Liste der Grausamkeiten

  • Ersteller des Themas Rosenspieß
  • Erstellungsdatum

Boa ich hab mal zwischen den total verstaubten Pedaltasten eine Schuh-
sohle gefunden :o...
 
Boa ich hab mal zwischen den total verstaubten Pedaltasten eine Schuh-
sohle gefunden :o...

:shock:

Mir fiel kürzlich eine Grausamkeit aus meiner alten Beschäftigung auf dem Friedhof ein, hat aber mit der Orgel an sich nichts zu tun: Die Putzfrau hielt es
anscheinend nicht für nötig, mal die 16 Stufen zur Orgel raufzulaufen, bzw. das kam höchstens einmal im Jahr vor. Den Rest des Jahres durfte ich zwischen (ungelogen!) hunderten von fröhlich vor sich hingammelnden Bienen-, Wespen- und Fliegenkadavern verbringen. [ironie]Es war mir jedesmal wieder eine Freude [/ironie] :D
 
Meine Frau hat die schlimmste Strafe für Organisten vortrefflich beschrieben in ihrer Kurzgeschichte "Der Auftrag"

Es gibt da einen eiskalten, feuchten Raum mit einer nur mäßig funktionierenden Multiplexorgel, mit 2 schwergängigen Manualen, Pedal 1 1/2 Oktaven, 21 Register aus 3 gegeneinander verstimmten Pfeifenreihen, mit seltsam klingenden Namen wie z.B. "Vox Felis" mit eigenem Tremulanten, sowie bloß einem halbvermoderten Notenbuch - mit dem Stück, das dem Organisten am verhaßtesten war.

Die ganze Geschichte: http://breathe-through-art.blogspot.com/2008/04/der-auftrag.html

Liebe Grüße
Klaviermacher
 
...ganz klar...

Kirchen Touristen
 
hi, ich bin ganz neu hier und die Liste der Grausamkeiten ist mir zuerst aufgefallen, weil ich sooooo viel zu erzählen habe, was ich hier alles gar nicht aufschreiben kann:

Ich habe auf einer alten Orgel in meinem Heimatdorf Orgel spielen gelernt. Die Kirche, brrrr, klein und gruselig. Im Winter ging nichts ohne lagenweise Kleidung, dicke Winterjacke, Mütze und abgeschnippelte Handschuhe. Im Sommer einen Haufen Viecher, dicke Brummer en masse und alle halb tot. Ich will deshalb nicht sagen, dass ich ständig angegriffen wurde, nee, die Dinger hatten mitten im Flug über meinem Kopf ständig Schwächeanfälle und prallten gegen meine Stirn oder fielen in meine Haare, ggrrrrrr:mad: Einmal ist mir einer im Gottesdienst während des Spiels in den Ausschnitt gefallen. Zum Glück hat mich da oben keiner gesehen und zum Glück war die Dorfbevölkerung, die sich (auch schon halb tot) in die Kirche geschleppt hatte (40 Stufen hoch!!!) schon fast taub.....
Dann ein andermal wieder im Gottesdienst, fällt so so ein schwarzer Brummer genau auf die Taste, wo ich in der nächsten HunderstelSekunde meinen Finger drauf setze - aaaarggghh, dieses knackende Geräusch werde ich nie vergessen (Schauer über Rücken).
Von hängenden Tönen will ich garnicht so viel schreiben, so oft wie die hängen geblieben sind. Es half für den Moment auch nur ein Klatschen mit gespannter Handfläche auf die Tastatur, was sich ganz toll bei Hochzeiten anhörte.
Nach diesen traumatischen Erlebnissen hörte ich mit dem Orgeln auf und fing 10 Jahre später wieder woanders an. In woanders spiele ich jetzt seit 4 Jahren. Und hier geht die grausame Liste weiter - räusper -
HEUTE - ich stehe zwei Stunden früher auf, weil ja die Kinder sich auch noch IN der Kirche einsingen müssen, was ja woanders nicht geht, weil die Stimmbänder nur in der Kirche funktionieren, also MUSS ich noch früher aufstehen (heul, bin Morgenmuffel), um mich einzuspielen. Hab was jazziges gefunden, bin voll im Element, mache rhythmische Bewegungen mit, Kopf nickt dazu und dann -
seh ich zappelnde dünne lange Beine genau vor meiner Nase. Hängt das Viech schon die ganze Zeit da?? arrrgh - Hängt da ne Spinne, eine grosse, kopfüber am Faden wie ein nasser Sack und zappelt sich einen ab. Stell sich einer vor, die hätte sich halbtot im Gottesdienst auf meine Nase fallen lassen?! Bin ich ein Glückspilz! Ich schnapp mir nen Bleistift und hol mir den Faden mit Spinne - und halbtot wie die ist, fällt die einfach vom Faden runter und ward nie mehr gesehen. War ich heut nervös im Gottesdienst... ich fühlte mich von 8 Augen beobachtet...
Ganz toll finde ich auch, wenn der Pfarrer die Lieder als Zahlendreher schickt und ich dann was ganz anderes vorbereitet habe. Oder wenn der Pfarrer die Lieder erst zwei Tage vorm Gottesdienst schickt und ich was lustiges zu seinem traurigen Thema vorbereitet habe.
Grausam ist auch, wenn man an einem anderen Ort aushilft und keiner mir sagt, dass sich die Leute erst nach dem Abendmahl hinsetzen, wenn ich aufhöre zu spiele. Aber in meiner Gemeinde ist es umgekehrt. Da höre ich auf zu spielen, wenn alle wieder sitzen. Der eine Opa fing schon an Däumchen zu drehen, bis mir meine Mutter zuflüsterte (die war grad zu Besuch), dass ich so langsam aufhören könne, sie seien schon lange fertig mit Abendmahl und fast halbtot. Ja mönsch!
 
@madozi: Gerade hatte ich mich mit dem Gedanken angefreundet, auch irgendwann mal Orgel zu lernen. Ja, bis zu diesem Beitrag :D

Aber macht Spaß zu lesen! :)

marcus
 
@ madozi: herzlich willkommen hier!

Bei dir schreibt hier jemand mit offenbar viel Erfahrung mit Gottesdiensten. Interessant zu lesen! Wußte gar nicht, dass es in Deutschland Kirchen gibt, wo man erstmal 40 Stufen hochgehen muss für das Kirchenschiff.
Zahlendreher bei der Choral-Übermittlung! Wäre ein Alpttraum für mich, mit kaum Erfahrungen, spontane Choralbegleitung zu liefern.
Bei der Abendmahlmusik: spielst du da Standardwerke? Und brichst die dann ab, wenn das Abendmahl zu Ende ist? Also, wenn ich z.B. "Oh Mensch bewein dein Sünde gross" aus dem Orgelbüchlein spiele, was vielleicht nicht der richtige Zweck ist für Abendmahl, aber aufgrund des getragenen Satzes auch genommen werden kann, möchte ich das ja nicht mittendrin abbrechen. Oder würdest du das tun?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Pfarrer und Orgel singen/spielen konsequent in verschiedenen Tonarten im Wechsel. Brrrrrrrrrrr... (wenn Orgel Gemeinde begleitet im Wechselgesang mit Pfarrer)
 
>marcus keine Sorge, trotz jedes mal Lampenfieber (hab ich in der Liste vergessen), gibts auch schöne Momente, zum Beispiel, als die fast halbvolle Kirche nach meinem Bach plötzlich geklatscht hat- hach war das schön!
oder als ich zur Verabschiedung des vorherigen Pfarrers ein richtig schön schräges Jazzstück gespielt habe, was die Leute so noch nicht gekannt haben, und ich spüren konnte wie sich alle Köpfe in der diesmal vollen Kirche gleichzeitig zu mir hoch gedreht haben (bestätigt durch Zeugenaussagen)

oder immer wenn der ältere Herr da ist, - er muss so um die 100 sein - und jedesmal zu mir sagt "Sie sind eine wunderbare Künstlerin" :p (dabei bin ich nur Hobbyorganistin und mache jedesmal einen Haufen Patzer - grrr)

oder wenn ich den Gottesdienst geschafft habe und an das Taschengeld denke, dass ich dafür bekomme (in der Schweiz ist das ein sehr, sehr, seeeehr gutes Taschengeld - kein Vergleich zu Deutschland)

>mindenblues
ja für mich waren die Treppen guter Sport, aber für die alten Leute? Die mussten sich zum Teil am Geländer hochziehen...
Und der Zahlendreher war zum Glück ein Lied, das ich schon kannte und konnte es dann zum Glück auch spielen. Aber anderenfalls wärs dann ein Adventslied im Frühling gewesen. Das war mir garnicht aufgefallen... und der Kirchendiener hatte es auch nicht gemerkt.

Um noch die Liste der Grausamkeiten zu ergänzen.
Es gibt nichts schlimmeres als Frauen, die in Stöckelschuhen in den Gottesdienst gehen und mitten in MEINEM Spiel aus der Kirche stöckeln. Klack, klack.. klack, klack... klack, klack :evil:
Und dann gibts noch so liebe süsse Kinder, die immer oben auf der Empore sitzen müssen, neben der Orgel und vor Langeweile mit den Stühlen kleppern, sich raufen und an den Ohren ziehen, mit Papierschnipsel schnippen, rumkichern und sonstige hässliche Geräusche machen. Und da soll man sich noch konzentrieren können!
Ach und meine Lieblingsgrausamkeit hab ich ganz vergessen! Wenn man Sonntagsmorgens noch im halbschlaf ist und ein Lied mit 4-6 Strophen begleiten muss und nach der 3. Strophe, oder wars doch die 4.? - nicht mehr weiss, wieviel Sprophen man schon gespielt hat. gerade bei Liedern, die fast im Schlaf gehen, schweifen die Gedanken ins Universum, oder unter die warme Bettdecke und irgendwann erwacht man aus seinem Trance und bekommt einen Adrenalinschub - uuuuhhh, scheisse, bei welcher Strophe bin ich???!!! Ist die Gemeinde schon fertig und ich nicht? Oder etwa umgekehrt?

Toll sind auch lange, lange Atempausen von Pfarrern. Einmal war eine so lange, dass ich dachte, ups? Kommt schon das nächste Lied und allen warten auf dich?! Also fing ich einfach mit dem Lied an, bis ich merkte, nö, war doch nicht das Lied, war ne laaaaange Atempause und eigentlich wäre das Glaubensbekenntnis dran gekommen. Aber ich zog das Ding durch, bis zum Schluss! Es sangen dann sogar paar mit :D. Und nach dem Glaubensbekenntnis kam das Lied dann eben nochmal. Die Leute sagten hinterher, sie fanden es toll, dass ich das Lied einfach durchgespielt habe. (Sie mögen den neuen Pfarrer auch nicht :-?)

Beim Abendmahl spiele ich ruhige Stücke, die so eine Art Einleitungs und Schlussphasen haben. Die Mittelteile, es können auch mehrere sein, kann ich dann beliebig oft wiederholen, ohne dass es nervig wird und wenn ich im Minispiegel sehe, dass nur noch wenig Leute da sind (also ich meine jetzt nicht, dass sie alle geflüchtet sind, sondern sich nach dem Abendmahl hingesetzt haben), bereite ich mich schon auf den Schlussteil vor.
Ich kenne das Stück jetzt grad nicht, aber Du kannst von den Modulationen her schauen, an welchen Stellen sich eine Schlussphase anhängen lässt, so dass es fürs Ohr gut passt. Wenn die Stücke allgmein nicht zu lange sind, dann macht es nichts, wenn man noch ein bisschen spielt wenn die Leute sitzen, da sie bei schöner Musik gerne noch zuhören und sich besinnen können.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

ach, ja, wenn man kurz nachdem der Gottesdienst angefangen hat, schon wieder aufs Klo muss :(
 
Eine wunderhübsche Grausamkeit: Weil ich nicht wirklich mit dem Pedal spielen kann, habe ich darum gebeten, dass ich den Liedplan wenn möglich schon so etwa 2 Wochen vor dem Gottesdienst bekommen kann. War auch alles problemlos und ich hatte den Liedplan seit zwei Wochen, hab mir die ganzen Gottesloblieder alle selbst vierstimmig gesetzt und geübt.
Heute morgen steh ich um 9 in der Kirche (Messe war um 10) um die mir bis heute morgen unbekannte Orgel kennenzulernen und erfahre vom Mesner, dass ein Aushilfspfarrer da ist, und dass der ein ganz anderes Liedprogramm geplant hat. Keines meiner vorbereiteten Stücke stand auf dem Plan, dafür 7 andere. Ich hab erstmal geschaut wie n Pferd, hab dann schnell das schöne dicke rote Buch genommen, was auf der Orgel liegt und dann 45 Minuten lang diese 7 Lieder vom Blatt mehr oder weniger einstudiert. Was ein Stress! Die Sätze aus dem roten Buch sind nicht gerade kreativ, aber was solls. Ich bin dem Buch dankbar, dass ich das Programm spontan wenigstens so spielen konnte, auch wenn ich einige Male natürlich daneben gegriffen habe, und die Improvisationen zu Beginn jedes Lieds, während die Gemeinde schön im Gotteslob blättert um das Lied zu finden, eher recht bescheiden waren.

Weitere Grausamkeit: Orgeln, bei denen der Ton erst mit etwa einer viertel bis halben Sekunde Verzögerung nach dem Anschlagen der Taste erklingt. Hatte die Orgel heute morgen zu allem Übel auch noch, so dass ich mein Stück aus dem WTK, welches ich für den Auszug vorgesehen hatte auch nicht spielen konnte, weil ich es ums Verrecken nicht geschafft habe meinen Rhythmus auch nur annähernd zu halten. Musste ich halt auf ein hübsches Largo-Stück umplanen, welches noch in meiner Mappe rumlag.
 
"Weitere Grausamkeit: Orgeln, bei denen der Ton erst mit etwa einer viertel bis halben Sekunde Verzögerung nach dem Anschlagen der Taste erklingt."

Da fällt mir noch eine Grausamkeit der Orgel ein:
Pedal/tiefe Pfeifen sprechen oft wesentlich langsamer an als die hohen Register. Hat zur Folge, dass das ganze Pedal oft etwas zu spät kommt.:)

Was macht man dann als Organist eigentlich? Muss man das Pedal dann eine viertel Sekunde früher spielen????:confused:
 
hm... und bei polyphonen Bach-Stücken?:confused: mit eigenständiger Stimme im Pedal?
 
Hallo violapiano,

manchmal ist das ein Gerücht. Viele Organisten schleppen im Pedal unbewusst. Das lässt sich sehr leicht mit einer anderen Registrierung kontrollieren, ob es stimmt.
Wenn es wirklich an der Orgel liegt, ist es ein Fehler des Orgelbauers. In den USA bekommen sie alle pünktlich ansprechende Pedalpfeifen hin, das ist eigentlich nicht zu viel verlangt. Da kann man dann als Spieler kaum sinnvoll etwas dran ändern.

Grüße
Axel
 
Hallo Axel,
ich dachte immer das liegt an der Trägheit der Ansprache der großen Pfeifen...
mir ist es eh ein Rätsel, wie man zwei Hände und dann noch die Füße koordinieren kann...

LG
violapiano
 
Und jetzt bitte, bitte, Ihr masochistischen, heldenhaften Abenteurer der Kirchenmusik, verratet uns (leider nur Lach-)tränennassen Mitlesern, warum Ihr das macht. Sollte es vielleicht wirklich auf seine Art etwas sehr besonderes sein? Oder gibt es eine thread-gerechte "grausame" Erklärung, die dann wenigstens nicht OT wäre?

cw4ever (ob man sich nur ein Jahr nach dem Wiederanfang mit Klavier auch noch neu lernend der musikalischen Wespen- und Fliegengruft annähern sollte :confused: - irgendwas muss ja dran sein)
 
Kann mich Roßenspieß nur komplett anschließen, inklusive meiner Tätigkeit als drittklassiger Dorforganist. Vielleicht wirds mal etwas mehr, wenn ich mal Zeit habe. Aber derzeit siehts da ganz schlecht aus...

Das Klavier hat ebenso seine Grausamkeiten wie die Orgel, nur wurde darüber noch kein zusammenfassender Thread eröffnet. Da sickern die ganzen Grausamkeiten halt hier so nach und nach, Thread für Thread langsam durch.

Jedes Instrument hat seine Grausamkeiten. Aber die Freude an der Musik übertrifft die Grausamkeiten doch viel zu oft, um die Grausamkeiten als zu grausam anzusehen.
 

Zurück
Top Bottom