Klavierkonzerte: welche an zwei Instrumenten aufführen?

  • Ersteller des Themas Pianojayjay
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Die funktioniert deshalb so gut, weil der Orchesterpart in diesem Konzert maximal unraffiniert ist - ähnlich wie in den Chopin-Konzerten. :-D

Bei Nr. 4 und Nr. 5 funktioniert das nicht mehr so gut, weil die erheblich mehr von den Orchesterfarben leben.
Die Chopin-Konzerte sind bereits im 19. Jahrhundert mehrfach in zweihändige Fassungen übertragen worden, beispielsweise durch Carl Reinecke, der auch weitere Klavierkonzerte in entsprechende Fassungen transkribiert hat:



Auch der spätere Gründer einer Vorläufer-Institution der Düsseldorfer Musikhochschule spielt ein Fragment einer solchen Bearbeitung (Januar 1890, nicht 1889):



Nach diesem OT-Einschub käme man zu einer plausiblen Antwort auf die Frage, welche Klavierkonzerte möglichst wenig von ihren Qualitäten verlieren, sobald statt eines Orchesters lediglich ein zweiter Pianist an einem anderen Instrument den Klavierauszug wiedergibt. In derartigen Konzerten wird der Orchesterapparat eher strukturell als klangfarblich akzentuiert behandelt, was auch für Tutti-Abschnitte (Orchestereinleitung, Überleitung zur Kadenz, Satzschluss) gelten sollte. Das dürfte für viele spätbarocke bis klassische Werke bis hinein ins frühe 19. Jahrhundert gelten. Je mehr Farben und Elemente des "romantischen" Orchesters Einzug in entsprechende Werke halten und je "symphonischer" und "orchestraler" die Satzweise ausfällt, desto klanglich unbefriedigender gelingt der Versuch, ein Orchesterklavier statt eines Orchesters zu besetzen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dürfte sich das Auseinanderdriften dieser Extreme zeitweilig ins Gegenteil verkehrt haben bei Vorliegen zweierlei Bedingungen: Entweder strukturorientiertes Musizieren nach (vor-)klassischen Vorbildern oder Gebrauch perkussiver Orchesterfarben, die auf dem Klavier gut darstellbar sind. Strawinsky, Hindemith, Schostakowitsch und andere dürften mit ihren Werken an zwei Klavieren adäquater "rüberkommen".

Hätte ich die Wahl einer Alternative, würde ich lieber zu Literatur für zwei auf Augenhöhe miteinander konzertierende Pianisten greifen und die Klavierquintette von Schumann und Brahms in der Fassung für zwei Klaviere musizieren. In jedem Falle sollte der Spieler des "Orchesterklaviers" sehr viel Spielerfahrung mit Klavierauszügen mitbringen, wie man sie sich als Instrumentalkorrepetitor im Hochschuldienst oder im Alltag des Musiktheaters aneignen kann. Sonst verfolgt einen das "Behelfsmäßige" in dieser Konstellation auf Schritt und Tritt, wenn man die orchestralen Klangfarben des Originals nicht einmal am Horizont erahnt.

LG von Rheinkultur
 
Ich finde, dass gerade Ravel sich nicht so eignet... :007:
Mozart klingt gut, Mendelssohn, Beethoven...
Gerade bei Ravel fehlen die Streichereffekte und die besonderen Holzbläserfarben komplett, wenn kein Orchester zur Verfügung steht. Wenn schon die Epoche des Impressionismus ein Orchesterklavier vorsieht, dann eher bei der Fauré-Ballade und der Debussy-Fantasie, die beide nicht so sonderlich oft zu hören sind.

Gerade bei Beethoven hat sich im Orchesterapparat einiges getan. Da würde ich schon lieber Haydns D-Dur-Konzert vorschlagen.

LG von Rheinkultur
 
Das erste Brahms-Konzert gibt es in einer vierhändigen Fassung, die der Komponist selbst arrangiert hat. Die klingt zwar ein wenig nach Hausmusik, ist dafür über weite Strecken vom Blatt zu spielen und kommt ganz ohne die gefürchteten Oktaventriller aus. Auch die unangenehmen Doppeloktaven in der Durchführung des ersten Satzes (Tempo I°) lösen sich quasi in nichts auf.
 

Sowas finde ich sehr unbefriedigend. Zum einen ist die Architektur des Werkes durch die verkürzte (um nicht zu sagen: verstümmelte!) Exposition komplett zerstört, zum anderen hat die Begleiterin ihren Part überhaupt nicht im Griff. Mozart-Klavierauszüge sind zugegebenermaßen nicht einfach darzustellen, die meisten sind überfrachtet und klingen - wenn man alles spielt - eher nach Rachmaninow als nach Mozart. Man muss sich also sehr genau überlegen, was man spielt und was besser nicht. Vernünftig - also konzertgeeignet - kann man Mozart-Konzerte an zwei Klavieren meiner Meinung nur aufführen, wenn man die Orchestertutti für zwei Klaviere arrangiert und den Solisten daran beteiligt. Alles andere taugt nur zur Vorbereitung auf eine Orchesteraufführung, aber nicht für eine Aufführung vor Publikum.
 
...dass nicht immer ein Orchester zur Hand ist, das ist nun mal so. Meist allerdings wird bei Klavierkonzerten im Unterricht an zwei Flügeln gespielt: der eine lernt, der andere "begleitet". Man kann auch mal die Frage stellen, warum dergleichen partout vor Zuhörern stattfinden soll... es gibt genügend Solowerke, und obendrein ein paar lohnende Solofassungen von Klavierkonzerten.
 
Mozart geht auch mit Streichquartett! Bei manchen muss man nicht mal was umschreiben (KV 412-415 wenn ich mich recht entsinne).
 



Ist zwar kein Klavierkonzert, aber meiner Meinung nach dennoch hörenswert.
 
...dass nicht immer ein Orchester zur Hand ist, das ist nun mal so. Meist allerdings wird bei Klavierkonzerten im Unterricht an zwei Flügeln gespielt: der eine lernt, der andere "begleitet". Man kann auch mal die Frage stellen, warum dergleichen partout vor Zuhörern stattfinden soll... es gibt genügend Solowerke, und obendrein ein paar lohnende Solofassungen von Klavierkonzerten.

Ist mir alles bewusst. Ich möchte aber gleichwohl ein Konzert einstudieren und auch aufführen, da mir das deutsche Juristenorchester (ja sowas gibt es!!) in Aussicht gestellt hat mal mit denen zu spielen. Daher hätte das ganze - sollte es sich bewerkstelligen lassen - einen guten Übungseffekt!
 

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