Klavierstimmen mal anders

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Alan.T

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19. Nov. 2019
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Hallo ihr, im Rahmen unseres Innovationsprojektes an der DHBW Karlsruhe würde es uns freuen, wenn ihr an unserer Umfrage teilnehmt. Es geht um das Klavierstimmen.

Hier der Link zur Umfrage:
https://forms.gle/rXwowgvpdQFhoCZy8


Schon mal im Voraus vielen Dank für Eure Unterstützung! :D
 
Ob diese Apparatur es wohl mit dem Gehör eines guten Klavierstimmers aufnehmen kann?
 
Vermutlich wäre es nicht das technische Problem, die Eigenfrequenzen der Seiten auf, sagen wir mal, 0,2Hz genau zu messen (mit >5s Messzeit!); auch könnte man sicherlich die wildesten historischen Stimmsysteme implementieren, dazu noch Abweichungen in Baß und Diskant (heißt das Spread?) etc. - die Kunst wird aber die Berücksichtigung der unwägbaren Abweichungen von der theoretischen Idealstimmung sein, die ein erfahrener Stimmer abhängig vom Instrument, Raum, Kunden, eigenem Geschmack...vielleicht auch unbewußt vornimmt. Vielleicht könnte ein KI-System das lernen, wenn es vorher 30 Jahre bei guten Stimmern mitlaufen darf :o)
Fraglich auch, ob solch ein Gerät sich um Intonation und all die technischen "Kleinigkeiten" kümmern könnte. Dumm wäre es, wenn eine Seite gerissen ist, die dumme KI aber am Stimmwirbel dreht und dreht, weil der Ton nicht höher wird...
 
Man merkt an der Haltbarkeit der Stimmung wie ob ein Profi am Werk war.
Wäre interessant ob das auch eine Maschine in guter Qualität hinbekäme.
 
Das "Problem" ist, dass eine Maschine oder ein Computer niemals kreativ reagieren können. Es erscheint mir schon ein Ding der Unmöglichkeit, individuell zu reagieren - jedes Instrument ist etwas anders. Eine 0815-Stimmung könnte vielleicht möglich sein. Aber sicher keine wirklich überzeugende Konzertstimmung. Dafür ist das Handwerk zu künstlerisch und zu feinmotorisch und erfordert ein zu großes Zusammenspiel verschiedener Sinne, Wahrnehmungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten.
 
Mein Flügel wurde heute erstmals mit Software-Unterstützung gestimmt (Veritune). Die Software misst Obertöne und bezieht das in die Berechnung der Stimmung ein.
Für mich sehr seltsam, weil der Stimmer immer nur eine Taste anschlägt. Ergebnis klingt sehr gut, ich kann mir seit heute vorstellen, dass Stimmautomaten möglich sind.
Die Umfrage konnte ich trotzdem nicht ausfüllen, da ich nicht bereit wäre, für ein solches Gerät Geld auszugeben und es keine passende Antwort auf die Pflichtfrage gibt.
 
Das "Problem" ist, dass eine Maschine oder ein Computer niemals kreativ reagieren können.
Das halte ich nicht für ein Problem sondern für einen riesigen Vorteil, den erfolgreiche Instrumentenbauer zum Teil ausgiebig nutzen (man schaue nur mal in den Geigenbau). Die "individuelle Reaktion" von Maschinen kann durch ihre objektive und sehr genaue Klanganalyse (wo man theoretisch Messdaten von jeder Ecke eines Konzertsaales mit einfließen lassen kann) viel exakter auf das jeweilige Instrument erfolgen.

Auch könnte ich mir vorstellen, dass z.B. das Setzen von Wirbeln durch Auswertung aller möglichen Daten genauer und gleichmäßiger von Maschinen erfolgen könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der Umfrage merkt man sehr deutlich, dass sie aus einer Blickrichtung kommt, bei der keine Erfahrungen im Klavierstimmen vorhanden sind. Einen Automaten zu konstruieren, der für alle Klaviere und Flügel passend die Stimmung durchführen kann, dürfte eine ziemliche Herausforderung darstellen.

Die eigentliche Messung der Stimmhöhe und Festlegung der Stimmkurve mit Streckung im Bass und Diskant sind dabei die geringsten Probleme. Dies ist von der Stimmtheorie her und softwareseitig alles seit Jahren bzw. teilweise Jahrzehnten gelöst. Stroboskopstimmgeräte gibt es schon sehr lange, mindestens seit den 1950/60er Jahren. Damit ist eine hinreichend genaue Messung der Frequenz möglich. Heute stehen auch softwareseitig einige Lösungen bereit, die die Klavierstimmung vor dem Hintergrund der etwas komplizierten Obertonverhältnisse analysieren und unterstützen können.

Ungelöst ist das mechanische Problem, sollte man einen Automaten mit dem Stimmvorgang betrauen wollen. Dies ist m.E. auch nicht so einfach zu lösen, da es von Instrument zu Instrument relativ unterschiedliche Reaktionsweisen gibt und sich ein Stimmer immer auf das jeweilige Instrument einstellen muss. Günstiger wäre es, wenn man von Anfang an ein anderes System als Wirbel und Stimmstock in das Klavier einbauen würde, welches sich leichter mit einem Mechanismus bedienen ließe.

Ein "self-tuning piano" gibt es bereits. Das hat der amerikanische Ingenieur Don A. Gilmore erfunden. Er hat diese mechanische Herausforderung auf elektrische Weise gelöst. Kurzfassung: Die Klaviersaiten werden zunächst manuell alle etwas höher gestimmt und dann durch das Einleiten von Strom erwärmt und daraus resultierend in der Länge gedehnt. Über Sensoren kann die genaue Stimmhöhe erfasst und der durchzuleitende Strom darauf reguliert werden. Dies ist ein sehr genialer Ansatz, da er komplizierte Mechaniken vermeidet. Gleichwohl eignet sich dieses System auch nur für neu angefertigte Instrumente und nicht als Nachrüstung, da Vorkehrungen getroffen werden müssen, um die Saiten elektrisch isoliert einzeln mit Strom versorgen zu können. Weiterhin ist der Stromverbrauch auch nicht ohne.

https://newatlas.com/gilmore-self-tuning-piano-system/21425/
 
Weil Wirbel keine Maschinenschrauben sind, muß das Gerät auch noch die für das Instrument passende Friktion erfassen und nicht nur ein Drehung sondern auch eine hoch-tief Kraft ausüben können. Das macht doch der menschlicher Stimmer, oder?
Bei Bösendorfer gibt es vielleicht den passenden Flügel mit Maschinenschrauben, wenn ich das richtig erinnere.
 
Die Hoch-Tief-Bewegungen am Klavier (bzw. vor-zurück am Flügel) macht man, um die Spannung in allen Saitenabschnitten ausgleichen zu können. Das dient auch der Überprüfung, ob die Saiten noch ganz geringfügig in Richtung "hoch" wandern kann und sich ebenso geringfügig in Richtung "tief" drücken lässt. Wenn man diesen Punkt hat, dann ist die Spannung in allen Saitenabschnitten ausgeglichen. Dies gilt nur für Instrumente mit "normaler" Reibung an Agraffe, Druckstab oder Silie. Bei erhöhter Reibung muss man anders verfahren. Denkbar wäre es schon, dass man dasselbe auch mit einem "Impulsmotor" erreichen könnte, der mikro-feine Bewegungen (genauer Drehungen) am Wirbel machen könnte, die manuell schwer dosierbar sind.
 
Interessant, an der Gitarre gibt es schon einen "Stimm Apperat" von Gibson.
Da das zugrunde liegende System beim Klavier gleich ist und "nur" mehre Saiten gestimmt werden müssen, ist es wohl erstmal nichts kompliziertes. :denken:

Ohne Ingenieur zu sein vermute ich, wird ein Piezo Tonabnehmer, eine kleine rechen Platine und eine Mechanik für das drehen der Wirbel genügen.

Allerdings könnte ich mir vorstellen dass es dann ein wenig "kalt" gestimmt ist.
Bei einer 6 Saitigen Gitarre noch kein Problem, aber wenn ich 10 Töne Anschlagen kann (wird clavio eigentlich von Verfassungsschutz beobachtet? Ich könnte mir vorstellen, dass nirgends sonst im Internet das Wort "Anschlag" so oft benutzt wird:-D) und dazu noch was im den Pedalen halte, muss das ja auch alles in sich stimmen:denken:
 

Günstiger wäre es, wenn man von Anfang an ein anderes System als Wirbel und Stimmstock in das Klavier einbauen würde, welches sich leichter mit einem Mechanismus bedienen ließe.
:super:
Ich werde nie verstehen, warum sich ein anderes System (z.B. Feinstimmwirbel, Tiroler Mechanik...) nicht längst durchgesetzt hat.

Er hat diese mechanische Herausforderung auf elektrische Weise gelöst.
Es gibt auch ein anderes rudimentäres "Self-Tuning"-System. Irgendwann mal auf YT gesehen:
Dort wird einfach die Frequenz jeder einzelnen Saite gemessen und durch Schrittmotoren nachreguliert. Die Stimmmechanik ist dort ähnlich wie bei Gitarren.
Das Ding stimmt ich permanent während des Spielens automatisch nach. Leider finde ich das Video nicht mehr.
 
Für den Hausgebrauch hält eine Stimmung 1 Jahr und kostet vielleicht 100 Euro. Jetzt kann man sich überlegen, was die Technik für ein selbststimmendes Klavier kosten und wie viele Jahrzehnte es dauern würde, bis sich das ammortisiert hätte.
 
@Peter Vielleicht hängt es mit dem Platz (Wirbel brauchen mehr Platz als Stifte) oder auch mit der Spannung der Saiten zusammen?
 
Vermutlich hat das ganz pragmatische Gründe, dass vom bisherigen System nicht abgewichen wurde: so wie es ist, funktioniert es gut. Welche (Fein-) Mechanik hält 100 Jahre ohne Wartung?

Der Vergleich zur Gitarre hinkt etwas, da dort die Spannung auf der Saite wesentlich geringer ist.

Aber warten wir es ab, was die jungen Leute vom Studiengang Maschinenbau sich einfallen lassen. Vielleicht haben sie eine zündende Idee und ein paar Spielräume muss man ihnen lassen.
 
@Peter Vielleicht hängt es mit dem Platz (Wirbel brauchen mehr Platz als Stifte) oder auch mit der Spannung der Saiten zusammen?
Vor 100 Jahren war das bestimmt noch der Fall. Inzwischen ist aber die Verwendung ganz anderer Materialien zu ganz anderen Preisen möglich. Zudem ist hinten raus (beim Flügel nach unten) reichlich Platz. Der Stimmstock selbst muss mit anderem Material auch nicht so groß dimensioniert werden. Dass er aus Holz ist, ist ja nur der Tatsache geschuldet, dass er die Stimmwirbel aufnehmen muss (denke ich mir).
Ich kann mir vorstellen, dass eine ständige Weiterentwicklung des Stimmsystems (bzw. die Durchsetzung einer Entwicklung) heute ein präziseres, genaueres, leichter zu bedienendes und auch noch preiswerteres System hervorgebracht hätte.
Es wurde halt nicht entwickelt. Natürlich nachvollziehbar. Das kostet, wenn man das gesamte Stimmsystem überdenkt, in der Entwicklung erst mal sehr viel Geld und Zeit.

Wenn da was kommt, dann vermutlich von den Chinesen. Die haben genug Reserven. :-D

Vermutlich hat das ganz pragmatische Gründe, dass vom bisherigen System nicht abgewichen wurde: so wie es ist, funktioniert es gut.
Ja, so sehe ich das auch.
 
Interessant! Dachte nicht, dass das schon mal bei Tasteninstrumenten probiert wurde.
Eine Tiroler Mechanik nach hinten über Umlenkrollen habe ich schon mal gesehen. Sah sehr interessant aus.
 
mein selbststimmendes Klavier...



Don A. Gilmore
Kansas City
 

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