Zu verschiedenen Punkten:
1) Dass Du, Jeanpaul5, so viele Noten besitzt, ging aus Deinem Eingangsposting nicht hervor, daher auch meine Reaktion. Es klang definitiv so: "Öhm, ich nehm immer 'Tastenträume', außerdem habe ich vor ein paar Wochen 'Abenteuer mit dem kleinen Ungeheuer' entdeckt, und dann hab ich noch 'Vierhändige Tastenträume', aber da wird mir dann schon allmählich fad. Gibt's noch irgendwelche Bücher?"
Woher soll man denn angesichts dieses Textes wissen, dass Du sehr wohl viel hast??
2) Schlechte Musikschule, die zulässt, dass Schüler, die Klavier- (und nicht Keyboard- !) Unterricht haben, nur ein Keyboard haben. Bei mir z.B. undenkbar. Digi ist Minimum.
3)
Und falls Jeanpaul in einer Musikschule arbeitet (sie deutete das an) kann sie auch nicht unbedingt wählerisch sein. Der Chef bezahlt Dich dafür, dass Du auch die Ungeeignetesten bei Laune hält.
Das ist nur der Fall, wenn man sich selber so definiert!
D.h., wenn man seine eigene Rolle innerhalb der Musikschule (die ja ein vielfältiger Betrieb ist) so sieht, dass man als "Mädchen für alles und den Rest" zuständig ist.
Ist ja auch ok, ich respektiere solche Lehrer, die das freiwillig machen - die werden ja von der Musikschule gebraucht (aus finanziellen Gründen; die "Breitenbildung" ist heutzutage oft mehr vorgeschobenes als tatsächliches Argument). Man merkt jedoch, dass Dir, Jeanpaul5, das keinen Spaß macht.
Man kann aber, wenn man gute Arbeit leistet, auch aufsteigen zu einem Lehrer, der eben nicht mehr jeden x-beliebigen Schüler zugeteilt bekommt bzw. der sich problemlos erlauben kann, zum Chef zu gehen und zu sagen: "Hier, pass mal auf, ich hab schon mit den Eltern gesprochen, das Kind übt nicht und hat nur ein Keyboard, das hat keinen Zweck mehr."
Im Fußballverein muss sich auch jedes Kind ausreichend reinhängen und mittrainieren und sich beim Spiel anstrengen, sonst war's das. Also ist es auch selbstverständlich, dass bei Instrumentalunterricht ein Mindestengagement erwartet werden muss (und wenn's die berüchtigten 10 Minuten - Viertelstunde pro Tag sind), und wer das dauerhaft nicht bringt, der hat da nichts zu suchen und auch sowieso keine Freude an der ganzen Sache zu erwarten. Dies muss gegenüber Eltern und Kindern klar kommuniziert werden.
Ggf. kann man z.B. die Schüler oder auch Eltern täglich protokollieren lassen, wie viel geübt wurde.
Oder man kann Schüler auffordern, zu Hause Aufnahmen anzufertigen.
Oder was auch immer - man muss sich Möglichkeiten ausdenken, wie man gewährleisten kann, dass es eben nicht so ist: Montag Unterrichtsstunde, Dienstag bis Sonntag geschieht (oder geschieht nicht...) irgendetwas, was der Kontrolle komplett entzogen ist, und nächsten Montag hat man den Salat und fängt von vorne an.
4) Das gilt auch für die Rhythmik. Wenn die Rhythmikförderung nur darin besteht, dass 1x pro Woche mal einige Klatschübungen o.ä. gemacht werden, ansonsten aber total unrhythmisch agiert wird, darf man sich nicht wundern, dass es so
scheint, als sei dieses Kind "rhythmisch unbegabt".
Ich behaupte: Jedes Kind ist ausreichend "begabt", um die in gängigen einfachen Stücken vorkommenden Rhythmen in ausreichender "Basisgenauigkeit" hinzubekommen, so dass das nicht als behinderndes Problem im Raum steht.
Mal ehrlich, es ist doch allzu oft so: Zu Hause wird das Stück, sofern denn mal ausnahmsweise geübt wird, Ton für Ton durchgewurstet: "Öh, was steht da? C... Ding! Was steht da als nächstes? E... Schräng!..." usw. Rhythmus spielt also beim Erarbeiten erstmal KEINE Rolle (genausowenig wie Klang, musikalischer Zusammenhang etc.). Und dann, wenn man die Töne ein bißchen schneller hintereinander kann, wird vielleicht, wenn's hoch kommt, geguckt: Ah ja, dieser Ton hier soll ja länger gehalten werden, ok, dann versuch ich das mal...
Rhythmisch spielen heißt jedoch, dass immer ein Bezug zu einem PULS da ist, und das muss erstmal etabliert werden, das ist das Allerwichtigste.
Das heisst, Notenwerte dürfen NICHT (wie es leider allzu oft geschieht!) primär über
Dauern erarbeitet werden ("diesen Ton musst Du doch doppelt so lange halten"), sondern primär darüber, WANN ein Ton oder eine Pause in bezug auf den Puls beginnt! Extrem wichtig!
Und Töne DÜRFEN NICHT als Einzelereignisse "abgearbeitet" werden, was automatisch Rhythmuslosigkeit zur Folge hat, sondern man MUSS als Lehrer dafür sorgen, dass Tongruppen des zu erarbeitenden Stücks immer als rhythmische, gemeinsam aufzufassende Einheiten aufgefasst werden! (U.a. gehört dazu auch das Gefühl der "Zielgerichtetheit", des "Auf-etwas-Hinspielens".) Dies erfordert eine methodische Durchdringung seitens des Lehrers, der ggf. Vorübungen, Vereinfachungen etc. zum Stück entwerfen muss (bevorzugt natürlich erstmal ohne Noten zu erarbeiten, Noten nur als Gedächtnisstütze für zu Hause).
Ein anderer Punkt, der rhythmisches Spiel oft sehr erschwert, ist falsche technische Herangehensweise: Wenn Arm und Körper beim Spielen steif gehalten werden und die Finger, übertrieben in der Luft herumwurschtelnd und die Hand in bemitleidenswerte, unbeholfene Spreizstellungen bringend, versuchen, die Töne zu treffen, kann kein Rhythmus, kein Fluss entstehen, beim besten Willen nicht.
Diese rhythmischen Dinge sind deswegen so eminent wichtig, weil erst dann, wenn ein Rhythmus, ein Fluss, entsteht, der Spieler anfängt, wirklich zu erleben, wie viel Spaß Musizieren machen kann, weil es dann ein ganzkörperliches Erleben ist. Und dann fühlt er sich potentiell auch mehr motiviert zu üben.
Und weil das die absoluten, superwichtigen Grundlagen sind, ist es auch nicht zulässig, das zu vernachlässigen, etwa weil man sagt: "Naja, dieser Schüler ist eh' unbegabt oder übt nicht, was soll's" oder so.
5) Zitat Kölnklavier:
Und mit erwachsenen Anfängern Tanz-, Hüpf- und Klatschspiele zu veranstalten, um ihnen ein Rhythmusgefühl (oder zumindest ein Gefühl für einen kontinuierlichen Puls) zu vermitteln, ist in vielen Fällen doch sehr fragwürdig. Bei den meisten Erwachsenen herrscht die Schere im Kopf und die Angst, sich lächerlich zu machen.
Then you're doing it wrong.
Ich mache so etwas dauernd, und wir haben immer jede Menge Spaß dabei.
Sogar mit 2 oder mehr Erwachsenen, wo ja laut Deiner Auffassung vermutlich die Schamschwelle noch niedriger liegen müsste.
Vielleicht liegt es daran, dass ich mich nicht wie der oberernsthafte Mr. Wichtig verhalte, sondern durchaus mal etwas belustigend manche Bewegungen und Übungen vormache.
So weit erstmal.
LG,
Hasenbein