Jeder klimperts, keiner kanns?

  • Ersteller des Themas jpa_Seuvelle
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jpa_Seuvelle

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27. März 2008
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Hallo liebe Forumsmitglieder,

Ich habe mich schon ein paar mal zu Wort gemeldet, aber jetzt stelle ich zum ersten mal ein Thema rein.

Ich gebe zu das jeder Hobby- und Anfänger"pianist" den ersten Satz der Mondscheinsonate spielt, das wurde ja im Forum schon ausführlich diskutiert. Oft war das Argument Nr. 1, und dem muss ich zustimmen, dass die Mondscheinsonate nicht mit genügend Gefühl gespielt wird.
Jetzt würde ich gerne alle die, die meinen es zu den Pianisten gehören, die weit genug sind dies besser zu machen, aufrufen. Spielt doch mal bitte ein wie man es besser machen kann. Ich persönlich habe mir die Mondscheinsonate auch aufgehoben und beginne jetzt erst sie zu lernen. Ich würde beim einspielen gerne den Anfang machen aber wie ich schon mal erwähnt habe, fehlen mir leider die technischen Mittel.
Ich hoffe diese Idee findet etwas anklang und ich verbleibe
mit freundlichen Grüßen und ein Dankeschön im Voraus
euer
 
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Na gut

Ich glaube ich habe es etwas zu sehr auf einen Teil begrenzt. Ich würde auch gerne Meinungen hören, obwohl ich weis, dass das hier ausführlich diskutiert wurde. Aber ich würde, jeden Falls was Meinungen angeht auch gerne die anderen Sätze vorziehen.
MfG
 
Ich hätte eigentlich etwas mehr Beteiligung erwartet. :rolleyes:
Traut sich denn keiner?!

marcus
 
Die Mondscheinsonate oder besser gesagt der erste Satz ist eben keinesfalls leicht, weder technisch noch interpretatorisch. Sicher kann jeder begabte Dilettant die Figuren gleichmäßig spielen; aber dies im pianissimo und einer minimal akzentuierten Melodielinie ist selbst für gute Pianisten ein ganzes Stück Arbeit. Wenn man nur einen Augenblick lang die Spannung verliert, hat man bereits versagt.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Anfang des dritten Satzes der "Hammerklavier"-Sonate. Der fis-moll Akkord nach den beiden Anfangsoktaven ist für mich der schwierigste der gesamten Klavierliteratur. Hier entscheidet sich, ob man ein großer Pianist ist. Bei youtube gibt es eine Aufnahme von Lifschitz. Wenn man diese mit Brendels vergleicht, glaubt man unterschiedliche Stücke zu hören.
 
...während einige es sogar zupfen und einer kann's auf jeden Fall

da das Thema hier bislang nicht sonderlich verfolgt wurde, erlaube ich mir - auch auf die Gefahr hin, den PuristInnen unter uns auf die Tastatur zu treten - auf eine nun sehr besondere Einspielung hinzuweisen;)
(hätte ich sonst unterm Forum Sonstiges/Videos gepostet. Hoffe, die bislang wenigen Interessierte am eigentlichen Thema werden es mir nachsehen).

http://de.youtube.com/watch?v=kS8eVFq1ZdU&feature=related

Absolut gelungen finde ich. Ganz neue Perspektive.
 
Wie vielen "Klassikern" (im Sinne von "Evergreens", nicht als Epochenbezeichnung ) wird dem Stück zu wenig Respekt entgegengebracht. Jeder, der einen gebrochenen Akkord spielen kann, macht sich gleich dran. Ist halt oft so bei Stücken, die so bekannt sind, dass sie für viele Leute auch eine Motivation darstellen. Es ist vielleicht auch nicht unbedingt verkehrt, sich mal an etwas dran zu machen, was eigentlich noch zu schwer ist; dann merkt man vielleicht, was einem noch fehlt; die Einsicht, dass man es nicht "kann", kommt noch früh genug, wenn das musikalische Verständnis wächst ;)
 
Es ist vielleicht auch nicht unbedingt verkehrt, sich mal an etwas dran zu machen, was eigentlich noch zu schwer ist; dann merkt man vielleicht, was einem noch fehlt; die Einsicht, dass man es nicht "kann", kommt noch früh genug, wenn das musikalische Verständnis wächst
Die ganzen Anfänger, die das spielen, haben doch gar kein musikalisches Verständnis, und der Großteil von denen wird auch nie eins entwickeln, weil viele nach paar Jahren wieder aufhören.
Bei denen bringt das nichts.

Lustig find ich aber, dass die wirklichen Knaller ( späte Beethoven-Sonaten, Liszt Etüden), ohne jetzt andere Stücke unterschätzen zu wollen, die auch technisch und musikalisch sehr anspruchsvoll sind, nicht von Anfängern bis zum Heulen durchgespielt werden können, weil die da natürlich schon bei der ersten Note auf die Schnauze fliegen würden, sodass sogar sie selbst es hören würden.
 
Hallo Seuvelle,

Mir gings ganz ähnlich wie dir. Ich hab sie mir auch aufgehoben, die Sonata quasi una Fantasia, dieses allzu leicht unterschätzte und zu oft als Hintergrundmusik missbrauchte Nachtstück. Es hat mich Jahre gekostet, bis ich mir das geistig zutraute, was für viele eine Art Selbstverständlichkeit ist.

Zunächst etwas zum Namen. Rellstabs Vergleich, jene Sonate sei wie eine Bootsfahrt über den nächtlichen Vierwaldstättersee, ist vielleicht leicht nachvollziehbar, verfehlt aber gänzlich die Intentionen Beethovens. Dieser hatte wohl kaum an eine romatische Bootsfahrt gedacht, nein, vielmehr befand er sich in höchstem Selbstzweifel aufgrund seiner Enttäuschten Liebe zur Widmungsträgerin dieser Sonate, der Gräfin Giulietta Giucciardi, er hegte sogar ernste Heiratsgedanken.

Aber es kam alles anders: Sie entschied sich für einen ihres Standes, entschied sich gegen ihren musikalischen Verehrer. Im ersten Satz, der gleichzeitig sehr stark an einen Trauermarsch erinnert, trägt Beethoven seine Liebe zu Grabe, und zwar auf seine eigene, unnachahmliche Weise. Diese Erkenntnis ist es, die dem Stück einen völlig neuen Character verleiht, die Sonate aus dem bloßen Horizont eines "Nachtstücks" herausrückt.

Zur interpretation bleibt zu erwähnen, der Titel FANTASIE deutet darauf hin, das diese Sonate relativ frei komponiert ist, sich also weniger an Konventionen hält, wie ihre anderen Vertreter aus der frühen Schaffensperiode Beethovens.

Es waren nämlich jene Fantasierwettbewerbe, welche Beethoven seine steil aufsetigende Karriere zu verdanken hatte. Abende, an denen die besten Pianisten gegeneinander antraten und sich "auf musikalisch" duellierten. Leider ist von Beethovens Fantasien keine Überlieferung in Noten erhalten, aber diese Sonate gibt, gerade im Bezug auf Virtuosität, Kenntnis, mit welchen Formen Beethoven die Wiener Gesllschaft schockierte:

Als da wären: Exzessiver Gebrauch des Pedals, Neapolitanische Sextakkorde, und in der Solokadenz des dritten Satzes eine Passage, in der jeder Sterbliche
seinen Meister findet. Dieses Stück ist, um es mit einem Wort zu sagen, titanisch...

Auch ich befinde mich im Bezug auf die oben genannten Punkte noch in gigantischer Ferne einer Idealinterpretation... mal sehen, was die Jahre des intensiven Studiums jenes Stücks noch bringen...

mfg WSH
 
Ich glaube ich habe es etwas zu sehr auf einen Teil begrenzt. Ich würde auch gerne Meinungen hören, obwohl ich weis, dass das hier ausführlich diskutiert wurde. Aber ich würde, jeden Falls was Meinungen angeht auch gerne die anderen Sätze vorziehen.
aus der Sicht eines konzerterfahrenen Pianisten:
a) diese Sonate ist bzgl. der manuellen Anforderungen völlig unproblematisch zu spielen, es gibt nicht einen einzigen Takt, welcher denjenigen, die Chopins und Liszts Etüden beherrschen, irgendwelche Probleme macht. ABER DARIN LIEGT DIE GEFAHR: weil es "eher leicht" ist, kann man leichtsinnig, unpräzise werden und infolge der mangelenden Beanspruchung des technischen Vermögens vergessen bzw. "überspielen", dass hier grandiose "Bekenntnis-Musik" vorliegt.
--jeder, der über die manuellen Voraussetzungen verfügt, MUSS sich bei jedem Takt fragen, was er bedeutet und wie er (auch im Kontext) so sinnvoll wie möglich klingt
b) der erste Satz: ABSOLUT EISERNE GLEICHMÄSSIGKEIT, sempre una corda, aber alle crescendi, diminuendi und "subito piano" übertrieben deutlich (man nehme Arraus Ausgabe!!!!!!!) - - - dieses überirdisch traurige "Nocturne" bedarf keiner interpretatorischen Romanitk, es ist aus sich selbst Romantik par excellence!!! ---- kleine Tipps: je häufiger (aber klanglich diskret!) das permanent benötigte Pedal gewechselt wird, umso besser; zeitweilig, um sich an das immense Ausdrucksgewicht jeden Tones zu gewöhnen, legatissimo spielen - später kommt dann eine freiere (leichtere) Handhabung von allein
c) der zweite Satz: Tempo di Menuetto, lieblich, immer übertrieben cantabile die Melodie: je deutlicher undklanglich übertriebener die Melodie, umso besser; ansonsten Beethovens Dynamik, Agogik und jedes nochso unscheinbare Zeichen beachten: artikuliert man wirklich alles, wie er es vorschreibt, dann wird es hinreissend klingen!!! Denkt an Ravel: "ich will nicht, dass man meine Musik interpretiert, man soll spielen, wie es geschrieben ist" WOW!!!
d) das Presto: ausprobieren, wie man schnell und forte spielen kann, um die klanglichen Reserven für crescendoal fortissimo zu haben -- ansonsten keine Angst, der Satz IST technisch UNPROBLEMATISCH!!! "Normale" Arpeggien, "normale" Doppelgriffe etc. --- TIPP: wer Beethovens 32 Variationen c-Moll WoO technisch beherrscht, wird sich in der leichteren Mondscheinsonate wohlfühlen und so richtig aus dem Vollen schöpfen können - die Betonung liegt freilich auf "können": die Effekte sparsam einsetzen, damit man nicht am Anfang schon alles verpulvert hat.
Lehrreiche Aufnahmen: Kempff (himmlisch), Lupu (romantisch), Horowitz (viel besser, als alle grimmen deutschen Kritiker schreiben!!!), Rubinstein
------und viel Freude (!!!) beim üben

herzliche Grüße aus Warszawa, Rolf
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Da der Titel so schön provokativ formuliert ist, melde ich mich auch mal zu Wort obwohl ich mit keiner Einspielung aufwarten kann.

Ich muß ehrlich sagen, daß ich diese ewige Diskussion darüber, wann man dieses Stück spielen sollte, nicht mehr interessant finde. Sensiblere Leute verfallen vielleicht in Ehrfurcht und fürchten, daß sie noch nicht so weit sind, wenn ihr Lehrer es vorschlägt und andere spielen es sowieso. Und davon, der Sonate die ihr gebührende Ehrfurcht zuzugestehen, kann sowieso keine Rede sein, denn durch diese Diskussionen kommt sie doch eher in Verruf. (Alkans Klaviermusik wurde z.B. lange Zeit fast überhaupt nicht gespielt, weil die Leute dachten, das könnten nur Halbgötter).

Um es kurz zu machen: Bewunderung, Ehrfurcht, Verehrung und meinetwegen auch Vergötterung kommt den Komponisten zu, die solch fantastische Musik schreiben und denen, die diese auch wirklich zum Leben erwecken. Die Noten selbst kann man verhackstücken wie man möchte, man darf dafür nur kein Lob erwarten. Und nichts kann die Erfahrung ersetzen, die man macht, wenn man Noten von früher wieder in die Finger bekommt und plötzlich festellt, daß man das ja auch gut spielen kann, wenn man die inzwischen dazugewonnenen Fähigkeiten einsetzt ;)

Es bleibt natürlich die Frage bestehen, ob es wirklich sinnvoll ist, Monate damit zu verbringen, diese Sonate einzuüben, wenn keine realistische Hoffnung besteht, daß am Ende auch Musik dabei herauskommt. Aber man muß ja auch mal sehen, was einen so alles erwartet, wenn man dabei bleibt und ein gewisses Lernvermögen besitzt. Ich führe solcherlei "Probelesungen" häufig durch und finde, die sollten auch Bestandteil des Unterrichtes sein. Das erweitert den Horizont und macht hungrig auf mehr - eine hervorragende Motivation!
 

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