Mal eine schnelle Frage an die Bechstein-Flügel-Auskenner...

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Wiedereinaussteiger

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Bis wann ca. hat Bechstein "gebundene Mechaniken" verbaut? D.h. ohne Pilotenschraube, und mit den auf die Taste geschraubten Gelenk-Nüsschen.

Gibt es ein hartes Umstiegsdatum, wann Bechstein das änderte, oder variiert das von Modell zu Modell?

Ich habe nur eine gaaanz grobe Idee, dass das ca. um 1900 gewesen sei?

(NB OT Kaps in Dresden hat wohl noch um 1920 gebundene Mechaniken verbaut.)
 
Hallo,

das leider nicht mehr existente
Tastenwiki half auch in der Frage der bei Bechstein verbauten Mechaniken weiter:

"Mechaniken

1853
Bei den Flügeln ohne gegossenen Platte wurde die als französische Mechanik bekannte Stößermechanik eingebaut, Hersteller: Herrburger-Schwander, Paris. Der Stößer ist am Hammerstil angeachst, die Hammerstiele mittels Plättchen an einer Messingschiene "angeklemmt"

1874
Beginn der gegossenen Platte (halbe Platte, angestemmte Platte, Kopfteil-Stimmstock ist noch aus Holz)"C. Bechstein" in der Platte hinter dem 2. Diskantfeld eingegossen.

Hierzu gehören Collard-Mechaniken und Schwander und Isermann- Mechaniken mit hölzernen Backen (Zeder oder Mahagony) . Hebeglieder mit Hertzfedern, einzelnen Hammerruhepolstern, Wippen-Abstrakten mit Klemmschrauben. Die Stoßzungen liegen an Filzpolster im Hebeglied an, sind nicht zu verstellen. Hammerstiele sind durchweg rund.

1880

normale Gußplatte, vielfach ohne Querspreizen hinter der Dämpfung. Meistens Isermann-Mechaniken. Mechanik mit Metallbacken, Hertzfedern, Wippen-Abstrakten, durchgehende Hammerruheleiste, Stoßzungen mit Einstellschrauben und Prellpüppchen, Stiele mit Kapseln und Röllchen, Stiele rund

1890

Beginn der Herrburger-Schwander-Zeit. Hebeglieder mit langer Repititionsfederund Regulier-Madenschrauben. Wippen-Abstrakten ohne Klemmschraube, Hammerruheleiste. Durchgehend achteckige Stiele. Nur durch1. und 2. Weltkrieg unterbrochen war die Firma als Lieferant bis 1953 für Bechstein tätig.

ca. 1920

Vermischung der Lieferfirmen. Langer-Mechaniken werden eingebaut. Hebeglieder mit langer Repititionsfeder und Reguöier-Madenschrauben. Sattel für Piloten. Die Hammerstielkapseln sind 1mm höher. Es gibt Isermann-Mechaniken mit Lederklappe auf dem Hebeglied, dazu Stiele mit angefrästem Sattel, der nicht garniert ist und das übliche Röllchen ersetzt.

ca 1930

gemischte Fabrikate: Langer, Renner, Hebeglieder mit Sattel für Piloten, Spezialmechanik für Neo-Bechstein (Lexow, Verein. Mechanik-Werke A.-G. Berlin)

1948-53

Schwander, Paris: Modelle L,M, B mit Piloten Modell E mit Wippen

ab 1954

Renner: Hebeglieder ohne Tragfeder
1955: Hebeglieder mit Tragfeder (Taste 1-70) 3 Draht-Stärken
1985: Hebeglieder mit Hertzfeder
1987: Hebeglieder mit Hertzfeder und Regulierschraube
1989: Hebeglieder mit Hertzfedern, verschiedene Sattelhöhen "
 
Besonders interessant finde ich, dass der Konzertflügel bis nach dem 2. WK eine gebundene Mechanik hatte. Die Modelle C-D hatten auch bis in die Zwanziger noch gebundene Mechaniken, wobei ich nicht weiß, ob dies ausschließlich oder nur auf Wunsch so war. Trotzdem zeigt dieser Umstand, dass man damals die gebundene Mechanik nicht pauschal als minderwertiger oder weniger leistungsfähiger ansah, so wie das von heutigen Klavierbauern oft gesehen wird.
 
Was zusätzlich auch bedacht werden muss, ist dass es immer mal wieder Versuchsflügel mit anderer Gussplatte (teils mit Kapodaster, teils mit abgedecktem Stimmstock) gab, die auch in den Verkauf kamen. Ob es bei diesen Flügeln auch andere, d.h. zeitgemäß untypische Mechaniken gab, weiß ich allerdings nicht.
 
Noch ergänzend: ab etwa 1905 wurde der Modellwechsel von den mit römischen Zahlen bezeichneten Modellen mit eckigem Gehäuse (z. B. III, V) zu den Flügeln mit rundem Gehäuse und Buchstaben vollzogen (z. B. A, B, D). Seit dieser Zeit hatten die Stutz- und Salonflügel dann auch durchgehend Schwander-Mechaniken mit Piloten, während die größeren (auch?) noch gebundene Mechaniken hatten.
 
Allen Beitragenden und denen im Off der PN meinen lieben Dank. Und ich denke auch den Dank der Dame unbeauftragt ausrichten zu dürfen, die mich, den Bechstein-Ahnungnsarmen, fragte. Wieder was hinzugelernt.
 

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