Lampenfieber

Hallo Guendola,

das folgende Zitat von dir kann ich nur unterstreichen:

Wenn man nervös ist, neigt man dazu, immer schneller zu spielen."

Leider neige ich in Vorspielsituationen (und sei es nur Vorspiel vor der KLin) dazu, i m m e r zu schnell zu spielen.

Heute ist es mir auch wieder passiert!!!

Eigentlich bei einer ganz simplen Sache:
Ich hatte den Wilden Reiter (Schumann, Kinderalbum) u.a. auf und wollte ihn nun für die K-Stunde wirklich perfekt (und auch im richtigen Tempo) können.
Habe also trotz 4 Kindern und akademischen Job in der Uni plus zusätzlicher anderweitiger ehrenamtlicher Verpflichtungen jenseits von Mitternacht ausgiebig geübt
- dazwischen kamen natürlich auch andere familiäre/berufliche Irritationen

[I]Ergebnis: die Sache ging absolut und völlig schief!! [/I]

Will hier niemanden für irgendetwas verantwortlich machen - dennoch:
Ich glaube, dass auch sinnvolles Üben so etwas nicht verhindern kann!!

Will mich jetzt nicht auch noch entschuldigen durch Erklärung weiterer Umstände - für mich war es einfach der GAU!!:D

Andererseits habe ich Anfang dieser Woche eine Vorführung des Abi-Kurses meiner beiden ältesten Töchter gesehen :

eine Revue, die großartig musikalische, tänzerische und zeitgeschichtlich/philosophische Aspekte aufgriff:

Alle Darsteller, Interpreten, der das Stück am Piano musikalisch begleitende Lehrer waren absolut großartig. !!!:cool:

Ich war total begeistert!!!


Zum Schluss wurden allerdings hauptsächlich die Lehrer gelobt (denen auch ein Lob gebührt, die das ganze inszeniert (und rezensiert) hatten

- aber meine Hochachtung gilt vor allem den dieses darstellenden Schülern!!!

Ich glaube, so wie diese (jungen Leute) werde ich wahrscheinlich nie mehr in meinem Leben künstlerisch/musikalische Leistungen vollbringen können!!

Sie gehen an die Kunst/und Musik spontan, verständniss- und vorraussetzungslos heran und können dann mit dieser Vorraussetzungslosigkeit unglaubliche künstlerisch/musikalische Leistungen zustande bringen.

Geht es irgendjemandem von euch ein bißchen ähnlich so wie mir???


Das wäre zumindest mal ein schwacher Trost und eine Aufmunterung!:D

LG

Debbie digitalis
 
Aber man kann etwas anderes machen: Atmung gehört auch zum Klavierspielen (nicht nur um zu überleben), genau wie zum Gesang oder zu Blasinstrumenten. Wenn man sich ein bischen darauf konzentriert, Atmung und Musik in Übereinstimmung zu bringen, kann das auch sehr entspannend wirken - muß aber vor dem Konzert schon geübt werden. Angst und Atmung beeinflussen sich gegenseitig.

Hallo Guendola,

das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt, den du hier benennst. Ich bemerke gelegentlich, wenn ich beim Spielen schwieriger Stücke an besonders gefürchtete Stellen komme (z.B. bei Mozart ;)), dass ich körperlich angespannt bin und sich dies unmittelbar auch in meiner Atmung niederschlägt (flach, stockend, angehalten...). Dann passieren leicht Fehler. Wenn ich mich dann bewusst zu entspannen versuche, einige bewusste Atemzüge mache und das Ganze nochmal probiere, geht es oft viel besser. Aber wie du sagst, sollte die entspannte und entspannende Atmung schon vor dem Konzert geübt werden bzw. überhaupt beim Üben mit Aufmerksamkeit bedacht werden.

Grüße von
Fips
 
eider neige ich in Vorspielsituationen (und sei es nur Vorspiel vor der KLin) dazu, i m m e r zu schnell zu spielen.

Heute ist es mir auch wieder passiert!!!

Eigentlich bei einer ganz simplen Sache:
Ich hatte den Wilden Reiter (Schumann, Kinderalbum) u.a. auf und wollte ihn nun für die K-Stunde wirklich perfekt (und auch im richtigen Tempo) können.

[...] Ergebnis: die Sache ging absolut und völlig schief! [...]
Ich glaube, dass auch sinnvolles Üben so etwas nicht verhindern kann!

Will mich jetzt nicht auch noch entschuldigen durch Erklärung weiterer Umstände - für mich war es einfach der GAU!
hallo debbie,

ich kenne deine situation nur zu gut. mir passiert es auch fast jedesmal, wenn ich unterricht habe. die erste halbe stunde setze ich regelmäßig in den sand. plötzlich kenne ich das stück nicht mehr, meine finger sind unsicher, welche intervalle sie greifen sollen, das wissen um strukturen ist wie weggeblasen. am liebsten möchte ich dann aufspringen und heulend wegrennen. meine früheren lehrer hatten kein verständnis für diese panikattacken und hielten mich für überspannt, hysterisch oder meinten nur lakonisch: "mal wieder nicht geübt, wie?"

sinnvoll erscheint mir, dasz du mit deiner lehrerin über die situation redest und dasz ihr gemeinsam eine strategie, rituale entwickelt, um den vorspielstresz abzubauen. wie schon gesagt, bei mir braucht es eine ganze zeit, bis ich mich im griff habe. ich musz mir offensichtlich das gefühl, dasz ich meinem zuhörer vertrauen kann, immer wieder neu "erarbeiten".

was mir hilft: mein klavierspiel aufzunehmen, und zwar ohne zeitdruck. das aufnahmegerät während des übens/spielens einfach mitlaufen lassen und erst stoppen und einen neuen take beginnen, wenn du meinst, die letzte passage sei anhörenswert (so hast du nachher einen einfacheren zugriff auf diese stellen). ich höre mir diese "anhörenswerten" passagen allerdings erst ganz zum schlusz an. denn sonst passiert es mir, dasz ich mich in fehler- und klangkorrektur-details verliere und nur verkrampfter werde. aber genau das gegenteil will ich ja erreichen: mit dem wissen, dasz alles festgehalten wird, immer größere strecken nicht einfach nur fehlerfrei zu spielen, sondern möglichst auch zu gestalten. ohne zeitdruck heiszt bei mir allerdings, dasz dabei auch schon mal ein ganzes wochenende draufgehen kann.

oder: lade einen netten menschen ein, dem du vertraust. er soll ein buch oder die zeitung lesen, während du übst/spielst. wichtig ist, dasz du seine anwesenheit spürst, und als regel sollte zunächst einmal gelten: keine kommentare! die schwierigkeit liegt darin, solche vertrauenswürdigen menschen zu finden und deren zeit einzufordern.

das dumme ist halt, dasz du für solche antistresz-programme auf menschen und deren zeit angewiesen bist. ich merke aber, dasz ich mich souveräner verhalte, wenn es mir gelingt, mich neben der klavierstunde zwei, drei mal die woche mit der situation zu konfrontieren, dasz ich aber regelrecht wieder am punkte null anfange, wenn ich das programm schleifen lasse.

viel erfolg
lg
a.
 
Vielleicht ist es ja ein kleiner Trost mit einem Vergleich aus dem weniger künstlerischen Sport: ohne "Grundnervosität" (gibt´s auch wissenschaftlicher erforscht und ausgedrückt) geht gar nichts. Entspannungsübungen mit ganz einfachen Atemtechniken helfen das schlimmste zu bremsen, sollten aber nie bis zur "Sch...egal-Stimmung" angewendet werden, weil man dann nie sein Leistungsvermögen ausschöpfen wird. Alkohol ist mit Blick auf mentale Steurungsfähigkeit und die Feinmotorik ein absolutes Tabu.

Und da ich genug "Trainingsweltmeister" auf jedem Niveau mit wirklich sicheren und brillanten Leistungen beim "nur so" erlebt habe, glaube ich auch den meisten, dass sie zuhause was richtig gut konnten. Die Situation beim "jetzt gilt´s" ist aber einfach nicht zuverlässig zu simulieren (Aufnehmen?). Da hilft nur, sich dem möglichst oft auszusetzen. Im Sport war es meistens eine Typfrage, wie sehr sich jemand daran gewöhnt, dass sich das Spiel in dieser Situation eben anders anfühlt. Leider fiel das besonders den sensiblen, perfektionistischen und "genialen" Typen besonders schwer. Sie leiden meistens besonders unter allen Abstrichen, die sie viel schmerzhafter wahrnehmen, als selbst aufmerksame Beoabchter es dem Ergebnis anmerken können.

Aber sind 85 Prozent gezeigtes Können für andere und deren gespürte Freude nicht viel mehr wert als 99,9 Prozent für sich allein im stillen Stübchen?

Schönes Wochende,
cw4ver
 
Ich bin auch ein einziges Nevenbündel, und bei Vorspielsituationen als Erwachsener habe ich nur selten die Leistung zeigen können wie im stillen Kämmerchen. Und habe auch das Gefühl, dass mir Vorspiele als Kind oder Jugendlicher viel leichter fielen als 30 Jahre später.

Alle Tips hier, aber insbesondere die von Guendola kann ich nur unterstreichen.

Allerdings glaube ich, dass man nicht nur die Stücke, sondern eben auch die Vorspielsituation trainieren sollte, möglichst oft. Ich versuche dies dadurch, dass ich vor einem Auftritt die Stücke vorher bei verschiedenen privaten Gelegenheiten präsentiere, sei es in der Familie, oder beim Kaffee mit Freunden/Verwandten. Unsichere Stellen dabei versuche ich mir zu merken und danach daran zu arbeiten.

Viel hilft mir, in den Tagen/Wochen vor einem Vorspiel die Stücke auch auf verschiedenen Klavieren/Flügeln zu spielen, um mit "abzuhärten" durch ungewohnten Tastaturanschlag und Klang. Ich habe den Eindruck, dass sich dadurch das Gefühl einer gewissen Sicherheit und Vertrauen einstellt, was sooooo wichtig ist, für den "Ernstfall" des richtigen Vorspiels.
 
Viele Eurer Tipps brauchen sicher eine gewisse Trainingszeit, die ich mir auch nehemn werde. Einige kann ich aber doch sofort umsetzen.
Ich spiele fast immer zu schnell, werde also jetzt bewußt langsamer anfangen. Die Atmung habe ich bisher total vernachlässigt, war mir nie bewußt.
Außerdem muß ich wohl den Zuhörern mehr vertrauen und einfach glauben, daß es ihnen gefällt. Ich zweifel immer an meinem eigenen Spiel und wundere mich meist, wenn ich zum Spielen eingeladen werde. Allerdings wurde mir jahrelang beigebracht, entweder fehlerfrei oder garnicht zu spielen. Langsam sollte ich wahrlich alt genug sein, solche alten Verhaltensmuster abzulegen.
Ich arbeite daran!
Vielen Dank
Lg
Geli
 
Hallo míteinander,


Zitat von ariadne:
was mir hilft: mein klavierspiel aufzunehmen, und zwar ohne zeitdruck. das aufnahmegerät während des übens/spielens einfach mitlaufen lassen und erst stoppen und einen neuen take beginnen, wenn du meinst, die letzte passage sei anhörenswert (so hast du nachher einen einfacheren zugriff auf diese stellen). ich höre mir diese "anhörenswerten" passagen allerdings erst ganz zum schlusz an. denn sonst passiert es mir, dasz ich mich in fehler- und klangkorrektur-details verliere und nur verkrampfter werde. aber genau das gegenteil will ich ja erreichen: mit dem wissen, dasz alles festgehalten wird, immer größere strecken nicht einfach nur fehlerfrei zu spielen, sondern möglichst auch zu gestalten. ohne zeitdruck heiszt bei mir allerdings, dasz dabei auch schon mal ein ganzes wochenende draufgehen kann.


Ich melde mich noch einmal zu diesem Thema, insbesondere deswegen, weil ich den Beitrag von ariadne (zumindest für mich) äußerst hilfreich fand. Ich glaube, dass es eine geniale Idee ist, beim Üben einfach grundsätzlich ein Aufnahmegerät (oder die Aufnahmefunktion des Digi-Pianos, mit der ich mich noch nicht befasst habe:D:D) mitlaufen zu lassen.


Zitat von Mindenblues:
Allerdings glaube ich, dass man nicht nur die Stücke, sondern eben auch die Vorspielsituation trainieren sollte, möglichst oft.

Das ist auch ein richtig guter Hinweis!!:)
Ich glaube, dass das eine Sache ist, die man sich immer wieder klar machen muss: es reicht nicht, das Stück zu üben, man muss einfach auch das Vortragen üben (egal mit welchen Stücken).

Das erinnert mich daran, dass ich vor einem guten Jahr mal eine einfache Klavierbegleitung für ein Gesangsstück einstudiert habe. Das Gesangsstück wurde dann von einer größeren Gruppe von Sängern bei einer Jubiläumsveranstaltung im privaten Kreis präsentiert. Ich konnte meine Begleitung wirklich im Schlaf - habe alles auch aufgenommen, damit die Sänger zum Üben auch eine CD mit der Begleitung hatten, zum Schluss habe ich sogar das Digi noch vor eine Wand gestellt, an der ein Spiegel stand, um die Optik zu überprüfen. Es gab mehrere Proben mit den Sängern, die machten sehr viel Spaß und ich war nach anfänglichen Schwierigkeiten überhaupt nicht mehr nervös. Als es dann allerdings dazu kam, das ganze aufzuführen (vor nahezu 100 Gästen) hatte mich das Lampenfieber wieder voll im Griff. Als es so weit war, hatte ich total zittrige Finger und zum Glück hatte ich mein Digi nicht an die Verstärkeranlage angeschlossen!!! Ich habe also mit meinem Spiel hauptsächlich den Sängern einen Anhalt gegeben, melodisch und rhytmisch die Spur zu halten. Die Sänger waren auch gut und übertönten das unverstärkte Digi, so dass es nicht auffiel, dass ich nach ca. eineinhalb Minuten das erste Mal daneben gehauen habe und dann bis zum Schluss noch zweimal. Jedenfalls hatte ich damals gelernt, dass gegen zittrige Finger keine noch so gute Vorbereitung hilft. Daher gilt es für mich in erster Linie, die zittrigen Finger zu bekämpfen.:)

LG

Debbie digitalis
 
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Tja, nun hab´ich gestern wieder gespielt und versucht bewußt langsamer zu spielen und habe sogar vorher eine kleine Ansage gemacht (keine Entschuldigung).

Kommentar von einem Zuhörer, der meine Hände beobachtet hat und selbst Musiker ist:
"Du mußt dieses Stück unglaublich gut können, sonst hättest du keine Taste treffen können, so wie deine Hände gezittert haben."

Frustrierte Grüße
Geli
 
Hey, Geli; was heißt hier "Frustrierte Grüße"?
Weib, You did it! Du hast es hinter Dich gebracht. Nix ist passiert. Der Kopf sitzt noch auf den Schultern. Tief durchatmen. Und sei sicher: Beim nächsten Mal (möglichst bald) zitterst Du weniger. Am besten holst Du gleich morgen die ganze bucklige Verwandtschaft oder die Nachbarskinder, Freunde oder wen auch immer zum Vorspiel-Üben!

Auf jeden Fall hast Du meinen allergrößten Respekt. Glückwunsch!
 
Tja, nun hab ich gestern wieder gespielt und versucht bewußt langsamer zu spielen und habe sogar vorher eine kleine Ansage gemacht (keine Entschuldigung).
Kommentar von einem Zuhörer, der meine Hände beobachtet hat und selbst Musiker ist:
"Du mußt dieses Stück unglaublich gut können, sonst hättest du keine Taste treffen können, so wie deine Hände gezittert haben."
Frustrierte Grüße
Hallo Geli,
ich kann Deine Frustration gut nachvollziehen.:cool:
Hast Du schonmal eine "paradoxe Intervention" probiert? Das geht ungefähr so:
Beim nächsten Vorspiel (Du kannst es ja mal in einem kleineren Rahmen mit ausgewählten Freunden probieren) zeigst Du allen absichtlich, wie Du Zittern 'kannst', etwa in der Art: "Schaut mal her, hier zittere ich jetzt besonders stark..." Das ist eine Methode, das eigene vegetative Nervensystem, das ja nicht dem Willen unterworfen ist (Adrenalinfreisetzung) zu 'überlisten'. ;)
Bei mir hat diese Methode in einer ähnlichen Situation gut funktioniert - ich war total überrascht. :cool:

Was für eine Ansage hast Du denn vorher gemacht? Und welches Stück hast Du diesmal gespielt?
Dimo, kannst Du ein Beispiel für eine Gestaltungsidee geben? Ich bin nicht sehr kreativ bzw. phantasievoll.
Mach ich gern - am besten an einem Stück, was Du auch gut kennst. Schlag mal ein paar vor... :)
 
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Liebe Geli,

vielleicht holst Du Dir Rat von einem Fachmann. Da Du ja schon lange spielst und wohl auch sehr gut, daß heißt Du bist vertraut mit dem ganzen Thema - stell Dein Problem einem Therapeuten vor.

Fips7 ist doch Musiktherapeut. Vielleicht kann er weiterhelfen, eine Tip geben.

Das Zittern muß weg! Aber nicht das Lampenfieber :cool:

kulimanauke
 

Kommentar von einem Zuhörer, der meine Hände beobachtet hat und selbst Musiker ist:
"Du mußt dieses Stück unglaublich gut können, sonst hättest du keine Taste treffen können, so wie deine Hände gezittert haben."
Frustrierte Grüße
Da macht einer schon mal ein richtig ernst zu nehmendes Kompliment - und es reicht nicht. Haben vielleicht Zuschauerscharen fluchtartig den Saal verlassen (oder hast Du Dir zumindest vorgestellt, dass sie es ja im Grunde ihres Herzens machen wollten)??? Schildere doch mal, wie sehr sie gelitten haben (oder sollte es vielleicht jemand gefallen haben?:D)
 
Liebe Geli,

ich denke auch, dass Du Dir Hilfe holen solltest. Scheinbar hast Du trotz zitternden Fingern gut gespielt, bist aber frustriert dass es nicht so wie Du es Dir gewünscht hättest geklappt hat.
Irgendwie musst Du lernen mit Deinem Lampenfieber umzugehen, damit nicht jede Vorspielsituation zur Tortur wird.
Wenn Kinesiologie nichts für Dich ist, dann lern doch autogenes Trainig, probier Bachblüten oder homöopathische Kügelchen oder so. Von stärkeren Mitteln, auch von Alkohol, solltest Du aber die Finger lassen.

L.G.
Chrissi
 
Ich hatte gestern auch ein kleines Konzert, Schülerkonzert von sieben Schülern meines Klavierlehrers, mit Anhang (der Schüler). Dort wurde natürlich auch über Lampenfieber gesprochen, später im kleinen Kreis mein Lehrer (und aktive Konzertpianist), ein klassischer Sänger (Profi), ein Späteinsteiger, der erst ein dreiviertel Jahr spielt und ich. Leiden tun wir alle während des Vortrages und jeder hat seine eigene Methode, damit zurechtzukommen und trotzdem zu spielen / singen.

Das Entscheidende ist wohl, daß man sich ausschließlich auf die Musik konzentriert, die man präsentieren will und dem Chaos im eigenen Körper möglichst überhaupt keine Beachtung schenkt. Das Lampenfieber geht weg oder auch nicht, aber man hat eine Aufgabe zu lösen und das geht vor. Hinterher kann man entspannen und sollte dann jede Zuwendung dankbar annehmen (also zum Beispiel den Applaus). Diese Entspannung war auch gestern so herrlich, daß ich nicht zögern werde, sowas zu wiederholen :) Ich könnte mir vorstellen, daß ein Bergsteiger am Gipfel oder ein Marathonläufer am Ziel ähnliche Freude empfindet.

Ein Gedanke beschäftigt mich noch: Wenn ich früher auf der Bühne stand und in irgendeiner Form direkten Kontakt mit jemandem aus dem Publikum hatte, war das zwar der Höhepunkt des Lampenfiebers aber danach wurde ich immer wesentlich gelassener. Vielleicht liegt es tatsächlich an dieser Barriere, daß man sich beim Vortragen so fürchterlich fühlt. An einem Flügel ist das allerdings viel schwerer, als mit einer Gitarre in der Hand und drei oder vier Bandmitgliedern neben einem, ich konnte es diesmal nicht ausprobieren.

Der Späteinsteiger hatte nach seinen Schilderungen eine Art Horrortrip beim Spielen und mußte wirklich alles geben, um heil da raus zu kommen (was er auch gut gemeistert hat). Er sagte außerdem, daß er es sich nicht annähernd so schlimm vorgestellt hatte (es war sein erstes Mal), aber daß er ganz bestimmt wieder vorspielen will. Warum, hat er nicht gesagt, aber ich halte ihn nicht für einen Masochisten. Man konnte ihm übrigens während des Vorspiels ansehen, daß es ihm nur um die Musik ging und nicht um irgendwelche persönlichen Leistungen. Ich habe selten einen Anfänger so musikalisch spielen gehört!
 
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Der Späteinsteiger hatte nach seinen Schilderungen eine Art Horrortrip beim Spielen und mußte wirklich alles geben, um heil da raus zu kommen (was er auch gut gemeistert hat).
Ich habe selten einen Anfänger so musikalisch spielen gehört!

Mensch, der arme... Ist es nicht elend, wenn man mit solch einer (ersten) Erfahrung aus einem Vorspiel gehen muss?

Noch dazu, wenn er eigentlich sehr gut gespielt hat. Vielleicht denkt er nach einiger Zeit nochmal darüber nach und gibt sich einen Ruck zu einem neuen Versuch. Ich kanns ihm übrigens so gut nachfühlen. :(
 
Erst einmal Glückwunsch an Geli und Guendola dafür, dass ihr vorgespielt habt!

Ich glaube auch, dass man Lampenfieber und zittrige Hände nicht "bekämpfen" kann, sondern dass man es nur registrieren sollte, weiterhin zur Erkenntnis gelangen sollte, dass man trotzdem Klavier vorspielen kann, und dass es nach aller Regel mit der Zeit und häufigen Vorspielen besser wird.

Ein - wie ich finde - klasse Buch, was genau diesen Mechanismus beschreibt, ist "The inner game of Music". Ist wohl nur in Englisch zu bekommen, aber beschreibt die Wege, um zu besserer musikalischer und stressfreierer Performance zu gelangen.

So, nun drückt mir auch die Daumen, am 5.7. spiele ich hier
Es steht dort ein schöner Flügel, gut gewartet, und ich werde die Kinderszenen von Schumann, sowie 2 P&F aus dem WTK1 und Fantasie c-moll von Bach, und von Chopin 5 Walzer und 1 Nocturne spielen (aber nix davon auswendig).
 
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Hallo Geli;

Chrssi hat da einen ganz interessanten Vorschlag gemacht:

Das würde ich wirklich mal austesten und zwar mit den sogenannten "Rescue-Tropfen" aus der Apotheke. Mir leisten Sie in extremen Stress-Situationen (Unfall der Kinder oder ähnliche Schock-Situationen) sehr gute Dienste. Auf die Idee, dies mal mit den Klavierspiel zu verbinden, bin ich noch gar nicht gekommen.

Von Globuli würde ich abraten: Die homöopathischen Medikamente greifen sehr stark in Dein gesamtes "Wesen" ein. Die unerwünschten "Nebenwirkungen" wären mir zu gefährlich. Ich weiß wovon ich rede - unsere gesamte Familie nebst tierischen Anhang wird seit vielen Jahren ausschließlich homöopathisch betreut. Wenn Dir allerdings ein behandelnder H. zur Seite steht und das ganze zu Deinem konstitutionellen Mittel passt, wäre natürlich auch das ein guter Ansatzpunkt.
 
Mensch, der arme... Ist es nicht elend, wenn man mit solch einer (ersten) Erfahrung aus einem Vorspiel gehen muss?

Noch dazu, wenn er eigentlich sehr gut gespielt hat. Vielleicht denkt er nach einiger Zeit nochmal darüber nach und gibt sich einen Ruck zu einem neuen Versuch. Ich kanns ihm übrigens so gut nachfühlen. :(

aber du hast nicht alles gelesen:

"Er sagte außerdem, daß er es sich nicht annähernd so schlimm vorgestellt hatte (es war sein erstes Mal), aber daß er ganz bestimmt wieder vorspielen will"

Er ist schon süchtig danach!
 
Ich hab jetzt mal das Stück unter "Einspielungen Forumsmitglieder" reingestellt, natürlich nicht fehlerfrei, wenn es aber am Sonntag so geklappt hätte, wäre ich ja schon zufrieden gewesen. Wenn das Geburtstagskind allein da gesessen hätte, wäre es vielleicht besser gelaufen.

Ansage war nur meine Nervosität und daß ich im Falle des Vomstuhlfallens keinen Alkohol vertrage.

Mindenblues, vielen Dank für Deinen Glückwunsch!

Crissi, Bachblüten könnte man ja tatsächlich mal relativ risikoarm probieren!
LG
Geli
 
Hi,
...
Ein - wie ich finde - klasse Buch, was genau diesen Mechanismus beschreibt, ist "The inner game of Music". Ist wohl nur in Englisch zu bekommen, aber beschreibt die Wege, um zu besserer musikalischer und stressfreierer Performance zu gelangen.
...

nee, gibet es auch auf Deutsch:

Inner Game Musik: Der Mozart in uns. von Barry Green, W. Timothy Gallwey, und Gerhard Hamann


Es gibt natürlich noch andere Klavier Bücher mit Kapiteln zum Thema Aufftritt/Vorspielen, z. B. (in meiner Wertungs-Reihenfolge):
  • Renate Klöppel, Mentales Training für Musiker: Leichter lernen - sicherer auftreten
  • Klavierspiel und Improvisation: Ein Lehr- und Erkenntnisbuch über musikalische, technische und psychologische Grundlagen: Interpretation, Übung, ... Kreativität, Hygiene, Akustik, Klavierbau u.a von Günter Philipp
  • Technik des Klavierspiels: Ein Handbuch für Pianisten von Rudolf Kratzert
  • Mit eigenen Händen: Selbstverwirklichung durch kreatives Klavierüben von Seymour Bernstein

Es gibt natürlich auch noch allgemeine Bücher über Autreten und Auftrittsangst. Da gibt es bestimmt manch gutes Buch.

Ausserdem viel Daumendrücken von mir für die Auftretenden.

Gruß
 

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