Intellekt versus Gefühl?

Was "wirklich wahrnehmen" bedeutet, ist schnell und einfach erklärt, Gomez:

Ich kann aus dem Denken heraus "wahrnehmen" - z.B. sage ich: Das da drüben ist eine weiße Wand, ganz klar. D.h., ich nehme nicht das tatsächliche Phänomen wahr, sondern bilde von vornherein eine Kategorie, in die ich das einordne.

Ich kann aber auch die Wand wirklich ansehen und nehme ihre Einzigartigkeit und ihren Detailreichtum wahr - die ganzen Flecken, die Schatten, die das Licht darauf wirft, die Musterung der Rauhfasertapete etc.

Jacoby stellt das sehr eindrücklich dar, wenn er beschreibt, wie Malenlernen zweckmäßigerweise stattzufinden hätte - nicht wie meist durch Kategorisieren und erstmal "Strichmännchen-Style" malen (also im Grunde, indem man nicht wirklich das Gesehene malt, sondern nur Symbole dafür!), sondern erstmal durch wirkliches Sehen dessen, was auf meine Netzhaut trifft. Zu frühes Benennen und Kategorisieren führt unweigerlich zum "Symbol-Malen" (er drückt es anders aus, das müßte ich nachgucken).

LG,
Hasenbein
 
So wie mir in Erinnerung ist war Heinrich Jacobi mit Rudolf Steiner ( Antrophosophie) befreundet und von ihm tief beeindruck. Dies ist auch einer der Gründe wieso die Aussage von Hasenbein treffend ist, um dies zu verstehen braucht es Kenntnisse der Antrophosophie. Jakoby spielt heute noch eine sehr wichtige Rolle in der Antrophosophie

Cordialement
Destenay
 
O weh, hör mir auf mit dem Steiner-Schwachsinn!

Daß Jacoby damit was zu tun gehabt haben soll, wäre mir neu - Quelle??
 
...das wahrnehmen ist - leider - an den gebunden, der da gerade wahrnimmt --- und da ist leider zu konstatieren, dass man z.B. weder auf die Wahrnehmung noch auf den Intellekt eines Esels viel geben kann, gleichgültig ob er das nun getrennt praktiziert oder nicht ;)

derjenige, der sich mitteilen kann (z.B. in einer Diskussion, sogar in einer komplizierten mit abstrakten Begriffen) und auch was mitzuteilen hat, verfügt für gewöhnlich über genügende Verstandesgaben. Es ist nun nicht sonderlich einsichtig, warum man diese "abschalten" soll, denn wo kein Verstand vorhanden ist, da regiert das Eselstum ;) - es sei denn, es ist ein wahrnehmen auf der Basis von genügend Verstandesgaben und Kenntnissen gemeint: aber dieses wahrnehmen wird auch ohne mühsames im-Intellekt-angestrengt-herumkramen bei einem Musikstück verständig hören, was da gerade harmonisch etc. passiert, sodass ein "ausschalten" des Intellekts unnötig ist.

vereinfacht gesagt: man kann problemlos vom Tristan emotional überwältigt und begeistert sein, auch wenn man weiß, was der Tristanakkord ist.
 
Man müßte, um den Passus von der "Zurückgewinnung der schöpferischen Leistung" zu verstehen,
mehr kennen als den Klappentext. Auf jeden Fall ist die Beantwortung der Frage in Euren Übersetzungen
nicht aufgetaucht: Was hat den Verlust der schöpferischen Leistung verursacht?
...man könnte auch fragen, ob es einen solchen Verlust tatsächlich gegeben hat... Allerdings befürchte ich, dass deine berechtigte Frage nicht beantwortet wird.

Ob nun in vom späten 19. Jh. geprägter Ausdrucksweise oder nicht: die Andeutung einer Trennung zwischen Gefühl und Intellekt bzgl. der Musik / des musizierens mag populistische Wirkung zeitigen (a la "juhu, ich hab´s schon immer gesagt, man muss fühlen und darf nicht verkopft"... usw blabla-Zeugs), geht aber an der Sache vorbei. Denn diese Trennung ist nur eine polemische Konstruktion mit der Herkunft aus dem "Geniekult". Das Begreifen von Musik setzt emotionalen und intellektuellen Zugang gleichermaßen voraus, bedient sich also aus beidem und trennt das nicht.

Wer das nicht glaubt, kann sich die erhaltenen Skizzen bzgl. des Kompositionsprozesses bei einigen großen Komponisten anschauen: da waren salopp gesagt Herz und Hirn paritätisch beteiligt, bis die Partitur dann fertig war.
 
"Die Kunst ist nicht das, was man sieht; sie ist in den Lücken." Es ist der Betrachter, der diese füllen muß. Ohne seine schöpferische Teilnahme bleibt das Werk Fragment; er allein kann es vollenden." (Marcel Duchamp)

zu rolfs Beitrag:


"...das wahrnehmen ist - leider - an den gebunden, der da gerade wahrnimmt "

Warum leider, das ist es doch gerade, das Salz in der Suppe, die indiviuelle Gestaltung.
Nur höchst intellektuelle, intelligente Menschen können gute Musiker sein? Wirklich? Ist es nicht mehr der individulle Reichtum an Emotionen, die eine gute Interpretation ausmachen, als Basis für den intellektuellen Umgang mit dem Stück?
 
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derjenige, der sich mitteilen kann (z.B. in einer Diskussion, sogar in einer komplizierten mit abstrakten Begriffen) und auch was mitzuteilen hat, verfügt für gewöhnlich über genügende Verstandesgaben. Es ist nun nicht sonderlich einsichtig, warum man diese "abschalten" soll

Ich weiß ja nicht, wie es Jacoby gemeint hat, aber wenn ich Hasenbeins Interpretation folge, dann soll man den Verstand ja nicht abschalten, sondern die Reflexion zeitlich verschieben. Aus neurobiologischer Sicht ist es tatsächlich so, dass man nur eine Sache mit voller Aufmerksamkeit machen kann. Wenn man mehrere Aufgaben gleichzeitig gestellt bekommt, muss man hin- und herwechseln, und das ist mit Kosten (in der Leistung und der Anstrengung/Ausdauer) verbunden. Es könnte also helfen, wenn man das Nachdenken trennen kann. Das wird aber wahrscheinlich nicht zu 100% möglich sein, denn manche Prozesse verlaufen automatisch, z.B. Kategorisierungs- und Bewertungsprozesse. Trotzdem sind das noch relativ 'low-level' Prozesse verglichen mit bewusstem Nachdenken, das (zumindest bei den meisten ;)) länger dauert... Insofern geht es ja anscheinend nicht darum, dass das Begreifen von Musik nur aus einer der beiden Komponenten möglich wäre, sondern um eine zeitliche Reihenfolge (und da geht es ja bestimmt nicht um eine Größenordnung von Stunden oder Tagen). Und sicher haben viele hier schon Momente erlebt, wo man irgendwas vage erahnt hat (kann auch was Nicht-Musikalisches sein) und dann durch zu frühes Analysieren diesen Gefühlsinhalt verwischt hat.
 
Eure Übersetzungsversuche in Ehren -

[...]

- aber wenn Jacoby das meint, was Ihr aus ihm herauslest, warum sagt er es dann nicht?

Jacoby sagt etwas anderes. Er spricht von dem "innerlich sich Gestaltenden" - wer oder was ist da der Acteur? -

Niemand, deswegen verwendet er ja eine Reflexivkonstruktion: der Wahrnehmende ist hier eben, linguistisch gesagt, kein Agens, sondern ein inagentiver Experiencer, der das Objekt seiner Aufmerksamkeit auf sich wirken läßt. Nun stimmt es sicherlich, daß Wahrnehmung von Reflexion desto weniger zu trennen ist, je mehr Vorkenntnisse über den beobachteten Objektbereich vorhanden sind. Aber im selben Maße wird es wichtiger, sich vor zu schneller Hypothesen- oder gar Urteilsbildung zu hüten. Es gibt Disziplinen, wo das sorgfältig eingeübt wird. Wenn ich mich, entspannungshalber, ab und zu in eine archäologische Übung hinten reinsetze, bin ich immer beeindruckt, wie da darauf insistiert wird: "was sehen Sie da? Was ist dort am linken Bildrand?" etc. Diese "Gewöhnung an gelassenes Verhalten" macht nicht nur das ästhetische Erlebnis überhaupt möglich, sondern legt auch die Grundlagen der Urteilsbildung. Was man davon hat, zeigt ein etwa 20 Jahre zurückliegender Fall aus jenem Fach: hätte ein Direktor einer namhaften dt. Antikensammlung diesen Grundsatz befolgt, wäre es ihm kaum passiert, eine barocke Gartenplastik als antike Athena angedreht zu bekommen.

Wie schon gesagt, meine Begeisterung für diese Art von Wissenschaftssprache ist nicht groß (wenngleich ich sie nicht für schlimmer halte, als den Jargon heutiger Literatur- und Kunstdiskurse). Aber daß dem Mann ex post angekreidet wird, daß er sich so ausgedrückt hat, wie es in seiner "scientific community" üblich war, scheint mir zu belegen, daß das "Erleben des innerlich sich Gestaltenden" leider nicht automatisch durch die Reflexion darüber forgesetzt wird ;)

Schöne Grüße,

Friedrich
 
Ich kann mir auch vorstellen, dass es so gemeint ist, dass man sich dadurch vor einem zu pauschalen, undifferenzierten Erleben bewahren soll. Wenn ich mich als Anfängerin ans Klavier setze und ein paar Töne anschlage, dann kann ich das mit der Einstellung tun, dass dies eben ein Klavier ist und entsprechend auch so klingt wie ein Klavier. Ich kann es aber auch mit der Haltung tun: Wie klingt es jetzt gerade?

Genauso hat man ja vielleicht Kenntnisse darüber, wie bestimmte musikalische (oder im Sprachbereich rhetorische) Figuren normalerweise wirken. Man sollte sich aber trotzdem fragen, wie diese Figur in ihrem Kontext, so wie sie dort verwendet wird, wirkt. Und durch zu schnelles Erkennen (ach, das ist xy, das erzeugt beim Hörer/Leser abc) kann man sich diese differenzierte Wahrnehmung erschweren und sogar unmöglich machen.
 

Jacoby sagt etwas anderes. Er spricht von dem "innerlich sich Gestaltenden" -
wer oder was ist da der Acteur? -, das "bewußt erlebt" werden soll:
Seit wann ist Bewußtsein von der Reflexion abgekoppelt?

Er spricht von dem "Empfundenen", um dessen klarer Gestalt willen die intellektuelle Reflexion
zurückzuhalten ist - wie kann etwas begriffslos klare Gestalt gewinnen?
.......................
Was hat den Verlust der schöpferischen Leistung verursacht?

Hasenbein's und Friedrich's Beiträge haben mir absolut gefallen. Aber diese Fragen und Einwände Gomez' sind nicht minder wichtig und so kann hier doch eine interessante Diskussion entstehen.

Die wichtigste Frage für mich ist, wie laut Jacoby Empfundenes klare Gestalt annehmen kann, ohne zu denken. Wie soll das gehen???

"Sinnliche Wahrnehmung vollzieht sich
durch Codierung und Abgleich mit
gespeicherten Informationen im Gehirn

Sinnliche Wahrnehmung wird durch
Abgleich mit Erinnerungen verarbeitet,
d.h. gedanklich strukturiert und
emotional bewertet: Es gibt keine
objektiven Wahrnehmungen."

Zitat aus http://www.tassilo-knauf.de/KopievonWahrnehmungBildungDresden.pdf

Das Denken ist also eng mit der komplexen Verarbeitung sinnlicher Wahrnehmung und der Entwicklung emotionaler Empfindungen verknüpft. Lange kann man das sicher nicht unterlassen. :D Bedeutende buddhistische Meister, die dies ihr Leben lang geübt haben, sind anscheinend dazu in der Lage - es ist aber keineswegs die Regel! Meistens wird das sinnlich Wahrgenommene mit eigenen Erfahrungen und gemachten Empfindungen "abgeglichen", Rolf hat es so ausgedrückt:

...das wahrnehmen ist - leider - an den gebunden, der da gerade wahrnimmt ---


Gleichzeitig ist, wie hasenbein sagte, eine tiefe, möglichst umfassende sinnliche Wahrnehmung die Grundlage für kognitive Prozesse. Meiner Meinung nach gibt es allerdings einen Widerspruch in deiner Aussage, lieber hasenbein. Du sagst, manche würden nur "halb" wahrnehmen, also würde es dann doch gehen, gleichzeitig zu denken und zu fühlen, nur halt ein bisschen von jedem (jeder kann nämlich sehen, hören o.ä. und gleichzeitig an etwas ganz anderes denken!). Das Problem, dass du im Forum auch oft ansprichst, ist ja, dass nämlich nicht die volle Aufmerksamkeit auf das gerichtet wird, was ich gerade tue! Dann kann ich tatsächlich nur "entweder - oder", wobei auch in diesem Fall beim Klavierspielen auf die Wahrnehmung direkt das Denken erfolgt und sich beides wunderbar ergänzt. Klare Gestalt kann etwas m.E. nur durch Denken gewinnen, denn eine Gestalt beinhaltet immer eine Erkenntnis, eine Einordnung.

Die volle Aufmerksamkeit (Achtsamkeit) auf das, was man gerade tut, zu richten, ist doch eigentlich das Zentrale. Wenn ich höre, dann höre ich und anschließend werde ich mir des Gehörten bewusst und reflektiere. Immer im Wechsel und so lerne ich.

Liebe Grüße

chiarina
 
Lieber Friedrich,

vielen Dank für Deine Antwort. Leider leuchtet sie mir nach wie vor nicht ein.

der Wahrnehmende ist hier eben, linguistisch gesagt, kein Agens, sondern
ein inagentiver Experiencer, der das Objekt seiner Aufmerksamkeit auf sich wirken läßt.

Aber bei Jakoby läßt nicht der Wahrnehmende etwas auf sich wirken,
sondern etwas wirkt in ihm.

Die Aufforderung nach „Versenkung ins Detail“ gilt für Archäologen wie für Exegeten
(zu denen man auch die Musiker rechen kann) und soll dem Wahrnehmenden helfen,
sich von Vorerwartungen freizumachen, die die Wahrnehmung trüben könnten –
eben um den archäologischen Fund, den Text oder die Musik selbst sprechen zu lassen.
Es ist keine Aufforderung, das Gehirn auszuschalten. Fragen wie "Was sehen Sie da?
Was ist dort am linken Bildrand?" richten sich an den geschärften Verstand.

Wahrnehmung ist von Reflexion auch dann nicht zu trennen, wenn die Vorkenntnisse
und damit der Gebrauch einer bestimmten Terminologie fehlen. Der Wahrnehmende
findet dann für das Wahrgenommene halt nur eine andere Begrifflichkeit, die weder
schlechter noch besser ist als das Fachchinesisch.

Es ist völlig unbewiesen, daß dem (künstlerisch, musikalisch, sonstwie) Vorgebildeten
die Vorbildung im Wege steht, um etwas wahrzunehmen.

Hier – und jetzt bewege ich mich von der Kritik an Deiner Antwort hinweg – liegt
mein Mißtrauen gegenüber Jacoby, wie er mir in diesem einen Satz entgegentritt, begründet –
und auch mein Groll gegenüber dem begeisterten Echo, das dieser kryptische Satz (ein Wald,
aus dem es herausschallt, wie man hineinruft) bei einigen hier im Forum erweckt:
in der Anpreisung des „Gefühls“ als etwas der Reflexion überlegenem.

Herzliche Grüße,

Gomez

.
 
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Die wichtigste Frage für mich ist, wie laut Jacoby Empfundenes klare Gestalt annehmen kann, ohne zu denken. Wie soll das gehen???

Ich glaube nicht, dass er das so meint, denn er schreibt ja von "bewusstem Erleben des innerlich sich Gestaltenden". Aber dabei geht es ja eher darum, sich der Prozesse bewusst zu werden, die sonst oft ohne bewusste Aufmerksamkeit ablaufen.

Es ist tatsächlich so, dass Wahrnehmung immer im Kontext von Handlungen, Bewertungen, Kategorisierung, Gedächtnis etc. steht. Das wird auch zunehmend Forschungsgegenstand, weil man über die reinen Wahrnehmungsleistungen inzwischen schon einiges weiß, aber über diese Interaktionen nicht so viel. Aber diese Prozesse laufen automatisch ab, und das ist ein Unterschied zum bewussten Erleben, wie es Jacoby fordert. Was läuft im Kopf beim Hören und Gestalten ab? Richtet man die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung, auf die Emotionen, auf die intellektuelle Einordnung des Gehörten? So wie ich das verstehe, soll man sie auf alle drei richten, und zwar in dieser Reihenfolge. Dadurch wird man sich vielleicht mancher Dinge bewusster, die einem sonst nicht so deutlich und klar geworden wären.
 
Es ist völlig unbewiesen, daß dem (künstlerisch, musikalisch, sonstwie) Vorgebildeten
die Vorbildung im Wege steht, um etwas wahrzunehmen.

Es ist durchaus so, dass es eine Unmenge Faktoren gibt, die die Wahrnehmung verändern. Deswegen ist es eben nicht so, dass man irgendwas wirklich objektiv wahrnehmen kann. Man kann aber durch eine unterschiedliche Herangehensweise diese Interaktionseffekte verstärken oder verringern. Es ist sicher nicht falsch, wenn man versucht, sie zu verringern. Aber natürlich kann das nie ganz funktionieren.

dieser kryptische Satz (ein Wald, aus dem es herausschallt, wie man hineinruft)

Da stimme ich Dir zu ;) Aber ich denke, in dieser Diskussion geht es auch um die Ansichten der Forumsteilnehmer und nicht unbedingt darum, genau herauszufinden, wie es Jacoby nun gemeint hat.

in der Anpreisung des „Gefühls“ als etwas der Reflexion überlegenem.

Ich habe nicht den Eindruck, dass es hier darum geht, das Gefühl überzubewerten, sondern eher darum, beides ausgewogen zu gewichten.
 
Hier – und jetzt bewege ich mich von der Kritik an Deiner Antwort hinweg – liegt
mein Mißtrauen gegenüber Jacoby, wie er mir in diesem einen Satz entgegentritt, begründet –
und auch mein Groll gegenüber dem begeisterten Echo, das dieser kryptische Satz (ein Wald,
aus dem es herausschallt, wie man hineinruft) bei einigen hier im Forum erweckt:
in der Anpreisung des „Gefühls“ als etwas der Reflexion überlegenem.

Lieber Christoph,

in diesem Punkt sind wir uns völlig einig, und deswegen habe ich ja auch in meiner ersten Äußerung geschrieben:

Wie so viele Pädagogen stellt er halt die - traditionell ausgedrückt - ethischen Tugenden vor, wenn nicht gar über die dianoetischen (und möglicherweise ist kein Schelm, wer schlechtes darüber denkt
Womit ich nicht einverstanden bin, ist das Jauchzen des Chorus auf den Text

Kann oder will der gute Mann nicht das sagen, was er sagen möchte? Weiß er überhaupt, was er sagen möchte?
Soweit ich als Außenstehender sehe, hat der Mensch auch heute noch einen Namen, und deswegen wird man in Äußerungen wie der vorstehenden und anderen ähnlichen leider einen Anflug von Überheblichkeit vermuten müssen. Ich als Leser bin verpflichtet, zunächst mit dem Text zurechtzukommen. Und nachdem J. vermutlich nicht von uns darüber aufgeklärt werden muß, daß Wahrnehmung und Kognition prinzipiell nicht voneinander trennbar sind, würde ich seinen Satz in dem von Nica vorgeschlagenen Sinne verstehen: die kognitive Analyse sollte erst dann in den Fokus treten, wenn das "Datensammeln" wirklich weit fortgeschritten ist. Man muß diese Auffassung nicht teilen, aber sie ist auch nicht von vorneherein zu verwerfen. Und man muß ihm zugute halten, daß er es mit dem "etwas wirkt in ihm" nicht bewenden läßt; die "intellektuelle Reflexion" kommt ja hinterher. Er ist also kein Prediger des "Hör auf Deinen Bauch" - Evangeliums.


Herzliche Grüße,

Friedrich
 
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O weh, hör mir auf mit dem Steiner-Schwachsinn!

Daß Jacoby damit was zu tun gehabt haben soll, wäre mir neu - Quelle??


Lieber Hasenbein , ich mache hier mal einen Exkurs. Kannst du mir mal erklären warum es unter den Anthroposophen soviele bekannte Persöhnlichkeiten gibt wie:

Karl Heinz Stockhausen, Eugen Jochum, der Enkel von Sergei Prokofiev, Sergei Prokofiev, der die Anthroposophische Gesellschaft in Russland gegründet hat.
Piet Mondrian, Paul Klee, Joseph Beuys, Christian Morgenstern, Karl Ballmer, Emil Beck, Rudolf Friedling, Friedrich Rittelmeyer, der Arzt Dietrich Grönemeyer Bruder von Herbert Grönemeyer. Die Familie von Moltke, überhaupt sehr viele Personen aus den europäischen Adelshäusern, so wie Mitglieder der weissen Rose. Hans Stockmann der mit dem höchsten Preis des Israelischen Stattes ausgezeichnet wurde. Heinrich Böll den ich persöhnlich kannte, hatte sich sehr für die Antrophosophie interessiert, er war lange in der Schweiz in einer Anthroposophischen Klinik sein Wunsch war es , dass ich ihm immer abends um Mitternacht im Konzertsaal vorspielen musste, dies dauerde manchmal weit über drei Stunden und dies Wochenlang. Später kammen immer mehr illustre Patienten dazu ,wie zumbeispiel die Tochter von Graf Albert von Appony von Nagyappony, die wenn ich aufhören wollte immer wieder rief, spiel spiel spiel, ich will weiterhören, dabei bin ich fast vor Müdigkeit vom Hocker gefallen. Zweifellos eines der interessantesten Erlebnissen in meinem Leben.
Wenn ich schon zuvor gewusst hätte wer hier alles schwerkrankes sitzt, ich weiss nicht ob ich dazumal so locker gespielt und auch geübt hätte.
Es waren alles Persöhnlichkeiten die sich mit der Anthroposophie auseinander gesetzt hatten. Einige der heute sehr bekannten Pianisten und andere Musiker sind bekennende Anthroposophen, warum bloss ?????????

Cordialement
Destenay
 
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Aus neurobiologischer Sicht ist es tatsächlich so, dass man nur eine Sache mit voller Aufmerksamkeit machen kann.
das mag für in amoris engagierte Handytelefonate während des Überholens auf der Autobahn gelten, weshalb das ja vernünftigerweise mit hohem Bußgeld belegt wird :) ---- aber: keiner von uns wollte eine Orchesteraufnahme mit einem Dirigenten hören, welcher entweder nur auf die Flöte oder danach nur auf die erste Geige achtet... auch am Klimperkasten wird derjenige, der nur die eine Hand schön spielt und die andere durchpampt, keinen erfreulichen Eindruck erwecken... :)
und um weg vom spezialisierten Musikgebiet zu kommen: ziemlich sicher kann man winters durchaus mehrere verschiedene Wahrnehmungen simultan machen, z.B. dass es elend kalt an den Füßen ist, aber der Glühwein oder der Erbseneintopf gerade prima wärmt ;) und das zusammen kann man währenddessen auch begreifen, ohne vor Anstrengung einen roten Kopf zu kriegen, ja man kann sich dabei sogar mit anderen Besuchern des Weihnachtsmarktes unterhalten ;)

Insofern geht es ja anscheinend nicht darum, dass das Begreifen von Musik nur aus einer der beiden Komponenten möglich wäre, sondern um eine zeitliche Reihenfolge (und da geht es ja bestimmt nicht um eine Größenordnung von Stunden oder Tagen).
ich bezweifle sehr, dass zumindest Musiker hier eines Nacheinanders bedürfen, sondern dass diese "Bereiche" simultan wirksam sind und auch simultan wahrgenommen werden (anders wäre das spielen einer Fuge purer Zufall)

Und sicher haben viele hier schon Momente erlebt, wo man irgendwas vage erahnt hat (kann auch was Nicht-Musikalisches sein) und dann durch zu frühes Analysieren diesen Gefühlsinhalt verwischt hat.
das ist eine sehr vage Vermutung, zudem welchen Grund sollte es geben, dass Reflexion hinterher Gefühlsinhalte verwischt?
 
lieber Destenay,
Kannst du mir mal erklären warum es unter den Anthroposophen soviele bekannte Persöhnlichkeiten gibt ...
du erwähnst irgendwelche völlig uninteressanten Blaublüter, aber Andrej Bely und Alexander Skrjabin erwähnst du nicht.... ...ts ts ts.... ;) :)

...um die Jahrhundertwende 19.-20. Jh. war dergleichen ebenso wie Okkultismus en mode -- du könntest auch fragen, warum manche berühmten Komponisten zeitweilig Anhänger von "okkultem Satanismus" etc. waren ------- wie auch immer: weder bei Prokovev noch bei Skrjabin spielt im musikalischen Werk die Anthroposophie eine Rolle
 
Alexander Skrjabin war von Theosophie und Anthroposophie begeistert - glücklicherweise war er trotzdem ein genialer Komponist ;


Warum soll ich Skrjabin nochmals erwähnen, es gibt heute noch so viele bekannte Persöhnlichkeiten die Anthroposophen sind, müssen doch nicht alle aufgezählt werden, die tot sind beissen nicht ! auch auf Clavio befinden sich einige:p .Ob bei Skrjabin in musikalischen Werk die Anthroposohie eine Rolle spielt kann ich nicht sagen. Leider ist er schon tot, ich kann ihn nicht fragen oder hast du einen Draht nach oben ? :D Überigens gibt es einige sehr bekannte Anthroposophische Musikwissenschaftler die an Musikhochschulen in Deutschland und der Schweiz unterrichten.

Cordialement
Destenay
 
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