Kritische Überlegungen zu Klavierwettbewerben für junge Pianisten

@Kalivoda merk dir endlich, dass wie man lesen und schreiben lernt eine unverzichtbare Praeliminarie für einen Klavierwettbewerb ist, der erst noch stattfinden wird! ;-) :-D
 
Warum? Ein kritisches Hinterfragen muss doch erlaubt sein. Es scheint ja Diskussionsbedarf zu geben. Meiner Meinung nach muss man das Thema sehr differenziert betrachten, Pauschalurteile helfen da nicht weiter.

Das grundsätzliche Für und Wider von Wettbewerben sollte nur nicht unbedingt in diesem Faden diskutiert werden, vielleicht kann man ja einen neuen eröffnen.

Ja klar. Aber auch ein "kritisches Hinterfragen" sollte in der Wortwahl angemessen sein und sich an Fakten, nicht an Vorurteilen, orientieren. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass man sich über diesen neuen Wettbewerb überhaupt nicht informiert hat, bevor dieser Beitrag geschrieben wurde. Und das ist dann zutiefst ärgerlich für alle, die sich da so engagieren und auch die Teilnehmer und deren Eltern.

Vielleicht können diese ganzen Beiträge, die sich mit der sogenannten Kritik beschäftigen, ja wirklich in ein eigenes Thema ausgelagert werden, wo dann nach Herzenslust über Pro und Contra von Wettbewerben diskutiert werden kann.

Mein Hotelzimmer ist für die Zeit des Wettbewerbs auf jeden Fall gebucht, ich freue mich drauf:musik064:.
 
Nein, das ist keine Dressur. Denn Dressur bedeutet immer, etwas zu machen, um extrinsisch motiviert eine Belohnung zu bekommen.
Wir sollten da zwei Dinge getrennt halten: den eigentlichen Lernprozess und die dazu notwendige Motivation.

Jeder Lernprozess beginnt erst einmal mit rein mechanischem Nachahmen oder Ausprobieren. Erst langsam kann dann auch ein künstlerischer Ausdruck wachsen. Idealerweise geht das in kleinen Schritten Hand in Hand, aber Voraussetzung ist immer erst das mechanische Können. Dressur, wie es @Gefallener verwendet hat (oder wie ich ihn verstanden habe) ist das Zurückstellen künstlerischen Ausdruckes zugunsten eines rein mechanischen Lernens. In dem Sinne musst Du auch meine Antwort verstehen.

Der andere Punkt ist die Motivation. So ein Musikinstrument bietet zunächst einmal eine Menge Möglichkeiten zum rumspielen und ausprobieren. Neugierde ist eine wunderbare intrinsische Motivation. Damit kommt man jedoch nur bedingt weit oder der Lernprozess ist sehr langsam. Also braucht es einen Lehrer und um das zu tun, was der Lehrer verlangt, braucht es einen gewissen Grad an extrinsischer Motivation. Als Erwachsene haben wir gelernt, dass man Aufwand ins Lernen investieren muss, bevor wir die Früchte daraus ernten können. Kindern ist das noch nicht (so) klar, also brauchen sie kleinstufiges Feedback. Das Lob ist zunächst einmal natürlich auch eine extrinsische Motivation, aber in dem Maße, wie das Kind den Lernprozess selbst begreift und erfolgreich anwendet, wird die extrinsische Motivation zur intrinsischen. Dann wird es zum Selbstläufer...
 
Ja, ich halte eine Auslagerung auch für sinnvoll.

Keineswegs stehen lassen kann ich die Aussage, dass jeder Lernprozess mit Nachahmung beginnt. In manchen Fällen und in fortgeschritteneren Lernstadien trifft das zu, aber gerade das (früh-)kindliche Lernen mit elementaren Lerninhalten entsteht aus dem Bedürfnis, ein Problem lösen zu wollen. So lernen Kinder z.B. das Sprechen (um sich verständlich machen zu können und das Laufen.
 
ch habe auch hin undwieder an Sportwettkämpfen (Ski, später auch Berglauf und MTB) teilgenommen, obwohl ich da nie den Hauch einer Chance auf einen Stockerlplatz hatte. War mir egal, die Wettbewerbsatmosphäre war jedesmal geil und mir hat es genügt, wenn meine Cousinen oder Cousins gewonnen haben. Was meistens der Fall war. :pokal:
Ich finde, dass Jugendwettbewerbe im Sport anders sind, als solche in Musik. Oftmals sind bei Sportwettbewerben alle vertreten, die Freude am Sport haben, ähnlich den Jugend-musiziert Wettbewerben.
Ich hatte aber mal eine Zeit das zweifelhafte Vergnügen, mit einer sehr jungen, sehr begabten Geigerin zu Spezialviolinwettbewerben zu fahren, bei denen ein Wunderkind nach dem anderen spielte. Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch, bei mir ist wichtig, dass die Stimmung gut ist - was ich an den Wettbewerben, die ich aus meinem Sport kenne, schätze -.
Bei diesen Instrumentalwettbewerben war schon in der Organisation alles auf Lustfeindlichkeit gestimmt:
Kahle Wände, riesige Plakate auf der Bühne, einen Anstandsblumenstrauß in der Ecke.
Unfreundliche oder sehr sachliche Veranstalter.
Die Atmosphäre unter den Kindern und mindestens so auch bei den begleitenden Eltern war mehr als angespannt. Ich habe da nicht ein Fünkchen davon gespürt, was für mich Musik ist, auch wenn die Kinder fantastisch gespielt habem.
Das fand ich in hohem Maße ungesund und erweist unserer Kunst keinen Dienst.
Ich glaube, dass ein Wettbewerb, bei dem @chiarina mit federführend tätig ist, eine andere Stimmung verbreitet.
Bei den Bundeswettbewerben von JuMu ist das echt anders, aber die Spezial- "ich kann besseralsdu"- Veranstaltungen sind für mich ein absolutes Grauen .
 
Mein Neffe ist jetzt 11,5 Jahre alt, spielt seit 2 oder 3 Jahren Klavier (weiß nicht genau) und hat in letzter Zeit eine regelrechte Leidenschaft dafür entwickelt. Er steht z.B. morgens extra früher auf, damit er vor der Schule noch ein bisschen üben kann. Meine Schwester und ihr Mann unterstützen ihn zwar, zwingen ihn aber zu rein gar nichts. Da heißt es eher öfter mal "Jetzt komm doch endlich mal vom Klavier weg, du musst noch dies oder jenes tun". Er hat sich kürzlich selbstständig die Mondscheinsonate ausgesucht, sein Lehrer fand die eigentlich noch zu schwer, und kann inzwischen den 1. und 2. Satz sehr ordentlich spielen. Den 3. übt er jetzt in langsamem Tempo (ich hatte ihm ein Video mit einer langsamen Aufnahme geschickt, das hier mal jemand eingestellt hat). Er hört sich Aufnahmen der Stücke an, die er übt und versucht Phrasierungen und Dynamik zu übernehmen. Das macht er echt gut und mit viel Gefühl.
Es kommt also durchaus vor, dass Kinder rein intrinsisch motiviert sehr viel üben und dann natürlich auch relativ jung schon relativ gut spielen können. Seine 2 Jahre ältere Schwester hat nur wenig Interesse am Klavier und spielt inzwischen deutlich schlechter, obwohl sie schon länger Unterricht hat.
 
Ich habe mir gerade das Programm in Kronberg angesehen und ich habe einen sehr faden Beigeschmack bei den Kleinsten entwickelt. Dort taucht der Name eines Jungen auf, den ich auch schon letztes Jahr in Köln erlebt habe. Sehr ehrgeizige Eltern… offenbar wird das arme Kind von Wettbewerb zu Wettbewerb geschleppt. Ob es dem Jungen wirklich Spaß macht? Abgesehen davon, dass dem Kind vermittelt wird, Musik besteht zumindest teilweise darin sich vor allem mit anderen zu messen, halte ich es auch für die Entwicklung nicht förderlich. Ich jedenfalls werde meinen Sohn aus diesen Dingen weitestgehend heraushalten. Ich kenne hier einige Lehrerinnen vorwiegend asiatischer Herkunft, die schleppen ihre Schüler/innen auch zu jedem Wettbewerb um sich dann damit brüsten zu können, dass sie wieder abgeräumt haben. Ich habe das Gefühl, solche Wettbewerbe dienen vor allem der Werbung der Klavierschule.

Anmerkung: vielleicht machen mein Sohn und ich dieses Jahr in Köln mit. Das aber auch nur, weil ich die Veranstaltung bereits selber kennengelernt habe und wir zudem Spaß daran haben, zusammen am Klavier zu sitzen. Ich sage auch nicht, dass es ein Wettbewerb ist, sondern dass wir zusammen ein Konzert spielen werden bei dem auch andere mitmachen
 
Ja, ich halte eine Auslagerung auch für sinnvoll.

Keineswegs stehen lassen kann ich die Aussage, dass jeder Lernprozess mit Nachahmung beginnt. In manchen Fällen und in fortgeschritteneren Lernstadien trifft das zu, aber gerade das (früh-)kindliche Lernen mit elementaren Lerninhalten entsteht aus dem Bedürfnis, ein Problem lösen zu wollen. So lernen Kinder z.B. das Sprechen (um sich verständlich machen zu können und das Laufen.
Wir sollten da zwei Dinge getrennt halten: den eigentlichen Lernprozess und die dazu notwendige Motivation.

Jeder Lernprozess beginnt erst einmal mit rein mechanischem Nachahmen oder Ausprobieren. Erst langsam kann dann auch ein künstlerischer Ausdruck wachsen. Idealerweise geht das in kleinen Schritten Hand in Hand, aber Voraussetzung ist immer erst das mechanische Können. Dressur, wie es @Gefallener verwendet hat (oder wie ich ihn verstanden habe) ist das Zurückstellen künstlerischen Ausdruckes zugunsten eines rein mechanischen Lernens. In dem Sinne musst Du auch meine Antwort verstehen.

Der andere Punkt ist die Motivation. So ein Musikinstrument bietet zunächst einmal eine Menge Möglichkeiten zum rumspielen und ausprobieren. Neugierde ist eine wunderbare intrinsische Motivation. Damit kommt man jedoch nur bedingt weit oder der Lernprozess ist sehr langsam. Also braucht es einen Lehrer und um das zu tun, was der Lehrer verlangt, braucht es einen gewissen Grad an extrinsischer Motivation. Als Erwachsene haben wir gelernt, dass man Aufwand ins Lernen investieren muss, bevor wir die Früchte daraus ernten können. Kindern ist das noch nicht (so) klar, also brauchen sie kleinstufiges Feedback. Das Lob ist zunächst einmal natürlich auch eine extrinsische Motivation, aber in dem Maße, wie das Kind den Lernprozess selbst begreift und erfolgreich anwendet, wird die extrinsische Motivation zur intrinsischen. Dann wird es zum Selbstläufer...

Wird hier nicht ein bisschen aneinander vorbei geredet?
Es entspricht doch unserem gängigen Erlebnis, dass viele Lernprozesse mit einem bewussten "Nachahmen" im erweiterten Sinne beginnen. Damit meine ich nicht nur das mechanische; auch der Ansatz, Wissen anzueignen, ohne es zunächst zu verstehen, scheint mir eine Art intellektuelles Nachahmen zu sein. Und das ist nun der Vorgang, wie wir in vielen Bereichen gewöhnlicherweise zu den Errungenschaften der Vergangenheit kommen.
 

Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Auch Musikwettbewerbe können durchaus einen Sinn haben, vor allem wenn wirklich dasselbe Repertoire vorschreiben, beispielsweise in Warschau. Da kann man wirklich vergleichen und am Ende ist es vor allem eine Chance sich zu präsentieren. Man muss nicht immer gleich den ersten Preis gewinnen um Karriere zu machen... Alexandra Swigut zum Beispiel schied 2021 in der ersten Runde aus, konnte aber weltweit beeindrucken und führt ein regeres Konzertleben als manch anderer, der im Finale war....

Bzgl. der Wettbewerbe für Kinder fällt mir noch ein, dass das Repertoire ja schon Wochen vorher teilweise angegeben werden muss. Ich halte auch das für schwierig, man muss die Kinder wochenlang oder über Monate "bei der Stange halten" und versuchen sie für das Repertoire bei Laune zu halten. Kinder möchten aber weiter machen, anderes spielen, Vorankommen. Ich kann mir vorstellen, dass der Fokus auf wenige Stücke über viele Wochen hier die Entwicklung bremst und irgendwann dem Kind auch die Lust vergeht....

Mein Lehrer, zu dem ich mit 5 Jahren kam und bei dem ich bis zum Studium blieb, ließ keinen Schüler bei JuMu mitmachen. Ich hätte es damals gerne gemacht, durfte aber nicht. Erst als ich mit knapp 20 wechselte, nahmen wir vierhändig einmal teil, um einmal diese Erfahrung gemacht zu haben. Es war schön, es gab einen ersten Preis, aber das war's dann auch.

Auch unsere Amateurwettbewerbe sehe ich nicht als Wettbewerbe. Es geht hier darum, andere Klavierverrückte kennenzulernen und Stücke konzertreif vorzutragen. Das Ergebnis sollte keinen interessieren. Meine Folgeeinladungen aus den Wettbewerben resultierten daraus, dass denjenigen, die mich einluden oder heute einladen, gefällt, was ich am Klavier an Tönen produziere oder welches Repertoire ich spiele, das finden sie interessant.

Daher werde ich meinen Sohn zwar am Klavierzimmer in Köln mitmachen lassen, zumal wir da auch zusammen spielen können, aus JuMu möchte ich ihn aber bis auf Weiteres heraus halten. Ich glaube nicht, dass es in seinem Alter förderlich ist. Er kann bei Konzerten in der Musikschule mitspielen, er kann bei mir mitspielen, wir können etwas zusammen vierhändig machen. Auch so kann er üben, Bühnenerfahrung sammeln und das ganz ohne Druck einer Jury, die am Ende eine Bewertung macht, die ihn frustrieren könnte. Ich verfolge insbesondere zwei Klavierschulen im Großraum Düsseldorf. Bei beiden konnte man lesen, wieviele erste Preise es jetzt bei JuMu gab. Ich weiss aber, wie die Kinder dort im wahrsten Sinne des Wortes "gedrillt" werden. Die Kinder sehen oftmals nicht glücklich aus, teilweise verhalten sie sich wie dressierte Äffchen....
 
Ich versteh warum @Pianojayjay das so sieht. Sein Sohn ist hogradig intrinsich motiviert und ich verstehe da jede sorgenvolle Überlegung ihm das nicht zu vermiesen. Das Problem gibts ja in der Schule auch, jedes Kind will lernen, solange bis ihm die Freude aberzogen wird.

Ich finde auch nichts falsch an Wettbewerben, weil Kinder sich immer gern messen "ich kann was mein Bruder kann..etc." aber zu sagen es wäre in der Musik wie im Sport würd ich so nicht pauschal sagen. Und ich war im Sport ein ausgeprägter Wettbewerbsmensch. Ich hab das geliebt, aber es gab eine Grenze die ich altersmäßig nicht überschreiten konnte. Da gibts sowas wie körperliche Risikominimierungen die eingehalten werden müssen. Entweder weil das Skelett noch nicht ausgereift genug ist, die Muskulatur nicht ausreicht oder oder.

Wenn Kinder auf Wettbewerben schwerstes Programm spielen dürfen, wird der Druck automatisch auf das davor/ was/ wie übertragen. Wenn ein Kind hogradig talentiert ist sehr schweres Repertoire zu lernen, dann spricht doch nichts dagegen das in der normalen Ausbildung zu tun. Worzu muss das im Wettbewerb erlaubt sein? Das ist im Sport gerade nicht so. Dort gibt es unzähliche Beispiele wo bestimmte Schwierigkeitsanforderungen für Kindern schlicht im Wettbewerb nicht gestartet sind. Beispiel der Springsport. Man kann alles Geld der Welt haben und das beste Pferd kaufen, ein 6 jähriges Kind kann man nicht ( selbst wenn es das könnte) in einen S- Parcours lassen. Aus all diesem nachwuchs kommen trotzdem Olympiasieger hervor, auch wenn die kingerecht ein Pony bekommen. Gibt es eine "Repertoirebremse" im Klavierwettbewerb? Wenn man alles spielen darf was man kann, gibts natürlich Menschen die das auf Teufel komm raus zügig herauspressen wollen.
 
Ich glaube man muss noch weiter Differenzieren: was sind "junge Pianisten"? U18? U12? Ü6? Wenn ich das richtig sehe, dann kommen in Kronberg die jüngsten vorwiegend aus Asien. Wie dort die Kinder am Klavier "gedrillt" werden, ist hinreichend bekannt. Kinder haben oftmals keine andere Wahl als stundenlang unter Aufsicht der Eltern am Klavier zu sitzen. Es muss hier natürlich nicht sein, aber es ist nicht auszuschließen. Wieviele leben denn in Deutschland und wieviele reisen von auswärts an? Das ist ja auch mit enormen Kosten für die Eltern verbunden, dadurch steigt ja dann wieder die Erwartungshaltung....
 
Wenn ich das richtig sehe, dann kommen in Kronberg die jüngsten vorwiegend aus Asien. Wie dort die Kinder am Klavier "gedrillt" werden, ist hinreichend bekannt. Kinder haben oftmals keine andere Wahl als stundenlang unter Aufsicht der Eltern am Klavier zu sitzen. Es muss hier natürlich nicht sein, aber es ist nicht auszuschließen. Wieviele leben denn in Deutschland und wieviele reisen von auswärts an?
Das siehst Du vollkommen falsch. In der Altersklasse 1 kommen alle aus Deutschland, Altersklasse 2 kommen 4 aus Deutschland, jeweils ein Kind aus GB, CZ und Südkorea, in der Altersklasse 3 alle aus Deutschland und so könnte ich die Liste fortsetzen. Von allen Teilnehmern über alle Altersklassen kommen gerade mal 4 aus Asien, wenn ich richtig gezählt habe.
 
Das siehst Du vollkommen falsch. In der Altersklasse 1 kommen alle aus Deutschland, Altersklasse 2 kommen 4 aus Deutschland, jeweils ein Kind aus GB, CZ und Südkorea, in der Altersklasse 3 alle aus Deutschland und so könnte ich die Liste fortsetzen. Von allen Teilnehmern über alle Altersklassen kommen gerade mal 4 aus Asien, wenn ich richtig gezählt habe.

Ich habe jetzt nicht geschaut wo die genau wohnen. Bei einem weiß ich es, es gibt einen Artikel in der Zeitung über ihn wo die Mutter sich wünscht, dass er jetzt auch noch mit Geige anfängt….
 
Ihr Lieben,

selbstverständlich sollte man wie bereits geschrieben über das Pro und Kontra von Wettbewerben diskutieren. Dazu ist dieser Faden ja auch da!

Wenn ihr aber über den von mir organisierten Wettbewerb redet bzw. schreibt, wünsche ich mir, dass ihr euch an Fakten haltet.

Diese sind:

1.
Ich habe mir gerade das Programm in Kronberg angesehen und ich habe einen sehr faden Beigeschmack bei den Kleinsten entwickelt. Dort taucht der Name eines Jungen auf, den ich auch schon letztes Jahr in Köln erlebt habe. ....
Lieber Jeremias, du hast den faden Beigeschmack bei EINEM Teilnehmer aus AGI entwickelt, von dem du hier erzählst. Mehr dazu ganz unten.

2.
Auch Musikwettbewerbe können durchaus einen Sinn haben, vor allem wenn wirklich dasselbe Repertoire vorschreiben, beispielsweise in Warschau. Da kann man wirklich vergleichen und am Ende ist es vor allem eine Chance sich zu präsentieren.
Wenn du damit meinst, dass man als Jury nur vergleichen kann, wenn alle TeilnehmerInnen dasselbe Programm spielen, dann ist das ein deutlicher Fehlschluss. Wir Klavierpädagogen sind darin geschult, zu hören, wie etwas klingt, wie es interpretiert wird, wer die bessere Klangbalance, die stärkere Persönlichkeit, die musikalisch zwingendere Gestaltung besitzt. Wir machen das im Unterricht jeden Tag. Hier sind unsere Bewertungskriterien nachzulesen.

Ein und dasselbe Programm ist für eine Jury kaum erträglich und ich möchte nicht der zehnte oder zwanzigste Pianist sein, der das vorträgt. Das Ohr und der Geist stumpfen ab, anstatt wach und aufmerksam zu bleiben.

Bzgl. der Wettbewerbe für Kinder fällt mir noch ein, dass das Repertoire ja schon Wochen vorher teilweise angegeben werden muss. Ich halte auch das für schwierig, man muss die Kinder wochenlang oder über Monate "bei der Stange halten" und versuchen sie für das Repertoire bei Laune zu halten. Kinder möchten aber weiter machen, anderes spielen, Vorankommen. Ich kann mir vorstellen, dass der Fokus auf wenige Stücke über viele Wochen hier die Entwicklung bremst und irgendwann dem Kind auch die Lust vergeht....
Unsere Deadline für das Programm war der 28.02.2023, also vier Wochen vor dem Wettbewerb. Dann nämlich wird das Programmheft in Druck gegeben. Ich kann keinen Nachteil darin erkennen, ein Stück mehrere Wochen zu üben. Es kommt eben auf das Üben und Erarbeiten, auf das WIE an. Man sollte immer so üben, dass man in einem Stück etwas Neues entdeckt und wer das als Lehrer und Schüler nicht schafft, sollte etwas ändern!

Das Erarbeiten von Stücken schließt auch nicht aus, dass man improvisiert, komponiert, Kammermusik macht, vom Blatt spielt und vieles mehr. Eins ist sicher: wenn jemand, egal wer, sich mit einem Stück langweilt, hört man das. Solche gibt es hier nicht. Im Gegenteil habe ich wirklich bei allen Teilnehmern auch der digitalen Vorrunde viel Leidenschaft und Liebe zur Musik gehört. Darum geht es mir!

Im Übrigen spielen die WettbewerbsteilnehmerInnen Stücke, die auch längere Zeit brauchen. Wir wissen auch nicht, ob das möglicherweise oder teilweise Repertoiretücke sind, die schon einmal erarbeitet worden sind und jetzt hervorgeholt wurden. Eine Auftrittssituation in einem Wettbewerb ist eine Stressituation, die eine sehr gründliche Vorbereitung erfordert, das geht nicht in ein paar Wochen.

Ich glaube man muss noch weiter Differenzieren: was sind "junge Pianisten"? U18? U12? Ü6? Wenn ich das richtig sehe, dann kommen in Kronberg die jüngsten vorwiegend aus Asien. Wie dort die Kinder am Klavier "gedrillt" werden, ist hinreichend bekannt. Kinder haben oftmals keine andere Wahl als stundenlang unter Aufsicht der Eltern am Klavier zu sitzen. Es muss hier natürlich nicht sein, aber es ist nicht auszuschließen. Wieviele leben denn in Deutschland und wieviele reisen von auswärts an? Das ist ja auch mit enormen Kosten für die Eltern verbunden, dadurch steigt ja dann wieder die Erwartungshaltung....
Woher hast du denn deine Informationen? Tatsache ist, dass niemand aus Asien dabei ist - einer hatte sich aus Singapur angemeldet und ist nicht zugelassen worden. Die zugelassenen TeilnehmerInnen kommen aus 11 europäischen Ländern (SK bedeutet Slowakei :D) - wir haben ausländischen TeilnehmerInnen Gastfamilien zur kostenlosen Übernachtung inkl. Frühstück angeboten, aber nur eine Familie hat dieses Angebot angenommen.

Wer wirklich einen Einblick in unseren Wettbewerb bekommen möchte, findet auf unserer Website reichlich Material, z.B. unter "Aktuelles" wie auch unter "Wettbewerb" im Menü. Auch diesen Newsletter von mir, der sich mit gerade dem schwierigen Thema "Nicht gut genug?" beschäftigt.

Denn es hängt beim Thema Wettbewerb viel von den Lehrern und Eltern ab, ob er auch bei ausbleibendem Erfolg eine positive Erfahrung bleibt oder als persönliche Niederlage empfunden wird. S. obiger Newsletter.

Wir möchten einen Wettbewerb bieten, der als eine sehr positive Erfahrung erlebt wird. Wir machen ein Angebot - dafür garantieren, dass jeder dieses Angebot nutzt, können wir nicht. Es wird immer Eltern ... geben, deren Verhalten wir kritisch sehen. Wir können ihnen mit unserem Wettbewerb zeigen, dass wir es anders machen, anders sehen. Und so Einfluss nehmen. Trauer und Enttäuschung sind Teil eines Wettbewerbs. Ich stehe dafür ein, dass diese Gefühle angenommen werden, aber nicht bedeuten, dass man versagt hat!

Daher werde ich meinen Sohn zwar am Klavierzimmer in Köln mitmachen lassen, zumal wir da auch zusammen spielen können, aus JuMu möchte ich ihn aber bis auf Weiteres heraus halten. Ich glaube nicht, dass es in seinem Alter förderlich ist. Er kann bei Konzerten in der Musikschule mitspielen, er kann bei mir mitspielen, wir können etwas zusammen vierhändig machen. Auch so kann er üben, Bühnenerfahrung sammeln und das ganz ohne Druck einer Jury, die am Ende eine Bewertung macht, die ihn frustrieren könnte.

Und es ist wichtig, auf diese Gefühle zu hören! Denn jedes Kind ist anders - das eine profitiert davon, das andere nicht. Es gibt keine allgemeingültige Entscheidung! Aber auch nicht andersherum!

Wenn man einen Wettbewerb betrachtet als Wertungs-Spiele, wenn man den spielerischen Aspekt betont, die persönliche Weiterentwicklung, den Kontakt zu anderen sehr gut spielenden jungen Pianisten, die immer auch subjektive Entscheidung einer Jury, die bei einer anderen Jury möglicherweise anders hätte ausfallen können - dann ist soviel gute Musik auf einem Haufen ein Berg aus Gold, der ganz von allein weiter wächst.

Wenn Kinder auf Wettbewerben schwerstes Programm spielen dürfen, wird der Druck automatisch auf das davor/ was/ wie übertragen. Wenn ein Kind hogradig talentiert ist sehr schweres Repertoire zu lernen, dann spricht doch nichts dagegen das in der normalen Ausbildung zu tun. Worzu muss das im Wettbewerb erlaubt sein? Das ist im Sport gerade nicht so. Dort gibt es unzähliche Beispiele wo bestimmte Schwierigkeitsanforderungen für Kindern schlicht im Wettbewerb nicht gestartet sind. Beispiel der Springsport. Man kann alles Geld der Welt haben und das beste Pferd kaufen, ein 6 jähriges Kind kann man nicht ( selbst wenn es das könnte) in einen S- Parcours lassen. Aus all diesem nachwuchs kommen trotzdem Olympiasieger hervor, auch wenn die kingerecht ein Pony bekommen. Gibt es eine "Repertoirebremse" im Klavierwettbewerb? Wenn man alles spielen darf was man kann, gibts natürlich Menschen die das auf Teufel komm raus zügig herauspressen wollen.

Liebe Carnina, bezieht sich das jetzt allgemein auf Wettbewerbe oder auf unseren? Wenn Letzteres - welche Stücke genau meinst du denn? Hast du dir mal das Programm angeschaut? Und willst du wirklich Klavierspielen mit Springsport vergleichen? Ähnliche Vergleiche wären auch Turnen etc..

Liebe Grüße

chiarina
 

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