Lautstärke

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Liebes Forum,

beim Üben zu Hause und auch im Unterricht ist mir aufgefallen, dass ich bei größerer Lautstärke abgelenkt bin, mich also nicht mehr auf das konzentrieren kann, was ich spiele. Ich meine damit nicht das natürliche Dynamikspektrum in einem Stück, so dass ich bei fff-Stellen zusammenzucke, sondern eher den Grundpegel. Das klingt etwas komisch, ich gebe mal ein Beispiel:

Mein Klavier hat eine höhere (gefühlte) Grundlautstärke als der Flügel. Wenn ich nun das gleiche Stück auf beiden Instrumenten spiele, dann verliere ich beim Klavier manchmal den Faden, weil es mich irritiert, dass es so laut ist.

Ich frage mich, wie das in einem Konzert geht, der Pianist direkt vor dem Flügel kriegt da ja ganz schön was auf die Ohren. Ich saß in der zweiten Reihe und wünschte mir, nach der Pause hoffentlich weiter hinten noch ein Plätzchen ergattern zu können.

Später abends und zur Mittagszeit am Wochenende spiele ich auf einem Digitalpiano, aber ohne Kopfhörer, also über die Anlage. Manchmal denke ich mir, ach, das ist so schön leise (über den übrigen Qualitätsverlust brauchen wir nicht zu diskutieren!).

Geht es anderen hier ähnlich? Und vor allem, warum irritiert mich das Laute so? Ich finde es auch ganz, ganz, ganz schrecklich, wenn mich auf dem Rad ein Lastwagen überholt oder ein beschleunigendes Motorrad. Furchtbar!

Praktische Konsequenzen hat es halt insofern, dass ich eben wie gesagt durch das subjektiv zu laute abgelenkt bin.

Sollte ich zum Clavichord wechseln?

LG, Sesam
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mir gehts genauso. Frag mal bei Steingräber an, ob sie Dir den No.1 verkaufen - solche alten Flügel wären ein Traum für Barock, etc.
Vielleicht hilft auch das Älterwerden nebst Gehörkraftreduzierung ... ;-)
 

Liebe Sesam,

:D - ich hoffe nicht! Ich habe ehrlich keine Ahnung, warum dich das so stört. Ich übe sogar (fast) immer mit offenem Flügel.

Ein berühmter Prof. hat mal gesagt: "suche im piano das forte und im forte das piano." (Sorry, ist von rolf geklaut! :oops: ). Es beschreibt treffend, dass man doch selten nur in einer einzigen Lautstärke, sondern immer in auch dynamisch voneinander abgesetzten Klangschichten spielt.

Gleichzeitig geht es mir so, dass die musikalische Entwicklung oftmals eine auch dynamische Steigerung erzwingt und wenn die dann nicht käme, würde mir schwer was fehlen. :p

Ich habe auch oft in meiner Vorstellung, dass der Klang den Raum erfüllt und trägt.


Mein Klavier hat eine höhere (gefühlte) Grundlautstärke als der Flügel. Wenn ich nun das gleiche Stück auf beiden Instrumenten spiele, dann verliere ich beim Klavier manchmal den Faden, weil es mich irritiert, dass es so laut ist.

Das kann ich nun wiederum gut verstehen, denn man hat eine bestimmte Klangvorstellung im Ohr und es könnte sein, dass beim Klavier die höhere Lautstärke kompatibel ist mit einem weniger schönen Ton mit weniger Obertönen. Manchmal klingt ein Klavier gegenüber einem Flügel eher blechern - ich weiß nicht, ob das bei dir so ist. Selbst wenn es nicht so wäre, ist die Klangfarbe und Lautstärke (plus evtl. schlechtere Spielbarkeit) bei deinem Klavier offensichtlich anders als beim Flügel und du kannst schlecht auf dem aufbauen, was du dir am Flügel erarbeitet hast.


Ich frage mich, wie das in einem Konzert geht, der Pianist direkt vor dem Flügel kriegt da ja ganz schön was auf die Ohren. Ich saß in der zweiten Reihe und wünschte mir, nach der Pause hoffentlich weiter hinten noch ein Plätzchen ergattern zu können.

Hab ich noch nie so empfunden. :D Schwieriger finde ich es, die Akkustik des Raumes (was vernehmen meine Ohren, was kommt bei den Hörern an) beurteilen zu können.

Geht es anderen hier ähnlich? Und vor allem, warum irritiert mich das Laute so? Ich finde es auch ganz, ganz, ganz schrecklich, wenn mich auf dem Rad ein Lastwagen überholt oder ein beschleunigendes Motorrad. Furchtbar!

Finde ich auch absolut schrecklich und geht mir genauso!!! Das hat aber auch etwas mit Angst zu tun!

Praktische Konsequenzen hat es halt insofern, dass ich eben wie gesagt durch das subjektiv zu laute abgelenkt bin.

Da weiß ich leider auch nichts. Zu laut ist nach meinem Empfinden besonders dann etwas, wenn alle Stimmen gleich laut gespielt werden und keine Differenzierung zu hören ist. Wie ist denn bei verschiedenen Komponisten? Geht es dir bei Mozart und Bach auch so?

Liebe Grüße

chiarina
 
Hmmm, interessantes Phänomen.

Die Menschen sind nun mal verschieden in ihrer Wahrnehmung, und wenn es Dir zu laut ist, ist es kein Wunder, wenn du aus dem Konzept gerätst. Denn ich nehme an du willst Musik machen und keinen Krach... :D

Empfindsamkeit ist ja eigentlich ein großes Plus, aber gerade gegenüber Laustärke und Lärm ist die Gesellschaft natürlich abgestumpft (Das mir Verkehrslärm etc was du auch beschreibst, ist ja auch ein gesellschaftliches Phänomen, und wenn es allen so ginge wie dir, wären auch die Klaviere leiser.)

Letztlich sehe ich nur die Möglichkeit, ein leiseres Instzrument anzuschaffen, muss ja nicht gleich ein Clavichord sein, aber vielleicht eine schönes Tafelklavier? ;)
Vielleicht kannst du auch das Klavier leiser intonieren lassen?

Meint
Die Drahtkommode
 
Hallo Sesam,
das Problem der unterschiedlichen Lautstärken kenne ich auch sehr gut. Zu Hause übe ich auf dem Steinway V 125 und auch auf dem Digi mit Kopfhörer. Das V 125 ist sehr laut, daher spiele hier "schaumgebremst". Im Klavierunterricht spiele ich auf einem Flügel, der mir sehr leise vorkommt. Durch das eher leise und vorsichtige Üben auf dem V 125 bekomme ich dann auf dem Flügel insofern Probleme, dass manchmal einzelne Töne verschwinden bzw. dass man die dann nicht hört, was mich total irritert. Beim Einspielen muss ich mich jedesmal direkt darauf vorbereiten, die Tasten fester anzuschlagen.

Ich hab das mit meinem Klavierlehrer besprochen, der meinte, dass die Lautstärke beim Klavier auch deshalb als viel lauter empfunden wird, weil man direkt vor den Hämmern sitzt, der Schall also direkt gegen die Brust geht, beim Flügel geht der Schall nach oben, daher wird hier die Lautstärke nicht so direkt empfunden, was ja eigentlich einleuchtend ist. Deshalb haue ich auch schon mal richtig in die Tasten, wenn es verlangt wird.
 
Zitat von chiarina:
Das kann ich nun wiederum gut verstehen, denn man hat eine bestimmte Klangvorstellung im Ohr und es könnte sein, dass beim Klavier die höhere Lautstärke kompatibel ist mit einem weniger schönen Ton mit weniger Obertönen. Manchmal klingt ein Klavier gegenüber einem Flügel eher blechern - ich weiß nicht, ob das bei dir so ist. Selbst wenn es nicht so wäre, ist die Klangfarbe und Lautstärke (plus evtl. schlechtere Spielbarkeit) bei deinem Klavier offensichtlich anders als beim Flügel und du kannst schlecht auf dem aufbauen, was du dir am Flügel erarbeitet hast.

Das trifft es ganz gut! Die fehlende Kompatibilität mit meinen Klangvorstellungen. Und zwar NICHT in Bezug auf die "Binnendynamik", sondern als Gesamteindruck. Ungefähr so, wie wenn ich über die Anlage ein Stück höre und der Lautstärkrregler zu hochgedreht ist. Dadurch verliert ja das Stück nicht an Dynamik in sich, aber ich bin davon eher gestresst, als dass ich aufmerksam lauschen könnte.

Zitat von Drahtkommode:
Denn ich nehme an du willst Musik machen und keinen Krach...

Ja, ganz genau!

Zitat von Wiedereinsteigerin:
das Problem der unterschiedlichen Lautstärken kenne ich auch sehr gut. Zu Hause übe ich auf dem Steinway V 125 und auch auf dem Digi mit Kopfhörer. Das V 125 ist sehr laut, daher spiele hier "schaumgebremst". Im Klavierunterricht spiele ich auf einem Flügel, der mir sehr leise vorkommt. Durch das eher leise und vorsichtige Üben auf dem V 125 bekomme ich dann auf dem Flügel insofern Probleme, dass manchmal einzelne Töne verschwinden bzw. dass man die dann nicht hört, was mich total irritert. Beim Einspielen muss ich mich jedesmal direkt darauf vorbereiten, die Tasten fester anzuschlagen.

Ich hab das mit meinem Klavierlehrer besprochen, der meinte, dass die Lautstärke beim Klavier auch deshalb als viel lauter empfunden wird, weil man direkt vor den Hämmern sitzt, der Schall also direkt gegen die Brust geht, beim Flügel geht der Schall nach oben, daher wird hier die Lautstärke nicht so direkt empfunden, was ja eigentlich einleuchtend ist. Deshalb haue ich auch schon mal richtig in die Tasten, wenn es verlangt wird.

Da sprichst du etwas Wichtiges an, ich habe nämlich auch den Eindruck, dass es gar nicht um das Laut oder Leise geht, sondern um die Direktheit der Beschallung. Deshalb sitze ich im Konzert am liebsten auf dem Balkon, weil sich da der Schall im Raum verteilt hat und ich nicht vom Schalltsunami an vorderster Front weggerissen werde. Insofern ist der Flügel natürlich ein Seegen, weil der Klang erst eine "Kurve" machen muss :D.

Was natürlich meinem Ohr auch nicht schmeichelt ist der zu harte Klang. Zu weich ist auch nicht gut, aber die Intonation bei beiden Instrumenten ist tendenziell eher mit "Anstieg". Also die Töne kommen nicht wie ein Fallbeil zum Erklingen, sondern haben einen kurzen sanften Einstieg bis sie sich zur vollen Blüte entfalten. Mit harten oder hartgespielten Hämmern komme ich schlecht zurecht.

Vielleicht sollte ich auch Rolfs Ratschlag (das war doch Rolfs Ratschlag?) beherzigen und dem gespielten Ton nicht nachtrauern, mich folglich nicht zuuuu sehr an dem Klangcharakter des Instrumentes stören, sondern mich mehr auf die Musik konzentrieren. Wenn da halt nicht diese Klangvorstellung wäre....

Danke, für eure Beiträge!!

LG, Sesam
 
Mir geht es auch so wie Sesam, dass ich mich an manchen Instrumenten wohler fühle als an anderen; in unserer Kirche steht ein Flügel mit sehr harten Hämmern, da kommt schon ein spitzer Ton raus, wenn sich nur eine Fliege auf eine Taste setzt (nur ganz klitzeklein übertrieben). :mad:

Ich frage mich, wie das in einem Konzert geht, der Pianist direkt vor dem Flügel kriegt da ja ganz schön was auf die Ohren. Ich saß in der zweiten Reihe und wünschte mir, nach der Pause hoffentlich weiter hinten noch ein Plätzchen ergattern zu können.

Naja, also ich finde schon, wenn man selber den Krach erzeugt, ist man erstaunlich lärmunempfindlicher, als wenn ich ihn nur als Zuhörer über mich ergehen lassen muß. Ansonsten würde es kein Organist an einer kleinen Dorfkirchenorgel, mit Pfeifen in Ohrhöhe und -nähe aushalten. Das gute daran ist, man wird sowieso mit der Zeit taub als Orgelspieler... :-?

Später abends und zur Mittagszeit am Wochenende spiele ich auf einem Digitalpiano, aber ohne Kopfhörer, also über die Anlage. Manchmal denke ich mir, ach, das ist so schön leise (über den übrigen Qualitätsverlust brauchen wir nicht zu diskutieren!).

Ich würde an deiner Stelle keinesfalls das Digitalpiano leiser drehen als ein Klavier klingt. Man gewöhnt sich dadurch an, etwas lauter in die Tasten zu hauen. Ich glaube, es ist besser, das Digitalpiano ziemlich laut drehen, ggfs. mit Kopfhörer spielen, und das Wehtun der Ohren durch möglichst weiches und zartes Spiel verhindern - weil es eben bei echten Drahtkommoden auch nicht anders geht.


Jaaaaauuuuuu! Wenn ich nicht so viel sonst um die Ohren hätte bzgl. sonstiger musikalischer Projekte usw., hätte ich schon längst angefangen, mir mein eigenes Clavichord zu bauen; es gab auch einen Faden hier, es werden noch weitere Selbstbauerinteressenten gesucht...
 

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