Klavierkauf: Schimmel Baujahr 1953?

Boah, ich bin schwer begeistert von euren Antworten! Danke!

@fisherman - der Verkäufer hat gespielt. Aber auf das schönste Stück verlass ich mich nicht mehr. So bin ich als Fünfjährige beim Akkordeon gelandet! Besser auf meine eigenen Finger verlassen. Und die fanden das erstmal sehr schön!

Okay, ich frag nochmal nach dem Gewicht (Tasten), Gewährleistung (übrigens 3 Jahre Garantie), nochwas wichtiges?

Wenn ich euch richtig interpretiere, dann ist das Gefühl wichtiger als der Verstand beim Klavierkauf. Bisher hat noch niemand was zu meiner Vernunftoption Zimmermann gesagt...
 
Besser auf meine eigenen Finger verlassen. Und die fanden das erstmal sehr schön!
Klasse! Meine Zustimmung hast Du!

Irgendwann habe ich mal die Empfehlung des Steingraeber-Chefs hier aus dem Gedächtnis aufgeschrieben, wie selbst ein Anfnäger ein Klavier testen kann. Vielleicht hat das jemand gespeichert oder kennt den Link - ich leider nicht mehr. Sorry.


Wenn ich euch richtig interpretiere, dann ist das Gefühl wichtiger als der Verstand beim Klavierkauf.
Versetz Dich bei beiden Klavieren gedanklich in die Nach-Kauf-Stimmung: Bist Du dann täglich glücklich? Kurzum: Bist Du verliebt? Wenn ja, sch... auf den Verstand!

Grund: Wenn Du glücklich bist, dann ist das Klavier perfekt - egal, wie es "wirklich" ist.
 
Ich stimme Fisherman ganz zu, wenn es "Klick" macht, kannst du den Kauf versuchen. Mietkauf beim Händler ist auch eine Überlegung wert, der kann dich über seine Angebote aber selbst am besten beraten. Der Kauf nach dem Verstand ist im Zweifelsfall zwar besser fürs Portemonaie (und das ist der Privatkauf gegenüber dem Kauf beim anständigen Händler nicht immer, vielleicht sogar eher selten), glücklich macht er aber nicht. Das tut das, was das Herz will. Da ist es dann einem auch eher mal egal, wenn ein neuer Stimmer ins Haus kommt und als erstes aufzählt, was er alles neu machen würde. Bei einem "Kompromiss" nagt das vielleicht an dir, und du fragst dich, ob dir das mit dem anderen erspart geblieben wäre. Das was man will, verteidigt man dann eher. Den unbewussten Vergleich mit dem, was man eigentlich wollte, übersteht der Kompromiss eh nicht.

Wenn es aber nicht unbedingt eines dieser beiden sein muss, kannst du weitersuchen. Andere Händler, andere Gegenden. Gebrauchte Schimmel und Zimmermänner gibt es immer wieder mal, und so viele andere Marken und Instrumente, die es zu testen gibt.
 
@Tarchen: Weise Worte sprichst Du da gelassen aus.
@Caro9383: Lies seinen Beitrag mehrmals durch. Hat es wirklich "Klick" gemacht beim Schimmel? Falls Du weiter nach gebrauchten suchst, nimm die Einkaufsmaxime von Piano Ehret (u.a.) als Richtschnur. Rieche und schaue ins Klavier hinein. Spiele blind auf ihm. Achte auf Renner-Mechanik (oder besser).
Falls Du neue Klaviere ins Visier nimmst: Schau Dir das Yamaha B3 an.
 
Irgendwann habe ich mal die Empfehlung des Steingraeber-Chefs hier aus dem Gedächtnis aufgeschrieben, wie selbst ein Anfnäger ein Klavier testen kann. Vielleicht hat das jemand gespeichert oder kennt den Link - ich leider nicht mehr. Sorry.

War es das?:

1) Man spielt mit einem finger und möglichst identischem Anschlag die ganze Tastatur durch.
Ist die Lautstärke UND Tonform homoggen, bzw. der Lage entsprechend und kontinierlich? Also im Bass: buhm, buhm, buhm - oder buhm, buoing, buhm? Im Diskant: ping, ping, ping oder ping, plink, ping?

2) jetzt, ebenfalls mit einem Finger - in jeder Oktave einmal: möglichst leise und immer lauter werdend bis zum Maximum. Wieviel ppp ist möglich? Wieviel fff? Vor allem: Wie verändert sich die Klangform - kann ich das steuern? Oder bleibt der Klang immer gleich?

3) Jetzt mal ganz gezielt die Tasten rings um den Übergang (von umsponnenen zu Einzelseiten) : klangliche "Ausfälle"? Abrupter oder homogener Übergang?

4) Mind. einmal je Oktave: Finger liegen lassen! Wieviel Sustain? Wie lange steht der Ton?

5) etwas schwieriger: Über alle Tasten mit einem Finger - öffnet sich der Ton, blüht er auf? Oder sackt er in sich zusammen?

6) Akkorde in den drei Hauptlagen: Sind einzelnen Töne klar getrennt? Erkennbar? Oder Brei? Steigerung auf 4 oder 5-tönige Akkorde. Dito.

7) Generelle Klangbeurteilung: Bass: Knarrig, weich, wattig, voll, dünn? Mitte: rund, flach, voll, gar orchestral (Obertöne!)? Diskant: glockig, schrill, spitz, scharf? M.E. bringt eine wohdurchdachte Verbalisierug hier viel Klarheit ins Hirn.

8) Tastenreaktion (subjektiv): Angenehm, zu schwer, zu leicht? Homogen über die ganze Tastatur?

9) Repetition, Triller? Zäh, flüssig, gar Aussetzer?

10) Wiederholung von 2, 4, 5, 6: aber mit beiden (!!) Pedal. Wie deutlich sind die Klangveränderungen? Wie reagieren die Pedale? Ab welchem Punkt passiert was?

Nahezu alle Mängel, die man hierbei entdeckt, lassen sich beseitigen - aber man muss sie eben benennen können, um hier den Aufwand abzufragen.

11) Echtes Spiel - erst recht Vorspiel vom Verkäufer: UNBEDINGT zwei Extreme anspielen lassen! Nämlich ein sehr dichtes, voluminöses Stück - hier kann man sehr gut die Transparenz beurteilen. Und
 
Da steht klar: Wir kaufen gepflegte Klaviere und Flügel ab Baujahr 1960 von folgenden Firmen: ...
Schimmel und Zimmermann werden genannt, aber das Schimmel ist von 1953.
 
War es das?:

1) Man spielt mit einem finger und möglichst identischem Anschlag die ganze Tastatur durch.
Ist die Lautstärke UND Tonform homoggen, bzw. der Lage entsprechend und kontinierlich? Also im Bass: buhm, buhm, buhm - oder buhm, buoing, buhm? Im Diskant: ping, ping, ping oder ping, plink, ping?

2) jetzt, ebenfalls mit einem Finger - in jeder Oktave einmal: möglichst leise und immer lauter werdend bis zum Maximum. Wieviel ppp ist möglich? Wieviel fff? Vor allem: Wie verändert sich die Klangform - kann ich das steuern? Oder bleibt der Klang immer gleich?

3) Jetzt mal ganz gezielt die Tasten rings um den Übergang (von umsponnenen zu Einzelseiten) : klangliche "Ausfälle"? Abrupter oder homogener Übergang?

4) Mind. einmal je Oktave: Finger liegen lassen! Wieviel Sustain? Wie lange steht der Ton?

5) etwas schwieriger: Über alle Tasten mit einem Finger - öffnet sich der Ton, blüht er auf? Oder sackt er in sich zusammen?

6) Akkorde in den drei Hauptlagen: Sind einzelnen Töne klar getrennt? Erkennbar? Oder Brei? Steigerung auf 4 oder 5-tönige Akkorde. Dito.

7) Generelle Klangbeurteilung: Bass: Knarrig, weich, wattig, voll, dünn? Mitte: rund, flach, voll, gar orchestral (Obertöne!)? Diskant: glockig, schrill, spitz, scharf? M.E. bringt eine wohdurchdachte Verbalisierug hier viel Klarheit ins Hirn.

8) Tastenreaktion (subjektiv): Angenehm, zu schwer, zu leicht? Homogen über die ganze Tastatur?

9) Repetition, Triller? Zäh, flüssig, gar Aussetzer?

10) Wiederholung von 2, 4, 5, 6: aber mit beiden (!!) Pedal. Wie deutlich sind die Klangveränderungen? Wie reagieren die Pedale? Ab welchem Punkt passiert was?

Nahezu alle Mängel, die man hierbei entdeckt, lassen sich beseitigen - aber man muss sie eben benennen können, um hier den Aufwand abzufragen.

11) Echtes Spiel - erst recht Vorspiel vom Verkäufer: UNBEDINGT zwei Extreme anspielen lassen! Nämlich ein sehr dichtes, voluminöses Stück - hier kann man sehr gut die Transparenz beurteilen. Und

11 sollte wohl weitergeführt werden im Sinne von ein eher filigranes zweistimmiges Stück, das alle Lagen des Instruments berührt, idealerweise die beiden Stimmen zwischen eng und weit auseinander in allen Lagen. Bach, Französische Ouvertüre wäre so etwas wo man gut herausfinden kann, wie alle Lagen des Instruments miteinander harmonieren.

12) Gibt es einen Punkt, an dem das Instrument in die Sättigung des Klangvolumens herankommt? Scheppert es über diesen Punkt hinaus, oder begrenzt die Dynamik der Mechanik soweit, dass es niemals scheppern kann? Oder gibt's vielleicht sogar einen Punkt, wo der Pianist am Ende seiner Kräfte angelangt ist, aber nicht das Instrument. Das wäre der Traum.
 

Interessante Betrachtung.

Spalten (=Schritte) zwischen den Tasten (=Töne) gibt es in der Tat nur 87 (= 7 1/4).
Also hat ein Klavier einen Umfang von 87 kleinen Sekunden. Die gleiche Denkweise gilt dann wohl auch für Oktaven.

Ich denke, ihr habt recht, denn ein Bösendorfer 290 Imperial hat 97 Tasten, um 8 volle Oktaven abzudecken.
https://www.boesendorfer.com/de/pianos/pianos/Concert-Grand-290-Imperial

Danke für die Korrektur. Ab sofort werde ich in Spalten zwischen den Tasten denken. ;-)

Wie kam es eigentlich zu diesen 7 1/4 Oktaven? (Früher waren es mal 85 Tasten, also 7 Oktaven)
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau, deutlich älter - wie lange "lebt" denn ein Klavier, gut und gesund?

Das hängt von den Gegebenheiten ab, in denen es lebte, und auch ein BISSCHEN von seiner Beanspruchung (wobei man die Verschleißteile bei einer richtigen Restauration fachgerecht erneuern kann, aber dann gilt der Preis nicht mehr ;-)).

Hier im Forum gibt es Leute, die große Freude an ihren Instrumenten aus dem vorvorigen Jahrhundert haben.

Bisher hat noch niemand was zu meiner Vernunftoption Zimmermann gesagt...

Doch, nämlich das Entscheidende: Dass es (aufgrund seines Baujahrs) noch aus der Bechstein-Fertigung stammt und nicht "irgendwoher". Es hat eine Renner-Mechanik wie das Schimmel (das ist jedenfalls dem Foto zu entnehmen).

Da es aus Privathand ist, kannst Du seine Haltungsbedingungen vielleicht (?) eher beurteilen als bei dem älteren beim Händler (dessen Vorgeschichte bestimmt niemand kennt). Ich persönlich würde (nota bene, nur aufgrund der vorliegenden Infos) zum Zimmermann tendieren.

Was meinst Du mit "Vernunft"? Tendiert das Herz zum Schimmel? Es ist wichtig, dass Du das Instrument "magst". Du wirst ja viel Zeit mit ihm verbringen und bist nicht Profi genug, um darin "nur" ein Arbeitsgerät zu sehen. ;-)

Andererseits freundet man sich mit jedem Instrument an (falls es nicht objektiv garstig ist). Man gewöhnt sich aneinander und kennt (meistens) auch nichts anderes mehr.
 
Guten morgen,

Mit all diesen Tipps werde ich am nächsten Wochenende das schimmelchen noch mal besuchen. Wenn er nicht eine Woche auf mich wartet, dann sollte das wohl nicht sein mit uns.

Ein bisschen kommt mir der Klavierkauf gerade vor wie ein Heiratsmarkt. Soll ich den soliden, vernünftigen nehmen, der so ein bisschen langweilig ist und mit dem ich vielleicht in ein paar Jahren nichts mehr zu reden weiß, der aber immer für Brot auf dem Tisch sorgt und keine Tränen verursacht. Oder den, der Schmetterlinge tanzen lässt und mir die Welt verspricht, bei dem es aber gut sein kann, dass er morgen über alle Berge ist und mich hungrig und mit tränenzerheulten Augen zurück lässt?

Anders als beim heiraten kann man beim Klavierkauf erst mal noch ganz viele andere anschauen. Und das werde ich zumindest diese Woche nochmal tun und dann sehen, ob es doch der Casanova Schimmel sein soll. So schnell verkauft sich doch ein Klavier (hoffentlich) nicht.

Ich werde berichten.
Tausend dank schon mal bis hierher!
 

Zurück
Top Bottom