtl. daran, dass sich Deine Frage an Profis / Semiprofis richtet. :-)

Wenn ich ein Stück einübe (was unglaublich selten vorkommt) dann übe ich auch automatisch mental bei allen möglichen Gelegenheiten. Selbst andere Fingersätze im Kopf zu probieren geht.
Komischerweise geht das bei mir nicht nach Noten. Ich habe nie ein Notenbild im Kopf. Ich muss das Stück oder die Stelle schon auswendig können (im Sinne von wann welcher Ton).
 
Klavier spielen ist per se mentales Training. Denn es führt dazu, dass beide Gehirnhälften ausgeglichener und besser miteinander zusammen arbeiten.
 
Ich denke, es soll eher darum gehen, wie man aus der Vorstellung/dem Lesen des Notentexts eine Klangvorstellung und Bewegungsweise entwickelt, die auf das Klavier umgesetzt werden kann.
Ich denke zumindest, dass Profis, die viele hundert Stücke im Repertoire haben, dass so tun müssen, um sie nicht alle zu vergessen.

Ich persönlich mache das nicht. Ich habe aus dem reinen Notentext keine große Vorstellung darüber, wie das später ein Mal (genau) klingen soll oder wie ich das entsprechend koordiniere. Bin aber auch kein Profi oder Fortgeschrittener ;-)
 
Ich übe recht wenig "absichtlich" abseits vom Klavier. Du kannst mal "Modernes Klavierspiel" von Leimer / Gieseking lesen, da wird erklärt wie das geht, oder eine Biographie von z.B. Glenn Gould. Der spielte manchmal Wochenlang gar nicht, weil es keine Notwendigkeit dazu gab - geschah alles im Kopf. Ich bin ein Handwerksmensch und mag es, Dinge anzufassen und zu begreifen, zu formen und zu hören. Dennoch ist es (automatisch) so, dass alles, mit dem man sich längere Zeit beschäftigt hat, im Kopf weiterarbeitet.

Viele Musiker haben ständig irgendeine Musik im Kopf, derer sie sich nur manchmal zu 100% bewusst werden. Bei mir ist das zwar nicht so, aber ich glaube, mein Gehirn hat einen Teil seines Arbeitsspeichers abgezwackt und für die "Nachbereitung" von Geübtem reserviert... Das tut übrigens jedes Gehirn, wenn man es darum bittet. Du merkst es daran, dass alles Geübte am nächsten Tag besser geht, obwohl du im Schlaf ja nicht geübt hast.
 

Ich denke, es soll eher darum gehen, wie man aus der Vorstellung/dem Lesen des Notentexts eine Klangvorstellung [...] Ich habe aus dem reinen Notentext keine große Vorstellung darüber, wie das später ein Mal (genau) klingen soll

Ich persönlich kann aus dem Notentext auch keine Klangvorstellung ableiten. Habe ich diese mir aber erst einmal erarbeitet, erspielt oder erhört, reicht der Notentext, um sie wieder ins Bewusstsein zu bringen.
 
Ich habe kürzlich gelesen "Romanze mit einem Dreibeiner". Wirklich detailiert geschildert wird es aber nicht, es findet halt eine Erwähnung. Ich bin allerdings, was Musikerbiographien angeht, weniger belesen als vielleicht @rolf , der kann dir u.U. noch was Spannenderes empfehlen.
 
Ich persönlich kann aus dem Notentext auch keine Klangvorstellung ableiten.

Ich denke, dass dafür zwei Dinge erforderlich sind, nämlich gutes Gehör und viel Übung. Bei einfachen Stücken kann ich schon aus dem Notentext eine Klangvorstellung entwickeln. Bei anspruchsvollen Stücken ist es mir zu kompliziert.
Wenn du das erlernen willst, kannst du vor dem Spielen unbekannter Werke den Rythmus klopfen und natürlich auch immer wieder Gehörschulung betreiben. Ich bin dafür zu faul und wie Stilblüte auch ein Handwerksmensch. Eine gute Übung ist es aber ganz bestimmt.

LG

Fortepiano
 
Im Online Chang steht ja viel über mentales Training, u.a. man könne ein Stück erst dann sicher auswendig für Auftritte, wenn man es mental spielen kann.
Nun, ich habe keine lange Übung, und das mentale Üben muss man sich wohl hart erarbeiten, wie es scheint... Was mir derzeit nicht gelingt, jedenfalls nicht für ein ganzes Stück.
Ich übe aber daran, die fertigen, automatischen und auswendig gespielten Stücke wieder bewusst zu machen, zu wissen, wo ich in den Noten stehe an beliebiger Stelle etc.
 
Ein interessantes Thema, an das ich mich gerne dranhänge.

Mir fällt es echt schwer, aber ich versuche es immer wieder. Ich gehe davon aus, auch hierbei fängt man "klein" an und übt sich beharrlich nach oben. Verschiedene Varianten:

1. Unbekanntes Stück. Vage bekannt vom Anhören. Methode: Intensives Meditieren über dem Notentext, ihn "in Gedanken durchspielen". Das ist das geringste Problem, ich bin recht gut im Primavista-Spiel.
2. Bekanntes und schon gut geübtes Stück. Methode: Das komplette Stück in Gedanken ohne Noten beidhändig durchspielen. Deutlich größere Herausforderung. Selbst wenn man das Stück am Klavier komplett auswendig kann - dabei hat man noch audiovisuelle und motorische Mechanismen zur Hilfe, da läuft auch viel automatisiert ab. Das fehlt in der bloßen Vorstellung. Da fliege ich gedanklich manches Mal aus der Kurve. Ein Blick in die Noten reicht aber, den verlorenen Faden wieder aufzunehmen.
3. Bekanntes, aber noch nicht gut geübtes Stück. Versuch, es nach den Noten auswendig zu lernen. Trotz gutem eidetischen Gedächtnis bislang noch nicht gelungen, wiewohl eine Verbesserung bei der späteren praktischen Umsetzung durchaus beobachtet werden konnte, wenn es nicht zu viel auf einmal ist.
4. Was ich mir vorgenommen habe: Länger nicht gespielte Stücke mental gut durchzuarbeiten, ehe man loslegt. Mal schauen, ob das zu einer signifikanten Beschleunigung des Reaktivierungsprozesses beiträgt.


P.S. Wann? Ehrlich gesagt nur in Wartezeiten. Dann, wenn andere Leute sich langweilen oder dämliche Illustrierten lesen: Beim Friseur (Färben), im Wartezimmer, während unendlich langsam tröpfelnden Infusionen ... so was halt.
 
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Ein interessantes Thema, an das ich mich gerne dranhänge.

Mir fällt es echt schwer, aber ich versuche es immer wieder. Ich gehe davon aus, auch hierbei fängt man "klein" an und übt sich beharrlich nach oben. Verschiedene Varianten:

2. Bekanntes und schon gut geübtes Stück. Methode: Das komplette Stück in Gedanken ohne Noten beidhändig durchspielen. Deutlich größere Herausforderung. Selbst wenn man das Stück am Klavier komplett auswendig kann - dabei hat man noch audiovisuelle und motorische Mechanismen zur Hilfe, da läuft auch viel automatisiert ab. Das fehlt in der bloßen Vorstellung. Da fliege ich gedanklich manches Mal aus der Kurve. Ein Blick in die Noten reicht aber, den verlorenen Faden wieder aufzunehmen.

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Schließe mich hier mal an: Die von @Barratt beschriebene Variante 2 drängt sich bei mir gelegentlich ins Vorderhirn, insbesondere vor dem Einschlafen, mit dem Effekt, dass es dann zunächst mit dem Einschlafen einmal nix wird :cry:. Ich beiße mich dann quasi im virtuellen Auswendigspielen fest. Da aber, wie Barrat richtig schreibt, im Gegensatz zum tatsächlichen Spielen das audiovisuelle und das motorische Feedback fehlen, bleibe ich gerne hängen. Und dann versuche ich die Lücke, den Hänger irgendwie zu überbrücken oder doch zu meistern, z.B. mit einem Blick in die Noten (jpg auf iPhone). Erst wenn ich mindestens einmal mit dem Stück durch bin ist das Hirn zufrieden und läßt mich einschlafen. Und ja, am nächsten Tag und danach wird ein auf diese Art geübtes Stück auch immer besser. :super:

Übrigens: Wer sich für eine tolle Glenn Gould Biografie interessiert, dem kann ich das Buch von Kevin Bazzana sehr empfehlen. Enthält auch eine CD mit Werken von Gould, gespielt von Vestard Shimkus.
 
Die Noten meiner Repertoirestücke hab ich auch alle online verfügbar - so kann ich auch unterwegs/im Büro/im Urlaub einen Blick drauf werden, etwa zum auswendiglernen oder zum mentalem Spiel. Auf auf Reisen hab ich eine spezielle Notenmappe dabei - falls es mal kein Internet gibt.
 

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