Jazz Exercises (Peterson)

K

kalessin

Guest
Kennt jemand die Jazz Exercises von Peterson? Ich breche mir derzeit am ersten quasi die Ohren. Mit Metronom und maximal 100 bpm komme ich mittlerweile im Schnitt mit 2-3 "Rausrutschern" so leidlich durch, bei 80 bpm mit höherer Chance komplett. Aber ist das normal, dass ich das als tatsächlich schwerer empfinde als manches Beethoven-Stück? :cry2:

PS: das hier ist allerdings wirklich unverschämt. Wobei der Mensch die Rhythmik der Übung ziemlich aus dem Fenster wirft, die meiner Meinung nach ein nicht unwesentlicher Teil des "Schwerseins" ist: u.a. abwechselnder Betonung links und rechts, z.B. in Takt 19-20 (wenn wer die Noten kennt), natürlich alles sauber in Jazz/Shuffle, also triolisch.

 
Das hat mit Jazzrhythmik nix zu tun. Klingt wie Bach auf Kokain.

CW
 
Sag ich ja, der Mensch ruiniert das Stück durch sein "Super"-Tempo. Was nix dran ändert, dass ich Knoten in den Fingern kriege und mir die Ohren breche, oder andersherum. Ist irgendwie einfach komplett ungewohnt, aber ich glaube das ist genau der Sinn, den sich Oscar Peterson dahinter gedacht hatte: man hat aus der Klassik einfach überhaupt kein "Vokabular" für Jazz. Ich hoffe nur, ich werde noch fühlbar besser... :-|
 
Das ist mal wieder ein ganz typischer Fall von: Klassischer Pianist bzw. bisher her nur klassisch unterrichteter Klavierspieler möchte "auch mal so ein bisschen Jazz spielen". Und zwar gilt das sowohl für Kalessin als auch für den Mann im Video.

Letzterer ist wahrscheinlich kein Jahrhunderpianist, aber laut seiner Webseite zumindest ein solide ausgebildeter Profi, der ganz gut im Geschäft ist. Man fragt sich allerdings, warum er sich die Blöße gibt, seine vollständig am Thema vorbeigehende Einspielung der Exercises auf Youtube zu posten. Wenn man einige Orginal-Aufnahmen von Oscar Peterson gut kennt, kann man in dem Video passagenweise vage erahnen, wie diese Musik von Peterson gemeint sind. Natürlich spielt der Mensch im Video die richtigen Noten und auch in einem realistischen Tempo, was aber völlig daneben geht sind Rhythmik, Beat bzw. Swing ("Groove" ist ein entsetzlich überstrapazierter und missbrauchter Begriff!), Phrasierung und Akzentuierung, bzw. sie existieren nicht. Wahrscheinlich ist sich Phillip Sears dessen schon auch irgendwie ein Stück weit bewusst. Is ja klar, Art Tatum und Peterson sind mittlerweile auch für klassische Pianisten gottgleich, aber ansonsten dreschen die meisten Jazzer ja eh nur unsensibel in die Tasten, oder, und da möchte man sich als klassischer Pianist schließlich nicht einreihen. Man geht dann davon aus, dass man die fehlende Jazz-Anschlagskultur (blöd umschrieben, aber wahrscheinlich klar was gemeint ist, oder...?) durch Technik, "Sensibilität", "Ausdruck" und "Musikalität" im E-Musik-Sinne wett machen kann.

Funktioniert aber nicht ! Dafür ist dieses Video eine sehr schöne Illustration.

Eigentlich wollte ich nicht stänkern! Vielleicht will Kalessin ja tatsächlich nicht mehr, als ein paar "Jazz-Nummern" in sein Repertoire aufnehmen. In dem Fall liegt es nahe, sich so was wie die Exercises anzueignen. Man sollte aber nicht davon ausgehen, dass das Ergebnis dann irgendwas mit Jazz zu tun hat. Hat es nämlich nicht, höchstens auf dem Papier.

Wenn Du tatsächtich wissen willst, wie man diese Stücke spielt, dann recherchiere nach einer Aufnahme, die Peterson selbst spielt oder höre Dir langfristig möglichst viele andere Peterson-Aufnahmen (solo oder mit Band ist egal) möglichst oft, möglichst aufmerksam an und im allerbesten Fall transkribierst Du sie selbst.

Zum Einstieg: Das Album "Night Train" ( http://www.amazon.de/Night-Train-Oscar-Peterson/dp/B001SQO5YM ) oder das Album "Live" (von 1991 http://www.amazon.de/Oscar-Peterson...409055693&sr=1-1&keywords=oscar+peterson+live ) und aus letzterem im besonderen die Stücke Allegro, Andante und Bach's Blues, die Peterson zu Bachs 300. Geburtstag geschrieben hat. Insbesondere bei "Allegro" lacht einem das Herz, wenn man sich schon mal mit Präludien und Fugen aus dem WTK rumgequält hat. Da wärn wir dann wieder bei ...

Oscar Peterson war übrigens auch meine Einstiegsdroge... Gutes Zeug!

LG

TJ
 
Verzeihung, aber weißt du auch nur irgendwas darüber, mit welcher Einstellung ich an Jazz gehe, und was mein Ziel dabei ist? Aha, dachte ich mir. Belassen wir es dabei, dass "auch mal so ein bisschen Jazz" definitiv nicht das Ziel ist. Wenn ich mir aber derlei Unverschämtheiten anhören soll, weil ich zugebe, mit einer Übung Schwierigkeiten zu haben, lassen wir's wohl besser gut sein.

PS: dass die "Darbietung" dieses Pianisten ziemlicher Kappes ist, sagte ich doch? Sie ist "schnell", mehr nicht.
 
...wo liegt das Problem? Du wolltest Einschätzungen zu Deiner Frage... hab ich Dir gegeben!
Ich habe vielleicht etwas zu allgemein geantwortet... Das hier:
... man hat aus der Klassik einfach überhaupt kein "Vokabular" für Jazz. Ich hoffe nur, ich werde noch fühlbar besser... :-|
kenne ich aus eigener Erfahrung nur zu gut, deshalb habe ich mir erlaubt, in meiner Antwort etwas weiter auszuholen. Im günstigsten Fall erspart Dir das den einen oder anderen Umweg/Irrweg. Wenn Du meine Anmerkungen doof findest, vergiss sie einfach gleich wieder...
 
Mir ist bewusst, dass Jazz eine komplett eigene Musik-Richtung ist, und ich schrieb ja sogar schon, dass man aus der Klassik kommend kaum etwas hat, auf das man "bauen" kann. Im Gegenteil hat sogar Peterson selbst meines Wissens gesagt, dass seiner Ansicht nach beginnende Jazz-Pianisten große Schwierigkeiten haben, weil Jazz eigenständig zu sehen ist, und man nicht den Fehler machen sollte, die Komplexität zu unterschätzen (was auch genau der Grund ist, warum er seine Exercises und Etüden geschrieben hat).

Mein Problem bei deiner Reaktion liegt darin, dass du eben nicht konstruktiv warst. Das beginnt schon mit der Geringschätzigkeit, mit der du annahmst, ich wolle nur 'auch mal so ein bisschen Jazz' spielen, oder ich wolle vielleicht nur 'ein paar "Jazz-Nummern" in mein Repertoire aufnehmen'. Ist dir tatsächlich nicht klar, wie beleidigend und herablassend das war?

Natürlich höre ich mir auch insbesondere Peterson im Original an. Das Buch zur Harmonielehre von Sikora ist seit einiger Zeit Nachtlektüre. Das ändert nichts daran, dass einschlägige Übungen für die Fingerfertigkeit, Rhythmik und auch als Basis für die Improvisation kein Unfug sind, gerade weil ich noch relativ am Anfang stehe. Wie gesagt, wenn du etwas Konstruktives hast, das mir weiterhilft: nur her damit. Davon habe ich in deinem "Nicht-Stänkern" oben leider zwischen den Tiraden, was für ein ignoranter Vollidiot ich doch sei, nur wenig gefunden. :-|
 
Mir ist bewusst, (1) dass Jazz eine komplett eigene Musik-Richtung ist, und ich schrieb ja sogar schon, (2) dass man aus der Klassik kommend kaum etwas hat, auf das man "bauen" kann.
bei (1) stimme ich dir zu, bei (2) nicht.

dass Peterson auf seinen Aufnahmen die "klassischen Tugenden" von gekonnter Phrasierung und sehr feiner pianistischer Klangbalance aufweist, wird wohl niemand leugnen :-) und dass in dem Link mit den scheußlich abgeklimperten Exercises das nicht der Fall ist, ist unüberhörbar :-)

bzgl. der Rhythmik bin ich davon überzeugt, dass man nicht vor unüberwindlichen Schwierigkeiten steht, wenn man diverse Bartok- und Skrjabinsachen ordentlich spielen kann

gewiß sind fest fixierte Etüden etwas anderes als die an Mustern orientierte improvisatorische Spielpraxis (da gehört natürlich viel Erfahrung dazu, exzellente praktische Verfügung über die Muster der Jazzharmonik usw), aber wenn es darum geht, Petersons Etüden und Exercises zu spielen, steht niemand vor unlösbaren Aufgaben, der technisch und musikalisch paar Chopinetüden, etwas Skrjabin, Bartok und einige schnelle Bachsachen anständig drauf hat.
 
Ich denke, es ist im Moment einfach "neu" und daher ungewohnt. Der Jazz-Rhythmus an sich ist auch kein echtes Problem, aber wenn ich z.B. betonte Achtel mit links und unbetonte mit rechts abwechsle, und dann drei Achtel später genau anders herum einsetze (also links unbetont, rechts betont), hat das mein "inneres Metronom" bei den ersten Versuchen sehr zuverlässig aus dem Takt gebracht.:dizzy: (Mittlerweile geht's, leidlich.)

Naja, ich habe mich auch bei anderen Stücken im Einzelfall anfänglich schwer getan... also wohl erstmal knallhart weiter üben, fürchte ich. :-D

(Dass ich im Moment nur an der Oberfläche kratze, ist klar... aber irgendwie muss man das ja lernen können, ich will nicht bis an mein Lebensende im Domicil Meister Plath und den Leuten der Buschmann-Akademie nur zuhören, sondern möchte das irgendwann auch selbst können...)
 
OT: Die Jazz Exercices von Peterson sind vergleichsweise harmlos zu den Etudes von Martial Solal;-). Kalessin, hast Du Dich schon mit den 10 Übungsstücken Play Piano Play von Friedrich Gulda beschäftigt? Die könnten Dir besser liegen und sind zudem auch noch schöne Vortragsstücke. Ich weiß, habe ich hier schon öfter geschrieben aber als Gulda-Fan kann ich halt nicht aus meiner Haut, bin aber auch großer Fan von Peterson;-).
 

Sag ich ja, der Mensch ruiniert das Stück...

Ich bin schon mehrmals auf seine Einspielungen reingefallen und ich habe die Erfahrung gemacht, dass er jedes Stück, das ich gehört habe, ruiniert hat.

Letzterer ist wahrscheinlich kein Jahrhunderpianist, aber laut seiner Webseite zumindest ein solide ausgebildeter Profi, der ganz gut im Geschäft ist. Man fragt sich allerdings, warum er sich die Blöße gibt, seine vollständig am Thema vorbeigehende Einspielung der Exercises auf Youtube zu posten.

Hier gibt er sich erneut die Blöße:




Paul Barton zeigt wie man es richtig macht:




Sorry für OT, aber Mr. Sear scheint entweder einen guten Ohrenarzt zu brauchen oder einen kompetenten Klavierstimmer. Oder beides.
 
Sorry für OT, aber Mr. Sear scheint entweder einen guten Ohrenarzt zu brauchen oder einen kompetenten Klavierstimmer. Oder beides.

Neben dem ziemlich übel verstimmten Flügel scheint er vor allem weder Kontrolle noch Technik noch Gefühl für Tempo und Rhythmus zu haben. Und liegt das an mir oder ist das Pedal wirklich rekordverdächtig schlecht. Das kann ja sogar ich besser. :-D

Erstaunlich, wie man so als "Profi" arbeiten kann. :denken:
 
Wieder etwas mehr On-Topic: auch nicht wirklich eine gute Einspielung, aber um Längen besser (kein Kunststück). Irgendwie finde ich aber keine wirklich gute Version. Naja.

 
Mein damaliger Jazzlehrer hat mich diese Jazz Excercises anfangs auch spielen lassen. Damals hatte ich zwar schon einige Jahre Erfahrungen mit Jazzpiano, aber ich hab damals genau so gespielt wie dieser Kerl auf dem letzten Video: Betonungen immer auf dem Beat anstatt offbeat. Das klingt dann halt so, als wenn ein Klassiker Jazz spielt (obwohl ich nie wirklich Klassiker war). Das passt höchstens für Oldtime Jazz, wenn überhaupt. Und mit diesen Übungen hat mir mein Lehrer das damals ausgetrieben. Ich finde diese Übungen wirklich tauglich. Vor allem, wenn ein Jazzlehrer dahinter steht.
 
Mein damaliger Jazzlehrer hat mich diese Jazz Excercises anfangs auch spielen lassen. Damals hatte ich zwar schon einige Jahre Erfahrungen mit Jazzpiano, aber ich hab damals genau so gespielt wie dieser Kerl auf dem letzten Video: Betonungen immer auf dem Beat anstatt offbeat. Das klingt dann halt so, als wenn ein Klassiker Jazz spielt (obwohl ich nie wirklich Klassiker war). Das passt höchstens für Oldtime Jazz, wenn überhaupt. Und mit diesen Übungen hat mir mein Lehrer das damals ausgetrieben. Ich finde diese Übungen wirklich tauglich. Vor allem, wenn ein Jazzlehrer dahinter steht.
So vielleicht?


Übrigens.. ein Lefthandpiano :-D
LG
Michael
 
Ich belebe den Thread mal wieder, denn ich habe eine Frage... mal ganz profan zum Fingersatz. :dizzy:Und zwar an dieser Stelle aus dem zweiten Exercise:
chromatic.png

Ich würde eigentlich ja instinktiv auf dem d' mit der 1, also dem Daumen anfangen, wenn die folgenden chromatischen Terzen denn nicht wären; und wegen der Oktave von g'' auf g' im nächsten Takt müsste man wohl das g'' mit der 5 greifen. Mir fällt bisher keine wirklich schlaue Variante ein. :konfus:
 
Ich würde bei der rechten Hand mit dem 2ten anfangen und die Triole mit dem 3ten beginnen.
 

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