spielen statt klimpern - nur wie???

S

spinette

Guest
Liebe Tastenfreunde,

nun bin ich gut ein halbes Jahr dabei - und echt megastolz, das Menuett in G-Dur aus dem Bach-Notenbüchlein fehlerfrei „spielen“ zu können - d. H. mit den Fingern die richtigen Tasten treffen - im Einspielungsforum/youtube hab´ ich´s mal reingestellt... Leider ist es so, dass ich am Klavier/e-piano schlecht „höre“, d. H. ich merke während des Spiels nicht, dass es unrund läuft - vor allem „haue“ ich, grade am Taktbeginn, viel zu doll auf die Tasten.
Mein Klavierlehrer tadelt mich auch oft, zu hektisch bei der Sache zu sein... Dass dem tatsächlich so ist, merke ich ERST, wenn ich das Stück aufnehme und dann anhöre - dann bin ich enttäuscht, weil es sich eher nach Geklimper als nach Klavierspielen anhört. Gibt´s da Tricks, die helfen, besser zu werden???
Z. B. viiiiiel langsamer spielen und sich nach 500 Slow-Motion-Versionen dann im Tempo steigern? Häufiger Tonleitern spielen? Den Lautstärkeregler auf volle Pulle und dann so leicht wie möglich anschlagen, um die Nachbarn nicht zu wecken?
Mit Czerny wurde ich bereits konfrontiert - ist leider nicht so mein Fall... .
Nach dem Menuett in G-Dur habe ich mir aus dem Notenbüchlein das Menuett in g-moll vorgenommen. Und da kommen mir wieder diese „Das-schaffe-ich-nie-Gedanken“... na, mal gucken. Im Anfängerforum wurde ja oft schon auf das Notenbüchlein verwiesen oder auf Schumann, Album für die Jugend. Puh - ich finde die Stücke doch ganz schön schwer, also es kostet als Anfänger Zeit und Mühe, sie einzustudieren (aber als Anfänger möchte man ja auch nicht immer nur „easy-going-Sachen“ spielen).

Nun denn, erst mal liebe Grüße aus dem Norden sendet
Spinette
 
Kann es sein, dass du einfach zu ungeduldig und hektisch bist?

Hast du schon mal mit einem Metronom gespielt, was dich in deiner Schnelligkeit etwas ausbremst?
 
Danke für den Tipp mit dem Metronom! Das habe ich beim Menuett nämlich noch nicht zum Einsatz gebracht! Hm - irgendwo habe ich mal gelesen was von 108 Schlägen bei diesem Stück... vielleicht empfiehlt es sich, es dann erst mal etwas langsamer anzugehen (zumal die Mordents auch nicht sauber sind...).
 
Ja - während ich am piano sitze und spiele, höre ich mir ja zu:
Das Menuett ist dann wunder-, wunder-, wunderschön - fast schon so wie bei Rubinstein und Co. :-D. ABER: Wenn ich von meinem eigenen Spiel dann eine Tonaufnahme mache, klingt es plötzlich wie... Geklimper :blöd:
Hm - vielleicht stimmt dann was mit meinen Ohren nicht :party:.

P.S.: Noch viel, viel schlimmer ist es, wenn ich eine Sprach-Aufnahme von mir höre: Hört sich vom Band ganz, ganz anders an wie während des Sprechakts - kennt wohl so ziemlich jeder :coolguy:
 
Du bist erst ein halbes Jahr (!) dabei, gib dir Zeit. Natürlich klingt es nicht wie bei Rubinstein und Co., aber das ist doch normal. Und dass du bei den Aufnahmen Dinge hörst, die dir beim Spielen nicht auffallen ist auch normal.

Ich denke, bei dir ist alles in Ordnung und du musst einfach dranbleiben. Aufnehmen ist immer gut und am besten archivierst du dir die Aufnahmen. Wenn du das Menuett in einem Jahr nochmal spielst, kannst du es mit deiner alten Aufnahme vergleichen und dann klingt es bestimmt schon viel besser.
 
Bei mir wurde das besser als ich mich damit abgefunden hatte, dass ich es halt nicht besser kann und plötzlich wurde es dramatisch besser. :-D

Hatte also etwas mit innerer Entspanntheit zu tun.
 
Ja - also das Menuett habe ich ja inzwischen fast 1000 mal gespielt - innerhalb von zwei Wochen :-D - und ich war richtig happy, als auch der zweite Teil „flutschte“.
Der Tipp von Riesenpraline mit dem Metronom ist wirklich Gold wert :pokal: - gerade eben übte ich das Menuett in Moderato und siehe da: die Mordents werden „sauberer“.
In den Ferien will ich mich nun ans g-moll Menuett dranmachen - und vielleicht mal bei Schumann reingucken - und hoffe, dass sich die „das-schaffe-ich-nie-Gedanken“ dann in drei Wochen in Luft aufgelöst haben (jedenfalls wäre ich wieder richtig stolz, es immerhin „klimpern“ zu können...).
 
Ja - während ich am piano sitze und spiele, höre ich mir ja zu:
Tust du nicht. Darum klingt die Aufnahme so anders. Die Sache ist nämlich die: Wenn du dich aufs Spielen konzentrierst, hörst du dich nicht mehr. Du musst dich also bewusst aufs Hören konzentrieren und unbewusst spielen. Halte ich für einen der schwierigsten Aspekte des Klavierspiels überhaupt.

Aber keine Panik: Das Aufnehmen ist eine feine Abkürzung, sein Spiel zu verbessern, und sein Gehör zu schulen. Einfach dran bleiben.
 
Hör dir Aufnahmen anderer Pianisten an und vergleich sie mit deinen eigenen.

"Warum gefällt mir dieser Takt mehr als bei mir?"
"Was hat der Pianist hier gemacht, dass es mir besonders gut gefällt?"

Solche Fragen musst du dir stellen und beanworten können. :-)

Klimpern ist für mich das Herunterspielen eines Stücks, während beim Üben genaues Hinhören unvermeidbar ist.
 

Ja - normalerweise gucke ich ja auf die Noten oder bei schwierigen Stellen auf die Finger... Es hört sich tatsächlich schon anders an, wenn man einfach mal die Augen schließt und blind spielt...
 
... na - immerhin gibt es bei youtube auch Aufnahmen vom Menuett, die mir nicht so gut gefallen wie meins... aber auch einige, die RICHTIG gut sind ...
 
Liebe spinette,

ich habe mir deine erste Einspielung (G-Dur-Menuett) im Einspielfaden angehört und freue mich sehr darüber, dass du hier was einstellst, weil du dich verbessern und Feedback haben willst.

Mir gefällt an deiner Einspielung, dass es rhythmisch ganz in Ordnung ist und du ein Gefühl für das Tänzerische dieses Menuetts hast!

Sehr viel verbessern kannst du am musikalischen Verständnis und dem damit verbundenen Üben! Wie ist dieses Stück komponiert? Wo würdest du wie in Texten Punkt und Komma setzen, wie gliedert sich dieses Menuett? Hast du schon einmal etwas von Vordersatz und Nachsatz gehört? Hier kann man etwas darüber lernen, vielleicht lernst du sogar das dortige Beispiel, ein hübsches Menuett von Rameau:

http://www.musikanalyse.net/tutorials/periode-und-satz/ (Anfang des Textes).

Die Struktur des Stückes bestimmt die Gestaltung und im link kannst du nachlesen, dass bestimmte Töne eine Art roten Faden bilden und die Struktur kenntlich machen.

Dann fragt es sich, wie du z.B. den Vordersatz gestalten willst oder die Teile, die du durch Kommata, Punkte etc. trennen würdest. Wo ist dein Ziel, wo willst du hinspielen? Momentan spielst du alle Töne ziemlich gleich laut und das ist das, was du als klimpern bezeichnest - es klingt unlebendig. Es ist aber so, dass Melodien der Sprachmelodie sehr ähnlich sind, sich spannen und entspannen und ein oder mehrere Höhepunkte aufweisen. Such mal im Archiv nach "Phrasierung" - da gibt es eine Menge.

Dann stehen die Harmonien untereinander in bestimmten Spannungverhältnissen und es lohnt sich, sein Ohr darauf zu richten. Das verbindet man prima mit Harmonielehre.

Das bedeutet auch ein flexibles und vielfältiges Üben, bei dem man keinesfalls immer nur durchspielt. Man hört das Stück quasi immer wieder aus neuen "Hörperspektiven" und dann wird es nicht mehr klimpernd klingen.

Statt Etüden und Metronom lieber mit Hilfe des KL das Stück verstehen und intensiver hören lernen, bringt dich weiter! :) Am besten gleich dann, wenn man das Stück beginnt zu üben.

Dabei wünsche ich dir viel Freude und Erfolg! :)

Liebe Grüße

chiarina
 
BABB3FCD-DB76-4BFD-A716-6306DD1A7B25.jpeg Ja - dieses Driddeldiddelding liebe ich :herz: - eben weil es ein „schaffe-ich-nie“-Teil gewesen ist :-D. Und nun lasse ich kein Mordent mehr aus...

Aber erst mal Dir Chiarina vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! Ja, von Phrasierung spricht mein Klavierlehrer auch oft - daran muss ich unbedingt arbeiten... Wie haltet ihr es mit Eintragungen in den Noten? Ich muss mir immer aufschreiben, wie ich wo was spielen soll, will... Z. B. legato, atmen etc. Die Halbtöne kennzeichne ich mit rotem Bleistift um nicht daneben zu hauen. Als „Beispiel“ habe ich meine Noten vom Menuett eingefügt. Mit meinem Lehrer habe ich natürlich auch drüber gesprochen. Es ist ja ein Schreittanz und grds. werden Achtelnoten im Legato gespielt und Viertelnoten schrittweise (mit Ausnahmen)... na, ich werde demnächst hier und da radieren und neue Eintragungen machen als Anhaltspunkt....

Nun ja - demnächst kommen weitere „schaffe-ich-nie-Sachen“ dran...

Liebe Grüße, gehabt Euch wohl und schönes Wochenende!
Spinette
 
Hallo Spinette,
Ich finde deine Aufnahme nach 6 Monaten durchaus respektabel, wahrscheinlich besser als ich es nach 6 Monaten konnte/gekonnt hätte. Du machst dir ja viele Gedanken, wie du zum Spielen kommst. Weiter so! Ich klimpere ja auch nach 20 Jahren noch rum, das reicht mir aber. LG
 
Danke Ludo :-), ich habe aber auch von allen Stücken daran am allerlängsten geübt! Und hatte Notenvorkenntnisse im Violinschlüssel und habe vor 35 Jahren einen Schreibmaschinenkurs absolviert (daher der kräftige Anschlag mit der linken Hand) und hab‘ früher mal Gitarre gespielt und liebe viele Stücke von Bach (egal, dass das Menuett tatsächlich von Petzhold ist) und habe einen sehr motivierenden Klavierlehrer...

Hast Du nur die Cembalo- oder auch die Klavier-Version gehört?


View: https://www.youtube.com/watch?v=5xHFLWindCc


Bei der Klavier-Version sind etliche Töne leider zu „herausragend“...
 
ich finde das auch gar nicht so schlecht wie du selbst es zu finden scheinst. Mir gefällt's.
 

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